Das kleine Prozessorupgrade war sinnvoll. Die 5€ machen aus dem R50 keinen modernen Laptop, aber sie machen ihn angenehmer zu nutzen für jene, die den alten Laptop eben noch so gut wie möglich betreiben wollen. Der R50 ist an sich zu interessant, um ihn einzumotten, und sein 4:3 Display zu praktisch. Und ich nutze Laptops zu selten, um einen modernen kaufen zu wollen.
Doch der R50 hat eine ganze Reihe von Problemen. Da über ihn kaum Artikel existieren, liste ich die hier mal auf.
Zuerst ist die Grafikkarte für den modernen Linuxdesktop zu schwach. Auch scheint es, als ob ihre 3D- und Videoabspielfähigkeiten nicht gut genutzt werden können. Das ist schade, war der R50 wohl unter Windows dank ihnen wohl noch wesentlich Multimedia-tauglicher, zumindest klingt das so in alten Reviews, und sieht man von der Radeon 9000 beeindruckende 3D-Leistung. Reviews von damals sprechen von einem leisen Laptop, der nicht warm wird. Dagegen kann man derzeit mit dem R50 und seiner Radeon 7500 froh sein, wenn Youtube Videos in 480p halbwegs flüssig abspielt, und er wird verdammt warm.
Es sei aber erwähnt, dass dies teilweise an Firefox hängt – vlc ist durchaus in der Lage, die gleichen Videos abzuspielen. Wenn denn die richtige Videoausgabe gewählt wird, nämlich Xvideo Output (XCB) (was wahrscheinlich die Grafikkarte umgeht).
Also hat zumindest mein R50 ein Kühlungsproblem. Meiner Meinung nach ist das Hauptproblem die Grafikkarte. Die wird nur passiv gekühlt, und das Lüftungssystem ist unfähig, die gespeicherte Wärme abzutransportieren. Mit dem Prozessor selbst kommt es aber ganz gut zurecht. Das heißt, es braucht thinkfan, um die Lüftung geschickt zu steuern und den Lüfter aufgrund der erhöhten Grafikkartentemperatur nicht immer laut am drehen zu haben. Das könnte schlicht ein Konstruktionsfehler sein (und mich juckt es in den Fingern, zusätzliche Heatpipes zu montieren und so die Wärme der Grafikkarte abzutransportieren), aber eventuell ist hier auch etwas kaputt gegangen.
Es könnte an Linux liegen, oder in dem Fall an Ubuntu 14.04 LTS, mit Kernel 3.13. Und ich bin ziemlich sicher, dass das mindestens ein Faktor ist. Es wirkt als scheitere der Treiber daran, die Grafikkarte ordentlich runterzutakten, und die Spannung richtig zu regeln.
Ähnliche Probleme gibt es beim Prozessor. Der Pentium M ist eigentlich ein perfekter Kandidat zum Untervolten, mit regelmäßig hervorragenden Ergebnissen, so liest man. Aber das Linux-Interface dafür ist linux-phc, auch tlp (Software, um die Energienutzung zu verringern) ruft nur das auf. Und Linux-PHC ist in aktuellen Kerneln kaputt - wobei, ich bin mir da nicht ganz sicher. Auf jeden Fall funktioniert es mit Kernel 3.13 nicht (device not found), der Patch ist ein Einzeiler, aber den Kernel auf dem Pentium M zu kompilieren dauert fast 20 Stunden. Das ist also auf Dauer keine Lösung, und ich bin mir auch gar nicht sicher, ob die damit eingestellte Spannung wirklich gesetzt wird. Die Temperatur zumindest war nicht erwartungsgemäß geringer.
Für die Grafikkarte gibt es sogar genau gar keine Möglichkeit, die Spannung manuell zu setzen. Unter Windows würde das gehen, unter Linux geht das generell nicht. Das ist kein Problem des R50, das ist generell ein Problem der Linux-Infrastruktur und gilt für alle Grafikkarten. Vielleicht ist das ein Einstellungsproblem der Treiberentwickler, die da Nutzer nicht ranlassen wollen - so liest sich die Doku. Vielleicht hat es nur niemand implementiert. Wie auch immer, es fehlt. Für den R50 kommt erschwerend hinzu, dass die Radeon 7500 dpm noch nicht unterstützt. Es bleibt also dynpms, was aber scheinbar in neueren Kerneln ebenfalls kaputt ist. Damit bleibt nur die unflexible profilbasierte Einstellung, die aber schon als Konzept nicht gut funktionieren kann. Am Stecker ist dann die Grafikkarte einfach immer voll hochgetaktet, im Batteriebetrieb immer runtergetaktet. Am Stecker generiert sie so also immer Hitze.
Dazu kommt der Linuxdesktop. Mit seinem Hang zum Compositing und zur Nutzung der Grafikkarte sind die üblichen Oberflächen für den R50 völlig ungeeignet. Unity-2D funktionierte noch, aber das gibt es nicht mehr. Ich bin stattdessen nun auf Openbox ausgewichen, aber das braucht ein Dock. Simdock will nicht funktionieren. Docky dagegen braucht Compositing, was die Hardware nicht gut verkraftet. Am Ende wurde es fbpanel, aber es brauchte lange, bis ich diese Möglichkeit erkannte.
Das hakt sich ein in die generelle Problematik alter Hardware: Moderne Software ist nicht mehr für sie gemacht. Das wichtigste für einen solchen Laptop ist ein Webbrowser, aber der aktuelle Firefox fühlt sich auf ihm nicht sehr leichtgewichtig an. Wenn man nur Firefox 3 heutzutage noch laufen lassen könnte, es würde so viele Probleme beseitigen! Aber klar: Ein Webbrowser, der aktuelles HTML5 nicht unterstützt, wäre auch wieder nutzlos. Und viel hängt an den Webseiten selbst – Serendipitys Backend beispielsweise ist mit dem R50 wirklich schnell, kaum verzögert im Vergleich zu meinem Desktop.
Generell wird auch das Betriebssystem zum Problem. Distributionen wollen Support für 32-bit einstellen. Ubuntu braucht PAE, was der Pentium M im R50 kann, aber nicht als cpuflag führt. Also muss man das manuell setzen, oder forcepae
aktivieren. Später wird es wohl eine auf alte Hardware angepasste Distribution brauchen.
Ich glaube auch, dass der R50 stark von einem abgespeckten und auf ihn angepassten Kernel profitieren würde. Aber woher soll man den nehmen? Ihn regelmäßig zu kompilieren ist bei der Größe des aktuellen Kernels und damit seiner Kompilierzeit auf solcher Hardware viel zu langwierig. Und auf solche Hardware optimierte Treiber - wie für die Radeon 7500 - scheint es sowieso nicht zu geben, früher existierende Kernelinfrastruktur (wie bei linux-phc) ist weggebrochen.
Das ist alles ein bisschen schade. Das Prozessorupgrade fand ich ziemlich spaßig, für meine Einsatzzwecke macht das den R50 fast wieder richtig brauchbar. Aber die Freude wird getrübt dadurch, dass der R50 eventuell noch andere Hardwareprobleme hat, aber vor allem von Linux nicht gut unterstützt wird.
Um das nicht falsch rüberzubringen: Es ist ja eben nicht so, als sei Hardware wie der R50 unter Linux komplett unbrauchbar. Diese Zeilen sind auf ihm geschrieben, während die Batterie erstaunlich langsam heruntertickt. Gimp war eben offen und gar nicht langsam. Der Lüfter ist an, aber das Fenster offen, und der übliche Straßenlärm übertönt ihn fast vollständig. Warm ist er auch noch nicht (ich werde gleich Youtube aufmachen und nochmal testen, was geht und was nicht). Es ist dann eben doch ein brauchbarer Laptop, der nur ein paar mehr Einschränkungen hat als nötig. Und die mit einer besseren Softwareunterstützung vielleicht nicht hätte, wobei da bei der Kühlung eventuell noch Hardwareprobleme mit reinspielen.
Mir ist aber keine bessere Alternative für die Hardware bewusst. Kennt ihr eine? Gibt es eine Distribution speziell für alte Thinkpads?
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