Ich habe die Linuxdistribution auf meinem Heimrechner gewechselt, von Funtoo zu Void. Das mache ich echt nicht häufig, im Grunde ist es erst das zweite mal: 2016 habe ich Ubuntu mit Funtoo ersetzt, wobei Funtoo ein Gentoo-Fork ohne systemd ist.
War Funtoo also die falsche Wahl? Soweit würde ich nicht gehen. Ich habe eine bei mir dann instabil laufende Grafikkarte gekauft, die ich mit einer anderen Distribution testen wollte (Ergebnis ist noch ungewiss). Im Vorfeld dessen sind mir aber auch ein paar Probleme bei Funtoo sauer aufgestoßen. Es sind zwei Kernprobleme:
- Obwohl es auf Gentoo basiert sind die Pakete gar nicht besonders neu. Um eine aktuelle Variante von Mesa zu bekommen musste ich beispielsweise ein noch nicht veröffentlichtes xorg-kit aktivieren.
- Wenig überraschend ging mir das dauernde Kompilieren auf den Nerv. Aber auch, dass portage beim Berechnen der Abhängigkeiten minutenlang rödelte. Das können andere Paketmanager besser und hängt gar nicht mit dem Kompilierungsansatz zusammen
Ich hatte immer mal wieder andere kleine Probleme wie Konflikte zwischen den Paketen, die mir den Eindruck eines überforderten Projekts vermittelten. Ob das jetzt von Gentoo oder Funtoo kommt kann ich gar nicht sagen. Funtoo aber scheint sich definitiv noch zu finden, wobei die Neuorganisationen nicht immer problemlos verlaufen. Und: Anders als bei Ubuntu hatte ich immer das Gefühl, dass die für mich relevante Ankündigungen mich nicht automatisch erreichen. Manchmal saß ich also da und wunderte mich über die ausbleibenden Updates, ohne zu wissen ob die an einer von mir nicht umgesetzten notwendigen Änderung hängen.
Trotzdem, auch wenn es oben nicht so klingt: Funtoo war eine positive Erfahrung und ich hatte den Großteil der Zeit einen schnellen und stabilen Desktop, mit dem ich noch dazu einiges spielen konnte. Dass Void es besser macht ist noch gar nicht gesagt.
Warum Void und nicht XY?
Der Großteil der gängigen Distributionen fällt durch systemd raus, leider auch interessante Ansätze wie Solus. Aus der Liste der Möglichkeiten fiel mir dann Void ins Auge: Es wurde auf Hacker News mehrfach positiv erwähnt, es hat die für die Grafikkarte gewünschten neuen Versionen des Kernels und Mesa, und es bietet vorkompilierte Pakete an. Interessanterweise ist es kein Fork einer anderen Distribution, aber das ist kein Faktor dafür oder dagegen. Das wirkt nur indirekt, weil so systemd vermieden werden kann.
Wie Void wirkt
Ich kann bisher nur einen Ersteindruck geben. Am Samstag habe ich es installiert, gerade ist es Sonntag (du liest das hier wahrscheinlich frühestens am Montag). Ich hatte nach der Installation ein paar Probleme mit der DRI-Beschleunigung, aber letztendlich lag das an einer aus dem Backup übernommenen Umgebungsvariable, nicht an Void.
Bisher sieht mein Desktop so aus:
Das bedeutet: Es hat sich praktisch nichts verändert. Ich musste ein paar Programme auswechseln, aber es war alles Kleinzeug, Dinge wie kupfer statt grun.
Genau das ist eigentlich beachtenswert!
Denn Void ist eine unabhängige Distribution mit Binärpaketen. Ich mag eine Vielzahl von selten benutzten Programmen, trayer-srg und icewm zum Beispiel, Zeug für meinen eigenen Linuxdesktop. Auch das Benachrichtigungsprogramm dunst war im Repo, das ich erst mit Funtoo kennengelernt hatte und für etwas exotisches hielt. Ich habe damit gerechnet, einiges selbst kompilieren zu müssen. Stattdessen ist das Repository von Void absolut umfangreich genug um auch exotischere Setups wie meines zu unterstützen. Und noch dazu sind die Programme aktuell, inklusive Firefox, Mesa und dem Kernel. Also wo es zählt.
Die Ausnahme war das Iconset Numix-Circle, das habe ich von Github geladen. Das absolut notwendige und hervorragende Grafikkartenkontrollprogramm radeon-profile war im Repo auch nicht verfügbar, aber generell scheint das nur in Arch vorhanden zu sein. Mein eigenes simdock, im Screenshot zu sehen, war natürlich auch nicht in den Quellen, aber genau dafür habe ich ja jetzt das AppImage. Izulu hat keine besonderen Abhängigkeiten, die Anpassung des Desktops ans Wetter wird wieder funktionieren sobald ich es aktiviere.
Der negativste Teil meines bisherigen Eindrucks war die Installation (Quelle des Screenshots). Der Installer ist schlicht nicht besonders gut gemacht. Damit meine ich nichtmal, dass er im Terminal lief: Das war bei Ubuntu früher nicht anders, trotzdem war Ubuntu damals besser. Es gibt zu wenig Benutzerführung, Hilfe bei der Auswahl der Partitionierung und des Tastaturlayouts beispielsweise. Besonders kritisch ist das nicht automatische Bewältigen der nötigen Unterschiede zwischen Systemen mit BIOS oder UEFI. Ubuntu könnte meine Mutter selbst installieren, Void garantiert nicht.
Ich habe ansonsten nur noch ein Problem: Schrift im Firefox sieht auf manchen Webseiten komisch aus. Ich muss noch schauen, ob die falschen Fonts genutzt werden oder ob da fontconfig versagt. Dessen Konfiguration hatte ich ja für Funtoo erst kürzlich angepasst, vielleicht muss das für Void anders. Ich bin zuversichtlich das noch hinzukriegen. Ich vermute auch, dass ohne mein Backup einzuspielen und beim Verwenden einer gewöhnlichen Desktopumgebung dieses Problem nicht auftreten würde, kann es also Void nicht anlasten.
Mein Eindruck von Void ist bisher positiv. Es scheint eine Distribution mit aktuellen Paketen zu sein, deren Paketmanager ordentlich funktioniert, über ein großes Binärrepo verfügt und die konsequent systemd vermeidet. Auf diese Eigenschaften kommt es für mich gerade an. Ich bin gespannt wie viele Jahre ich dabei bleiben kann.
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