Spoilerwarnung
Ich mag die ganze Reihe. Mir gefällt das Science-Fiction-Universum, ich mag die neuen Ideen darin. Das eigentliche Spiel ist dann nicht viel mehr als ein Shooter mit Rollenspielelementen, aber das hat Deus Ex auch nicht schlechter gemacht. Durch meine Entscheidungen die Spielwelt so sehr zu beeinflussen, oder das zumindest vorgegaukelt zu bekommen, ist großartig.
Entsprechend gespannt war ich auf den dritten und angeblich letzten Teil. Ein paar Gedanken dazu.
Entscheidungen
Die Quicktime-Events sind sehr selten geworden, und sie sind kaputt. Als Paragon-Spieler habe ich nur ganz selten die rechte Maustaste drücken dürfen und so die Handlung beeinflusst. Zugegeben, an ein paar wichtigen Stellen. Aber gerade am Ende, ab dem Kampf gegen den Attentäter, wurde mir nur noch Renegade angeboten. Als dieser hinter mir stand und sein Schwert schon über Shepards Kopf schwebte, und dann das Renegade-Symbol auftauchte, dann drückte man halt das. Die Handlung ließ nicht den Schluß zu, dass danach noch ein Paragon-Symbol hätte kommen können.
Nach der dadurch ausgelösten drastischen Aktion habe ich dann am Ende gewartet, als das Renegade-Symbol wieder kam, und so wurde Anderson getötet. Es kam kein Paragon-Symbol um ihn zu retten. Das war durchaus traurig und ich war etwas entsetzt.
Wenn ich so meine Erinnerungen durchgehe scheint das ein generelles Problem zu sein. Mass Effect hat immer erst Renegade, dann Paragon angeboten. Manchmal auch nur Paragon, manchmal nur Renegade. Dadurch weiß man als Spieler nie, welche Möglichkeiten man hat. Es wäre weniger enttäuschend gewesen, wenn beide Symbole zugleich angezeigt würden - zumindest immer dann, wenn das Spiel überhaupt beide vorsieht, vielleicht das eine ausgegraut, wenn die Punkte dafür fehlen.
Das gleiche Problem in den Dialogen: Zustimmung ist immer oben. Paragon auch. Manchmal, in den Missionsbesprechung, ist Zustimmung unten. Dann kommen Szenen wie der Beschuss des Geth-Schiffs durch den verrückten Quarianer-General, bei dem ein Paragon-Shepard das geduldig hätte ertragen sollen statt ihm über eine blaue Option zurechtzuweisen - oder war das nur Zustimmung und gar nicht Paragon? Ihn niederzuschlagen war es sicher nicht, aber nur das fühlte sich richtig an. Trotzdem, die erste Stelle, an der ich merkte, dass das Entscheidungssystem Paragon benachteiligt und nicht richtig funktioniert.
Das Ende
Das Ende fühlt sich falsch an. Fans beschweren sich, und das ist kein Wunder. Ab dem Moment, als man vor dem Portal zu Boden ging, wirkt alles folgende wie eine Traumsequenz. Man bekommt nicht erklärt, warum man den Reaperstrahl als einziger überlebt hat. Man bekommt nicht erklärt, warum da auf einmal der Junge ist. Die Präsentation der drei Entscheidungen ist schlecht gemacht, uneindeutig, ich wusste nicht mehr genau was welche macht - und das liest man öfter.
Durch die Erklärung schien die Paragon-Option ziemlich mies zu sein, durch das Outro dann doch nicht so schlecht. Zumindest für das Universum.
Ich bin überzeugt davon, dass die Schreiber versucht haben, diese Interpretation - es ist nur ein Traum - zumindest anzudeuten. Bei all dem Grauen vielleicht auch für sie ein Trost. Denn eine richtig positive "Shepard rettet seine Begleiter und das Universum"-Option war ihnen wohl zu platt.
Die Ankündigung eines nächsten Teils nach dem Trailer durch den Geschichtenerzähler konnte ich dann nicht mehr richtig einordnen. Ich musste gleichzeitig lächeln und es erschien mir unnötig.
Edit: Das oben ist aber nicht das große Problem. Das Hauptproblem des Endes ist die fehlende Verbindung zum Entscheidungssystem. Alle vorherigen Handlungen haben - völlig entgegen den Versprechungen - schlicht keine Auswirkungen, einzig die Kampfstärke der Flotte beeinflusst Aspekte wie die Zerstörung der Erde. Verdammt enttäuschend und im Grunde eine Beleidigung.
Apokalypse
Thema Trost und Grauen: Der dritte Teil ist unfassbar düster. Das hat mich ein bisschen überrascht. Klar, auch vorher ging es schon um die anstehende Vernichtung des Universums. Und ja, auch jetzt noch hat das Universum etwas von dem strahlenden Rot und dem Bonbon-Blau. Aber das Flüchtlinglager? Die KZ-artigen Leichenberge am Ende? Der Tod von alten Gefährten und die Milliarden an getöteten Menschen und Aliens - das ist schon nicht ohne. USK 16 geht hier mal in Ordnung. Dass die Apokalypse begonnen hat spürt man nur zu deutlich.
Ich trauerte um Thane.
Krieg und Militär
Was über den Tod zur Einstellung des Spiels zu Militär und Krieg führt. Und hier bin ich unsicher, was das Spiel sagt, was vielleicht daran liegt, dass es gespalten ist. Es sterben unfassbar viele Soldaten in den gezeigten Kriegsszenen. Es wird das Leiden der Flüchtlinge gezeigt, und die Trauer der Begleiter über die Zerstörung ihrer Heimatwelt und den Tod ihrer Familien.
Aber gleichzeitig ist man Soldat, redet entweder salbungsvoll über den heroischen gemeinsamen Kampf oder hartherzig über die notwendige Stärke um zu Überleben. Beides passt im Kampf gegen allesvernichtende Superaliens vielleicht noch.
Aber dazu noch: Admiral Hackett bleibt das Spiel über die heroische Überinstanz, dessen Plan man ausführt und so vielleicht die Welt rettet. Die seltsamen Soldaten-Verbrüderungsszenen mit James und Anderson. Das hab ich nicht mehr als passend empfunden, als zu platt.
Gleichzeitige Verdammung des Krieges und Glorifizierung des Militärs, das könnte es sein.
Abzocke DLC
Am Tag des Releases ein DLC rauszubringen ist eine Frechheit. Ich bin ein Fan der Serie, ich habe kein einziges Spiel gekauft. Über das erste bin ich damals nur zufällig gestolpert, ganz legal geliehen bekommen, das zweite hatte dann schon das DLC-Problem - Itemverwaltung abgeschafft und dafür Zusatzitems in DLCs verpackt. Jetzt beim dritten das First-Day-DLC - es ist erbärmlich. Ich würde mir das Spiel gerne kaufen, alle drei, aber nur, wenn ich dann auch die ganze Geschichte bekomme. Die Lücken in der Handlung durch die mir fehlenden DLCs zum zweiten Teil waren schon ziemlich unangenehm und wurden einem im Dreier platt unter die Nase gerieben.
Führt zu einem seltsamen Ergebnis: Gleichzeitig bewundere ich das Spiel, und ich verabscheue die Verkaufspolitik dahinter.
Innovation bei den Waffen
Die Waffen haben mich irritiert. Ein Sturmgewehr ist ein Sturmgewehr, eine SMG eine SMG. Aber eine Pistole ist entweder eine SMG-artige Schnellfeuerwaffe oder eine langsame Magnum oder ein haftender Granatwerfer oder ein aufladbarer Laserstrahl. Toll, nur etwas unausgewogen stark, dadurch macht das Spiel mit Pistolen fast immer - wenn man nicht gerade die Durchschlagskraft eines Geth-Gewehrs braucht - mehr Spaß. Schade für Soldatenklassen.
Fazit
Das Spiel konnte an den Erwartungen an das Ende der Geschichte nur scheitern. Es macht trotzdem auch bei der Geschichte vieles richtig, die gezeigten Flottenkämpfe zum Beispiel. Auch die Atmosphäre ist passend düster. Spielerisch ist es eben ein Shooter mit Rollenspielelementen, nicht mehr, aber ein gut gemachter. Im Grunde sind die Kämpfe fordernd, mit ein paar Waffenupgrades dann fast immer problemlos, die Banshees dagegen sind bis zum Ende äußerst fordernd. Der dritte Teil der Reihe ist ein großartiges Spiel, der die Stärke dieses Mediums zeigt, aber mit schwer zu verstehenden FehlernMacken.
onli blogging am : Deus Ex: Das 2020-Review
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