Inzwischen bin ich stinksauer über das Ende des Spiels. Dieses Review erfasst das Spiel gut, aber dieser Kommentar trifft es am besten (Spoilerwarnung!):
Ich will eine logische Erklärung und einfach sehen, was meine Entscheidung bewirkt und nicht nur, ob der Big Ben später eine neue Uhr braucht oder nicht und die Reaper umfallen oder verschwinden. Ich will die effektiven Konsequenzen sehen. Ich will sehen, wie die Geth, die ich damit auslösche, tot umfallen. Ich will sehen, wie EDI im Sitz neben Joker im Cockpit plötzlich tot in sich zusammensackt und er stinksauer auf mich sein wird, weil ich sie somit auch töte. Ich will sehen, daß Liara Tränen in den Augen hat und traurig auf diese kleine Box mit Mini-Holo-Shepard in ihren Händen schaut, weil sie weiß, daß sie ihre Liebe Shepard nie wieder sehen wird - denn entweder tot, oder für immer getrennt. Ich will sehen, wie Turianer, Quarianer, Asari, Salarianer, Kroganer und wie sie alle heißen, auf ihren Planeten gen Himmel schauen und das Schauspiel der Auswirkung beobachten - wird es sie töten oder nicht? Ich will Hackett und Co. auf ihren Schiffen erschöpft aber glücklich sehen, weil wir die Reaper besiegt haben. Ich will meine einzelnen Crew-Mitglieder sehen, damit ich weiß, was mit ihnen ist. Was wurde aus meinen Freunden und Kampfgefährten? Überlebt da überhaupt jemand.
Ich weiß im Grunde gar nichts. Ich weiß nur, daß am Ende die Normandy irgendwo in der Pampa irgendeines Planeten strandet und (ich hoffe das wird bei der abtrünnigen Entscheidung auch so sein) neben Joker Liara und Garrus aus dem Wrack steigen.
Dazu kommt jetzt noch der Ärger über den DLC, der am Releasetag mit herauskam. Ich hatte das vorher versucht zu ignorieren, weil ich erstmal das Spiel sehen wollte. Aber die Geschichte passt zu gut zu dem erbärmlichen Ende, um sich jetzt nicht doch noch drüber zu ärgern. Sehr viel.
Die Lüge
Darum gehts: Am Tag des Releases erschien dieser DLC, From Ashes. Eine eigene Kurzmission mit einem weiteren Crewmitglied. Das ist schon deshalb eine Frechheit, weil es im dritten Teil viel weniger Begleiter gibt als im zweiten, dieser DLC also eine extra dafür geschaffene Lücke füllt. Desweiteren sind Teile des DLCs auf dem Originalspiel enthalten. Das heißt, es wurde frühzeitig geplant. Aber die eigentliche abgrundtiefe Frechheit ist die Erklärung dafür:
During that certification time, we had a small team of developers begin to craft the ‘From Ashes’ content, with the intent to finish production on it long after ME3 was out of our hands as a dev team.
However, because the plot of ME3 is so richly interwoven with the character interactions and moments, you simply cannot use a DLC module to ‘insert’ a new character. As we’ve mentioned before, that character has to be planned and the framework has to be established ahead of time for us to build off of with the DLC module. You may have seen a similar framework developed in ME2 for the Zaeed and Kasumi characters. We wanted Javik to be a fully featured squad member, with deep dialogue throughout the game – and we needed him to be accessible via the character selection GUI (which you cannot simply ‘overwrite’ with DLC). Thus, certain elements of the Javik appearance and some of the VO needed to be included on the disc. That is a fact. But that doesn’t mean the content was created, and then removed. It is a necessity of adding a rich character presence in our game.
Hervorhebung von mir. Und jetzt nochmal lesen. Michael Gamble behauptet da allen Ernstes, dass das Charaktermodell schon auf der Disk ist, nicht etwas weil der DLC schon lange fertig war und einfach aus dem Spiel herausgenommen wurde, sondern weil sie unfähig seien, die Charakterauswahl so zu programmieren, dass sie nachträglich Charaktere hinzufügen können!
Gelöschte Beleidigungen hier gedanklich wieder einsetzen.
Es ist eine Lüge. Selbst wenn das System es wirklich derzeit nicht könnte, könnte man selbstverständlich nachträglich so etwas hinzufügen. Wenn Bioware wirklich unfähig ist, so etwas simples wie eine UI dynamisch zu machen, wie haben sie dann das ganze Spiel programmiert? Wenn sie wirklich keinen einzigen Programmierer haben, der das kann, oben im Blog ist meine Kontaktadresse, sie können mich ja anheuern. Und ich kann aus dem Stegreif 5 Programmierer nennen, die das umsetzen könnten.
(Etwas anderes sieht es bei dem Rest aus, bestehende Gespräche zu modifizieren ist natürlich nicht mehr so einfach, aber genauso natürlich auch nicht unmöglich.)
Technische Notwendigkeit/Unmöglichkeit vorzuschieben ist so ein beliebter Trick. Ich bin Informatiker, ich kenne das und habe es zu oft erlebt. Ich könnte jedes Mal kotzen, wenn diese Verteidigungskarte so offensichtlich als Lüge dient. Sie bauen darauf, dass der Großteil der Menschen, denen dieses Geschäftsgebaren moralisch verwerflich vorkommt, keine Ahnung haben und dann mit den Schultern zucken und sagen: "Ok, wenn es eben notwendig ist das so vorzubereiten...".
Es ist es nicht. Der gefundene Code beweist schlicht und einfach, dass das Release-Tag-DLC von vorneherein geplant war. Damit verstößt es gegen den Kaufvertrag - vielleicht nicht im juristischen Sinne, aber im eigentlichen ist die Abmachung dargestalt, dass man das kauft, was vorher entwickelt wurde.
Über die Verwerflichkeit von DLCs
Warum ist das nun so schlimm? Spiele sind ein besonderes Medium. Sie erzählen mehr als eine einfache Geschichte. Sie involvieren den Spieler in ihre Geschichte, lassen ihn in Grenzen in einer virtuellen Welt agieren. Die emotionale Wirkung von Spielen ist dadurch unvergleichlich hoch, nicht umsonst vermutet man bei Spielen ein gar nicht so geringes Suchtpotential.
Spieleentwickler haben dadurch eine gewisse Macht über den Spieler. Sie erschaffen diese Fantasiewelten, und damit erschaffen sie einen Teil der Erlebniswelt von vielen Menschen, an die sie sich lange erinnern. Zwischen Spielern und Entwicklern muss deswegen ein Vertrauensverhältnis bestehen, denn: Sie sind aufeinander angewiesen. Entwickler investieren Millionen in Spiele, dann kaufen Millionen von Spieler diese, in der Erwartung auf diese Welt und die erlebbare Geschichte.
DLCs zerstören dieses Vertrauen. DLCs sind Bestandteile des Spiels und der Geschichte - nur selten einfach optionale Zusätze - die man gegen Geld erwerben kann, nachdem der Spieler schon für die eigentliche Geschichte Geld bezahlt hat. Ein Harry Potter, das vorgibt den letzten Kampf gegen Voldemort zu erzählen, dann aber die Geschichte der Zerstörung eines der Seelengefäße einfach auslässt und nächträglich in einem Taschenbuch erzählt, die großartigen Geschehnisse dieser Geschichte aber zehnmal im Endkampf andeutet.
Oder anders: Bei DLCs geben Spielern Entwicklern erst Geld für das eigentliche Spiel, werden dadurch involviert in die Geschichte, woraufhin der Entwickler sagt "Das war jetzt aber doch nicht die ganze Geschichte, zahl noch einmal". Und das wieder und wieder.
Manchmal ist die Masche auch: "Du willst wirklich mit strahlender Rüstung und Schwert die Welt retten statt mit einem Holzbesen? Zahl noch einmal."
Das war schon immer verwerflich. Es wird es aber noch verwerflicher in einem Spiel, das entgegen den Versprechungen doch kein Ende der Geschichte mit all ihren Facetten liefert. Es wird noch verwerflicher, wenn der DLC ganz offensichtlich kein nachträglich erstellter Zusatz ist, sondern bei Release des Spieles schon fertig war. Es wird noch verwerflicher, wenn in dem gleichen Spiel riesige Handlungslücken zum Vorgänger sind, weil die Zwischengeschichte in DLC-Häppchen erzählt wurde. Es wird noch verwerflicher, wenn in dem ganzen Spiel - nicht nur im Ende - so viele offensichtliche Lücken klappen, die garantiert durch DLCs gefüllt werden sollen.
BioWare ist nun auf meiner schwarzen Liste. Da kommen sie wieder runter, wenn sie mindestens ein kostenloses Update für das ME3 veröffentlichen und dabei das Outro so anpassen, dass es wirklich ein vollständiges Ende der Geschichte liefert.
onli blogging am : Meine schwarze Liste
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