Ich programmiere lieber in einem Editor als in einer IDE. Und grundsätzlich darf ein Editor für mich so schlicht wie möglich sein - obwohl ich eine Weile emacs benutzt habe, was mir irgendwann zu kompliziert wurde. Genausowenig halte ich von vim und den absurden Tastaturverrenkungen dort (im Terminal meine Wahl: nano).
Aber Geany hat mich getäuscht und so langsam an einige Funktionen herangeführt, die ein einfacher Editor nicht hat. Beim ersten Ausprobieren gefiel mir Geany, weil es mir editorartig direkt den Text präsentierte - das Pluginsystem und integrierte Terminal konnte ich erst ignorieren, später deaktivieren. Die Tastaturbelegung war mir zugänglich, da standardkonform, und weil ich zu der Zeit gerade Eclipse nutzen musste, war die Funktions- und (inzwischen deaktivierte) Dateiübersicht - als IDE-Feature im vermeintlich schlichten Editor - auch kein Grund zur Verwunderung. Die Oberfläche lässt sich gut anpassen, so sieht meine inzwischen wirklich schlicht aus:
Trotzdem, Geany ist mehr als ein einfacher Editor. Und einige fortgeschrittenere Funktionen haben sich im Laufe der Zeit dann doch als praktisch herausgestellt:
Column select
- Mit "Shift + Alt + Pfeiltaste" kann Text spaltenweise markiert werden. Meine Quelle zeigt dafür ein schönes Beispiel: Will man aus einer Liste
/home/abc/*
/home/abc/*
jeweils das /home/\w+/ entfernen, könnte man so den entsprechenden Teil markieren und löschen. Vorausgesetzt die Länge ist immer gleich. Nicht so schön wie die Sublime-Multicursor-Funktion und zugegeben selten benutzt, aber trotzdem gelegentlich praktisch.
Markierung setzen und hinspringen

Relativ oft arbeite ich in einer Datei an mindestens zwei Stellen gleichzeitig. Ist die Datei relativ klein ist das kein Problem, und ich versuche inzwischen wirklich, die LoC möglichst gering zu halten. Doch ist es ein fremdes Projekt oder auch ein älteres Serendipity-Plugin von mir (die Serendipity-Plugin-Struktur führte bei mir zu organisch wachsenden Ein-Datei-Codebasen, so hat die serendipity_event_spamblock_bayes.php immerhin 2000 Zeilen, und das ist bereits die smartifizierte Version), wird das schnell übersichtlich. Jeweils eine Markierung setzen und zwischen denen hin- und herspringen ist eine Funktion, die ich mir gewünscht habe bevor ich sie kannte: Auf den Rand neben der Zeilennummer die Markierung setzen, dann mit "Strg + ," oder "Strg + ." zur nächsten Markierung rauf- bzw runterspringen. Anker für Code, von mir noch zu selten benutzt.
Zeilen duplizieren
Simpel: Ein "Strg+d" (ich hoffe, das ist die Defaultbelegung) fügt unter dem Cursor die Zeile ein, in welcher der Cursor gerade ist. Ist jedoch Text markiert, wird der markierte Text hinter den Cursor kopiert. Der Cursor bleibt jeweils genau da, wo er ist.
Eine der simplen Funktionen, die ich unter Eclipse praktisch fand und später vermisste habe, und deren Ausgestaltung unter Geany mir gut gefällt.
Absatz formatieren
Bei Code hat das keinen Effekt, aber ich fand es praktisch als ich an Latex-Dokumenten gearbeitet habe: Mit "Strg+j" wird der momentane Absatz entsprechend der Zeilenlängenvorgabe umgebrochen. Verhindert, immer wieder Enter zu drücken weil die Zeile zu lang wird und das so manuell zu machen.
Suchen- und Ersetzen
Code muss manchmal überarbeitet werden, und Kleinkram wie automatische und codeweite Variablenumbenennung ist eine Stärke klassischer IDEs. Mit dem Suchen- und Ersetzen-Dialog, aufrufbar per "Strg+h", kann Geany das auch, sogar mit Regexpressions, also für wesentlich mehr als nur einfache Variablenumbennungen geeignet.
Dateiweise oder in allen geöffneten Dokumenten, schrittweise oder alle auf einmal, und wenn schrittweise, dann in unterschiedlichen Tempi - ich nutze immer noch manchmal sed für sowas, aber Geanys Funktion ist mächtig und nützlich genug, um sed desöfteren zu ersetzen. Und die Änderung schrittweise durchzuführen und so in der GUI prüfen zu können vermeidet Fehler.
Zusätzlich beherrscht Geany eine gut funktionierende Syntaxvervollständigung, die erwähnte Funktionenübersicht erweist sich immer wieder als praktisch, und wenn man wollte, könnte man mit dem Pluginsystem und dem Terminal sicher etwas anfangen. Man kann Geany aber auch als simplen Editor ohne weitere Fähigkeiten nutzen - er lädt schnell genug, um problemlos mal schnell eine Config-Datei anzupassen. Was man über Eclipse nicht gerade sagen kann.
onli blogging am : Farbige Klammern für Syntax-Higlighting
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