Gedanken sind der Ort im Gehirn, wo Sprache nicht prozessiert wird.
Ich mag diesen Gedanken. Ihn formuliert, wenn das Impressum stimmt, Daniel Scholten auf Belles Lettres in einem Podcast namens Der einzigste und der Ober(st)e. Ich mag den Gedanken, weil er der Sprache die wohl richtige Bedeutung zuweist: Instrument und von Menschen in der Benutzung geformtes Etwas, mit dem sie sich Dinge mitteilen. Darüber kommt man schnell zum von ihm nebenbei erwähnten Primat der gesprochenen Sprache, was mir gut passt, weil es mich in meiner Abneigung gegen die durch FGdI eingeflößte Informatikerangewohnheit bestärkt, Sprache als Logik zu verstehen und dann künstlich so zu tun, als könnte man verneint gestellte Fragen nicht mehr richtig beantworten.
Außerdem stimmt die Beobachtung, gesprochene Sprache sei voller notwendiger Redundanzen, darüber wunderte ich mich erst kürzlich beim Transkribieren meiner Nutzertests.
Womit ich Belles Lettres immer verbinden werde: Ziemlich am Anfang meines Master-Studiums saß ich mit einer kleinen Gruppe in der Mensa und irgendwie startete einer die Diskussion, wie China und Chemie ausgesprochen wird. Ch als K gesprochen ist richtig und alles andere peinlich falsch, davon war er überzeugt und auch nicht von abzubringen, weil er in seinem vorherigen Studium mal extra einen Sprachkurs von echten Sprachwissenschaftlern mitgemacht hat, in dem ihm das so erklärt wurde. Nun hatte ich gerade diese Erklärung dazu gelesen und war daher keineswegs so einfach davon zu überzeugen. Meine Uneinsichtigkeit seiner offensichtlichen Überlegenheit in solchen Fragen plus seine nicht zu übergehende laute Möchtegern-Bestimmtheit ergab ein unschönes Tischgespräch und den Beginn einer anhaltenden Abneigung, die sich spätestens bei seinen rassistischen Witzeleien im - jawohl - China-Restaurant zum offenen Zerwürfnis verfestigte.Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb gefällt mir der Artikel auch jetzt noch sehr gut, denn schon seine Einleitung ist eine schöne Gegenposition zum "So wurds mir erklärt und so ist es richtig":
Fangen wir mit dem Wesentlichen an: Welche Aussprache Ihnen auch immer eigen ist, Sie liegen damit richtig. Denn für die drei Varianten /?/, /ç/ und /k/ finden sich jeweils so viele Sprecher, daß man von keiner Standardform durch Mehrheit sprechen darf.
Mir ist bewusst, dass auch dies eine Erklärung ist, die man erklärt bekommen und dann für richtig halten kann - der Unterschied ist der verifizierbare Inhalt, der die Engstirnigkeit unmöglich macht.
Und jetzt also ein Podcast zu der einzigste. Die Argumentation beginnt bei alt-ägyptischen Vergleichsformen, es geht weiter mit Definition durch Lage im Raum (bei der obere), mit dem Beispiel der zweite, der zwanzigste und endet mit: Der Einzigste ist Determinierung, nicht überflüssige Steigerung. Ich lese da keine Empfehlung raus, so zu schreiben, die stilistische Kritik an der Redundanz wird ja nicht verworfen, aber ich werde mir merken, die Verwendung von der einzigste im Gespräch nicht mehr als Fehler anzusehen (was ich bisher tat, den Sprecher manchmal auch entsprechend korrigierte). Ich verkürze stark und konnte auch an einer Stelle nicht folgen (der Folgerung, dass vom Prinzip die Leute in Griechenland, die póteros sagen, die gleichen Leute sind, die bei uns der einzigste sagen), sondern ließ mich erst später überzeugen, deshalb würde ich empfehlen, die Erklärung selbst anzugucken.
Was ich an Belles Lettres übrigens nicht mag ist der Effekt, dass ich nach so einem Video erstmal weniger frei schreibe, mehr darauf achte, was für einen Unsinn ich hier fabriziere, ohne das Gefühl zu haben, dass der Text davon wesentlich profitiert.