Scaleway beschreibt sich selbst als Anbieter von bare metal cloud server. Mit Cloud im eigentlichen Sinne hat es aber nichts zu tun. Statt einer Instanz in einer Cloud geteilter und ausfallsicherer Ressourcen sind es dedizierte kleine ARM-Server, die Scaleway für 10€ im Monat anbietet. Nachdem ich Dirk als Kommentar eine Beschreibung hinterlassen habe, die mir im Nachhinein zu unreflektiert positiv klang, musste ich mir den Dienst nun näher anschauen.
Der Server hat immerhin einen Quad-Core-Prozessor, laut cpuinfo ein Marvell PJ4Bv7 Processor rev 2 (v7l) mit 1332.01 Bogomips pro Kern. Das ist weniger als ein typischer Desktop-PC, aber für einen Heimserver okay. Dieser Heimserver steht dagegen in einem Rechenzentrum. Außerdem hat er Zugriff auf eine gar nicht mal so langsame Festplatte und 2GB Ram, was die typischen Probleme mit Heimservern umschifft. Dass der Prozessor ein ARM-Prozessor sollte auf einem Server heutzutage nicht mehr viel ausmachen, nach dem Raspberry Pi laufen die wichtigen Linux-Distributionen und Anwendungen dort meist ohne Probleme.
Wäre es aber nur das, wäre Scaleway die 10€ im Monat nicht wert. Für 10€ im Monat könnte ich auch bei Digitalocean bleiben - einem etablierten und beliebten Anbieter. Ein 10€-Droplet hat dort zwar nur mit 1GB Ram und einem Einkern-Prozessor in einer VM. Doch langsamer ist das nicht zwingend, bei garantierten Ressourcen kein echter Nachteil, und das fehlende GB Ram je nach Server-Anwendung nicht wichtig.
Daher versucht Scaleway, auch das Drumherum gut zu machen.
Beim Erstellen eines Servers sind mehrere Linux-Distribution auswählbar - und statt leerer Distributionen gibt es auch vorinstallierte Anwendungen. So kann z.B. Ghost oder Wordpress (auf Ubuntu laufend) durch die Vorauswahl direkt bei der Servererstellung ausgewählt werden. Die Oberfläche ist freundlich und übersichtlich, Serververwaltung und Netzwerkübersicht klar. Erstellten Servern können sogar zusätzliche Partitionen zugeordnet werden (2€ für 50GB), das sind also in irgendeiner Form Netzwerkplatten. Potentiell mächtig ist die Möglichkeit, Server über das lokale Netzwerk zu verbinden.
Es gibt außerdem eine API und Scaleways Infinite Storage System. API ist klar, damit können aus der Ferne die Server kontrolliert werden - der Dokumentation zufolge ist sie relativ mächtig. Das Infinite Storage System habe ich nicht ganz verstanden. Der FAQ zufolge können dort unendlich viele Daten hingeschoben werden, der Preisübersicht zufolge kostet das 0,02€ pro Monat und Gigabyte. Warum steht das nicht in der FAQ, und warum heißt es dort Objekt Storage? 0,02€ pro Monat und Gigabyte ohne Kosten für den Transfer wäre sogar billiger als tarsnap - allerdings bin ich mir wie gesagt nicht sicher, ob das vergleichbar ist.
Scaleway gegen Digitalocean
Einiges davon kann Digitalocean allerdings auch. Vorgefertigte Images für Distributionen und Anwendungen zuallererst, denn dort ist die Auswahl etwas größer. Eine API gibt es auch, und ohne sie je benutzt zu haben erscheint sie mir mindestens genauso mächtig. Und auch Droplets könnten im lokalen Netzwerk miteinander reden. Was Digitalocean nicht hat, das ist das Storage System. Und die Festplatte ist kleiner, 30 GB im 10€-Plan statt 50 GB. Ähnlich Ram, da stehen 1 GB gegen Storageways 2.
Um die Unterschiede zusammenzufassen:
Scaleway hat für Server momentan genau ein Angebot:
- Das kostet 10€ im Monat.
- Dafür bekommt man einen dedizierten kleinen Quad-Core-ARM Server in einem Datencenter mit 2GB Ram und 50 GB Speicher.
- Der hat unbegrenzt Traffic bei einer Anbindung mit 200Mbit/s
- Zusätzlich gibt es eine API, ein potentiell nettes Storage System und schließlich die Möglichkeit, einige wenige Anwendungen per Klick bei der Servererstellung zu installieren.
- Erreichbar ist der Server über eine deaktivierbare IPv4-Adresse.
Digitalocean dagegen hat mehrere Angebote:
- Ich vergleiche mit dem für 10$ im Monat
- Dafür bekommt man derzeit in einer VM einen Single-Core-Prozessor (aber x86_64), 1GB Ram und 30 GB Speicher auf einer wesentlich schneller angebundenen SSD.
- Traffic ist begrenzt auf 2 TB, Informationen zur Anbindung habe ich nicht gefunden.
- API und Anwendungen per Klick gibt es ebenfalls, nur mehr davon.
- Der Server hat eine IPv4-Adresse, kann aber auch Wunsch auch IPv6 bekommen.
In welchem Anwendungsfall wäre Scaleway besser? In meinen Augen dann, wenn man genau in den 10€-Slot fallen würde und die Quad-Core-Cpu nutzen kann. Denn dann bräuchte man bei Digitalocean wahrscheinlich mindestens das 20$-Angebot, für 2GB Ram, 3GB Traffic und eine Dual-Core-Cpu.
Bei allem darüber sind Digitaloceans größere Angebote wahrscheinlich netter, als die Arbeit auf mehrere Scaleway-Server zu verteilen.
Bei allem darunter ist Digitaloceans 5$ Angebot (512MB Ram, 20 GB Speicher, 1TB Transfer) verlockend, da zwar deutlich weniger, aber eben auch halb so teuer und wahrscheinlich ausreichend. Und klar: Für jeden, der einen Heimserver in der Cloud verlockend findet, ist ein solches kleines Droplet wahrscheinlich absolut ausreichend. Und jeder, dem ein solches kleines Droplet ausreicht, könnte auch gleich zu uberspace gehen.
Digitalocean ist übrigens ein Partner in Githubs Studentenprogramm, mit dem Studenten 100$ Credit bekommen, also 20 Monate den kleinsten Server umsonst nutzen könnten. Daher kenne ich sie auch. Immerhin noch 10€ umsonst gibt es bei Anmeldung durch einen Referral-Link wie diesem hier.
Fazit
Trotz der momentanen Überlegenheit von Digitalocean will ich deutlich machen: Scaleway hat Potential. Heimserver im Rechenzentrum sind eine gute Idee und eine mir willkommene Alternative zu Shared Hostern und gewöhnlicheren Cloudanbietern. Das Drumherum macht den Eindruck, als würde das in naher Zukunft wirklich komfortabel werden - derzeit fehlen noch 1-Klick-Images und Dokumentation, aber das dürfte sich geben. Auch die Oberfläche wirkt gut. Sie planen, später noch andere Servertypen anzubieten, auch das könnte nett sein - besonders, wenn sie damit Digitialocens 5$-Plan kontern.
Und hinter Scaleway steht iliad, was die Gruppe ist, deren Ableger free den französischen ISP-Markt schlicht mit dem besseren und günstigeren Angebot erobert hat. Das ist keine schlechte Referenz, und lässt für die Zukunft gutes erhoffen.
Update: Scaleway hat nun den Preis auf 2.99€ gesenkt
onli blogging am : Ghost
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