Nach den guten Erfahrungen mit den letzten Feral-Ports kaufte ich Shadow of Mordor zuversichtlich, es zumindest bald spielen zu können. Stattdessen lief das Spiel direkt. Zwar tauchte eine Warnung über nicht unterstützte Treiber auf, doch konnte ich keine Probleme mit dem freien Mesa-Treiber wahrnehmen. Freudige Überraschung, denn mein System ist schon prozessorseitig schwächer als die empfohlenen Anforderungen fordern, und eben entgegen den Anforderungen mit einer AMD-Grafikkarte ausgestattet.
Es ist ein AAA-Actionspiel im Tolkien-Universum. Man spielt einen Ranger, dessen Familie von Saurons Schergen in einem Ritual getötet wurde, an dessen Ende auch der Ranger sterben sollte, stattdessen aber von einem Geist besessen wurde. Ergo ist er unsterblich und kann Rache nehmen. Was das Ritual sollte, welche Motivation die Bösen haben, bleibt unerklärt, so wie auch der Rest der in den Hauptmissionen erzählten Geschichte völlig absurd ist
Als Spiel also ein Actionspiel, läuft man in einer von zweien mittelgroßen Welten umher. Überall gibt es Orks, und die greifen einen an. Man kann sich stattdessen durchschleichen oder wegrennen, man wird aber so oder so viel kämpfen, und die Kämpfe sind gar nicht schlecht. Angreifen mit linker Maustaste, Kombos bauen, Spezialattacken auslösen, dabei immer im richtigen Moment blocken, gelegentlich den Bogen benutzen - ich war anfangs ziemlich überfordert. Besiegte Gegner, gesammelte Kräuter und erfüllte Missionen bringen Erfahrungspunkte, mit denen der Charakter verbessert werden kann und mit denen neue Fähigkeiten - wie das Teleportieren zum Gegner - freigeschaltet werden. Mit einer anderen Währung gibt es passive Upgrades, wie erhöhte Lebensenergie, dadurch werden die Kämpfe trotz steigender Komplexität der Gegner (Schildträger und Berserker, die man erst lähmen muss, Speerwerfer, denen schwierig auszuweichen ist) im Verlaufe des Spiels eher leichter. Und man lernt ja auch als Spieler dazu.
Eigentlicher Reiz des Spiels ist das Nemesis-System. Manche der herumlaufenden Orks sind Captains, stärker als normale Orks und mit zusätzlichen Stärken und Schwächen. Besiegt dich so einer wird er stärker, und erinnert sich bei der nächsten Begegnung an dich. Ebenso können Normalo-Orks zum Captain befördert werden, wenn sie im Kampf den Ranger (er)schlagen. Captains können auch fliehen, und bekommen dann Narben von der vorherigen Begegnung, oder sie spotten über den Ranger, wenn man selbst weggerannt ist. Von den Captains gibt es drei Stufen, und obendrüber die Warlords, die nochmal stärker sind und eigene Bodyguards haben. Die zu besiegen ist jeweils eine Mission, aber es gibt dafür verschiedene Wege.
Generell will man gegen die Spezial-Orks ihre Schwächen einsetzen. Für die braucht man Infos, die man beim Herumlaufen findet, so können Orks ausgefragt werden oder befreite Gefangene Informationen weitergeben. Dadurch erfährt man z.B., dass ein bestimmter Ork gegen Fernattacken immun ist, aber mit einer Schleichattacke direkt getötet werden kann und Angst vor Feuer hat. Relativ schwierige Kämpfe werden so sehr viel einfacher, gerade die Warlords, die sowieso schon stark sind und dazu noch in orkbewehrten Festungen herumlaufen.
In der zweiten Welt kommt eine Erweiterung des Systems hinzu: Der Geist im Ranger kann plötzlich Orks übernehmen. So manipulierte Orks kämpfen für den Ranger, und das funktioniert auch mit Captains, denen man dann sogar Befehle geben darf. Andere Captains angreifen, zum Bodyguard eines Warchiefs werden und ihn dann hintergehen - der Captain gehorcht, und der Ranger sammelt seine Orkarmee. Nachdem man in den vorherigen zwei Dritteln des Spiels Orks bekämpft hat ist das eine nette Abwechslung, und ziemlich unerwartet. Es wird teil der Story, aber auch in der Spielwelt laufen dann viele der besessenen blau leuchtenden Orks herum, die den Ranger ignorieren und in einem Kampf sich gegen die anderen Orks stellen. Sehr angenehm.
Ob mit Ork-Manipulation oder ohne, insgesamt ist das Nemesis-System toll. Es trägt das Spiel, und kann sicher im kommenden Nachfolger sehr schön erweitert werden. Wenn Orks sich über die dritte Flucht in kurzer Zeit lustig machen, oder als ein überpowerter Bogenträger zu meiner Nemesis wurde - er killte mich bestimmt vier mal - und entsprechend selbstbewusst in den nächsten Kampf geht, ist die Rache ziemlich motivierend.
Shadows of Mordor jedoch hat auch seine Macken. Wie oben erwähnt ist die Story absurd, gerade für Herr der Ringe. Man muss das Ausblenden und es als reines Aktionspiel (mit Charakterupgrades) begreifen, aber auch dann ist es ein komisches. Die herumlaufenden Orks sind das Problem, die kommen nämlich immer und sofort wieder. Man ist also gerade dabei, alle Orks in einer Hausruine zu besiegen, hat vielleicht sogar ein paar Orks im Schleichmodus erledigt und vor dem Kampf ein paar Pfeile abgeschossen. Zwei Sekunden später sind die Orks wieder da. Und ich mein nicht, dass man weggegangen ist und wiederkommt und dann wieder Orks sieht - noch während man da steht kommen Orks von der Seite und nehmen die gleichen Positionen ein. Es gibt null Persistenz der eigenen Handlungen in der Welt, nur das Nemesis-System täuscht da ein bisschen drüber hinweg. Klar, dass macht viele Aspekte des Spiels einfacher, so sind auch immer Kämpfe möglich, aber es fühlt sich gerade anfangs sehr komisch an; später wird es nervig, immer wieder Orks auszuweichen oder schon wieder an der gleichen Stelle niederzumetzeln. Generell ist es eine vertane Chance, und etwas, das in Spielen wie Just Cause trotz ähnlicher Gegnermassen besser gelöst wurde.
Der Linux-Port ist bugfrei und kein einziges mal abgestürzt. Die Performance ist okay, ich konnte es mit meinem übertakteten Phenom 955 und einer Radeon HD 7950 auf unteren bis mittleren Einstellungen spielen. Nicht immer mit 60 FPS, das Spiel wirkte aber niemals rucklig. Für ein zweieinhalb Jahre altes AAA-Spiel auf Hardware unter den empfohlenen Systemanforderungen und mit nicht offiziell unterstützten freien Treibern war das hervorragend.