Bevor ich diesen Artikel hier im Blog veröffentlichte, dienten ein paar Abschnitte als Grundlage für einen Artikel auf Gamersglobal. Der ist etwas anders aufgebaut, vor allem vergleicht er zusätzlich die Änderungen im neuen Stellaris mit den Kritikpunkten aus dem GG-Test, der zur Veröffentlichung erschien.
Nanu, wurde etwa ein Nachfolger zu Stellaris veröffentlicht? Nein, Stellaris 2.0 ist tatsächlich einfach Stellaris, nur dass auch das Grundspiel im Laufe der Zeit und vor kurzem zur Veröffentlichung der Apocalypse-Erweiterung nochmal deutlich verändert wurde. Ich habe nochmal eine lange Runde gespielt und fasse meine Eindrücke hier zusammen.
Fangen wir bei den Flottengrößen an. Die sind nicht mehr beliebig groß, beziehungsweise so groß wie das Imperium eben finanzieren kann und Schiffe hat. Sondern es gibt zwei Limitierungen: Ein weiches Limit, ab dem weitere Schiffe deutlich mehr Unterhalt kosten. Und eine harte Flottengröße, mehr können einfach nicht zusammengefasst werden. Das vergrößert die Wirkung von Forschungsunterschieden, fortschrittlichere Reiche haben dadurch größere Flotten und dadurch im Kampf einen absolut entscheidenden Vorteil. Diese Ausdifferenzierung ist ein gutes Beispiel dafür, was die Entwickler scheinbar auch mit den anderen Änderungen beabsichtigt haben.
Die Antriebe wurden ebenfalls verändert. Vorher gab es eine Auswahl, mit welcher Technologie welche Rasse starten konnte. Menschen hatten z.B. klassische Hyperlanes, während andere mit Mini-Wurmlöchern arbeiteten und so weiter springen konnten, dafür am Ziel aber erst eine Station errichten mussten. Das war verwirrend, mir z.B. hatte dieser Unterschied einen Spielstand einfach verleidet, weil der Nachteil meiner Wahl zu gravierend war. Jetzt starten alle mit Hyperlanes, aber später kann ein Sprungantrieb erforscht werden, der einfach einen Timeout hat und keine Stationen braucht.
Raumstationen sind ein wichtigerer Bestandteil des Spiels geworden. Um ein System einzugliedern muss nur noch ein Konstruktionsschiff bei der Sonne einen Außenposten errichten, was Mineralien und Einfluss kostet. Dieser Außenposten kann dann optional zu einer Raumstation aufgerüstet werden. Auch für sie gibt es ein weiches Limit, ab dem der Unterhalt verteuert wird. Raumstationen sind mächtig geworden und können in manchen Zeitabschnitten durchaus feindliche Flotten abwehren. Auch kann man wählen, worauf sich die Station spezialisiert: Soll sie Energie produzieren, Schiffe bauen können, das Schiffslimit anheben oder besonders viel Verteidigungsstärke besitzen? Und das ist nur eine Auswahl. Dafür können nicht mehr mehrere Stationen in ein System gesetzt werden. Und das vorherige System von wachsenden Grenzen, das dem von Civilization ähnelte, ist verschwunden.
So ziehen sich die Änderungen durch das Spiel. Viele Bereiche wurden mindestens leicht angepackt. Neue Restriktionen und neue Spielemente sollen das Spiel interessanter machen. Manch nerviges wurde gestrichen oder vereinfacht, so funktioniert beispielsweise die automatische Nutzung von neuen Technologien in Schiffen besser, man muss nicht mehr zwingend eigene Schiffsvarianten im Editor bauen. Und Anführer kosten nur noch Energie, sind also praktisch immer verfügbar, wobei das Spiel immer noch limitiert wie viele man haben kann.
Aber nicht alles funktioniert problemlos. Beispielsweise gibt es in Kriegen - für die man nun einen Kriegsgrund braucht, was gut funktioniert - nun eine sich immer erhöhende Kriegsmüdigkeit. Liegt die eigene bei 100% wird automatisch der Krieg beendet, und vorher besetzte sowie zuvor mit Einfluss beanspruchte Systeme landen bei der jeweiligen Partei. Das wurde mit dem Patch 2.0.2 etwas entschärft, die Kriegsmüdigkeit steigt nun weniger schnell und es gibt ein zusätzliches Limit von 200 Tagen nach Erreichen der 100%, nach dessen Ablauf erst der Gegner den Frieden erzwingen kann. Aber es ist immer noch daneben, dass es keine Instrumente gibt, die Kriegsbereitschaft der Bevölkerung zu beeinflussen - warum sollten despotische Sklaventreiber dafür genauso anfällig sein wie eine multikulturelle Demokratie? Auch funktioniert das System nicht sauber mit allen Ereignissen, so war bei mir der Krieg der erwachten Fallen Empires durch die Kriegsmüdigkeit vorbei, bevor diese überlegenen Reiche mit ihren Riesenflotten groß Gebiete erobern oder auch nur wesentlichen Schaden bei ihren (mit mir verbündeten, mit ihnen verfeindeten) Nachbarn anrichten konnten.
Wenig scheint sich bei der Grafik verändert zu haben. Die ist immer noch nicht schlecht. Aber zumindest unter Linux würde ich bessere FPS erwarten, weil sie eben nur nicht schlecht ist, nicht besonders toll. Am meisten stören mich die Schiffe: Selbst die großen Schlachtschiffe sieht man in brauchbaren Zoomstufen nur als kleine graue Punkte auf dem meist schwarzen Weltraumhintergrund. Das schmälert meinen Stolz, wenn ich die mächtigste Flotte im Universum besitze. Der Titan aus der neuen Erweiterung hilft hier vielleicht ein bisschen, aber ändert ja an den sonstigen Schiffen nichts.
Am wichtigsten aber ist Stellaris altes große Problem: Es hat Lücken. Damit meine ich, dass das Spiel zwar stellenweise toll funktioniert - es ist motivierend ein Imperium zu errichten, Einfluss zu gewinnen. In diesem Abschnitt hat der Spieler immer viel zu tun, ohne überfordert zu werden. Und noch eine ganze Weile gilt es, möglichst schnell unbesiedelte Sternensysteme zu beanspruchen. Fallen die weg, können Kriege und Krisen noch immer eine Weile unterhalten. Aber ab diesem Zeitpunkt wird das Spiel dünner und dünner, bis es im Endspiel schließlich zerfasert. Kommen dann noch die langen erzwungenen Friedenszeiten nach einem Krieg hinzu, heißt Stellaris spielen manchmal einfach warten.
Als Nebenbemerkung: Es kann sein, dass dieser Effekt auf meinem System durch schlechte Performance verschlimmert wird. Eventuell vergeht bei mir später die Spielzeit einfach langsamer, also dauert ein Spieltag länger? Ich möchte hier den Tipp unterbringen, mesa_glthread=true %command%
als Startoption zu setzen, also OpenGL-Multithreading zu aktivieren. Bei prozessorlastigen Spielen kann das helfen, und bei Stellaris schien mir dem so zu sein. Ich glaube allerdings nicht, dass dies ein rein technisches Problem ist, die Wartephasen entstünden durch die Spielmechanik so oder so.
Symptomatisch für das Problem der Inhaltslosigkeit am Ende war auch mein formeller Sieg: Ich hatte nicht etwas etwas tolles erreicht, beispielsweise einen großen Rivalen besiegt. Nein, einfach weil die Fallen Empires erwachten, schlossen sich nahezu alle anderen Reiche meiner Föderation an, woraufhin wir genug Sternensysteme kontrollierten und ein Popup meinen Sieg verkündete. Glanzloser geht fast nicht, daher spielte ich auch noch eine ganze Weile weiter, nämlich bis wenigstens beide Fallen Empires besiegt waren. Zu dem Zeitpunkt war mein Sternenreich dann auch klar das mächtigste. Aber auch das war dann kein erfüllender Sieg mehr.
Doch Technikproblem und Siegbedingungen hin oder her: Insgesamt gefällt mir das neue Stellaris besser als je zuvor. Mit den Änderungen aus 2.0 ist es anspruchsvoller geworden, die neuen Elemente tun dem Spiel gut. Es ist immer noch so, dass es in manchen Spielabschnitten Leerlauf gibt, und dass später Rohstoffe im Überfluss vorhanden sind. Aber beides war vorher schlimmer. Eventuell würde es auch helfen, ein paar DLCs mehr zu aktivieren - bei mir läuft bisher nur Horizon Signal und Leviathans Story Pack. Aber sicher bin ich da nicht, da der Großteil der Erweiterungen inzwischen ins Grundspiel geflossen ist. Trotzdem, beim nächsten Sale werde ich mir das nochmal überlegen.
onli blogging am : Besonders für Linuxspieler interessant: Humble Best of Paradox Interactive Bundle
Vorschau anzeigen