Ich halte die Zeit für eine der besseren Zeitungen und Online-Medien in Deutschland. Umso schmerzhafter, wenn ich sie dabei erwische, wie sie Propaganda im Eigeninteresse betreibt. So geschehen bei der desaströsen Entscheidung für weitere Zensurinfrastruktur im Internet, der Entscheidung des EU-Parlaments für Uploadfilter und ein EU-weites "Leistungsschutzrecht", der Linksteuer. Im Bericht darüber schreibt die Zeit:
Im Wesentlichen stehen sich in der Debatte zwei Fronten gegenüber: Auf der einen Seite unter anderem Medien, die ihre Urheberrechte auch im Internet schützen wollen. Auf der anderen Seite Konzerne wie Google, Facebook und YouTube sowie Verfechter eines "freien Internet".
Verlogener kann man die Situation nicht darstellen. Es geht auf der Seite der Medien eben nicht um einen Schutz der Urheberrechte – der ist gegeben. Es geht um eine Geldabschöpfungsquelle, ursprünglich gegen Google gerichtet. Denn was die Verlage wollen ist Geld verlangen, wenn jemand einen Link setzt und dabei den Titel oder einen Kleinstausschnitt eines Artikels zitiert. Genau so, wie ich das gerade gemacht habe (aber die können ja mal versuchen, von mir dafür Geld einzufordern). Das verstößt eben nicht gegen das Urheberrecht, die Verlage wollen deshalb ein neues Recht schaffen, mit dem sie dafür Geld erpressen können.
Google aber lässt sich nicht erpressen. Google hat bei der deutschen Iteration des Leistungsschutzrechts Medien, die sich vorbehielten solch eine Abgabe zu fordern, einfach aus dem Aggregator Google News gekickt, woraufhin die betroffenen Verlage bettelnd vor Google um Wiederaufnahme baten und ihr gerade mittels Korruption erworbenes Leistungschutzrecht aufgaben. Sie mussten das tun, nachdem ihre Besucherzahlen und Werbeumsätze eingebrochen waren. Es kann den treibenden deutschen Verlagen hier also nicht mehr um Google gehen, denn ihre Ansprüche gegen Google haben sie aufgegeben. Es kann nur noch darum gehen, Geld von kleineren Internetplayern erpressen zu können.
Und deshalb stehen auf der anderen Seite eben nicht die großen Konzerne, sondern die freie Presse und Leute wie ich, nämlich Blogger und Internetunternehmer. Wir sind von dieser Gesetzgebung bedroht, nicht Google, nicht Facebook, nicht Youtube. Die großen Internetgiganten haben nämlich die Marktmacht, solche Bedingungen einfach nicht zu akzeptieren. Wie die Gema schmerzlich zu spüren kam, als Google für Youtube ihre Abzockpreise jahrelang einfach nicht akzeptiert hat.
Die Anführungszeichen um freies Internet sind weitere Propaganda. Es sind tatsächlich Verfechter eines freien Internet, die gegen dieses Gesetz sind. Das ist nicht falsch benannt, da braucht es keine Distanzierung, und genau das wollen die Anführungszeichen ausdrücken: Dass Feinde des Gesetzes eben nicht für ein freies Internet stünden. Miese Manipulation des Artikelschreibers, eine glatte Lüge.
Bei den Uploadfiltern bleibt bequemerweise unerwähnt, dass es korrekt funktionierende Filter nicht gibt und auch nicht geben kann. Hier geht es daher offensichtlich ebenfalls nur darum, neue Rechtsansprüche und damit Geldquellen für die Rechtemafia zu schaffen. Wobei das Resultat einer solchen Implementierung in lokale Gesetze wäre, dass alle nationalen Internetfirmen mit von Nutzern gestellten Inhalten aufgeben müssten. Soviel zur Zukunft der EU-Länder als gewünschte Horte von Internetunternehmen, Berliner Silicon Valley my ass.
Zur korrekten Darstellung der Zeit sei erwähnt, dass inzwischen ein faktisch korrekter Artikel als Kommentar veröffentlicht wurde. Aber dieser erste Artikel war erbärmlich schlechte Propaganda und dem Anspruch der Zeit unwürdig.