Die Menschen gehen auf die Straßen, haben die besseren Argumente und tun ihren demokratischen Willen kund. Das Parlament ignorierts größtenteils. Der einzige Effekt der Demos war das Umschwenken der SPD, was ihnen hoch anzurechnen wäre, wenn nicht in ein paar Tagen die SPD-Frau Katarina Barley uns und sich selbst (Koalitionsvertrag) verraten und die Reform durchwinken würde.
Wie muss darauf reagiert werden? Meine Positionen sind:
1. Die EU muss weg. Oder entschärft werden
Eigentlich betrachte ich mich als Europäer mehr noch als Deutschen. Und doch zeigt dieses Vorgehen, welche Gefahr in diesem supranationalem Gesetzesgeber liegen. Ländern können eben Regeln aufgedrückt werden, die sie nicht haben wollen – was ein Problem ist, wenn diese Regeln scheiße sind.
Ich glaube nicht wirklich, dass Deutschland aus der EU austreten solle. Aber ich frage mich schon, wie ein Land damit umgehen soll, wenn über die EU schlechte Regelungen durchgesetzt werden, die das Land ablehnt. Muss das dann wirklich einfach gefressen werden? Kann das ein akzeptabler Zustand sein, wenn es zu solchen Ergebnissen führt?
2. Wir brauchen eine Unabhängigkeitserklärung des Internets
Zugang zu Informationen ist ein Menschenrecht. Genau wie das Recht auf freie Rede. Die Fähigkeiten der Menschen ihrer Rechtsausübung wurde durch das Internet massiv verbessert und ist jetzt durch die Kontrollbemühungen aller Gesetzgeber noch massiver gefährdet. Was wir brauchen ist eine Ergänzung der Menschenrechtskonvention, die klar macht: Aufgrund der überragenden Bedeutung des Internets für diese Menschenrechte ist in das Internet eingreifende Legislation nur in ganz seltenen Fällen erlaubt. Und niemals aufgrund der Finanzinteressen der politikermanipulierenden Verleger.
Es würde die Kaperversuche der sterbenden Politikergeneration nicht völlig stoppen. Aber wir hätten in Fällen wie jetzt ein zusätzlich globallegales Argument.
3. Das Netz muss technisch gegen Regulierungen immun werden
Das Problem sind schlechte Regulierungen, die Gefahr, dass das Netz kaputtreguliert wird. So wie jetzt, wenn ein ungeeignetes Urheberrecht für eine vergangene Zeit – schlimmer noch, mit bewusst weniger Rechten als es analog mit dem Zitatrecht gab – auf das Internet gezwungen wird. Wir könnten uns politisch dagegen wehren, doch wie gerade wieder klar wurde: Unsere Demokratie ist dafür in keinem geeignetem Zustand. Also müssen wir uns technisch wehren: Wenn Youtube verschlüsselt (=unblockbar) und jeder Nutzer sowie der Plattformbetreiber anonym (=unzuordbar) wäre, könnten die Regelungen des Uploadfilters und die Linksteuer des Leistungsschutzrechtes gar nicht greifen. Genauso in diesem Blog: Wenn er unter einer anonymen URL laufen würde und mein Name nicht auftauchte, könnten die Verleger mich komfortabel mal kreuzweise, wenn sie Geld fordern wollen, weil ich einen Link zu einer Nachrichtenseite setze. Dafür braucht es aber noch: 1. Lesbare anonyme URLs 2. Ein stärkeres dezentrales Web mit Projekten wie PeerTube.
Ich bin daher ernsthaft am Überlegen, hier zu schließen und woanders anonym weiterzumachen. Aber noch ist es dafür zu früh.
Mir spukte dieser Artikel schon gestern im Kopf herum und ich halte diese Konsequenzen auch heute noch nicht für zu dramatisch. Die Situation ist nunmal dramatisch: Der oberste Gesetzgeber hat seinen Willen kundgetan, das freie Internet zu töten und es in eine Form zu pressen, in der nationale Verlagshäuser zu alter Stärke finden. Giganten wie Youtube werden in dieser neuen alten Welt zurechtkommen, aber alle kleineren Plattformen werden und sollen sterben. Und die gewünschte Konsequenz: Dass jeder sein eigener Urheber ist und mit Smartphones und Blogs und in sozialen Netzwerken Inhalte produzierte, das soll aufhören. Genau das ist der Sinn der "Ihr braucht eine Lizenz selbst zum Linksetzen"-Philosophie. Es soll zurück in eine Zeit, in der das Publizieren ohne Verlag nicht möglich ist. Das käme den Konservativen nur zu gelegen, es macht ja auch die Pressearbeit so viel einfacher.
Wir haben alles gemacht, was außerhalb eine Wahl möglich ist. 200.000 waren auf der Straße, im tollen friedlichen und kreativem Protest. Es gab eine enorme Petition mit 5 Millionen Unterschriften. Die Abgeordneten wurden angeschrieben und angerufen. Was noch wäre nötig?
Sicher: Der Protest in anderen Ländern war kleiner, und hier liegt ein Hauptproblem. Auch daher der erste Punkt, das Herausnehmen aus der EU. Wenn europaweit Regelungen getroffen werden, aber warum auch immer (Kultur, Sprache, fehlende gemeinsame Massenmedien?) europaweit kein demokratischer Diskurs stattfinden kann, dann ist dieses System in jetziger Form eben abzulehnen.