Regions of Ruin – Toller Ansatz, aber es fehlt was
Monday, 9. November 2020
Regions of Ruin ist eine Genremischung in Pixelgrafik. Die Zutaten: Ein Sidescroller mit RPG- und Aufbauspielelementen. Man spielt einen Zwerg, der die aussterbende Zwergenrasse wiedervereinen will, dabei aber eine Monsterhorde voller Orks und Goblins besiegen muss.
Vom Lagerfeuer zum Dorf
Startpunkt ist die eigene Siedlung. Wo anfangs nur zwei Zwerge sich an einem Lagerfeuer wärmen entsteht nach und nach ein richtiges Dorf, wenn mit gesammelten Rohstoffen weitere Gebäude errichtet und ausgebaut werden. So kannst du zum Beispiel eine Taverne errichten. In der Taverne warten Söldner darauf, mit in die Gruppe genommen zu werden. Wird die Taverne vergrößert gibt es mehr Söldner zur Auswahl, dann kommt auch ein Brett für Kopfgeldquests hinzu. Die Rohstoffe wie Holz dafür werden nicht nur von dir selbst gesammelt, sondern auch von Arbeitern – meist befreiten Zwergen – die zu von Gegnern gesäuberten Gebieten geschickt werden können und dann von dort in einer festen Rate Rohstoffe einbringen. Solange der Vorrat reicht und das Lager noch nicht voll ist.
Diese Gebiete sind die auf der Karte verteilten und meist sehr kurzen 2D-Level. In ihnen gibt es NPCs – die oft Quests vergeben – Rohstoffe, Schätze und Monster. Um die Quests zu erfüllen muss man fast immer Monster töten, die auf dem oder einem anderen Level verteilt sind. Die werden schnell sehr stark, wohl dem Spieler der seine Söldnergruppe voll ausgebaut hat. Schätze meint Ausrüstungsgegenstände, wobei der Zwerg neben Rüstung, Waffe, Schild und Helm noch ein Amulett und einen Ring tragen kann. Wie beim Diablosystem haben manche dieser Items magische Eigenschaften und gibt es verschiedene farbig markierte Stärkeklassen, nach einer Weile müssen sie schon mindestens blau-magisch sein um eine Option sein zu können.
Hakelige Kämpfe
Die Kämpfe gegen die Monster und das Befreien der Level sind das Hauptelement des Spiels, und hier fängt es an problematisch zu werden. Anfangs alleine konnte man die Gegner sehr überlegt ausschalten, es gibt sogar eine Schleichfunktion, samt Verstecken hinter Fässern und Bonusschaden wenn Gegner überrascht werden. Treffer von Gegnern können Verletzungen verursachen, dann sinkt der Maximalgesundheitszustand, der Heiler in der Siedlung kann die Effekte entfernen. Angriffe können geblockt werden, es gibt Standard- und stärkere langsamere Angriffe, plus Ausdauerbalken, und mit bei Levelaufstiegen aktivierten Effekten kann der Spielercharakter angepasst werden.
Später jedoch ist man in der Gruppe unterwegs, und dann werden die Kämpfe sehr chaotisch. Gewinnen wird die stärkere Gruppe, aber welche das ist ist vorher kaum zu sehen. Die Level haben keine Gefährlichkeitsanzeige. So gibt es eine Hauptstory, in der Zwergenrunen aktiviert werden sollen, was dann jeweils ein entferntes Gebiet markiert. Das vierte davon war für mich und meine Gruppe viel zu stark – aber wie soll man erkennen, wann man für die Gegnergruppe bereit ist? Ich könnte jetzt nur Zeit investieren, mehr Level bewältigen, meinen Charakter und seine Gruppe aufleveln (auch mit einem Gebäude in der Siedlung, das Söldner viel stärker macht), und es dann periodisch wieder probieren. Aber das ist doch keine Lösung.
Abnutzungserscheinungen
Das wirkt auch deswegen so unattraktiv auf mich, weil sich jetzt langsam das Prinzip der 2D-Level abgenutzt hat. Wenn die Quests praktisch immer Töte ein paar Monster sind, wird das im Laufe der Zeit weniger interessant, selbst wenn das Spiel immer mal wieder neue Ideen aufbringt, wie (nicht toll umgesetzte) Festungen samt Monsterwellen, die man überleben soll. Gleichzeitig haben die regulären Gebiete das gleiche Problem: Die Monster sind teils zu stark, ohne dass das vorher ersichtlich ist. Sowieso, Grinden zu müssen ist kein gutes Spieldesign.
Die Bedienung ist dabei auch ein Problem. Ein Spiel wie Regions of Ruin spielt sich viel besser mit dem Controller. Das wird auch unterstützt, aber das Interface ist dafür nicht ausgelegt. Das Journal zum Beispiel lässt sich mit dem Controller gar nicht aufrufen, man muss die Maus in die Hand nehmen. Muss man auch, um im Söldnermenü den ausgewählten zu wechseln. Und sollte man, um auf der Karte Gebiete auszuwählen, da die Controllersteuerung dort nur manchmal und umständlich funktioniert. Problematisch wird auch das Schleichen: Jede der Schultertasten ist belegt, aber betätigt man aus Versehen die fürs Schleichen ist das ein Umschalter, der den Zwerg massiv verlangsamt – und damit im Gefechtschaos meist direkt tötet. Es ist offensichtlich, dass der Entwickler mit Maus und Tastatur spielt. Machen manche PC-Spieler auch bei solchen Spielen, macht den meisten aber keinen Spaß.
Stilfragen sind subjektiv, Bugs sind es nicht
Wenn die Grafik wenigstens konsistent hübsch wäre! Sie ist es stellenweise. Aber der Pixelmatsch bei den Charakteren und Gegenständen hat trotz der Anleihen mit der Eleganz der Spiele meiner Kindheit nichts zu tun. Immerhin wird die Freiheit einer solchen Engine genutzt, wenn jeder Ausrüstungsgegenstand am Spielercharakter zu erkennen ist (naja, soweit die Pixelfantasie trägt), die 2D-Gebiete voller Dinge und Hintergrundelemente vollstehen und in der Siedlung die Gebäude Schritt für Schritt wachsen. Aber trotzdem: Hübsch ist anders.
Voll zu den Problemen passt dann auch, wenn die Begleiter in den späteren vertikalen Leveln hängen bleiben. Nach unten fallen geht noch, aber dem Spieler springend folgen oder nach oben klettern - keine Chance. Oder wenn sie bei den Belagerungen an den Rand der Karte rennen und sich dort ohne Gegenwehr angreifen lassen. Da setzt die KI einfach komplett aus.
Fazit: Ein gutes Konzept macht noch kein gutes Spiel
Regions of Ruin hat mit seiner Mischung ein interessantes Konzept. Es fasziniert gerade zu Beginn, wenn all die Spielelemente anfangen zusammenzugreifen: Der Siedlungsaufbau, die hektischen Kämpfe, das Aufleveln des Charakters, dann die vielen Quests die Welt füllen und durch NPCs und gesammelte Buchseiten langsam die Hintergrundgeschichte zusammenkommt. Doch schnell verpufft dieser Effekt, wenn die kurzen 2D-Level zu wenig überraschen, die Kämpfe sich als repetitiv und zu chaotisch erweisen und der stark wachsende Schwierigkeitsgrad Grinden erfordert. Dazu die Schwächen bei Bedienung, Grafik und Begleiter-KI. Das erinnert an Pixel Piracy, das ähnlich faszinierend und dann unfertig war, wobei das mit etwas mehr Spielfortschritt auch noch unweigerlich kaputt ging. So kaputt ist Regions of Ruin nun nicht, doch auch es entpuppt sich nach wenigen Stunden leider als unfertiges Konzeptspiel.