Lara Croft and the Temple of Osiris ist verwirrend und verwirrt
Wednesday, 25. November 2020
Lara Croft and the Temple of Osiris ist ein kurzes Hack'n Slay mit Pistolen und Rätseln.
Da spricht erstmal nichts gegen, auch kurze Spiele im Genre können Spaß machen, wenn die Kämpfe unterhalten, es tolles Loot gibt, die Rätsel interessant sind oder die Story motiviert. The Incredible Adventures of Van Helsing beispielsweise ist so ein Hack'n Slay, das zwar kein episches Diablo 2 sein mag, aber mit eigenen Stärken trotzdem charmant und spaßig ist. Dieser Lara-Croft-Ableger fällt dagegen verblüffend stark ab.
Flotte Kämpfe, nette Rätsel
Zuerst das Gute: Die Kämpfe. Das Spiel schickt euch in mehrere kurze Dungeons, in denen einige Gegner auf euch warten. Die sind hübsch abwechslungsreich, so gibt es Skelette mit Suchprojektilen, Krokodile, die man erst umwerfen und dann mit einer Bombe erledigen muss, und übergewichtige explodierende Riesen. Die Gegner sind schnell, aber Lara Croft ist schneller, mit ihrer Ausweichrolle und den vielen Waffen sind die Kämpfe gut gelungen. Zwar sind sie meist einfach, aber ein paar der Bossgegner und die Kombinationen mit den Sprungpassagen sind dann wieder fordernder.
Auch das Leveldesign in den Dungeons ist nicht schlecht. Es gibt immer wieder kleine Schalterrätsel zu lösen, dann müssen große Bälle mit Bomben über Absperrungen geworfen werden, dabei klettert Lara von einem Vorsprung zum nächsten. Die Level sind oft erstaunlich kurz, aber dadurch sie sind selten langweilig. Und die Bossgegner kombinieren immer wieder Kämpfe mit kleinen Timing- und Rätselpassagen, sie sind allesamt gut gelungen.
Wiederspielwert?
Andererseits tut das Spiel so, als gäbe es einen Grund die Levels mehrmals zu spielen. So gibt es in ihnen Herausforderungen – ähnlich wie in Victor Vran – die dann weitere Upgrades, oder Items wie Ringe, Amulette oder sogar neue Waffen freischalten. Doch gibt das Spiel dem Spieler keinen Grund, das zu tun! Nur die Waffen wären etwas interessant, doch finden sich auch so genug und sind die Kämpfe nicht besonders schwer. Amulette und Ringe sind komplett witzlos, geben sie doch nur irrelevante Boni.
Genauso irritierend sind die vielen Schatzkisten, die überall verteilt sind. In ihnen finden sich ausschließlich (zumindest in meinem Durchlauf) Ringe und Amulette, die man ja nicht braucht. Und um die Truhen öffnen zu können, müssen gesammelte Edelsteine eingesetzt werden. Nach den meisten Dungeons kommt man in einen Schatzraum mit 20 solcher Truhen, hat aber meist nur Juwelen für eine der Truhen, und in der ist dann nichtmal etwas nützliches drin!
Lara Croft and the Temple of Osiris wirkt damit so, als hätten die Spieldesigner blind die vermeintlich motivierenden Elemente von Hack'n Slays wie eben die Truhen in ihr Spiel gepackt, dann aber nicht die Zeit gehabt, um diese Elemente drumherum ein Spiel zu basteln, das Gegenstände abwirft die in diese Truhen hereingepackt werden könnten.
Schlappe Inszenierung
Dazu kommt eine völlig hanebüchene Story. Lara und ein Konkurrent finden einen Stab, berühren ihn, daraufhin erwacht Seth und will die Menschheit versklaven. Lara, zwei ägyptische Götter und ihr Konkurrent müssen ihn aufhalten, wobei der Spieler nur einer der Figuren spielt. Okay, der Kern der Story bei Diablo mit den Seelensteinen und dem Erdenende ist auch nicht viel kreativer, aber der Unterschied ist die Inszenierung und wie die Story geschrieben ist. Was die Charaktere hier von sich geben ist einfach peinlich. Da hilft es nichts, dass einzelne der Zwischensequenzen in Spielgrafik nicht ganz schlecht aussehen.
Dass der Rest des Spiels ebenfalls nicht ganz schlecht aussieht macht es dann aber wieder ein bisschen besser. Für kurzweilige Unterhaltung kann gute Grafik nur helfen.
Spiel- oder Ignorierbar
Die ganze Sache ist dann nur etwa 5 Stunden lang. Es könnte etwas mehr sein, wenn die Zusatzlevels der DLCs enthalten wären – bei einem so kurzen Spiel nicht alles hineinzupacken ist frech. Aber das wäre kein Problem, wenn dem Spiel sein Charakter klar wäre. Es ist eine kurze und kurzweilige Unterhaltung für zwischendurch, die im Koop-Modus nochmal mehr Spaß machen soll. Hätte es sich darauf konzentriert, wäre es ein gutes Spiel geworden.
Stattdessen gibt es viel Loot, das aber komplett uninteressant ist, und nach Spielende Hinweise auf Post-Game-Inhalte, ohne dass es vorher auch nur Ansätze einer funktionieren Meta-Spielmechanik gegeben hätte. Das Komitee, das dieses Spiel zusammengestückelt hat, hat sich komplett verrannt.
Aber da die Dungeons mit ihren Kämpfen und Rätseln schon Spaß machen und das Spiel nicht zuviel Zeit kostet kann man es auch mal eben durchspielen, wenn man es umsonst oder sehr günstig bekommt. Idealerweise wohl wirklich im Koop mit mindestens einem Mitspieler, sodass das gemeinsame Bewältigen der Dungeons den Spaßfaktor erhöht. Oder man lässt es zugunsten eines besseren Spiels bleiben – viel verpassen würde man nicht.