Im allgemeinen Sprachgebrauch, selbst in der Industrie, wird Usability und User-Experience oft vermischt. Da wird dann ein UX-Consultant gesucht, der für die reibungslose Nutzung sorgen soll (dabei ist das viel mehr Usability) oder es wird erwartet, dass der Usability-Experte mit einem neuen Farbschema für die Software ankommt (dabei ist das visuelles Design und mehr ein Teil von UX). Tatsächlich ergänzen sich die beiden Disziplinen, aber sie reden nicht über das gleiche und haben unterschiedliche Methoden.
Definitionen
Usability haben wir hier im Blog gerade erst ausführlich definiert. Zu UX gibt es wieder eine Norm, DIN EN ISO 9241-210. Sie ist demnach abhängig von den Reaktionen des Nutzers, seinen Emotionen, psychologischen und physiologischen Reaktionen. Das kann von allem möglichen abhängen: Ja, auch von der Usability der Software, aber auch vom visuellen Design oder mit ihr verbundenen Statusgefühlen. UX ist demnach viel breiter als Usability.
Gleichzeitig passt sie gut in das kleine Stufenmodell, das bei Usability benutzt wird. Effektivität, Effizienz und Zufriedenstellung, die aufeinander aufbauenden Softwarequalitätsebenen. Zu Zufriedenstellung hat Usability nicht viel zu sagen – zu Effektivität schon mehr, vor allem aber zur Effizienz mittels der Dialogprinzipien. UX lebt aber geradezu auf der Zufriedenstellungsebene. Auch hier muss man sich vorher mit den Grundlagen beschäftigt haben. Aber wie dann tatsächlich die Zufriedenstellung erreicht wird, das wäre in meinen Augen der Fokus von UX.
Abgrenzung
Wobei, kurz eingeschoben, das ist kein Nachteil von Usability. Es kommt mehr aus dem Umstand, dass Usability ein klares Methodenset und ein klares Ziel vor Augen hat, während die Ganzheitlichkeit der UX eben auch Beliebigkeit bedeuten kann. Eine Beliebigkeit, die auch dafür sorgen kann, dass ein vermeintlicher UX-Experte sehr wohl Usability-Arbeit macht, womöglich ohne dass er den Unterschied so wahrnimmt wie ich.
Nehmen wir als Abgrenzungsbeispiel Apple. Apple-Produkte werden oft gepriesen für ihre tolle Benutzbarkeit. Gleichzeitig finden sich unzählige Beispiele, in denen das System nicht besonders aufgabenangemessen, die Selbstbeschreibungsfähigkeit gar nicht da ist und die Erlernbarkeit auch fehlt. Natürlich gibt es schlimmere Systeme, aber Apple-Software ist doch voller Usability-Probleme. Trotzdem gibt es eine riesige Gruppe, die Apple-Produkte quasi-religiös verehrt und sie ganz toll findet. Eine Diskrepanz für Usability, da hier Zufriedenstellung von Effektivität und Effizienz abhängt und wir generell fokussiert von einer konkreten Aufgabenerledigung reden. Erklärbar mit UX, wenn dort das visuelle Design, Marketing und Statusdenken mitbeachtet wird.
Doch es geht zusammen
Usability und UX schließen sich nicht aus. In der Praxis werden die Definitionen vermischt, meine trennende Perspektive hier könnte im Laufe der Zeit von immer weniger Menschen geteilt werden. Aber aus Sicht eines Usability-Experten sind die beiden Disziplinen nicht auf der gleichen Ebene. Usability würde mit Nutzertests die effiziente Aufgabenerledigung testen wollen, die weitere Wirkung des Produkts wäre ein per Umfrage abgedeckter Nachgedanke (aber zur Methodensammlung kommen wir noch). UX dagegen würde diese Umfrage zur emotionalen Wirkung ins Zentrum stellen und dann im Zweifel darauf hinwirken, dass das visuelle Design angepasst wird.
onli blogging am : Usability als Prozess in Theorie und Praxis
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