Bei meinem ersten Kontakt mit dem Pinetab funktionierte im Grunde noch nichts. Mein Fazit war entsprechend verhalten. So konnte ich mit dem Gerät wenig anfangen und mir auch nicht vorstellen, darauf oder dafür etwas zu entwickeln. Nach dem Artikel schaute ich ab und an mal nach Updates für Ubuntu Touch, aber da erschien nichts. Jetzt kam ich endlich dazu ein anderes Betriebssystem auszuprobieren und es ist wie von den Kommentatoren prophezeit: Das Pinetab steht gleich viel besser da.
postmarketOS als Rettung
Mein doch noch positiver Ersteindruck des Konzepts war mit der Zeit von der Unbrauchbarkeit der Software überlagert worden. Ohne den Blogartikel hätte ich ihn vergessen. Teilweise geht das nunmal fließend ineinander über: Wenn Youtube-Videos abzuspielen ruckelt, ist dann die Software schuld oder schlicht der Prozessor zu schwach? Im Fall des Pinetabs war die Software schuld, denn mit dem von postmarketOS (v21.03) bereitgestelltem Firefox funktioniert sowas. Wobei Firefox auch mit seiner besseren Performance und Adblocker generell das Internet nutzbar macht.
Plasmas Mobilvariante wirkt generell wie eine gute Oberfläche, aber es ist die Kombination mit postmarketOS und den zugänglichen Linuxprogrammen, die das Pinetab plötzlich wirklich brauchbar wirken lassen. Einen echten Editor zu haben ist Gold wert, dazu VLC und eben Firefox, schon ist das System nutzbar. Dazu kommt die nun funktionierende Tastatur. Wann immer die Toucheingabe zu nervig wird (was schnell passiert) wird eben die Tastatur angesteckt. Zusammen mit den Desktopprogrammen ist das Pinetab dann kein Tablet mehr, sondern ein kleiner Laptop. Das ist nicht nur nett, dafür könnte ich tatsächlich einen Nutzen haben.
Aktueller Eindruck der Hardware
Wird das Pinetab also ausschließlich von der Software zurückgehalten und ist ansonsten das perfekte Tablet/Laptopmischgerät? Nein, das nun auch nicht. Tablets sind für mich immer reine Multimediagerät gewesen (mit einer Ausnahme, als ich ein Notfallgerät für einen Urlaub brauchte), wofür das Pinetab sich nicht wirklich eignet, denn die Lautsprecher sind schlecht und zeigen nach hinten.
Zudem ist das Display an sich gut, aber die Displayhelligkeit etwas zu gering wenn sich die Sonne im Bildschirm blendet. Das schränkt die Nutzbarkeit als Multimediatablet noch weiter ein. Beides wird nicht durch Software gelöst werden können.
Bleibt der Laptopmodus. Hier könnten die beiden Hardwareschwächen eher ignoriert werden. Allerdings: So cool ich die Magnettastatur mit ihrem Faltständer auch finde, wabbelt sie beim Schreiben doch deutlich. Auch ist das Touchpad kein besonders gutes.
Das geht zur Not, ich könnte damit arbeiten, aber dass ich es nicht unbedingt ausprobieren will ist kein gutes Zeichen. Und ob die eingebaute Kamera nach Softwareupdates mal gut genug für eine Videokonferenz sein wird? Es fehlt auch schlicht ein Scharnier, um das Tabletlaptop zuklappen zu können, ohne das der obere Abschnitt auf die Tastatur kracht.
Dazu kommen generelle Qualitätsprobleme der in diesen Punkten dann prototypisch wirkenden Hardware. Wenn das Tablet aus ist will es manchmal nicht angehen, ich muss mehrfach – und unterschiedlich lange? – auf den Anschalter drücken. Vorhin wollte der Einrastmodus der SD-Karte einfach nicht greifen, bis es irgendwann doch ging. Auch die Abdeckung des SD-Kartenslots ist unglücklich gestaltet, zum einen schwer aufzumachen, zum anderen nur gesichert mit einem dünnen Plastikstreifen der garantiert irgendwann abreißen wird. Und dass das Ladegerät nicht USB-C ist: Schade; Dass es nichtmal Mikro-USB ist: Schwer verdaulich.
Diese frühe Version des Pinetab könnte sich auch mit bester Software am Markt nicht behaupten. Es fehlen ein paar Upgrades, eine Revision 2. Wobei solche Hardwarerevisionen tatsächlich in den Blogartikeln von Pine64 immer mal wieder erwähnt werden, ich habe nur nicht den Überblick auf welchem Stand die nächste ausgelieferte Variante sein wird.
Aktueller Eindruck der Software
Wobei die Software sowieso nicht fertig ist. Doch immerhin ist der Unterschied zur Anfangssituation mit der damaligen Version von Ubuntu Touch, dass ich damit nichtmal ansatzweise gewusst hätte wo man ansetzen müsste um das System fertigzustellen.
Bei postmarketOS mit Plasma sind die Macken klar und scheinen beherrschbar:
- Die Autorotation streikt wenn beim Start die Tastatur angesteckt war,
- Wlan verbindet sich nicht automatisch,
- die Pineingabe beim Login lässt sich nicht deaktivieren,
- im Firefox geht die Bildschirmtastatur nicht zuverlässig auf,
- es fehlen Icons in Programmen wie gedit,
- die Anzeige der Benachrichtigungen in komischen KDE-Fenstern ist hässlich.
In der Summe blockieren solche Probleme die komfortable Nutzung durchaus. Aber es ist nicht mehr zum Haare raufen. Zumal diese Fehler alle lösbar scheinen. Als Entwickler des Systems mit einem solchen Testgerät wäre mir klar, welche Probleme anzugehen sind. Dementsprechend ist es völlig möglich, dass Mobian und Phosh oder eine zukünftigen Variante von postmarketOS (ob mit Phosh oder Plasma) all diese Probleme lösen.
Das als erreichbar sehen zu können stimmt mich zuversichtlich. Nicht nur für die Zukunft des Pinetabs, sondern auch für Standardlinux als Alternative zu Android generell. Die Grundlage ist da. Mit einer soliden Grundauswahl an Apps wird das System als Alternative taugen. Und wie toll wäre es, neben Androidvarianten wie LineageOS und /e/ dann postmarketOS bei sustaphones aufnehmen zu können?
Fazit: Es wird
Die Softwareverbesserungen verwandeln das Pinetab. Vorher wurde der Reiz des Konzepts überdeckt von all den Problemen. Jetzt gibt es immer noch Macken, aber sie sind geringfügiger, sodass das Konzept wieder scheinen kann. So wird deutlich, was für ein nettes Gerät das Pinetab im Kern ist. Mit seiner ansteckbaren Tastatur und mit den außerhalb von Ubuntu Touch verfügbaren Linuxprogrammen wird es zum ultraleichten Laptop mit abnehmbaren Touchdisplay. Was ein Format ist, in dem GNU/Linux als Windows- und Androidalternative eine gute Nische haben könnte.
Das Pinetab was ich hier habe ist eindeutig noch eine Entwicklervariante, unfertig und mit Macken die es vom Massenmarkt disqualifizieren. Aber so wie es jetzt ist kann es die Rolle eines Entwicklergeräts durchaus füllen. Wollte ich jetzt eine NewPipe-Alternative für mobile Linuxgeräte schaffen wäre das Pinetab nun ein gutes Testgerät dafür. Damit erfüllt es völlig sein erklärtes Ziel. Und erfüllte es vielleicht auch vorher schon, wenn es neben dem Pinephone, dem Librem 5 und den als Entwicklungsplattform genutzten Androidgeräten dazu beitragen konnte, dass die Entwickler von Plasma und postmarketOS und den anderen Alternativen diesen Stand erreichen konnten.
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