Dieser Blog lebt seit 2008. Wie populär Blogs sind, ein bisschen sogar was ein Blog ist, hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Bei mir haben sich dabei ein paar Hinweise für Blogbetreiber angesammelt.
Klar: Nur weil jemand lange etwas macht, muss er nicht gut darin sein. Aber "so ist es gut" trifft glaube ich bei keinem der folgenden Tipps so wirklich den Charakter. Wenn doch, werde ich es zumindest begründen und man darf die Berechtigung selbst beurteilen.
1. Überlege: Warum bloggst du?
Es gibt viele Gründe ins Internet zu schreiben. Unbedingtes Mitteilungsbedürfnis. Ein überall zugängliches Nachschlagewerk mit Ergänzungen anderer zu haben. Berühmt zu werden. Geld zu verdienen. Die eigene Expertise zu vertiefen und zu präsentieren, was dann sogar zu einem besseren Job führen könnte. Manchen ist der Blog tatsächlich mehr ein voyeuristisches Tagebuch. Und es gibt sicher noch mehr.
Bei mir beispielsweise war es ungefähr so: Damals waren Blogs ziemlich populär und ich fand sie faszinierend. Ich las generell viel, mir gefiel das Schreiben und auch gerade die weichen Schulfächer. Aber dann entschied ich mich für den Anfangspunkt einer technischen Karriere. Etwas später einen eigenen Blog aufzusetzen war dann vor allem ein Mittel, um sich ein bisschen das Schreiben zu bewahren. Und ich dachte, ich könnte neben Linuxwissen viel vom Studium dokumentieren (dazu kam es kaum).
Was am Ende der Daseinszweck des Blogs ist kann eine Mischung der obigen Gründe, kann ein einziger sein. Aber es schadet nicht, ihn bewusst im Kopf zu haben. Wahrscheinlich ist die Motivation am Anfang sowieso sehr präsent, aber die Ausprägung könnte unklar sein. Wenn das aber entschieden ist, sind ein paar Folgeentscheidungen einfacher. Beispiel: Gemischtwarenladen oder Themenblog? Braucht es ein Newsletterpopup? Analytics? Ist Werbung zu schalten zieldienlich? Wieviel Aufwand sollte in Artikel fließen, wie oft etwas veröffentlicht werden?
2. Suche dir ein (und nur ein?) Thema
Jeder Blog braucht ein Thema. Wie stark man sich dann daran hält hängt vom Blogziel ab.
Will ich mit dem Blog mich vor allem professionell in einem Bereich darstellen, dann sollte der Blog auch wirklich fast ausschließlich über dieses Thema reden. Der alte Blog von Isotopp wäre ein Beispiel dafür, ohne dass ich wirklich seine private Motivation kennen würde. Ist der Blog zum Geldverdienen da, schadet ein festes Thema auch nicht – ob es jetzt extrem wie beim Supermarktblog oder etwas aufgelöst bei Caschys erweiterten Techniknews ist.
Ein Blog kann auch ein Gemischtwarenladen sein und über mehrere Themen reden – so wie hier. Das macht es dann aber mehr zu einem privaten Blog. Ich wusste zum Beispiel bei der letzten Bewerbungsrunde nichtmal, ob ich diese Seite im CV verlinken soll, weil die letzten Artikel Kommentare zu Spielen und Filmen waren. Und bei jedem Leser besteht die Gefahr, dass er sich nur für einen kleinen Teil der Themen interessiert und den Rest als abschreckend empfindet. Aber es hat den Riesenvorteil, dass der Themenbereich das volle eigene Interesse ist, das Schreiben selbst wird einfacher.
Aber praktisch immer, wenn die Ziele sehr konkret sind, ist die Beschränkung auf ein einziges Thema wahrscheinlich die bessere Wahl.
3. Sei nett und interagiere mit Kommentatoren
Vor vielen Jahren bin ich jemandem auf einer Konferenz begegnet. Super sympathisch, wir redeten viel über alles mögliche. Nach der Konferenz landete der zugehörige Blog in meinem Feedreader. Da erschienen nur sporadisch Artikel, aber ich freute mich über die gelegentlichen Lebenszeichen und natürlich waren die meisten Artikel auch ansprechender, weil ich die Stimme dahinter hören könnte. Kürzlich war ein Artikel über ein Thema dabei, das ich interessant finde, ich hinterließ einen Kommentar. Und nun ja: Statt des Tonfalls von damals waren die Antworten Entgegnung, ein unheimlich schnell ins aggressive abgleitende und ellenlanges Dagegenreden, ohne es je durch eine freundliche Bemerkung zu entschärfen.
Leute, wenn ich bei jemanden hier in den Kommentaren mal so angekommen bin, schreibt mir eine Mail und weist mich darauf hin!
Denn in den Kommentaren Leser zu vergraulen, genau das soll ja nicht passieren. Kommentare zu erhalten ist toll, sie zeigen mir als Autor, dass ein Artikel gelesen wurde und genug Interesse für sogar einen Kommentar hervorrief. Deswegen verdient fast jeder Kommentar eine vernünftige Antwort. Vielleicht außer, unter dem Artikel hat sich eine wirkliche Diskussion entwickelt – die würde sonst erstickt. Denn egal welches Ziel der Blog hat: Eine Leserschaft zu haben fördert jedes davon und Kommentatoren sind der sichtbare Kern der Leserschaft. Warum sollte man sich selbst torpedieren und dann mit ihnen unfair umgehen?
Der Blog meiner Konferenzbegegnung ist nicht mehr in meinem Feedreader.
4. Kritisch ist gut, feindlich schadet
Ähnlich wie bei den Kommentaren, gilt diese Warnung vor der Selbstsabotage durch Feindseligkeit auch für Artikel selbst.
Wer heutzutage noch einen Blog führt ist wahrscheinlich etwas konträr zum Mainstream. Und es gibt gerade in Deutschland erfolgreiche Blogger, die einen sehr kritischen Tonfall pflegen. Ein Beispiel dafür wäre fefe. Was liegt da näher als die kritische Haltung zu betonen, dem eigenen Blog so etwas Charakter zu geben?
Die Gefahr ist, dass es ein schmaler Grat ist. Klar: Lese ich einen Artikel über irgendein Thema möchte ich die ehrliche Meinung und Gedanken des Autors, mehr noch bei einem Blogger als bei einem glattgebügelten Massenmedium. Aber wenn der Autor scheinbar in einer übertrieben rebellischen Haltung eines aufsässigen Jugendlichen stehengeblieben ist, wenn in jedem Artikel erstmal eine Prise Hass oder Verachtung ignoriert werden muss, dann wirkt das für Leser abschreckend.
Die Überbetonung der kritischen Haltung erzeugt aber Kontroverse und damit Interaktion. Halbwegs gut geführt motiviert das dann sogar, der Blog wirkt lebendig. Doch das täuscht, denn die Haltung gleitet unweigerlich ins trollige, was dann die Leserschaft massiv beschränkt.
Manchmal – wer sich hier angesprochen fühlt, möge mir bitte verzeihen – geht die Verachtung gegen den Hauptteil der eigenen Minderheitengruppe. Da wird dann zwanghaft signalisiert, wieviel noch besser man doch sei als alle anderen, die sich schon überdurchschnittlich mit einem Thema beschäftigen. Klingt so: Ja, ihr macht eure eigene Kleidung, aber ihr seid so blöd es mit einer elektrischen Nähmaschine zu machen, dabei sind die ohne Strom doch so viel verlässlicher! Und dann wird konstant gegen elektrische Nähmaschinen geschossen. Und auch in jedem angelehnten Thema wird die Abgrenzung zu anderen betont. Gruppendynamisch das Bilden von Out-Gruppen in der Out-Gruppe. Sowas verstehe ich nicht. Jedem möglichen Ziel des Blogs kann das nur schaden, selbst und gerade, wenn die Leidenschaft für stromlose Nähmaschinen beworben werden soll.
5. Verlinke den RSS-Feed
Ein RSS-Feed ist eine einfache XML-Datei, die jedes mal aktualisiert wird wenn im Blog ein neuer Artikel veröffentlich wurde. Feedreader prüfen diese Datei regelmäßig, hat sie sich verändert, können sie die Abonnenten des Feeds auf die neue Artikel hinweisen. Geht es nicht darum Leser auf Werbung zu schieben kann dann sogar im Feed der komplette Artikeltext enthalten sein.
Das ermöglicht es Lesern, Blogartikel in ihrem bevorzugtem Layout zu lesen. Und sie können so über einen langen Zeitraum vielen Seiten folgen. Selbst wenn ein Blog nur zweimal im Jahr einen Artikel veröffentlicht, ist er im Feedreader bekomme ich das mit. Dem Blog bietet das die Möglichkeit einer Stammleserschaft, ohne die durch tägliche neue Artikel aufrechterhalten zu müssen.
Jede Blogengine erstellt diese RSS-Datei automatisch. Fehlt sie, ist es keine Blogsoftware, sondern amateurhaftes Gestümper (siehe oben: kritische Haltung. Zu heftig?).
Feedreader sind oft zumindest teilweise kostenlos, z.B. Feedly, sehr günstig wie bazqux, oder frei und kostenlos auf dem eigenen Server wie das von mir genutzte FreshRSS.
6. Investiere minimal in die Technik
Viele Blogger sind mehr als Autoren, sondern beschäftigen sich auch mit der Webtechnologie dahinter. Man kann da viel machen und viele Blogger schreiben auch darüber. Da muss man nur aufpassen, dass nicht ungewollt plötzlich die Technik hinter dem Blog zum Thema wird. Denn das spricht im Zweifel nur wenige Leute an. Daher ist der erste Abschnitt hier: Nicht zu viel machen, vor allem nicht statt zu schreiben.
Aber ein paar Grundlagen sollten stimmen, weil es jedem hilft: Die Software zumindest so gut sein, dass man Artikel so schreiben kann wie es einem gefällt – egal, ob das jetzt der Marktführer Wordpress oder die auf Blogs fokussierte Nischensoftware Serendipity ist. Die Performance sollte stimmen, wenn die Seite 30 Sekunden zum Laden braucht schadet es wieder den eigenen Zielen.
Eine eigene Domain zu besitzen hilft, will man den Blog später mal umziehen. Domains sind meist auch nicht teuer, .de liegt etwa bei ~10€ im Jahr. Professioneller sieht es auch aus und die Namenssuche kann Spaß machen.
Man kann den Blog selbst hosten. Bei uberspace beispielsweise geht das technisch gut, relativ einfach und ist es nicht übermäßig teuer. Man kann alternativ auch einen guten Fremddienst wie Wordpress.com benutzen.
Aufpassen muss man nur bei Modediensten wie Medium oder Substack (daher kein Link). Solche gehosteten Dienste kommen alle paar Jahre und sind anfangs meist wirklich ein gutes Angebot. Gute Interfaces, einfacher als viele Alternativen, oft bringen sie dem Blogger auch direkt etwas Aufmerksamkeit durch eingebaute Communityfunktionen. Nach ein paar Jahren rennt der Idealismus und der Geldbeutel aus und es folgt – wie inzwischen bei Medium – die Paywall oder eingebaute Werbung.
Das ist dann schade um die reingesteckte Arbeit. Wenn eine eigene Domain setzbar ist kann man aber versuchen, den gerade hippen Dienste als simplen Startpunkt zu nutzen.
7. Zu Schreiben bringt einen Anspruch ans Schreiben
Okay, hier wird es ein bisschen sehr subjektiv. Aber es ist doch so: Wer bloggt, schreibt. Ob es jetzt mehr Beruf oder Hobby ist, primär werden Texte produziert. Wenn es aber nicht gerade ein Literaturblog ist, ist das nur Mittel zum Zweck. Sprache ist meist nicht der Fokus des Autors.
Dass man etwas darauf achtet was man da produziert ist wohl ziemlich selbstverständlich. Wieder egal dem Ziel, ist die Sprache komplett abschreckend – z.B. bei Unmengen an Grammatik- und Rechtschreibfehlern – schadet es.
Aber ich würde etwas weiter gehen: Hab ein bisschen Anspruch an deine Schreibe. Nicht, um möglichst intellektuell daherzusülzen, sondern um mit etwas Stilsicherheit saubere Texte zu produzieren. Vielleicht, weil es Achtung verschafft, aber im Zweifel, weil es der Selbstachtung hilft.
Weil es eine große Seite ist erlaube ich mir ein Negativbeispiel: Computerbase. Ich mag deren Reviews auf einer technischen Ebene. Aber man merkt sowas von, dass die Autoren zuerst Techniker und nur notgedrungen Schreiber sind. Wenn ich noch einmal lese, dass "unbeseeltes Objekt X zu gefallen weiß"! Bzw war es eben schon einmal zuviel, seitdem lese ich Reviews dort nur noch wenn mich das Thema absolut interessiert. Denn die Texte dort sind voll von diesem und ähnlichen Sprachbildern. Schief und überbenutzt ist da eine besonders miese Kombination.
Gerade schiefe Bilder ist etwas, was Journalisten schon in Schülerpraktiken rausgeprügelt kriegen. Ein technisches Objekt kann nichts wissen, es sei denn es ist ein Nachschlagewerk, aber auch dann kann es nichts wollen. Beides steckt in dieser Sprachhülse aber drin. Deswegen passt es nur in ganz anderen Situationen, aber auch dann wäre es ein ganz seltsamer Stil. Trotzdem benutzten sie das in jedem zweiten Review. Wenn man da auch nur minimal einen Blick für hat werden solche Texte unerträglich.
Ich zumindest würde mich als Autor solcher Texte schämen. Was manchmal auch passiert – denn wer regelmäßig schreibt und liest greift automatisch Trends auf, die manchmal im Nachhinein superpeinlich sind. Derzeit hat außerhalb der erzkonservativen Blase die halbe Journaille vergessen, dass die -en-Endung eine Gleichzeitigkeit ausdrückt – "nach dem Feueralarm sitzen die Studierenden auf der Wiese" sagt etwas anderes, als der Autor sagen wollte, nämlich dass die da sitzen und studieren statt dass dort die Studenten eben hingeflüchtet sind. Manchmal rutscht auch mir sowas durch, eine Weile stand bei mir vor jedem "und" plötzlich ein Komma. Aber ich bemühe mich. Anspruch eben. Manchmal funktionierts sogar.
Dann noch ein paar passende Fotos in den Artikel setzen (okay, wieder ein Thema für sich) und schon ist der Blog ein Stückchen über dem Durchschnittsniveau.
8. Das wichtigste: Wirklich bloggen
Keiner der oberen Punkte bringt etwas, wenn am Ende keine Artikel im Blogs landen. Daher im Zweifel einfach mal schreiben. Es braucht sowieso etwas Übung, damit das Schreiben zum Alltag wird, sodass irgendwann der Blog nahezu automatisch befüllt wird. Regelmäßigkeit hilft da.
Regelmäßig und oft genug Artikel zu veröffentlichen hilft auch, die Leser interessiert zu halten, die nicht per Feedreader oder Newsletter den Blog abonniert haben.
Wie seht ihr das? Ich weiß, dass hier ein paar Blogger mitlesen, geht ihr mit den Tipps konform? Solche Fragen an den Ende des Artikels zu stellen ist übrigens auch Handwerkszeug von Internetautoren geworden und wirkt daher mittlerweile auf mich oft unehrlich, weiß ich beim Blogger nicht von seinem ehrlichen Interesse. Von dem kann ich bei mir versichern, aber wer mich nicht kennt weiß natürlich nicht ob er mir glauben darf.
In die Richtung gäbe es also noch mehr Themen. Aber übers Bloggen bzw Schreiben zu schreiben ist auch eine Falle, außerhalb von Journalistenblogs gewinnt man damit nicht viel, oder? Mache ich ganz bewusst nur selten, aber gerade die Tipps zur Feindseligkeit und zur Sprache wollte ich hier mal irgendwo unterbringen.