Hitman 2 (2018) macht die Story besser, ist ansonsten aber genauso beschränkt
Monday, 5. September 2022
Der erste Teil der Hitman-Rebootreihe gefiel mir, abgesehen vom dauerhaften Internetzwang. Der zweite teilt sich Stärken und Fehler.
Das alte neue Spiel
Am Spiel selbst hat sich wenig getan. Spielmechanisch konnte ich sogar keine Veränderungen wahrnehmen. Es geht immer noch darum, eine Zielperson auszuschalten, meistens auch mehrere. Dafür gibt es auf den Karten viele verschiedene Möglichkeiten. Und während manche davon überall verfügbar sind – Scharfschützengewehre funktionieren nunmal immer – gibt es wieder auch jeweils spezielle kartenspezifische Möglichkeiten. Dann hat z.B. die Zielperson Husten und lässt einen Arzt kommen, was Agent 47 mitbekommt, sich als Arzt verkleidet und dann einen der Gesundheit abträglichen Patientenbesuch durchführt.
Leicht anders ist die Story. Die hat diesmal etwas mehr Biss, was vielleicht am veränderten Releasemodell liegt. Hitman 1 war noch in Episoden zerstückelt und mit einigem Zeitabstand veröffentlicht worden. Die Hintergrundgeschichte war dabei ziemlich egal. Ist sie zwar eigentlich immer noch, aber bei der nun zeitgleichen Veröffentlichung der Missionen wurde die Geschichte besser bedacht, ist was zwischen den Einsätzen erzählt wird fast interessant.
Andererseits ist es nun arg seltsam, dass nach dem vermeintlichen Ende der Kampagne (samt Abspann!) noch zwei neue Missionen angeboten werden. Ob die nachgereicht wurden? Sie entwickeln sogar die Story etwas weiter (ohne sie abzuschließen, einen dritten Teil gibt es ja auch noch). Das wäre aber besser gegangen. Auch ist es mir etwas zu simpel, dass alle Zielpersonen den Briefings zufolge böse Menschen sind (was auch nicht später gebrochen wird) und ihr Ableben der Menschheit eher zugute kommt. Klar, so soll die Geschmacklosigkeit des Spielkonzepts entschärft werden, aber die Story macht es sich hier auch sehr einfach und hätte mehr Grautöne gut vertragen.
Gelungene Karten, mit Einschränkung
Doch sind solche Macken fast schon egal, denn ein Hitman-Spiel steht und fällt mit seinem Leveldesign. Aber da beobachte ich leider Abnutzungserscheinungen. Zwar sind die Karten und Aufträge an sich gelungen, kommen sie mir beherrschbarer als im Vorgänger vor und gibt es trotzdem noch interessante Umgebungen mit unerwarteten Szenarios.
Allerdings werden die missionsspezifischen Gelegenheiten repetitiv - Informationshappen aufschnappen, verkleiden, ein Treffen wahrnehmen, dann wird die Zielperson alle anderen wegschicken und sich so leicht ermorden lassen: Das ist der Standard. Zu selten ist es kreativer – die Sabotage eines Rennwagens als Mechaniker war beispielsweise nett. Doch auch dann ist das Folgen der Einblendungen zu einfach und uninspiriert möglich, was schon im Vorgänger das Problem mit der gewollten Massentauglichkeit war. Zwar lässt sich das Spiel ohne dieses Element spielen und ist die Art der Spielerführung konfigurierbar, doch drängt die Missionsbewertung zur Nutzung des Gelegenheitssystems; Sie vergibt dafür Punkte und blendet sie nach der Mission als Spielziel ein. Dieses Hitman will also wieder auf eine Art gespielt werden, die weniger Spaß macht als wenn die Gelegenheiten etwas versteckter wären – richtig gelungen ist das nicht.
So sind die stärksten Stellen des Spiels, wenn es etwas aus seinem Trott ausbricht. Was vor allem dann passiert, wenn der makabere Humor durchscheint. Wenn in einem Jobinterview bei einer Bank (wo sonst!) die Personaler begeistert von den brutalen und psychopathischen Interpretationen im Rorschach-Test sind, ist das einfach richtig amüsant. Wenn eine Zielperson sich die Last von der Seele redet und "Ich sollte einfach im Nichts verschwinden" ausruft ist das auch nicht unlustig. Aber solche Stellen sind zu selten um das Spiel insgesamt stark aufzuwerten.
Immerhin sind interessanterweise die Missionen des Vorgängers in Hitman 2 spielbar. Es gibt da eine Erweiterung für, die bei mir automatisch heruntergeladen wurde – wohl weil der erste Teil schon in meinem Steamaccount war. Die Grafik soll verbessert worden sein, aber ganz ehrlich: Mir wäre es weder auf den alten noch den neuen Karten aufgefallen, wenn ich die Änderungen nicht per Video gezeigt bekommen hätte. So freute ich mich daran, keine spürbar höheren Anforderungen an meine Grafikkarte beklagen zu müssen.
Die Frage ist aber, ob die alten Karten im neuen Spiel wirklich nochmal zum Erledigen einladen. Denn trotz des Onlinezwangs beider Spiele wird der Fortschritt auf den alten Karten nicht übernommen. Eine verschenkte Chance, aus der Online-Datenspeicherung etwas positives zu ziehen.
Onlinezwang
Stattdessen ist die dauerhaft benötigte Internetverbindungen weiterhin das große Problem des Spiels. Ich habe diesmal keinen Spielfortschritt durch Verbindungsabbrüche verloren, die Server sind wohl weniger instabil. Aber 100% stabil sind sie auch nicht, ich wurde zwischendurch ausgeloggt und musste mich zum Weiterspielen neu einloggen. Das kann nicht sein, diese Form des Always-On-DRMs ist immer noch komplett inakzeptabel.
Die Spielzeit bereue ich nicht, denn es ist schon kein verkehrtes Spiel, selbst wenn ich weiterhin meine Probleme mit dem Konzept habe. Doch empfehlen kann ich Hitman 2 schlicht wegen des Onlinezwangs nicht – hätte ich den damals nicht vergessen gehabt, hätte ich die Hitmanspiele anders gewichtet, mir den Kauf eines Bundles mit ihnen trotz der anderen enthaltenen Spiele wahrscheinlich gespart. Denn der Hersteller ist mit diesem Verhalten einfach nicht unterstützenswert, so schade das auch ist.