Alle Bondfilme sind hier kommentiert, viele eingeordnet und auf meine Art bewertet worden. Es ist Zeit für ein Fazit.
Was bei mir am Ende überwiegt ist Bewunderung für die Modernisierungsfähigkeit der Filmreihe. Zum einen sind die Bondfilme allen Klischees zum Trotz keineswegs alle auf ein festes Schema runterbrechbar. Ein Bondrezept war bei Connery und Moore zwar immer wieder prägend, aber spätestens nach Moore sind die Filme sehr anders geworden und auch bei den beiden klassischen Bonddarstellern gab es einige Experimente. Zweitens ist die Einbindung der jeweiligen aktuellen Themen beachtenswert. Gerade in den Neunzigern fällt das ins Auge, wie mit dem Wegfall der Sowjetunion als Feindbild umgegangen wird und plötzlich Medien, Überwachung und Energiekrisen (und genau, letzteres gab es vorher schonmal) ein Thema werden. Drittens wie sich die Art von Film unterschied die gemacht wurde, jeder Bondfilm hat auf der filmischen Ebene wenig gemeinsam mit den etwas späteren, die entwickelten sich immer sehr schnell gemäß der sonstigen Entwicklung von Kinofilmen. Viertens natürlich der Umgang mit Frauen: Die Bonds von Sean Connery und Roger Moore waren nicht immer, aber immer wieder chauvinistische Schweine. Aber das änderte sich. George Lazenbys Auftritt war dafür die große Vorankündigung, schaut man sich jetzt Daniel Craigs Bond bzw seinen Umgang mit Frauen an ist da ein himmelweiter Unterschied zu den Anfängen.
Ist Bond noch Bond?
Gerade Craigs Bondreihe, also 2006 bis 2021, war nochmal eine besonders enorme Modernisierung. Leider bestätigte sie völlig die Gefahr darin: Den Wegfall der Charakteristika. Ja, da sind noch M und Q und Moneypenny, aber sie sind nicht viel mehr als die alten Namen, kaum noch die alten Rollen. Ja, es gibt schöne Autos und Frauen und verrückte Bösewichte und Handlung an exotischen Orten. Aber sie werden nicht mehr so präsentiert wie zuvor, und gibt es all das heute nicht in vielen Actionfilmen?
Da Bond jetzt knapp 20 Jahre nie einfach Bond sein durfte sehe ich den Kern der Filmreihe als stark beschädigt. Besonders nach No Time to Die mit seinem harten Ende, und obwohl ich den Film als solchen sehr mochte, und obwohl ich gerade die Modernisierungsfähigkeit der Filmreihe lobte – ich sehe die Zukunft nicht. Es wird ein Riesenakt, sich aus der aktuellen Lage herauszumanövrieren. Vielleicht schafft es ein Ryan Gosling, wenn er bewusst charmant spielt und die alten Filme mehr noch Vorlagen als nur Sortiment für einzelne versteckte Rückbezüge werden. Vielleicht war der Auftritt von Ana de Armas im letzten Bond deswegen so komisch, weil es ein Testballon für sie als Bond war – und vielleicht könnte das sogar funktionieren. Ich mochte auch gerade Naomie Harris als Miss Moneypenny, sie hätte ebenfalls in Bonds Fußstapfen treten können, ist jetzt aber wahrscheinlich zu alt dafür. Aber ansonsten schätze ich die Chancen des nächsten Bonds, die Marke in ihrer Größe zu bewahren, für mich selbst überraschenderweise als gering ein. Gut, ich mag mich täuschen – gibt es doch kaum große Marken für Actionfilme, die nicht Marvel sind (und Marvels Kinofilme liegen im Sterben), es ist daher gut möglich, dass der Inhalt der Filme für den weiteren Erfolg recht egal ist.
Mit den modernen Bonds fallen mir noch zwei Dinge ins Auge. Zum einen sind die Filme seit den Nullerjahren sehr viel zugeknöpfter. Schaut man sich Ana de Armas Kleid in No Time to Die an möchte man mir wahrscheinlich widersprechen. Aber welche Rolle der Agent gegenüber Frauen einnimmt, und ob die auch mal riskante Rollen ausfüllen, die es in den 90ern noch gab – auf der Ebene sind die neuen Bondfilme komplett harmlos. Das vermeidet die negativen Seiten, aber dadurch hat die Actionseite der Bondfilme ein Gegengewicht weniger.
Außerdem ist da die Science-Fiction: Denn genau das ist es, wenn Bondfilme auf einmal über Nanobots reden und Laser ganze Komplexe ausmessen können. Im gleichen Atemzug werden dann besonders doofe moderne Klischees bedient, wie das des allmächtigen magischen Hackers. Klar, die typischen Gadgets waren seltenst realistisch und mit Moonraker gab es schon früh einen ganzen SciFi-Bondfilm. Aber das war eben damals schon Schrott. Der wiederholte Sprung in die Science-Fiction fühlt sich jedes mal sehr unpassend an, die betroffenen Filme entwertete er bisher immer ein ganzes Stück.
Schließlich, ohne es gemessen zu haben: Ich empfand das musikalische Bondmotiv in den Craig-Bonds als unterbenutzt. Während das früher oft die Actionszenen untermalte, war es jetzt seltener da und wenn, dann auch noch meist verkopft eingebunden in orchestrale Hintergrundmusik. Ein großer Gegensatz beispielsweise zu GoldenEye, mit dem industriellen Pochen samt Bondmotiv, das ich direkt hören kann wenn ich daran denke. Eine Alternative dazu wurde auch nicht platziert. So bauten diese Filme musikalisch keinen Wiedererkennungswert auf, der jetzt in der Zukunft entsprechend fehlen könnte.
Die Rangliste
Doch genug der Spekulation. Egal was die Zukunft bringt, die existierenden Filme sind gewaltig. Da nun alle Bonds besprochen wurden sei auch noch kurz meine Rangliste erwähnt, welche der Filme ich am besten fand:
- GoldenEye, mit der perfekten Mischung aus Action und Bondklischees ist er für mich der beste Vertreter der Reihe.
- Casino Royale folgt knapp dahinter. Er kann nicht der beste Bond sein, weil er dafür zu sehr damit bricht wie ein Bondfilm vorher war. Aber es ist für sich ein toller Film.
- Never say Never again, Sean Connery in seinem letzten Auftritt als Bond verkörperte zu gut den klassischen Bond um einen der anderen Filme zu wählen, dazu gab es die tollen anderen Schauspieler.
On Her Majesty's Secret Service gehört aber eigentlich auch auf die Liste mit einem Ehrenplatz, als der alternative und erst verschmähte Bond, der dann doch die Reihe prägte.
Meine empfohlene Nachholreihenfolge
Als Abschluss will ich eine Liste der Bondfilme geben, die ich in dieser Reihenfolge empfehlen würde, wollte ich jemanden in komprimierter Form die Essenz der Bondreihe zeigen. Denn dafür eignet sich alleine die Rangliste oben meiner Meinung nach nicht so gut, die drei besten Vertreter eine Reihe sind ja nicht die drei typischsten.
Starten würde ich stattdessen mit The Man with the Golden Gun. Roger Moore war zwar nicht der erste Bond, aber lieferte mit diesem einen ziemlich kompletten Bondfilm ab. Er hat ein paar campige Elemente, aber ansonsten ein gut funktionierendes Drehbuch und eine recht spannende Handlung, in der damaligen politischen Situation geeerdet, die gleichzeitig das charakteristische Bondrezept voll präsentiert. Und dass der Film gar nicht so toll ist macht ihn eben auch repräsentativ, klar besser waren die anderen alten Bonds ja auch nicht. Es ist sogar die Frauenfeindlichkeit der Vorgänger (bzw Moores Anfangszeit) voll zu sehen, schwer erträglich heute.
Folgen sollte Never say Never again. Der gealterte Sean Connery gibt einen besonders tollen Agenten ab, der sehr gut zeigt, wo der Reiz dieses Charakters überhaupt herrührt. Die Handlung in diesem seinen letzten Auftritt mischt dabei gelungen Elemente aus vorherigen Bondfilmen, die damit auch kennengelernt worden wären. Dazu zeigen Klaus Maria Brandauer und Kim Basinger in Ausnahmerollen, wie fantastisch ein Bond-Bösewicht und ein Bondgirl sein können – sie setzten definitiv den Maßstab für alles folgende.
Danach On Her Majesty's Secret Service. Auch wenn dieser Lazenby-Bond eigentlich älter ist, zeigt er doch eine Alternative zu Bond wie man ihn damals kannte und noch viele Jahre kennen sollte. Das dürfte ohne die Ursprungsversion gesehen zu haben aber kaum verfangen, daher die Platzierung nach je einem Film von Moore und Connery.
Licence to Kill wäre ein zweiter Ausreißer. Timothy Dalton spielte Bond hier bereits sehr anders, bekam aber vor allem eine ganz anderere Art Drehbuch vorgesetzt. Voller persönlicher Motivation und mit viel Action zeigt auch dieser Bondfilm, wie das alte Konzept gelungen durchbrochen werden kann. Etwas, was in diesem Jahrtausends immer wieder versucht wurde, meist vergeblich.
GoldenEye danach wäre das Ende der Ausreißer, stattdessen der essentielle 90er-Bond, mindestens. Fantastische Musikuntermalung, die beeindruckendsten Stunts der Filmreihe; auch ansonsten tolle Actionszenen, Bondgirls und Bösewichte. Pierce Brosnan spielte noch dazu diese Rolle mit einem solchen Charme und gleichzeitig so cool, dass er zumindest in diesem Film null hinter Connery und Moore zurückbleibt. Tatsächlich, sollte ich nur einen einzigen Film wählen, es wäre dieser hier. Nur schade, dass Brosnans Folgefilme dann nie wieder so gut waren.
Und schließen… würde ich mit Casino Royale. Aber es ist eine knappe Entscheidung. No Time to Die ist ebenfalls gelungen und ein guter Schlusspunkt für Bond insgesamt. Aber Casino Royale hat den Vorteil, auch ohne Kenntnis der Vorgängerfilme verständlich zu sein – war es doch der erste Bond mit Daniel Craig und ein Neubeginn bei Null. Dabei zeichnet dieser sehr atypische Bond genau durch diese seine Andersartigkeit, wie mit den Nullerjahren der Charakter bzw der alte Trott gebrochen werden sollte und wie anders mit den Bondklischees umgegangen wurde. Gleichzeitig ist es einfach ein spannender Agentenfilm mit tollen Actionszenen und Schauspielern und steht dabei für eine Filmqualität, die kein andere Serienvertreter rein als Film betrachtet erreichte.
Und damit sind wir am Ende des letzten Artikels dieser Reihe. Zumindest bis ein neuer Bondfilm veröffentlicht wird, vielleicht mache ich dann ein Update. Es war ein besonderes Projekt für diesen Blog, ein Experiment, aber ich zumindest hatte Spaß hierdran. Ich hoffe das ging ein paar von euch genauso.