Die zweite Staffel von Netflix Agentenaction setzt kurz nach der ersten an. Peter hat bei Night Action angefangen, doch eine Mission im Ausland geht schief. Einen Verräter in den eigenen Reihen vermutend taucht er unter und kehrt in die USA zurück, wo dann auch Rose in die Suche eingebunden wird.
Kontaktprobleme
Die so startende zweite Staffel konnte mir den Reiz der ersten nicht richtig einfangen. Ich hatte bei kaum einer Folge wieder das Bedürfnis, direkt die nächste sehen zu wollen, weil ich sie so spannend und die gradlinige Actionmachart so angenehm gefunden hätte. Dabei sind auf dem Papier einige der Stärken erhalten: Luciane Buchanan und Gabriel Basso spielen die gleichen sympathischen Rollen und die Actionszenen sind wieder wunderbar unzerschnitten, bei denen mir auch keinmal die Nutzung von Stuntmännern auffiel, gerade Basso hat wohl wieder viel (oder alles?) selbstgemacht.
Aber ich störte mich an der Story. Statt der simplen Spannung einer sich zur Verschwörung erweiternden Hetzjagd auf Rose bleibt die große Bedrohung diesmal unpersönlich. Stattdessen gibt es eine angetackerte Handlung in der iranischen Botschaft. Für sich nicht schlecht, ging das nicht gut zusammen. Der nochmal separate Plan der Oberbösen ist dabei so lächerlich absurd böse, dass es mich richtig rausriss.
Wenig gelungen fand ich auch das hin und her bei der Beziehung von Rose und Peter. Das war in der ersten Staffel noch okay, aber es nun zu wiederholen wirkt kindisch, wie dieses Klischee der unüberwindbaren Barrieren zwischen zwei doch angeblich verliebten Hauptdarstellern in Serien generell kindisch und überholt ist. Ohne Rose würde die Serie nicht funktionieren, so zu tun als stünde ihre Rolle zur Disposition ist völlig daneben. Außerdem wurde in solchen Szenen sehr deutlich, wie wenig Reichweite Basso beim Schauspielern hat. Also doppelt und dreifach keine gute Idee.
Diese überraschende Stilunsicherheit empfand ich auch bei drei Aspekten der Story, aber für die muss ich relevante Teile der Handlung verraten:
Spoiler:
Zuerst, dass die chemischen Waffen von den USA natürlich nur zur Entwicklung von Impfstoffen fabriziert wurden, wie mehrfach betont wird. Als musste das unbedingt so gedreht werden, weil die USA auf keinen Fall in keinem zu negativen Licht dargestellt werden dürfe. Wie absurd bei einem Staat, der so viele Kriegsverbrechen begangen hat und gerade auch bei chemischen Waffen befleckt ist, man denke nur an den Einsatz von Napalm und Agent Orange in Vietnam.
Eher angelehnt an die Konstruktionsprobleme der Story fand ich es auch daneben, erst relativ viel Zeit auf den Hintergrund des Sohn des Oberbösen zu investieren, aber ihn dann umzubringen. Okay, sein Tod war so etwas gewichtiger, aber seine Rolle blieb dadurch ansonsten belanglos. Und es verstärkte die oben erwähnte absurde Boshaftigkeit der Terroristen, die ich spätestens dann nicht mehr ernstnehmen konnte.
Und schließlich (und tatsächlich am Ende) richtig unglücklich angesichts der Ausrichtung der Serie empfand ich die Zeitprobleme im Finale. Wenn angeblich nur acht Minuten bis zu einem großen Unglück verbleiben, die Protagonisten aber noch allerlei Dinge erledigen und dabei zwischen Stockwerken hin- und herwechseln, ist das eine herbe Macke in der Kerndisziplin der Serie – der guten Inszenierung der Actionszenen, wozu ich solche Momente eben auch zählen würde. Denn spannend inszenierte Zeitlimits sind notwendigerweise glaubwürdig, nicht offensichtlich hanebüchen.
Vielleicht beschreibe ich die Staffel gerade zu negativ. Es gibt wesentlich schlechtere Serien. Schon die Inszenierung der Actionszenen macht auch die zweite Staffel von Night Agent sehenswert. Aber das ist eben das Problem, wenn der Auftakt einer Serie so unerwartet gelungen ist: Später sind die Erwartungen höher. Und die wurden hier meiner Meinung nach unterboten, weil die Serie nicht stärker, sondern schwächer wurde.
Man beachte aber, dass beispielsweise die Bewertungen auf IMDB laut ratinggraph die zweite Staffel positiver als ich und kaum schlechter als die erste einschätzen. Auch die Kritikerwertung bei Rotten Tomatoes widerspricht meiner Einschätzung, wobei die Nutzerwertung in meiner Richtung geht. Benedikts Besprechung im Nachbarblog liest sich ebenfalls wesentlich positiver als meine. Meine Kritikpunkte werden also nicht allgemein geteilt.