ist ein Action-Rollenspiel, das 1995/96 für das Super Nintendo (SNES) erschien. Entwickelt wurde es von Quintet für Enix. Als das letzte große für das SNES erschienene Spiel ist es heute der Repräsentant der vielen guten RPGs, die damals für diese Plattform entwickelt wurden, heute aber als Relikt einer vergangenen 2D-Zeit nicht mehr produziert werden können.
Spielinhalt
Handlung
In Terranigma wird die Welt als zweigeteilt dargestellt: Eine gute Oberwelt koexistiert mit der dunklen Unterwelt. Bevor die eigentliche Spielhandlung einsetzt führte der Kampf der zwei Welten zum Untergang der Kontinente und der Vernichtung allen Lebens auf der Oberwelt, die Unterwelt erstarrte im ewigen Eis.
Der Protagonist Ark lebt in einem Dorf in dieser Unterwelt. Er öffnet ein Siegel, was zur Erstarrung der übrigen Dorfbewohner führt, ihm aber die Macht gibt, sie wieder zu befreien und dabei die Kontinente der Oberwelt den Tiefen des Meeres zu entreißen. Auf der Oberwelt gibt er den Lebewesen ihre ursprüngliche Gestalt zurück, indem er ihre Dämonenform besiegt. Nach der Erweckung der Menschheit begleitet er sie durch die Zeit bis in die Postmoderne. Während dieser Reise kommt er einem Komplott auf die Spur, das die Menschheit vernichten könnte - verhindern kann es aber nur der wiedergeborene Ark, der nicht allein der Unterwelt entstammt...
Spielmechanik
Die Spielwelt ist, der Hintergrundgeschichte entsprechend, jeweils zweigeteilt: Es existiert eine Oberwelt und eine Unterwelt, wobei sich Ark auf dieser Weltkarte frei bewegen kann. Als Gegenstück zur Weltkarte stehen die Lokalitäten: Orte, die Ark betreten kann. In diesen Orten findet das eigentliche Spiel statt, also das Erfüllen von Aufgaben, die zur Weiterentwicklung der Städte führen, das Erzählen der Geschichte und der Kampf gegen Monster. Jedoch sind auch diese Orte zweigeteilt: In Dörfern und Städten kann nicht gekämpft werden, Monster finden sich (mit einer Ausnahme, einer Grauzone) nur in Dungeons.
Kampfsystem
Zufallskämpfe wie in Final Fantasy gibt es nicht. In Abgrenzung zu Lufia ist die Weltkarte monsterlos, in den Dungeons sind die Monster grafisch präsentiert und können in Echtzeit bekämpft werden. Dazu stehen dem Spieler mehrere Attacken zur Verfügung - will man Terranigma dem Hack'n Slay zuordnen muss man es deswegen Abgrenzen zu Simpelspielen wie Diablo, aber auch Zelda und Illusion of Time stellen wesentlich weniger Bewegungsmöglichkeiten zur Verfügung. In Terranigma kämpft man dadurch wesentlich rasanter, eleganter und direkter, was aber auch eine gewisse Geschicklichkeit voraussetzt.
Inventar
Nachdem der Spieler das Siegel gebrochen hat, kann er jederzeit die Truhe betreten. Diese ist ein grafisch hübsch aufbereitetes Inventar, das auch alle Optionen und Statistiken beinhaltet. Diese Idee ist eine Hommage an die Portale in Illusion of Time, die den Spieler ebenfalls aus der Spielwelt in einen abgeschlossenen kleinen Raum entführen konnten. Gleichzeitig zeigt es, wieviel Aufwand in die Details gesteckt wurde: Selbst das Inventar ist noch etwas besonderes.
Musik
Außerordentlich gelungen ist die Musikuntermalung. Terranigma ist eines der wenigen SNES-Spiele, die einen orchestralen Soundtrack bekamen - soweit das bei den begrenzten Midi-Fähigkeiten des SNES möglich war. Miyoko Kobayashi und Masanori Hikichi komponierten nicht nur die üblichen Stücke, um Kampf und Reise zu untermalen - ohne dabei in die Infantilität eines Mario-Spiels oder die Technorichtung der Mega-Man-Reihe abzudriften. Alle wichtigen Personen und Orte wurden mit Erkennungsmelodien versehen, die durchaus im Stil variieren. Insgesamt auffällig ist, wie melancholisch einige der Stücke klingen, insbesondere die Erkennungsmelodie von Melina und das Stück, das immer in den Häfen gespielt wird.
Zum Reinhören:
Erkennungsmelodie Melinas
Amerikanische Stadt
Hafenlied
Grafik
Terranigma ist an sich ein klassisches, schön gezeichnetes 2D-Spiel. Auf der Weltkarte wird jedoch das Texture-Mapping Mode 7 verwendet, um die Krümmung der Erdkugel darzustellen. Diese Technik kommt auch in den Zwischensequenzen zum Einsatz, wobei sie ergänzt werden durch kurze 3D-Einspieler. Angenehm anzuschauen sind sie ebenso wie die Animationen, wobei letztere auch schon damals in "Donkey Kong Country" besser gemacht wurden.
Hintergründe
Die Spielwelt ist an die spirituell interpretierte reale Welt angelehnt. Im Verlauf der Handlung begegnet man einigen Menschen, die historischen Vorbildern entsprechen - z.B. Alexander Graham Bell. Überhaupt sind viele der Namen nicht willkürlich gewählt, sondern vermitteln eine Botschaft. Wahrscheinlich ist auch, dass Ark nicht ohne Grund nach Noahs Arche benannt wurde.
Einordnung in die Soulblazer-Reihe
Terranigma wird von vielen, z.B. der deutschen Wikipedia, als dritter Teil einer inoffiziellen Soulblazer-Reihe angesehen, bestehend aus den SNES-Spielen Soulblazer, Illusion of Time und eben Terranigma. Das "Hardcore Gaming 101"-Magazin zeigte aber recht überzeugend, dass auch das Playstation-Spiel "The Granstream Saga" dieser inoffiziellen Serie zugehörig ist.
Philosophie
Als philosophischer bzw. spiritueller Hintergrund ist das Taiji und der Daoismus zu nennen. Wikipedia fasst das Dao so zusammen:
Das Wirken des Dao bringt die Schöpfung hervor, indem es die Zweiheit, das Yin und das Yang, Licht und Schatten, hervorbringt, aus deren Wandlungen, Bewegungen und Wechselspielen dann die Welt hervorgeht.
Die Sprache des "Licht und Schatten" findet man genau so im Intro. Aber auch die Bewegung ist enthalten, und zwar im Protagonisten selbst: Ark aus der Unterwelt erschafft das Leben der Oberwelt im Auftrag der Schattenseite, danach verteidigt der wiedergeborene Ark im Auftrag der Oberwelt diese gegen die Unterwelt: Ein Wechselspiel, aus dem die Welt hervorgeht.
Nichterscheinen in den USA
Terranigma wurde nicht in Nordamerika veröffentlicht, was bedeutet, dass keine NTSC-Version hergestellt wurde. Die Gründe dafür sind nicht vollständig bekannt. Im deutschen Sprachraum wird überwiegend davon ausgegangen, dass die in der Handlung thematisierte Religiosität und die Möglichkeit, Ark als Erschaffer zu betrachten, ausschlaggebend waren. Im englischsprachigen Raum wird diese Möglichkeit nicht gesehen, hier wird auf die Schließung der Enix America Corporation Ende 1995 als Grund verwiesen. Wie so oft ist es gut möglich, dass eine Kombination die Realität trifft: Das Risiko einer Auseinandersetzung mit religiösen Fundamentalisten könnte Nintendo und Enix angesichts des durch die Schließung des eigentlichen Vertriebkanals erhöhten Aufwands zu groß gewesen sein, insbesondere da das Nintendo 64 noch im gleichen Jahr erscheinen sollte und man eigentlich das SNES in den entwickelten Märkten schon aufgegeben hatte.
Moderne Pendants
Obwohl Terranigma ein klassisches SNES-Spiel ist, steht es doch heraus: Durch die aktionreichen Kämpfe mit einer direkten Steuerung bei gleichzeitigen Rollenspielelementen. Eine solche Kombination war schon damals ungewöhnlich, Zelda z.B. spielt sich viel gemächlicher, und ist auch heutzutage kaum zu finden (Wenn doch: ab damit in die Kommentare). Vom Spielerlebnis gleicht Terranigma am ehesten Oni und Severance, wobei beiden der friedliche Part wie die Stadtentwicklungsmöglichkeiten und die Gespräche und kleinen Quests fehlen. Severance ist das treffendste Pendant, weil es sowohl die Echtzeitkämpfe als auch die Rollenspielelemente beinhaltet. Anderen modernen Rollenspielen fehlt das Actionelement oder zumindest die direkte Steuerung mit ihren Bewegungsmöglichkeiten.
Fazit
Terranigma hat viele Stärken. Die Hintergrundgeschichte motiviert durchaus, die Grafik ist farbenfroh und schön gezeichnet - für ein so altes 2D-Spiel. Höhepunkt ist das Kampfsystem, das meines Wissens in dieser Direktheit recht einzigartig ist. Schwächen existieren aber natürlich auch. So stellt das schon oben zitierte "Hardcore Gaming 101" zurecht fest, dass
After a while the game really loses its inspiration, and you'll find yourself drudging through cave after identical cave, forest after identical forest
Hierzu muss jedoch bemerkt werden, dass dies nur für die Mittelphase des Spiels gilt, gegen Ende gewinnt das Leveldesign wieder an Schwung.
Die Grafik ist zwar ansehnlich, aber nicht wesentlich besser als bei damaligen Konkurrenten wie Secret of Mana.
Ein lokales Manko: Die deutsche Übersetzung sei ebenfalls nicht ganz gelungen:
Wo die Übersetzung letztendlich strauchelt ist in den Storysequenzen die dem Spiel ihre dramatische Wendung geben, anstatt beispielsweise einem Dialog zwischen zwei Kriegern zu lauschen hört sich das Ganze mehr nach Kinderspielplatz an.
Da Terranigma auch nicht durch Nachfolger oder Kopien aufgegriffen wurde, passt es nicht, das Spiel als Meilenstein zu bezeichnen - wurde doch kaum ein anderes Spiel von Terranigma beeinflusst. Terranigma steht für sich alleine, als Denkmal und Abschluss einer vergangenen Ära.
Download
Das Spiel kann heutzutage problemlos mit zsnes gespielt werden. Die Rom findet man beispielsweise bei Romnation.
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