Natürlich hat Europa Angst vor einer feindlichen Islamisierung. Das Wort Islam transportiert Bilder erstmal vom Anderssein, was leider immer noch Ängste auslöst und immer Ängste ausgelöst hat, aber eben auch Bilder, die wirklich negativ sind. Für viele Deutsche ist der Islam gleichbedeutend mit Terroristen, mit den türkischen Jugendlichen, die hier um die Häuser ziehen und Deutsche angreifen, mit Frauen, die sich aus Angst vor ihren Männern und vor lauter Unterwerfung verschleiern und mit der Scharia, einem Rechtssystem, das unserem Mittelalter entsprungen scheint, den Menschenrechten und unseren Grundwerten nicht im Ansatz entspricht.
Angst vor einer Islamisierung ist also erstmal verständlich. Doch ist sie berechtigt? Was nicht gesehen wird ist die Vielfalt der muslimischen Einwanderer. Das ist ja keine homogene Gruppe. An unseren Universitäten zum Beispiel findet sich eine große Zahl gebildeter und weltoffener junger Muslime. Wenn man weiß, welchen Wert in diesen Gesellschaften in bestimmten Schichten der Bildung beigemessen wird, ist das auch nicht verwunderlich. Nicht gesehen wird auch, dass den oben geschilderten negativen Angstträgern schon jetzt begegnet wird wo möglich, schon durch die Struktur unserer Gesellschaft, und sei es dem Strafgesetzbuch.
Bei aller Angst vor Übereinwanderung sind die muslimischen Einwanderer in dieser Gesellschaft immer noch eine Minderheit. Minderheiten werden oftmals nach dem Negativen bewertet. Erstens sind sie wenige, sodass die, die negativ auffallen, stärker das Bild über die andern prägen können als wenn die anderen sehr viele sind. Und zweitens sitzt da im Menschen die Angst vor dem Unbekannten, den viele nicht reflektieren und so ihr begegnen. Die Vorteile jedoch, die wir durch die Einwanderung erhalten und all die, die sich hier gut einfinden - das wird alles schlichtweg ignoriert.
Ein Minarettenverbot ist in dieser Situation das schlimmste, was passieren kann. Es sorgt dafür, dass alle Muslime, ob integriert oder nicht, sich in der Schweiz nicht willkommen fühlen dürfen. Anstatt Teil des Landes zu werden und natürlich auch das Aussehen der Städte zu beeinflussen, wie es bei guter Integration immer geschieht, werden sie verboten und an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Es mag ja sein, dass in manchen arabischen Staaten keine Kirche errichtet werden darf - doch trifft das nicht auf alle Länder zu und steht das doch auch für einen Dogmatismus und eine Intoleranz, die den Kampf der Kulturen befeuert und den wir eben nicht wollen.
Wir fordern von einem Einwanderer die Anerkennung unserer Gesetze und die Übernahme unserer Werte in dem Maße, wie wir sie für Entsprechungen elementarer und universaler Menschenrechte halten. Im Gegenzug ist es unvermeidlich, dass die Kultur und Religion der Einwanderer Teil dieser Gesellschaft wird, wenn die geforderte Leistung erbracht wird. Ein Minarettenverbot aber verhindert diesen Pakt - es ist nur Ausdruck der Angst. Angstgesteuerte Gesellschaften aber sind gefährlich. Angstgesteuerte Gesellschaften vergessen ihre Werte und handeln gegen die Menschenrechte derer, vor denen sie Angst haben. Genau das ist in der Schweiz passiert - aber die Schweiz ist nicht Europa.