Schlafes Bruder Tod - niemals einfach, ihn zu erleben. Ein Abmahnanwalt, eben auch ein Mensch, hat sich selbst getötet, von diesem Tod liest man an so vielen Stellen, doch wie geht man selbst damit um? Schreibt man darüber (in welchem Ton?), "empfiehlt" man die Nachricht, was überhaupt denkt man selbst?
Die Aufforderung, höflich zu bleiben, wird grün und ist prominent im Heiseforum zu sehen. Und klar: Man will nicht lesen, was eine Horde Trolle aus dem Tod eines Menschen macht (auch trotz dieser Ansage). Aber doch: Beileid für jemanden, der so vielen Menschen das Leben schwerer gemacht hat?
Der Tod als Ende der menschlichen Existenz ist etwas, das wahrscheinlich kein Mensch auf Erden begreifen kann, ohne vor dieser Leere und dem eigenen Ende zu erschauern. So gehen wir doch auch selbst damit um, ignorieren den Tod wo immer möglich, die meisten trösten sich mit der Religion wenn der Gedanke doch auftaucht aus dem Meer des Alltags. Eine prominente Todesmeldung macht genau das, erreicht einen außerhalb des ganzen üblichen Geschehens, und steht dann da.
Wenn geliebte Menschen sterben bleibt wenigstens der Versuch, sich an das gute zu erinnern. Gravenreuth mag für seine Umgebung ein solcher gewesen sein, doch aus der Ferne betrachtet ist das ein Gedanke, auf den man erstmal kommen muss, waren es doch nur Gaunereien begangen an schwächeren, die man selbst von ihm kennt. Kannte. Das macht den Umgang damit nicht einfacher.
Wie die Nachwelt daran arbeitet, sieht man vielleicht am besten an der taz, der Zeitung, die ihn als Feind betrachten musste. Dort steht seine Meldung weiter unten unter "Leben", "Tod eines Anwalt", ist kurz und sachlich. Oben findet man eine andere Todesmeldung, einen echten Abschied, "Unser lautester Leser ist tot", einen Abschied von jemanden, der zwar auch aneckte, aber dabei liebte und wohl geachtet wurde.
Gute Nacht.