Nein, um das Urteil selbst soll es jetzt gar nicht gehen. Ziemlich krass ist jedoch, wie beim Spiegel die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaft dargestellt wird:
Ansonsten versuchten die Verteidiger vielmehr, Tauss als Opfer der zweifellos missglückten Öffentlichkeitsarbeit der Karlsruher Staatsanwaltschaft darzustellen. Sie sprachen von der "sozialen Exekution" des bis dato unbescholtenen Politikers. Und nährten wider besseres Wissen mit zahlreichen Anspielungen die im Netz kursierenden Verschwörungstheorien, nach denen die Ermittlungen gegen Tauss in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem politischen Engagement gegen die geplante Gesetzgebung zu Internetsperren gestanden haben könnten.
Dabei ist belegt, dass die Karlsruher Behörde nur der Spur der besagten Handy-Nummer gefolgt war, die bei Ermittlungen gegen den Kinderporno-Händler Sascha H. aus Norddeutschland auftauchte. Und dann erst auf den Namen Tauss stießen.
Worüber reden die da? Die Verteidiger redeten, zumindest soweit man das im Internet mitbekam, nicht etwa über die Ermittlungsarbeit selbst, sondern über die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaft insbesondere bei den Durchsuchungen:
Seine Immunität war erst Minuten zuvor auf Grundlage dieses Beschlusses des Amtsgerichtes Karlsruhe aufgehoben worden.
Ab 12:35 Uhr beginnen Beamte der Landeskriminalämter aus Berlin und Karlsruhe in Begleitung einer Staatsanwältin mit der Durchsuchung der Büros und Wohnungen von Tauss in Berlin und in seinem Wahlkreis. Bevor Tauss aber auch nur sein Büro im Berliner Bundestag betreten kann, um der Durchsuchung beizuwohnen, weiß die breite Öffentlichkeit davon bereits: Die Deutsche Presseagentur dpa informiert bereits um 13:12 Uhr, dass „derzeit“ eine „Durchsuchung des Bundestags- und Wahlkreisbüros“ von Jörg Tauss laufe – laut „SPD-Kreisen“ wegen des Verdachts auf Kinderpornographie.
Um 13:31 Uhr meldet SPIEGEL ONLINE zum ersten Mal, dass gegen Tauss ermittelt werde und legt dann kürzeste Zeit später mit allen wichtigen Details aus den Vorermittlungen nach. Tauss selbst wird jedoch erst um 13:28 Uhr in seinem Büro ankommen, wie das polizeiliche Durchsuchungsprotokoll vermerkt. Um 13:55 Uhr weiß die dpa auch, dass Ausgangspunkt der Ermittlungen „strafrechtlich relevantes Bildmaterial“ sei. Dies hätte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe zwischenzeitlich bestätigt.Die Presse musste aber schon viel früher Bescheid bekommen haben als die Abgeordneten, die über die Aufhebung der Immunität zu beschließen hatten: Schon bei Eröffnung des Ermittlungsbeschlusses warten die ersten Kamerateams vor Tauss Berliner Büro „Unter den Linden 50“ darauf, dass Tauss von der Polizei in das Gebäude geführt würde. Die Ermittler geleiten Tauss daher über einen Hintereingang in sein Büro.
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Um 16:18 Uhr sind die Ermittler bei der Durchsuchung noch in vollem Gange, da meldet der Nachrichtensender N24 bereits, es wäre „einschlägiges Material“ gefunden worden. Und auch auf SPIEGEL ONLINE ist unverzüglich nachzulesen, was der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Rehring, aus dem fernen Karlsruhe live den Journalisten zu berichten hat: „Wir sind in Berlin fündig gewoden“. Als diese Nachrichten in die kleine Wohnung dringen, ist das der vor Ort verantwortlichen Staatsanwältin sichtlich unangenehm. Vergeblich versucht sie nach Protest des Anwalts mit ihrer Behörde in Karlsruhe zu telefonieren, um die weitere Verbreitung voreiliger Nachrichten einzudämmen.
Es ist diese offensichtliche Mediensteuerung der Staatsanwaltschaft gegen Tauss, die kritisiert wird, nicht die Ermittlungen selbst. Dass der Spiegel als willfähriges Instrument dieser Manipulation dies nun im Urteilsartikel so verfälschend darstellt ist bezeichnend.
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