Alpha Protocol, das Spionagespiel, teilweise vergleichbar mit Deus Ex - wie spielte es sich denn nun?
Das Spiel
Im Grunde läuft das Spiel so ab: Man startet in einem Level, folgt dem gelben Punkten, die das nächste Unterziel anzeigen, und überwindet dabei irgendwie einen Haufen von Gegnern.
Ok, das ist unfair - man kann viele Spiele auf so etwas reduzieren. AP mit seiner angepriesenen Wahlfreiheit ist aber gerade im normalen Spiel nicht so frei, wie es sein könnte, zumindest fühlt es sich so an. Grund dafür ist der Levelaufbau, der immer sehr schlauchartig ist und wenig andere Routen erlaubt. So verläuft man sich zwar nicht, durchaus ein Vorteil, aber es reduziert die Spielfreiheit auf die kleinen Entscheidungen: Schleiche ich am Gegner vorbei und lasse ihn hinter mir oder schalte ihn dabei ggf. von hinten per Tastendruck aus, oder nehme ich sofort eine Waffe und schieße mich durch die Levels? Außerdem gibt es pro Abschnitt dann eben doch manchmal andere Routen, außerdem sind Bonusgegenstände versteckt, und per PC-Hack die Sicherheitskameras auszuschalten kann auch nicht schaden. Dabei gilt es, in Feuergefechten in Deckung zu gehen, später kann aus dieser heraus sogar geschossen werden.
Ungesehen am Gegner vorbeischleichen
Begleitet wird man dabei von seinem "Handler", den Leiter der Mission, der als Stimme im Kopf Anweisungen und Ratschläge gibt und überhaupt die Mission erklärt. Das erinnert natürlich sehr an Deus Ex.
Es gibt noch einen anderen Missionstyp: Das Gespräch. In diesen Missionen wird nicht geschossen, sondern ein Gespräch bestimmt den Ausgang der Mission.
Wahlfreiheit
Die Wahlfreiheit in den Missionen ist also eher begrenzt, wobei es natürlich auch in denen noch deutlich mehr Möglichkeiten gibt als in vielen anderen Spielen. "Echte" Freiheit liegt in den Gesprächen. In denen wählt man unter Zeitdruck jeweils eine von bis zu vier Antwortmöglichkeiten auswählt. Dabei ist nicht immer klar, wie genau der Spielcharakter antwortet, man gibt nur die Richtung vor. Manchmal ist es schon eindeutig: Wenn in einem Gespräch mit dem Terroristenanführer "Exekutieren" und "Verhandeln" zur Wahl stehen, ist das eine wichtige Entscheidung. Verschont man ihn, kann er vielleicht später helfen - oder auch einen weiteren Terroranschlag verüben, den man ansonsten verhindert hätte.
In solchen Momenten verändert man den Ausgang des Spiels, positioniert sich selbst, alliiert sich mit anderen Fraktionen oder verfeindet sich endgültig.
Ein typisches Gespräch
Im Kleinen gibt es noch mehr: Die Reihenfolge der Missionen ist etwas beeinflussbar, meist stehen mehrere zur Auswahl. Denn zwischen den Missionen befindet man sich in einem Spielerhaus, kann dort den Fernseher einschalten, Mails schreiben und eben einkaufen. Auch ändert sich die Mission durch diese Vorbereitung: Soll erst Geld für Informationen und Unterstützung ausgegeben oder die Mission einfach so gestartet werden?
Informationen und Rollenspiel
Zu jedem Charakter und zu jeder Fraktion wird ein Dossier angelegt. Eine Prozentanzeige verrät, wieviel Informationen bekannt sind. Diese können gekauft oder in den Missionen gefunden werden, z.B. in herumliegenden Papieren oder durch Einbrechen in fremde Computer. Diese Informationen sind für den Spieler hilfreich um das Gegenüber einzuschätzen, außerdem wird so manchmal die "Dossier"-Gesprächsoption freigeschaltet, die immer sehr effektiv ist.
Man beachte die Waffenfähigkeiten
Die Informationen könnte man also fast als so etwas wie gewonnene Charakterwerte betrachten, die einen stärker machen. Solche Rollenspielelemente gibt es aber auch direkter: Durch erfüllte Missionen bekommt man Erfahrung, bei einem Levelaufstieg winken Fähigkeitspunkte, mit denen man die eigenen Fähigkeiten erlernt. Jeder der vier Waffengattungen kann dabei gelernt werden, was etwas übertrieben wirkt, außerdem Zusatzfähigkeiten wie beispielsweise Zähigkeit, die mehr Lebensenergie verleiht. Und eben Tarnung, die wichtigste aller Fähigkeiten: Mit ein paar Punkten in Tarnung ist man für die Gegner fast unsichtbar, kann fast jede Situation (aber nicht jede!) durch Umschleichen der Gegner lösen und sieht, wo der Gegner steht und wohin er schaut.
Dazu kommen die individuellen Boni. Durch bestimmte Handlungen werden bestimmte Eigenschaften freigeschaltet, z.B. wenn man einen Verbündeten rettet, was dann die Lebenspunkte erhöht oder sonstige Verbesserungen freischaltet.
Bugs und Designfehler
Alpha Protocol ist nicht perfekt. Die eben beschriebene Tarnungsfähigkeit z.B. ist zu mächtig, die muss eigentlich jeder Spieler lernen. Vielleicht macht das noch Sinn in einem Spionagespiel, aber zu viele Situationen werden so direkt durch Schleichen lösbar. Was ok wäre, wenn man eben klar entscheiden könnte, so das Spiel durchzuspielen. Das aber geht nicht: Spätestens der zweite Bosskampf ist unschaffbar, wenn man nicht mindestens eine Waffe gelernt hat. Dabei kann das Spiel das eigentlich besser - bei einem der ersten Zwischengegner gibt es noch die Option, den Gegner statt mit Gewalt ungesehen zu besiegen. Doch auch im normalen Spiel gibt es immer wieder Stellen, die nur durch Schleichen kaum zu lösen sind. Die versprochene Wahlfreiheit ist da nicht zu sehen.
Ein Endgegner in Russland - nur mit roher Gewalt zu besiegen
Dazu kommen die echten Bugs: Selten blieb der Schirm nach dem Laden einfach schwarz, zum Glück ging dabei der Spielstand nicht kaputt. Dann verschwand der gelbe Marker manchmal bzw. zeigte zurück auf einen Abschnitt, der nicht mehr erreichbar war. Schlimmer noch: In der letzten Mission ist ein Begleiter zu retten, optional. Es wurde aber nie angezeigt, wo das möglich ist. Dadurch änderte sich natürlich das Ende, die allerletzte Missionsbesprechung teilte mir mir, dass sie tot sei - was ich gerne verhindert hätte und mir das Ende ziemlich madig gemacht hat.
Fazit
Sollte ich AP bewerten, würde ich 8 von 10 Punkten geben, mit einer Erhöhung bei Entfernung der Bugs auf 8.5. Denn im Grunde macht das Spiel Spaß: Das Schleichen ist spannend, die Gespräche geben das Gefühl von Entscheidungsmacht, die Grafik ist schön. Man hätte jedoch so viel besser machen können, wenn man den Mut gehabt hätte, bei den Missionen etwas mehr zu bieten als Gegner um Gegner, die auch noch alle gleich sind - hier ist mal wieder Deus Ex die Referenz.
Trotzdem sollte man das Spiel spielen, wenn man mal etwas anderes als einen üblichen Shooter sehen will oder etwas "Deus Ex"-artiges sucht. Denn eines muss man AP lassen: Es ist etwas besonderes.
onli blogging am : Deus Ex: HR ist würdig
Vorschau anzeigen
onli blogging am : Linksammlung 46/2024
Vorschau anzeigen