FreeSync-Range unter Linux anpassen
Unter Windows lassen sich relativ einfach die FreeSync-Grenzwerte von Monitoren anpassen. Unter Linux geht das auch, aber es ist weniger einfach – und bei mir war es auch nicht erfolgreich. Trotzdem hier der Zusammenschrieb, für einen erneuten Versuch in der Zukunft.
Im Grunde kann man in großen Teilen dieser Anleitung folgen (die ich leider erst jetzt fand), aber ich musste zusätzlich mit dracut arbeiten um die neue Konfiguration beim Booten laden zu können.
Wie man FreeSync überhaupt aktiviert habe ich in einem früheren Artikel schonmal beschrieben.
Die Anpassung sollte harmlos sein, aber garantieren kann das niemand. Und selbst wenn sie nur nicht erfolgreich ist, kann nach den folgenden Änderungen der Monitor unter X auch ganz ausbleiben, sodass dann die Konfiguration in der Konsole zurückgestellt werden oder der Monitor solange an einen anderen Grafikkartenanschluss muss. Man sei sich dem bewusst.
EDID auslesen
Die EDID ist eine Datei mit den Metadaten des Monitors. In ihr steht auch die FreeSync-Konfiguration. Sie wird beim Starten des Grafiktreibers geladen. Normalerweise läuft das automatisch, aber wir können sie abfangen.
xbps-install read-edid sudo modprobe i2c-dev sudo get-edid > edid.bin
xbps-install
ist der Paketmanager unter void, unter Ubuntu ersetzt man das mit apt install
.
EDID anpassen
Die soeben erstellte edid.bin kann wxedid nun editieren. Bei mir war das Programm nicht in den Quellen. Daher musste ich manuell ein Release von SourceForge herunterladen, entpacken und kompilieren:
./configure make ./wxedid
Mit dem Programm lässt sich jetzt die edid.bin öffnen. Der für uns interessante Reiter ist "MRL: Monitor Range Limits". Der Eintrag min_vFreq ist die Untergrenze, max_vFreq die Obergrenze. Die jetzt editieren, danach die Datei neu exportieren.
Verschiebe diese neue Datei nun nach /lib/firmware/edid/new_edid.bin
Nur NVIDIA: xorg.conf anpassen
Die EDID lässt sich bei NVIDIA-Treibern per xorg.conf laden, wie das Arch-Wiki beschreibt. Falls noch nicht vorhanden, erstelle dir einen Screen-Konfigurationsblock, z.B. unter /usr/share/X11/xorg.conf.d/20-screen.conf:
Section "Screen" Identifier "Screen0" Device "nvidia" # könnte auch anders heißen Option "CustomEDID" "$MONITOR:/lib/firmware/edid/new_edid.bin" EndSection
$MONITOR muss noch mit der richtigen ID des Monitors ersetzt werden. Die findet sich per xrandr
, war bei mir wie oben zu sehen also DisplayPort-1.
Das sollte es für NVIDIA-Nutzer auch schon gewesen sein. Da ich eine Grafikkarte von AMD benutze konnte ich das aber nicht richtig testen.
Der amdgpu-Treiber kennt CustomEDID aber nicht, deshalb da der folgende Ansatz.
Nur AMD: Die initramfs ergänzen
Es kann sein, dass es bei deinem System für diesen Schritt ausreichte die Datei nach /lib/firmware/edid/ zu verschieben.
Bei mir reichte das nicht, wohl weil die initramfs die EDID laden würde, sie aber auf diesen Ordner keinen Zugriff hat. Ich bekam dann später nach Setzen des Bootparameters diese Fehlermeldung:
*ERROR* Requesting EDID firmware new_edid.bin failed (err=-2)
Mit dracut ändert man das so:
sudo dracut -i /lib/firmware /lib/firmware --force
Der Befehl bläst die initramfs leider sehr auf und man müsste das regelmäßig machen, wenn ich herausfinde wie man das richtig konfiguriert und zielgerichtet nur die EDID-Datei hinzufügt wird dieser Artikel editiert. Aber zum Testen reicht es.
Allerdings benutzt nicht jede Distribution dracut. Dieser Launchpadbug beschreibt eine Lösung für Ubuntus initramfs-tools, was die meisten anderen Distributionen abdecken dürfte.
Nur AMD: Den Bootparameter setzen
Um die EDID dann auch wirklich zu laden setzt man in der /etc/default/grub den Parameter drm.edid_firmware:
GRUB_CMDLINE_LINUX_DEFAULT="loglevel=4 … drm.edid_firmware=DP-2:edid/new_edid.bin"
DP-2 ist systemabhängig und folgt nicht der gleichen Nummerierung wie xrandr. Die richtige findet man mit
grep . /sys/class/drm/card-/status
Nicht vergessen die neue grub-Konfiguration auch anzuwenden:
sudo update-grub
Testen
Beim nächsten Neustart sollte der Treiber den Monitor nun gemäß der neuen EDID ansprechen. Zum Testen empfehle ich wieder VRRTest.
Für meinen Acer CB242Y hat die ganze Aktion nichts gebracht. Erhöhe ich die obere Grenze, wird alle paar Sekunden der Bildschirm schwarz. Senke ich die untere Grenze, wird der Bildschirm schwarz sobald die FPS unter 48 fallen.
Ich fand ein paar Kommentare von Nutzern, bei denen diese Freesync-Anpassung unter Windows ging, aber unter Linux nicht. Es kann durchaus sein, dass die anderen Treiber da mehr herausholen können, oder dass die unter Windows benutzte Software wie CRU beim Editieren der EDID noch weitere Tricks draufhat. Vielleicht geht da also später noch was, vielleicht wird es irgendwann auch komfortabler und der Treiber kann die Freesync-Range ohne den Umweg über die EDID anpassen.
Linksammlung 47/2021
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Cleanvoice AI bessert Podcastaufnahmen aus, die Beispiele wirken ziemlich nützlich. Der zugehörige HN-Thread ist eine wilde Mischung aus Lob, Kritik und Alternativen.
Christoph Langner sagt Jetzt ganz offiziell: Willkommen zurück! und belebt seinen alten Blog Linux und Ich wieder. Christoph war lange bei ubuntuusers.de aktiv, extrem aktiv, hat entsprechend viel Ahnung und damals einen tollen Linuxblog geführt. Was für den Feedreader.
Das PHP 8.1.0 Release Announcement ist draußen. Ich kann mich mittlerweile über neue PHP-Versionen nicht mehr freuen, weil jede neue Version irgendwas an Serendipity bricht.
Das zweite LTT-Video zum Linuxaustestversuch rennt in ein paar typische Stolperfallen: This is not going well… Linux Gaming Challenge Pt.2. Die enthaltene Kritik ist teilweise berechtigt, aber z.B. Teams als Anwendung statt im Browser benutzen zu wollen ist selbstgewähltes Elend.
Kaputten Maustaster auswechseln (am Beispiel der Cherry MW 4500)
Meine Cherry MW 4500 wollte plötzlich die mittlere Maustaste nicht mehr zuverlässig registrieren. Ich drückte, oft passierte nichts – unter Linux etwas problematisch. Vermutete ich erst ein Softwareproblem, zeigte eine Ersatzmaus: Es lag an der Maus selbst.
Aber ich hatte ja noch Garantie (laut Datenblatt, die dreijährige erweiterte Herstellergarantie). Jacob reagierte schnell und großzügig: Es gab ohne Einsendung der Maus den vollen Kaufpreis zurück. Nun hätte ich die alte Maus wegschmeißen und das Modell einfach nochmal kaufen können, oder eine bessere suchen – beides wollte ich aber nicht wirklich. Sie einfach neu zu kaufen wegen nur einem Schalter wirkte verschwenderisch, eine wirklich bessere Alternative (z.B. ähnliche Form mit einem besseren Sensor) fand ich nicht. Also war reparieren angesagt, was mir die Garantiebedingungen vorher verboten; Überraschenderweise hat das geklappt!
Dieser Zusammenschrieb soll zeigen wie ich das anging und möglichst viele hilfreiche Seiten verlinken. Teilweise sind die Informationen spezifisch für die MW 4500, aber im Grunde ist das Verfahren für jede Maus gleich, z.B. für die Logitechmäuse mit ihrem Doppelklickproblem. Praktisch eine Langform dieses Guides plus eigenen Eindrücken.
Grundidee und Material
Wenn man eine Maustaste (oder hier: das Mausrad) drückt, drückt man in Wirklichkeit einen darunter liegenden Schalter. Wie bei einer Tastatur. Die Idee ist jetzt, dass der wohl kaputt ist und man die Maus repariert, indem man den Schalter auswechselt. Dafür muss man die Maus aufmachen können, den alten Schalter ablöten und den neuen auflöten.
Es gibt zwei Arten von Schaltern in Mäusen: Optische und mechanische. Mechanisch ist normal, optische sind (derzeit?) nur in Spezial-Spielermäusen. Optische mit mechanischen zu wechseln geht nicht, aber mechanische mit anderen mechanischen geht durchaus. Es gibt einen hilfreichen Schalterguide hier. Ihmzufolge unterscheiden sich die Schalter bei Klickgefühl und Qualität, aber es spricht wenig dagegen einfach irgendwas auszuprobieren.
Da ich in Deutschland nichts gefunden habe kaufte ich zwei Schalter bei Aliexpress, genau diese hier. Also zwei blaue Huano-Schalter, was laut Guide eher schwergängige Schalter sein sollen, das erschien mir als dritte Maustaste passend. Sie kamen nach drei Wochen bei mir an und kosteten samt Versand 2,71€.
Zum Aufmachen der Maus brauchte ich einen passenden Kreuzschlitzschraubenzieher, den hatte ich. Ein (superbilliges) Löteisen samt Ablötpumpe hatte ich ebenfalls hier. Eine Zange zum Greifen des Mausschalters war auch hilfreich. Zudem half die Hausphysikerin bei dieser Aktion ungemein, auf jeden Fall würde ich ein zweites Paar Hände empfehlen.
Auseinanderbau
Das wird sich bei jeder Maus stark unterscheiden. Für die MW 4500 fand ich dieses Video:
Es zeigt den Zusammenbau, war aber auch für die Gegenrichtung sehr hilfreich, denn ich hing an ein paar Stellen, bis ich die Maus erstmal so weit aufbekam.
Das Auseinandernehmen funktioniert so:
- Zuerst die Batterien entfernen.
- Als nächstes die vier Schrauben unten abnehmen, die durch die Mausfüße versteckt sind. Dabei die Mausgleiter sorgfältig zur Seite legen, um sie wiederbenutzen zu können.
- Jetzt die Maustasten abnehmen. Das ist ein Plastikteil, das nur aufgesteckt ist. Etwas knifflig, weil es so wirkt als würde man es abbrechen. Beim ersten mal bin ich da vorsichtig mit einem Schlitzschraubenzieher als Hebel druntergegangen, das half.
- Jetzt hat man Zugriff auf vier weitere Schrauben.
- Sind die weg, kann der Körper der Maus entzweigeteilt werden. Der ist jetzt nur noch zusammengesteckt, was wieder gefährlicher wirkt als es ist.
- Das Board mit den Mausschaltern ist mit drei kleineren Schrauben befestigt, die jetzt gelöst werden müssen.
- Die beiden Ribbonkabel kann man nun auch noch abstecken.
Jetzt ist das obere Board lose und damit sind die Mausschalter erreichbar.
Entlöten des alten Schalters
Die Maus zu zerlegen war schon etwas knifflig, aber nur weil ich nicht wusste wie sie aufgebaut ist. Weiß man das erstmal ist es relativ einfach. Das Entlöten dagegen haben wir selbst zu zweit noch schwer gefunden als wir wussten wie es gehen sollte, wobei wir beide das nie gemacht hatten. Ich fand vorher diese Anleitung, sie aber nicht zu hilfreich.
Wir machten das (nach ein paar Fehlversuchen) stattdessen so: Das Löteisen heißwerden lassen. Dann erstmal mehr Lötzinn an die Lötstelle anbringen, die entfernt werden soll. Also das Lötzinn mit dem Löteisen erhitzen, es wird flüssig, dann die Masse an die bestehende Lötstelle bringen. Die waren uns sonst zu klein und wollten sich einfach nicht wegpumpen lassen.
Erst jetzt die vergrößerte alte Lötstelle zum Wegmachen direkt erhitzen. Mir war dabei vage bewusst, dass das grüne Board nicht zu heiß werden darf und vom Löteisen nicht berührt werden sollte, was aber schwer umzusetzen ist. Nach eine Weile sollte die Masse flüssig werden, das sieht man recht deutlich. Dann die Lötpumpe benutzen, um soviel wie möglich des Lötzinns zu entfernen. Das klappte leider nicht zu 100%. Wir erhitzten dann weiter die Lötstelle und zogen mit einer Zange den Mausschalter von der anderen Seite vorsichtig weg. Am Ende nochmal die Lötpumpe benutzen.
Das könnte auch anders funktionieren, wie gesagt, ich hatte da null Erfahrung. Es sieht in diesem Video zum Beispiel ganz einfach aus:
Auflöten des neuen Schalters
Das Anbringen des Ersatzschalters war im Vergleich zum Ablöten super einfach. An die alte Position bringen und das ganze festhalten. Die andere Person erhitzt den Lötzinn und bringt ihn beim Metall an, an den beiden Füßen die auch vorher eine Lötstelle hatten. Fertig.
Da kann man sich vielleicht vorher eine Anleitung wie diese hier (und den zweiten Teil) anschauen, wobei meine Ausrüstung hier viel schlechter war:
Zusammenbau
Der Schalter ist gewechselt, alles sieht gut aus:
Dass da im Bild zwei Schalter gewechselt sind war natürlich ein gewollter Test und keine Verwechslung des Zielschalters, *hust*. Der Zusammenbau ist dann nur der umgedrehte Auseinanderbau, das Video von oben hilft jetzt bei der MW 4500 direkt. Die Mausgleiter sollten sich wieder an die Füße ankleben lassen. Wobei sie bei mir vorher besser glitt. Als Ersatz kommen die Lexip Mo42 in Betracht, Mausfüße aus Keramik, die auf fast jede Maus passen sollten. Auf die meine passten sie auch.
Das Ablöten war für uns als Anfänger eigentlich zu schwer, aber es hat funktioniert! Mit dem neuen Schalter kann die Maus wieder einwandfrei mittelklicken. Ich freu mich sehr, die MW 4500 daher behalten zu können – und da ich bis auf den Mausschalter alles für die Reparatur bereits hier hatte war die Aktion sehr günstig.
Linksammlung 46/2021
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Apple announces Self Service Repair, was erstmal toll klingt. Denn es ist eine uneingeschränkt gute Sache Ersatzteile und Anleitungen zur Hand zu haben. Aber HN-Kommentatoren merkten direkt an, dass die Pressemeldung irreführend ist und Apple selbst eigenen Partnern kaum Ersatzteile bereitstellt.
Der Verfassungsblog schreibt sehr überzeugend zum Infektionsschutzgesetz: Besser Gesetze nicht ändern als schlecht ändern.
Wie verbinde ich mich per SSH auf einen nur über IPv6 angebundenen Server, wenn ich daheim nur IPv4 habe? Das ist fast das Szenario Server hinter Unitymedia DS-Lite Anschluss betreiben, die Lösung 6tunnel
und ein Zwischenschritt über einen Server der beides kann.
Digital Foundry fragt Grand Theft Auto 3 Definitive Edition Tech Review: Is It Really That Bad? (Video) und antwortet mit einem sehr eindeutigen Ja.
Wichtiger Hinweis: Boosterimpfungen ab jetzt (regional?) ohne Frist
Ich war gestern beim Arzt und wurde von einer Auskunft überrascht, die ich hier teilen will: Die Sechsmonatsgrenze für die dritte Impfung hat sich erledigt.
Die Praxis hat schon vorher Leute auch vor Ablauf der sechs Monate geimpft, wenn es ein erhöhtes Risiko gab, sei es durch die medizinische Lage oder z.B. durch den Job des Impflings. Ansonsten wurde die sechs Monate gewartet und Impfwillige abgewiesen, wie es ja auch jetzt noch die offizielle Empfehlung der STIKO ist:
Aus immunologischen und infektionsepidemiologischen Gründen ist es sinnvoll, über die genannten Risikogruppen hinaus mittelfristig auch allen anderen Grundimmunisierten eine Auffrischimpfung anzubieten. Bei einer Auffrischimpfkampagne sollte soweit wie möglich nach absteigendem Lebensalter vorgegangen werden. Die Geschwindigkeit im Vorgehen bei einer solchen Impfkampagne wird maßgeblich von den regionalen Impfkapazitäten abhängen.
Eine Auffrischimpfung soll bei immunkompetenten Personen frühestens sechs Monate nach Abschluss der Grundimmunisierung erfolgen. Die konkreten Empfehlungen zur Auffrischimpfung für Personen mit Immundefizienz wurden bereits in der 11. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO ausführlich dargestellt.
Also nicht nur wird da die Montagsgrenze betont, sondern bedeutet die gewollte Priorisierung noch zusätzlich Warten für die Nicht-Priorisierten.
Das wird zumindest die Praxis bei der ich war aber nicht mehr so halten. Die Kassenärztliche Vereinigung habe da umgedacht. Ich war überrascht, weil ich davon (auch jetzt noch) nichts gelesen habe, aber das sei eine Entwicklung der letzten vier Tage. Jetzt soll jeder, der sich nochmal impfen lassen will, direkt geimpft werden. Klar, wenn jemand vor zwei Monaten mit Biontech geimpft wurde macht die dritte Impfung wenig Sinn, aber bei den meisten ist es ja länger her und da würde nicht mehr abgewiesen.
Ich finde das gut. Die Lage ist so mies, zudem wäre bei mir das Risiko bald nochmal erhöht gewesen, vor dem regulären Boostertermin im Januar. Meine Zweitimpfung war Ende Juli. Sie war wie die Erstimpfung im Impfzentrum, es hat also auch nichts mit Praxisloyalität zu tun. Die Drittimpfung wird jetzt am Donnerstag sein.
Louis Begley – Killer, Come Hither
Killer, Come Hither verpflanzt Begleys übliches Werk in einen Krimi. Anstatt dass der Schriftsteller sich wieder an etwas ganz neuem probiert – was bei seinem Dreyfus-Sachbuch fantastisch war – hat er viel altes beibehalten.
Der mordlösende Protagonist Jack (wirklich!) ist also nicht einfach ein Ex-Soldat, nein, Elite-Ex-Soldat, er ist gleichzeitig ein supererfolgreicher Schriftsteller von einer Eliteuni. Und hat einen Anwalt als Freund, der ihm ein Sommerhaus zukommen lässt, sodass er zwei Seiten später als Millionär im Schickimicki-Umfeld von Schmidt und Begleys anderen Hauptfiguren herumläuft. Er verhält sich sogar gleich, säuft und frisst sich durch die Geschichte, Frauen gibts auch, als ob es ein überzogener normaler Begleyroman wäre. Auch der Erzählerstil ist genau der gleiche.
Nur ist es eben keiner der normalen Romane von Begley, mit ihren faszinierenden Gesellschaftsbeobachtungen und Lebensentwürfen. Denn stattdessen gibt es einen Mord zu klären und Kämpfe zu gewinnen.
Als Idee ist das charmant. Ehrensachen und Geschichten einer Ehe waren sowieso schon halbe Krimis, warum es nicht mal durchziehen? Doch als Lektüre wirkte es auf mich lächerlich. Die üblichen Begleyelemente verschaffen den Krimielementen keine gute Umgebung, sondern sie wirken künstlich und aufgesetzt. Und schlimmer: Abschreckend. Machte es mir bei Schmidt noch Spaß, seinen Eskapaden zuzusehen, sich diesem Umfeld zu nähern und für sich abzustecken, wo Schmidt ein Arsch ist, wo er Recht hat und wann es einfach eine tragische Situation ist, ist all das bei Jack genau wie sein Name: Stumpf. Der Typ ist nämlich einfach nur ein Arsch, ein Kehrbild der üblichen bedachten Figuren des Autors, der aber alles kann und dem alles gelingt. Keine Sekunde ist das glaubwürdig, wenn es als Witz gedacht war ging er an mir vorbei.
Und die Krimielemente der Handlung sind völlig belanglos.
Nichts also rettete mir diesen Roman: Er gefiel mir nicht als Begleyroman, er funktionierte für mich nicht als Krimi, als Parodie konnte ich ihn auch nicht lesen. Begley hat so viel gutes geschrieben; hoffentlich hatte er hier wenigstens Spaß dran.
Linksammlung 45/2021
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
In Linux hates me – Daily Driver Challenge Pt.1 rennt Linus von LTT in einen bösen Pop_OS!-Bug, sein Kollege dagegen hat fast keine Probleme. System76 hat direkt mit einem Patch reagiert.
Es gibt einen Public Report – WhatsApp End-to-End Encrypted Backups Security Assessment.
Phoronix sagt, The Framework Laptop Is Great For A Linux-Friendly, Upgradeable/Modular Laptop. Wussten wir schon, aber gut es nochmal bestätigt zu haben.
Die Reflections über Ebikes sind einleuchtend.
Wie Fallout 4 auf diesen Fan von New Vegas wirkte
Wieviel besser New Vegas (FNV) mir im Vergleich zu Fallout 3 gefiel war ein wichtiger Punkt in meinem Rückblick auf das Kultrollenspiel. Dementsprechend habe ich erst jetzt Fallout 4 gespielt, da ich mit dem alten Entwickler Bethesda eine Rückkehr alter Schwächen erwartete. Diese Einschätzung war nicht ganz verkehrt, tat dem neuesten – aber nicht neuen, denn Fallout 4 ist von 2015 – Teil der Serie aber auch Unrecht.
Stärken bei Grafik und Story
Fallout 4 beginnt vor der Apokalypse. Morgens vor dem Spiegel wird die Hauptfigur ausgewählt, Mann oder Frau, das Aussehen angepasst sowieso die Attributspunkte verteilt. Ein Baby schläft im Kinderzimmer und will beruhigt werden. Ein Vault-Tec-Mitarbeiter klingelt genau zum richtigen Moment und holt das Einverständnis zu einem Bunkerplatz ein, da gehen auch schon die Alarmsirenen los. Und ein paar Ereignisse später wacht der Spielercharakter im Bostoner Ödland mit einem stark motivierten Ziel auf.
Schon der Beginn der Handlung ist also spannend, kommt schneller zum Punkt als es das Aufwachsen im Bunker von Fallout 3 getan hatte, und anders als beim konfusen Beginn von New Vegas rätselt man nicht erstmal was überhaupt passiert ist. Ähnlich stark geht das weiter, mit nur ein paar Abstrichen zu denen ich weiter unten kommen werde. Die Hauptstory bleibt das ganze Spiel über spannend, sie hat ein paar Wendungen sowie toll inszenierte Momente parat. Sie behandelt typische Scifi-Themen, was Fallout zwar bisher nie so direkt tat, aber der Serie auch nicht schadet.
Dabei wird der Spieler automatisch mit den dreieinhalb Hauptfraktionen der Region in Kontakt treten und sich zwischen ihnen entscheiden müssen.
Und während man das alles erlebt sieht man die Welt in einer viel hübscheren Grafik als früher. Das hat mich der verflossenen Zeit zum Trotz am meisten überrascht. Denn Elder Scrolls Online, Fallout 76 und vielleicht auch die übliche Youtube-Videokompression von Spielaufnahmen hatten mir den Eindruck vermittelt, dass Fallout 4 gerade in den Ruinen immer noch schlecht aussehen würde. Und ich messe ja nicht gegen den Originalzustand FNVs zur Veröffentlichung, sondern gegen den Topzustand mit all den grafikverbessernden Mods, die ich damals benutzte. Aber die negative Erwartung stimmt überhaupt nicht. In Fallout 4 kommen stattdessen ganz viele verschiedene Engineverbesserungen mit einem generell besseren Objektdesign zusammen. Das Ergebnis ist meist einfach hübsch, bei den Animationen, der Beleuchtung und auch gerade bei Objekten in nächster Nähe hat sich unheimlich viel getan. Zudem sind die Gesichter der NPCs tausendmal besser gelungen als in New Vegas. Klar, es ist kein ganz aktuelles Spiel und sieht auch nicht so aus, aber trotzdem fand ich es überraschend hübsch.
Wobei, Einschub: Viel des positiven Eindrucks hängt mit den Einstellungen zusammen. Ich hatte zu Beginn länger experimentiert, weil ich einerseits Protons FSR-Unterstützung ausprobieren wollte, andererseits auf Seiten wie dem PCGamingWiki auf SMAA als Alternative zum eingebauten FXAA/TXAA hingewiesen wird. Doch letzten Endes sah reguläres 1080p mit TXAA am besten aus und ich hatte mit meiner RX 570 nur wenige Performanceprobleme oder Grafikfehler, bei denen immer Inkompatibilitäten mit Proton als Ursache angenommen werden dürfen. Es gab zudem ein paar Slowdowns, die ein Neustart behob. Ansonsten war die Bildqualität meist sehr gut und in meiner Konfiguration vor allem sehr ruhig, was bei Bethesda-Vorgängerspielen selbst mit Mods und Spezialkonfiguration fast nie zu erreichen war.
Neben der Haupthandlung gibt es natürlich viele Nebenmissionen. Manche davon sind großartig geworden, wie eine kleine Questreihe in Goodneighbours, bei der der Spielercharakter als Comicsuperheld verkleidet auf Verbrecherjagd geht und währenddessen in jedem Gespräch in dieser Rolle antworten kann.
Viele Änderungen sind Verbesserungen
Nun ist Fallout 4 aber nicht ein nur grafisch aufpoliertes Fallout 3 oder New Vegas mit einer neuen Story, sondern sein eigenes Spiel. Nicht alle der Änderungen sind positiv. Aber viele sind es.
So hat die eigene Ausrüstung keinen Reparaturzustand mehr. Selten habe ich eine Funktion weniger vermisst. Es macht das Spiel schlicht weniger nervig, nicht immer wieder die eigene Ausrüstung reparieren zu müssen. Klar, es entfernt auch etwas Anspruch, aber in meinen Augen ist diese Änderung klar positiv. Kämpfe werden so noch angenehmer, wobei es für sie auch generell mehr Ressourcen (Munition sowie Granaten und Heilung) gibt.
In diesen Kämpfen verlangsamt das VATS-System jetzt nur noch die Zeit, anstatt sie ganz anzuhalten, während die Körperteile der Gegner anvisiert werden können. Das entfernt eine spannungsminimierende Ruhepause aus den Kämpfen, ohne die Funktion nutzlos werden zu lassen. Gelungen. In dem neuen VATS-Modus werden kritische Treffer nicht mehr zufällig ausgelöst, sondern durch Tastendruck ausgewählt, nachdem sich durch erzielte Treffer die Leiste dafür aufgeladen hat – eine der wenigen Verkomplizierungen, die aber tatsächlich eine gute Entscheidungskomponente in das Spiel bringt. Wegen mir hätte es auch beim Pausenmodus bleiben können, aber der Zeitlupen-VATS hat schon was.
Nett: Radioaktivität ist nicht mehr ein eher versteckter Statuswert mit unklaren negativen Auswirkungen, sondern verkleinert einfach direkt den Lebensbalken. Schlicht und deutlich.
Eher neutral als positiv sehe ich eine der größten Neuerungen: Den Baumodus. Crafting hatte New Vegas schon und gab so dem ganzen Kram in den Ruinen ein bisschen Relevanz. Fallout 4 geht einen Schritt und lässt den Spieler mit aus dem Schrott gewonnenen Rohmaterialien überall in der Spielwelt verteilte Siedlungen erweitern. Damit die Funktion ja nicht übersehen wird gibt es direkt im ersten bereisten Dorf zu rettende Vertreter der Minutemen, einer der vier Fraktionen, bei denen der Hauptanteil der Fraktionsstory darin besteht Siedlungen auszubauen und zu verteidigen. So braucht es einen Generator um mit einem Radioturm Siedler zu gewinnen, die dann Betten, Wasser, Nahrung und Verteidigungswerke haben wollen.
Es ist schon ziemlich cool, der Spielwelt so permanente eigene Änderungen hinzuzufügen. Andererseits hat man als Spieler wenig davon, insbesondere fast keine Vorteile im weiteren Spielverlauf. Warum sollte man zum Beispiel mehr Siedler anlocken, wenn das nur mehr Arbeit und schlechtere Performance bedeutet? Der Siedlungsbau lässt sich so nur als eigenes Minispiel betreiben. Die Rohstoffe dienen zwar auch dem Bauen von Mods sowie der Reparatur von Powerarmor, aber dafür reicht gelegentliches eigenes Sammeln ebenfalls – die vielen regulären Quests schicken doch sowieso in die Ruinen. Daher ist der Siedlungsbau irrelevant und wird viel zu schnell langweilig, aber eine gewisse Faszination am Anfang will ich nicht verhehlen, weshalb die Änderung hier bei den Verbesserungen gelistet wird.
Die erwähnte Powerarmor gibt es im Spiel jetzt häufiger und früher, sogar fast direkt zu Spielbeginn. Sie muss repariert werden und braucht sogar eigene Energiezellen. Eine große Änderung gerade zu Fallout 2, wo diese Rüstungen einfach die Endklasse an Ausrüstung war – aber durch die Akkus immer noch etwas, was man sich eher fürs Endspiel aufhebt, wobei ich am Ende eine große Reserve hatte. Man kann diese verringerte Exklusivität schade finden, denn sie entwertet. Und die Rüstungen schaden dem Balancing, sie sind zu mächtig, und warum zum Teufel kann man in ihnen schleichen? Aber mir überwog der Spaß daran, die Rüstung für die kampfeslastigsten Missionen vorzuhalten und zwischendurch aufzurüsten, schließlich mit ihnen durch die Gegnermassen der Endmissionen zu gleiten.
Reguläre Rüstung gibt es auch noch, es finden sich diesmal komplette Sets und alternativ Einzelteile. Leider bekommt man viel zu früh eines der besten Rüstungssets, wodurch sich das Thema dann fast erledigt hat. Die Waffen orientieren sich an den Vorgängern, aber es gibt jetzt zufallserstellte(?) legendäre Versionen der regulären Waffen – oft Überbleibsel zufällig auftauchender legendärer Feinde, stärkeren Versionen von Standardgegnern – die dann Zusatzeffekte haben. Zum Beispiel fand ich einen Revolver mit Flächenschaden durch explodierende Kugeln. Insgesamt gibt es bei Rüstungen wie Waffen eine angenehme Varianz, was mehr noch gelten würde wenn die Rüstungen besser verteilt wären und es Rüstungsklassen (leicht, mittel, schwer) gäbe.
Schließlich ist noch das Gesprächssystem stark umgebaut. Es gibt nun immer vier Antwortmöglichkeiten, wobei nie 100% klar ist was der Spieler sagen wird, ähnlich wie bei Mass Effect. Ein Nachteil an sich, wobei die Richtung der Antwortmöglichkeit immerhin seltener überrascht. Dafür sind die Gespräche besser ins Spiel integriert, die Kamera geht fließend in einen Gesprächsmodus über und auch wieder heraus. Das hat was, hätte aber ohne die Nachteile umgesetzt werden können, wie ein beliebter Mod zeigt.
Schwächen beim Rollenspiel und durch Bethesda-Marotten
Aber natürlich mussten die Macher in ihrem Ansinnen, das Spiel zugänglicher zu machen, über das Ziel hinausschießen und haben manche Aspekte der Fallout-Reihe verschlechtert. Wieder einmal; hier wiederholt sich dann eben doch, was damals Fallout 3 mit der Serie anrichtete und FNV erst wieder richten musste.
Es gibt kein Karmasystem mehr. Man kann sich mit Fraktionen verfeinden und Begleiter mögen manchmal bestimmte Aktionen bzw. andere nicht. So will die Belgeiterin Piper nie, dass man stiehlt, freut sich aber über jedes geknackte Schloss und jeder geholfenen Seele. Aber Karma wie man es aus den Vorgängern kannte ist weg, selten auch, dass die Alternative genutzt wird und frühere Entscheidungen neue Gesprächspartner beeinflussen. Eine negative Vereinfachung.
Selbst Fähigkeitspunkte gibt es nicht mehr. Stattdessen gibt es nun bei jedem Levelaufstieg einen Perkpunkt. Welche Perks wählbar sind hängt nur noch von Attributen und dem Level ab, nicht mehr von den verschmähten Fähigkeitswerten oder anderen Perks, können dafür aber mehrfach gewählt werden und dann auch Zusatzeffekte haben. Das Ergebnis: Jeder Charakter kann fast alles, beispielsweise jede Waffe bedienen. Besseres Crafting und Siedlungsbau braucht bestimmte Perks, aber ansonsten sind die Perks einfach Boni. Teils sind sie an die alten Perks angelehnt und etwas interessanter, wie Bloody Mess. Aber andere erhöhen dann einfach den Schaden in einer Waffenkategorie, was zum Durchspielen noch dazu komplett unnötig ist. Hier hat Bethesda eine Schnapsidee aus Skyrim übernommen. Es kommt noch dazu: Dementsprechend gibt es auch in Gesprächen keine alternativen Skillchecks mehr, nur noch Charisma dient dem Überzeugen, ein massiver Rückschritt zu New Vegas.
Thema Skyrim: Was war am nervigsten an Skyrim? Für mich, dass jede Höhle, jede Ruine eine belanglose Geschichte erzählen musste und dass man mit Nebenquests zugemüllt wurde. Fallout 4 verbessert den einen Aspekt davon, weil die an den Orten erzählten Geschichten besser gelungen sind und weniger erzwungen wirken. Dafür übernimmt es mit Endlosquests die größte Unart von MMORPGs und verschlimmert das Zumüllen des Questbuchs tausendfach. Gerade die Minutemen (aber auch alle anderen Fraktionen haben ein Äquivalent) geben dem Spieler immer wieder die gleichen Aufträge: Gehe irgendwohin und töte alle Feinde, gehe zu einer Siedlung und verteidige die. Es ist ein endloser Strom an Langeweile. Das schlimmste: Diese Quests sind nichtmal als Endlos-Nebenquests markiert, was direkt damit konkurriert, dass die Minutemen-Quests automatisch im Questbuch erscheinen! Wer also wie ich in RPGs anstrebt, irgendwann alle Nebenquests im Log zu erledigen, der muss sich von diesem Gedanken verabschieden und hat durch diese Mechanik einen ewigen Stör- und Stressfaktor.
Störend wird auch, dass Bethesda weiterhin nur eine Art von RPG-Story erzählen kann: Die des messianischen Auserwählten. Natürlich war man auch in Fallout 1 und 2 ein wichtiger Einflussfaktor auf die Spielwelt, in fast jedem Rollenspiel ist man es, FNV betonte das sogar. Aber nicht in dem Ausmaß wie hier, nicht mit dieser kognitiven Dissonanz. In Fallout 4 läuft man der Brotherhood of Steel über den Weg, die eine elitäre und geheimniswahrende Militärorganisation ist, die üblicherweise mit dem Gesindel von außerhalb der eigenen Reihe nichts zu tun haben will und die selbst in Fallout 4 die ganze Zeit die eigene Überlegenheit betont. Im gleichen Atemzug schaut einer der Paladine dich beim ersten Treffen an und sagt "Hey, willst du nicht eine Mission mit mir machen, du bist ja so außergewöhnlich!". Dann läuft man ihm in einem Gebäude hinterher, er erledigt alle Gegner, und sagt dann: "Du warst so toll da drin, du solltest uns beitreten!". WTF.
Dass die eigene Überbefähigung so gar nicht erklärt wird, gleichzeitig aber auch so übertrieben betont wird, ist für die Immersion und Konsistenz des Spieluniversums zerstörerisch. Obwohl die anderen Fraktionen da etwas bessere Einführungen haben, war selten ein Spiel in dieser Disziplin so schlecht wie Fallout 4.
Beim Balancing ist nervig, dass Bethesda immer noch manche Gegnerarten falsch einsortiert. Zum Beispiel waren in Fallout 1+2 Radscorpions Anfangsgegner, Supermutanten gehörten mehr Richtung Endspiel. Fallout 4 aber hat wieder ein Levelsystem, bei dem Feinde in verschieden starken Varianten erscheinen, was sich wohl am eigenen Level orientiert. So weit, so schlecht, aber wenn mit diesem System ordentlich zwischen Gegnertypen unterschieden wird muss es nicht zu sehr schaden. Doch auf diesem Wege trotz des Autobalancing Konsistenz mit den Originalspielen zu wahren, daran denkt Fallout 4 gar nicht: Die einfache Form von Supermutanten ist ziemlich ungefährlich und viel zu häufig, während Radscorpions in ihrer einen mir erschienenen Variante ziemlich harte Feinde waren.
Warum Bethesda mit diesem Vorhalten von einfachen Varianten von historisch harten Gegnern immer wieder ganzen Gegnerklassen ihre Gefährlichkeit und damit ihren Charakter nehmen muss wird mir wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Warum hier grundlos mit den Konventionen der Originalreihe gebrochen wird ist mir auch unerklärlich. Da wiederholen die Entwickler nur stur Fehler von Fallout 3, es wirkt wie kindlicher Trotz. Immerhin, anders als in Oblivion gibt es in Fallout 4 wenigstens ein ziemlich gutes Fortschrittsgefühl, weil die Anfangsgegner nie komplett verschwinden. Und es gibt sogar Gebiete, die auf ein hohes bzw. ein niedriges Stärkeniveau festgelegt sind, also für Anfangscharaktere zu schwer oder für starke Charaktere ein Klacks sind – Yeah! Aber bei der Gegnereinordnung zeigt New Vegas trotzdem wie es besser geht.
Vor allem aber zeigte New Vegas, wie man in einem modernen 3D-Rollenspiel Quests so anlegt, dass sie auf mehrere Arten lösbar sind und zudem den Spieler einen Charakter spielen lassen. Davon hat Fallout 4 Ansätze, aber vergisst es oft im kleinen. Im Grunde erledigt man die Missionen immer auf der einen vorgegeben Weise und kann höchstens entscheiden, wie man sich durchkämpft und welche Missionen bzw welche Fraktion man wählt. Das macht Fallout 4 nicht zu einem schlechten Spiel, aber zu einem eindeutig schlechteren Rollenspiel.
Und schließlich ist da die Erbsünde, der große Verrat von Fallout 3: Das Spiel täuschte anfangs vor, dass es wie in den Vorgängern Entscheidungen geben würde und man mit ihnen das Schicksal der Spielwelt beeinflussen würde. Und dann gab es im Abspann keine Auswirkungen der Entscheidungen, was eine Riesenenttäuschung war. Fallout 4 wiederholt diesen Extremfehler und speist den Spieler mit einem belanglosen und kurzen Abspannvideo ab, das keine individuellen Schicksale von Orten und Personen erwähnt.
Nur dass man weiterspielen kann und auch schon davor Konsequenzen im Spiel gezeigt wurden macht das etwas erträglicher. Es bleibt aber ein massiver Fehlgriff, diese Art der weiterführenden Geschichtenerzählung bei einem Fallout zu unterlassen. Zu lange war das ein elementarer Bestandteil der Serie, zu cool wäre es gewesen, es auch hier wieder zu erleben.
Bugs
Ich spielte mit einer Radeon RX 570 unter Linux via Proton. Manche der Bugs lassen sich damit erklären, insbesondere die Grafikfehler, die Godrays auslösten. Andere sind wahrscheinlicher dem Spiel zuzurechnen: Nach ihrer Aktivierung zu Terminals zu gleiten blieb oft stecken und erforderte ein Neuladen; Bei wenigen Quests gab es Skriptfehler, die ein Neuladen erforderten; Mein Begleiter reagierte bei einer Nacherzählung in einem Questgespräch der Haupthandlung überrascht, obwohl er beim Beschriebenen selbst dabei war; Piper blieb gerne an Objekten hängen oder verschwand einfach für eine Weile. Nichts davon machte das Spiel kaputt, auch stürzte es nie ab.
Fazit
Von New Vegas kommend ist Fallout 4 eine willkommene Modernisierung. Es sieht gut aus und schleift ein paar unangenehme Kanten gelungen ab, wie die fast vollständig entfernte Ausrüstungsreparatur – und sie für Powerarmor zu behalten ist superpassend, erhöht es doch die Hürde zum Einsatz dieses mächtigen Werkzeugs. Umso cooler, dass mit Project Mojave ein ernsthaftes Projekt dabei ist, FNV mit der Engine von Fallout 4 nachzubauen. Wieviel Komplexität dann wieder hineingemodded werden muss sei dahingestellt, aber mit etwas Konfigurierbarkeit ließe sich ein guter Mittelweg finden.
Denn die zentralen Spielsysteme funktionieren sehr gut – allerdings als Lootshooter mit leichten Rollenspielelementen. Doch die erzählte Story ist cool, ich mochte Piper als Begleiter mit ihren Kommentaren zur Story, die großen Entscheidungen wirken wichtig; In diesem Aspekt wird Fallout 4 dann wieder mehr Rollenspiel als Shooter. Das gilt auch für viele der Nebenquests. Zusammen entsteht eine reizvolle Mischung.
Aber Fallout 4 ist auch unangenehm simplifizierend. Es ist unoriginell, wie der Spieler einfach nur eine Halbgottfigur ist und als solche wahrgenommen wird, ohne seine besondere Rolle in der Spielwelt sinnvoll zu verpacken. Fähigkeitspunkte zu entfernen übertreibt es massiv mit der spielmechanischen Vereinfachung, es schadet dem Spiel nur. Nochmal mehr bei der nun unmöglichen Verbindung derselben mit dem Gesprächssystem. Wenn sie stattdessen wenigstens die Perks in den Gesprächen benutzt hätten!
Das Siedlungsausbausystem verdient fast seinen eigenen Artikel. Die Entwickler haben gut erkannt, dass es nicht schlecht in die Reihe passen würde und in dieser postapokalyptischen Welt einen besonderen Reiz hat. Aber sie sind komplett daran gescheitert, es sinnvoll in das eigentliche Spiel zu integrieren. So wie das System jetzt im Spiel ist trägt es eine Stunde Spielzeit, danach ist es verschwendeter Code – und schadet aktiv den Quests, die darauf beharren die Aufbauelemente zu benutzen. Was aber meist sowieso Aufgaben aus automatisch generierte Endlosquesttypen sind, widerliche Lebenszeitfresser. Dass die im Spiel sind ist unfassbar, dass der beliebteste Mod im Nexus nicht einer ist der sie entfernt eine Enttäuschung.
Meiner Kritik zum Trotz ist Fallout 4 ein gutes Spiel und ich habe es gerne gespielt. Es ist nur gemessen an den früheren Qualitäten der Serie unter seinen Möglichkeiten, was sich dann von mir ausformuliert harsch liest. Klar, Fallout: New Vegas ist eines der besten Spiele aller Zeiten und damit harte Konkurrenz – Fallout 4 hätte es aber sogar übertrumpfen können, wenn die Entwickler neben den neuen technischen Errungenschaften etwas disziplinierter die klassischen Rollenspielqualitäten der Reihe betont und Blödsinn wie Endlosquestreihen zurückgewiesen hätten.
Um das noch deutlicher zu sagen: Gamersglobal hat Fallout 4 damals mit 9.5/10 bewertet, wovon ich höchstens einen halben Punkt abziehen würde.
Linksammlung 44/2021
Diesmal wird es politisch. Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Die Intiative legt neues Brandgutachten zum Fall Oury Jalloh vor, weil Deutschland sich weiterhin weigert gegen Mörder in Uniform vorzugehen. Eine Klage gegen die scheinbar strafvereitelnde Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg (zumindest als Teil des wohl zuständigen Systems) soll folgen.
Ich empfinde die Fairphone True-Wireless Kopfhörer als Verrat. Es sind Wegwerfprodukte, da der Akku nicht auswechselbar ist. Damit ist Fairphone auf dem Niveau von Apple gelandet – ein bisschen Recycling bei der Produktion, das wars. Jetzt wird auch klar warum das Fairphone 4 keinen Kopfhöreranschluss mehr hat.
Das Rätsel um die Sneaker von Jan Delay ist keines, sondern eine Bestätigung: Zugunsten kurzfristiger Profite werden die Leute verarscht. Diese Modefirmen scheißen auf Umweltschutz.
Passend dazu Sie glauben nicht ans Reden: Bei Insulate Britain sind gerade ältere Menschen aktiv und wollen Aufmerksamkeit erreichen.
Und schließlich zeigt 2021 MacBook Pro Teardown: A Glimpse at a Better Timeline, wie Apple weiterhin aktiv ihre Produkte als Wegwerfschrott anlegt, sogar vermeintliche Profihardware. Wobei Apple bei früheren Produkten noch schlimmer war.
Welche Fehler Linux derzeit bei mir hat
Wie wir Software wahrnehmen ist oft Einstellungssache. Ich mag wofür Linux steht und verzeihe dem System dafür so manche Macke, während mich Windows im Laufe der Jahre so oft zur Weißglut gebracht hat und mir so unsympathisch geworden ist, dass jeder weitere Fehler des Betriebssystems den alten Zorn gleich wieder entfacht. Es gab da einen traumatischen Dateiverschiebeversuch unter Vista mit zehntausend Bestätigungsdialogen…
Aber ich werde hier mal versuchen, einen Schritt zurückzutreten und die momentan auftretenden Fehler meiner Linuxsysteme zu beschreiben, die mich wahrscheinlich mehr stören sollten als sie es derzeit tun.
Ich beschränke mich dabei auf den Desktop, wobei mir Linux einen Heimrechner und einen Arbeitslaptop betreibt, mit Void und Ubuntu.
Macke 1: Gelegentliches Einfrieren seit einem Grafikkartenwechsel
Seit meine Radeon RX 580 kaputt ist lief hier nur die integrierte Grafikeinheit meines Prozessors. Vor kurzem wollte ich ein etwas grafisch anspruchsvolleres Spiel spielen und installierte die vorher im PC der Mitspielerin fehlerfrei funktionierende, aber größtenteils unbenutzte Radeon RX 570. Und tatsächlich läuft damit mein Spiel problemlos. Aber: Außerhalb des Spiels friert jetzt manchmal der PC ein. Er fängt erst an zu stottern, als wäre bei einem Pentium-2-Rechner der Arbeitsspeicher vollgelaufen, kurz darauf bleibt er ganz stecken. Dann ist Neustart nur per Ausschalten und Anschalten möglich.
Der ansonsten tolle freie AMD-Treiber hat da wohl einen Bug, eventuell in Verbindung mit Kernel 5.13. Das passiert unter Void Linux.
Macke 2: Abstürze nach dem Aufwachen
Manchmal funktioniert das Aufwachen einfach nicht. Das passiert bei meinen beiden Hauptgeräten, dem Laptop und dem PC, hängt also nicht ausschließlich an der neuen Grafikkarte. Zwar hat der PC erst seit ihrem Einbau dieses Problem, aber der Laptop war schon vorher immer mal wieder nicht aufweckbar.
Der Bildschirm bleibt einfach schwarz, Tastendrücken hat keinen Effekt. Wieder braucht es ein hartes Ausschalten und Einschalten. Das passiert unter Void Linux und Ubuntu.
Macke 3: Wenn Standby ein Einloggen braucht
Diesmal geht es nur um den Laptop: Der will manchmal nicht Schlafen gehen. Ich bin also im Desktopbetrieb und drücke auf den Software-Powerbutton, dann auf Suspend. Daraufhin schaltet er meistens problemlos in den Ruhezustand. Manchmal aber nicht, dann geht er nur in den Anmeldebildschirm. Wenn ich mich dann dort einlogge, schaltet er sich direkt nach dem Anmeldevorgang ab.
Das passiert unter Ubuntu.
Macke 4: Firefox scheitert manchmal am Zweimonitor-Setup
Wenn ich den Laptop benutze ist dieser meist mit einem zweiten Bildschirm verbunden, wobei ich dann den Laptop auch zuklappe. Starte ich dann Firefox, kann der manchmal nicht starten. Das Firefox-Fenster geht auf, aber flackert auf der linken Bildschirmhälfte zwischen Vollbild und einem kleinen Fenster hin- und her, um sich dann in diesem Zwischenzustand aufzuhängen. Bedienung unmöglich, der Browser muss über das Dock geschlossen werden. Der folgende Neustart klappt dann immer.
Das passiert unter Ubuntu.
Das sind eigentlich alles hochärgerliche Fehler, gerade so in einem Artikel zusammengepackt gelesen. Wenn mir ein anderes System garantieren würde, die alle zu beheben, dann wäre das ein Wechselgrund. So weiß ich aber, dass z.B. Windows mindestens genauso wackelig wäre (aber in der Alltagsbedienung viel nerviger). Wir haben hier zum Beispiel einen als Videoabspielgerät genutzten Windows-Laptop, der plötzlich Audio über Bluetooth nur noch stotternd abspielen kann.
Bei anderen Linuxdistributionen hingegen gilt, dass die durchaus mal eine Weile stabiler sein könnten, dann aber genauso wahrscheinlich instabiler; Ein Wechsel lohnt sich also nicht. Nach ein paar Updates wird sich die Situation mit der Grafikkarte schon wieder verbessern, bei Void ist Warten ist angesagt. Und Ubuntu bringt ja auch irgendwann eine neue LTS raus, woraufhin der Laptop eine neue Runde Fixes und Bugs erhalten wird.
Möchte jemand die aktuellen Macken seiner Systeme teilen?