King's Bounty: Warriors of the North ist einfach zu lang
King's Bounty: Warriors of the North erschien mir erst wie ein tolles Spiel, das höchstens etwas altbacken war. Nach 30 Stunden dachte ich das immer noch. Aber erst nach 70 Stunden war es zuende; bis dahin hatte ich mich mehr als sattgespielt.
Rundenstrategie und RPG
King's Bounty ist keine neue Serie, aber sie ging bisher an mir vorbei. Wem es ähnlich geht: Es ist ein Heroes of Might & Magic ohne KI-Spieler. Der Spieler befehligt als Prinz Olaf (anfangs) einen Trupp Vikinger auf einer Inselkarte. Begegnet er einer feindlichen Einheit, wechselt das Spiel über in eine Hexfeldarena, in der die beiden Einheitenstacks Runde für Runde gegeneinander kämpfen. Jede Einheit zieht je nach Initiative, kann sich dann bewegen und einmal angreifen. Die meisten Einheiten schlagen einmal pro Runde zurück wenn sie angegriffen werden und haben Zusatzfähigkeiten, natürlich sind sie alle unterschiedlich stark; manche Einheiten sind besonders stark gegen andere, sodass die Kämpfe relativ komplex sein können. Zusätzlich kann der Spieler mit Zorn-Fähigkeiten oder Zaubersprüchen in die Kämpfe eingreifen, auch die seltenen gegnerische Helden machen das.
Auch abgesehen von den Kämpfen gibt es Begegnungen auf den Inselkarten. Diese NPCs vergeben dann meist Quests oder bieten Gegenstände und Einheitennachschub an. Die Quests erzählen viele irrelevante Nebengeschichten (manchmal mit Entscheidungen) und eine Hauptstory um einfallende Horden von Untoten, die der Prinz aufhalten soll. Quests wie Kämpfe belohnen mit Erfahrung, bei Levelaufstiegen gibt es zum einen mehr Führungsstärke für größere Einheitenstacks, zum anderen (auch findbare) Runen, mit denen Fähigkeiten gekauft werden.
Diese Fähigkeiten sind nicht die gleichen wie die Zorn-Fähigkeiten, sondern mehr passive Boni. Die Zorn-Fähigkeiten werden dagegen im Spielverlauf freigeschaltet. Aktionen im Kampf füllen die Zornpunkte auf, mit ihnen können die Fähigkeiten ausgelöst werden – beispielsweise kann später ein Feuergolem beschworen werden. Die Zaubersprüche funktionieren ähnlich, sie werden als Schriftrollen gesammelt und können mit auf den Inseln herumliegenden Kristallen in das Zauberbuch übertragen und so permanent verfügbar gemacht werden. Zaubersprüche verbrauchen Mana, das sich mit der Zeit von selbst auffüllt.
Stärken: Kämpfe, Ausrüstung, Story
Diese Mischung aus Strategie und Rollenspielelementen ist angenehm. Gerade zu Anfang ist sie sehr motivierend: Der Held und seine Gruppe wird langsam stärker, aber das gleiche gilt für die Gegnergruppen auf den Inseln. Die sind anfangs mit leicht zu verstehenden Gegnertypen gefüllt, fangen dann aber langsam an zu variieren, sodass nach und nach neue Gegenstrategien gefunden werden müssen. So lernt man auch als Spieler dazu und Kämpfe, die vorher schwierig schienen, werden plötzlich lösbar.
Der Held wird stärker durch die Erfahrung aus gewonnen Kämpfen, was einen klaren Grund gibt die vielen Gegnergruppen zu besiegen. Gleichzeitig will man die Verluste gering halten – zwar gibt es genug Gold, aber schlicht nicht unbegrenzt Nachschubeinheiten. Überall auf den Inseln liegen Ressourcen herum, wie die Magiekristalle oder Banner zum Erhöhen der eigenen Führungsstärke, zudem Ausrüstungsgegenstände mit hübschen Boni. Es gibt also gute Gründe, gründlich jede Insel durchzukämmen, alle Gegner zu besiegen und alle Quests zu erledigen.
Dabei packte mich anfangs auch die Story: Die Untoten besiegen zu wollen ist zwar so simpel wie ein Szenario nur sein kann, aber hat auf den ersten Inseln mit einem Bruderrivale, den Vikingerkönigen und den Walküren genug reizvolle Element. Man fragt sich wie es weitergeht und will das Ende erreichen, also erfüllt sie ihren Zweck.
Schwächen: Kämpfe, Ausrüstung, Story
Doch irgendwann kippt diese Motivationsspirale. Und ich kann ziemlich genau den Moment benennen, muss dafür aber in diesem Absatz ein bisschen spoilern, doch eigentlich ist der Handlungsverlauf vorhersehbar (was ein weiteres Problem ist): Man trifft nach ein paar Inseln auf einen Menschenkönig, der gegen die Untoten vorzugehen verspricht. Dafür brauche er nur drei mächtige Artefakte, die Olaf besorgen soll. Dass es ein Trick ist ist überdeutlich, aber es gibt keinen Weg, das Spiel weiterzuspielen ohne diese Hauptmission entsprechend zu erledigen. Mit den Artefakten in der Hand gibt er sich als der Böse hinter der Untoteninvasion zu erkennen und es gilt, Verbündete gegen ihn zu gewinnen.
Und wäre es das jetzt, wäre das gut gewesen. Noch zwei-drei Inseln besuchen, mit den Königen von vorher reden (bei denen dann auch Elfen und Dämonen dabei gewesen sind), zur finalen Schlacht ziehen, dann wäre das Spiel nach ungefähr 30 unterhaltsamen Stunden gelungen beendet.
Stattdessen ist zu dem Zeitpunkt das Spiel nichtmal halb fertig. Die vorgesehenen Verbündeten wollen erst nicht oder müssen gar noch gefunden werden. Das dauert, ihre Questreihe ist jeweils lang und führt zu neuen Inseln mit vielen starken Monstern. Aber die besiegen zu lernen motiviert nicht mehr, weil die eigene Gruppe schon optimiert ist und kaum neue Gegnertypen hinzukommen. Es ist nur mehr vom gleichen. Die Kämpfe leiden jetzt auch sehr darunter, viel zu häufig und oft zu leicht zu sein - klar schwächere Gegnergruppen sollen zwar kampflos fliehen, in der Praxis sind aber auch vermeintlich gleichwertige Gegnergruppen zu diesem Zeitpunkt hoffnungslos unterlegen. Selbst wenn es nicht so wäre (der Schwierigkeitsgrad ist wählbar): Dass es mangels neuer Gegnertypen keine Variation mehr gibt macht die nun folgenden Kämpfe witzlos, abgesehen von drei Bosskämpfen.
Darauf zu reagieren, indem man das Spiel anders spielt, fällt schwer. Die Kämpfe einfach nicht optimal oder mit der Automatik zu spielen scheidet aus, da es nicht unbegrenzt Nachschub für die gewählte Einheitenkombination gibt (und zudem eine andere Kombination, die z.B. in meinem Fall dann ohne Wiederbelebungspaladine hätte auskommen müssen, die Kämpfe möglicherweise noch langwieriger machen würde). Nebenquests zu ignorieren wird durch die immer weiter zunehmende Stärke der Gegnergruppen verbaut, der die Questbelohnungen wie Zusatzrunen entgegenwirken. Das gleiche macht es auch schwierig, vor Gegnergruppen wegzurennen, denn dann fehlt die Erfahrung später.
Motiviert denn noch die Ausrüstung sowie das Aufleveln? Nein, denn da tut sich nicht mehr viel – denn die neuen Items sind nicht zwingend besser, wenn doch, fühlt sich durch sie leicht stärker zu werden angesichts der meist unterlegenen Gegner nicht mehr gut an. Gleiches gilt für den sich nun füllenden Fähigkeitsbaum.
Es gab aber auch vorher schon Schwächen, die bis dahin nur nicht überwogen. So ist die Grafik nicht gerade hübsch, die Musik trägt nicht die gesamte Spielzeit. Die Kamera ist furchtbar – sie ist frei drehbar, wodurch man ständig die Orientierung verliert, gleichzeitig stimmt dauernd der Kamerawinkel nicht und sie muss gedreht werden. Rollenspiel ist trotz Rollenspielmechaniken nicht vorgesehen: Olaf soll in der Story wohl ein Halbidiot sein und es gibt keine Möglichkeit ihn anders zu spielen, was bei der Begegnung mit dem Oberbösen nur ultimativ nervig ist, auch vorher stört das schon. Zudem ist die Geschichte schwach inszeniert (sprich: außer Textboxen gar nicht) und ihr Ton stört mit unpassendem Humor.
Fazit: Schlicht zu lang
Anfangs war ich sehr glücklich mit diesem mir empfohlenem Spiel – was für eine schöne Mischung dachte ich, motivierend und fordernd, aber gleichzeitig unstressig. Das Fortschrittsgefühl ist anfangs echt gut, die Rollenspielmechaniken zusammen mit dem immer größer werdenden Einheitenvorrat motivieren. Aber dann hört Warriors of the North einfach nicht auf, obwohl es schon alles gezeigt hat was es drauf hat, obwohl alle Fragen der Geschichte gelüftet sind, obwohl direkt nach der Halbzeit das Finale einzuleiten so supernaheliegend gewesen wäre.
Es ist wirklich schade. Denn es erscheint nicht fair, ein Spiel für mehr Inhalt schlechter zu finden. Es ist aber nunmal ein Problem, wenn dieser Mehrinhalt keinen zusätzlichen Spielspaß bietet, sondern im Gegenteil die Motivationsspirale nicht weiterzudrehen vermag. So wurde das Beenden dieses King's Bounty zu einer schwierig zu verneinenden Fleißaufgabe, da ein vorher so gelungenes Spiel ohne Erreichen des Ende wegzulegen auch unbefriedigend erschien. In diesem Extrem kann ich mich an kein Spiel erinnern, bei dem die Halbierung der Spielzeit so sehr geholfen hätte. Empfehlen kann ich Warriors of the North daher nicht, auch wenn ich anfangs viel Spaß hatte.
Linksammlung 08/2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Nur den Angriffskrieg Russlands. Zwei Links dazu: Der Liveblog zum Krieg in der Ukraine der Zeit verschafft einen Überblick, von Here's What Will Happen To Ukraine (Video) des Youtubechannels Adam Something kann man eine Einschätzung mitnehmen. Die Positionen von Adam Something sind normalerweise zumindest bedenkenswert, aber ob er hier auch nur ansatzweise die Sache trifft kann ich nicht einschätzen. Zusatz von heute: Understanding the War in Ukraine erklärt die Unabwendbarkeit der Situation, die Rolle der NATO und von Sanktionen.
Neben diesem Thema erscheint kein weiteres auch nur anschauenswürdig. Belassen wir es diesmal dabei und hoffen auf positivere Entwicklungen nächste Woche.
Hitman (2016) balanciert Stärken und Schwächen von AAA-Spielen, DRM zerstörts
Das Reboot der Hitmanserie war wohl ein ziemlicher Erfolg. Die Vorgängerspiele hatten ihre Fans, aber meiner Wahrnehmung nach waren es immer Nischenspiele. Man konnte mit ihnen viel Spaß haben (besonders mit Blood Money), aber leicht zugänglich war die noch dazu makabere Spielereihe nicht. Naja, Absolution ging vielleicht schon etwas mehr in die moderne Richtung des 2016er-Spiels und verkaufte sich häufig. Der Nachfolger aber kam in neuer Grafik und mit einem neuen Konzept, sodass der Serienneustart unter viel Aufmerksamkeit in Einzelepisoden veröffentlicht wurde. So stückchenweise bei einem neuen Hitman angelangt ist es kein Zweifel mehr, dass die Reihe eine AAA-Spielereihe sein will – aber das hat Nachteile.
Wenige Karten, viele Möglichkeiten, viel Führung
Hitman besteht aus sechs Einzel-DLCs, jede ist eine Mission an einem Schauplatz, z.B. ist eine Modeschau in Paris die erste richtige. Dazu kommen zwei in der GOTY-Version enthaltene Bonus-DLCs, die jedoch zum Teil die vorherigen Missionschauplätze recyceln. "Sechs echte Missionen" klingt wenig, ist aber nicht wenig: Die Schauplätze sind groß, die Missionen immer mehrstufig. Zudem gibt es immer mehr als eine Möglichkeit die Zielpersonen auszuschalten. Verschiedene Lösungswege geben dabei unterschiedliche Punktzahlen und Erfolge, die wiederum neue Startplätze und -ausrüstung freischalten, was wirklich zum Neuspielen der Missionen verleitet.
Innerhalb der Missionen sammelt man Ausrüstung und Spielerwissen. Ein herumliegender Hammer beispielsweise kann eine tolle Waffe sein, ein Schraubenzieher zum Sabotieren einer Maschine genutzt werden, Rattengift ein Opfer ausschalten. Es gibt auch Pistolen und Gewehre, üblicherweise startet Agent 47 mit einer schallgedämpften Pistole und kann sich Gewehre an Verstecke liefern lassen. Mit Kostümen – die gefunden oder von ausgeschalteten NPCs gestohlen werden können – werden neue Bereiche zugänglich, ohne die ganze Zeit schleichen zu müssen. Hilfreich, denn mit Waffengewalt sind nur selten Erfolge erreichbar, die Alternativen werden bevorzugt.
Einige der Erfolge sind sogar an das Opportunity-System geknüpft. Es macht die Spezialvarianten explizit, die auch die Vorgänger schon hatten. Dann hört man zum Beispiel in einem Gespräch mit, dass ein Masseur unterwegs zur Zielperson ist, die Stimme im Ohr macht nochmal extra darauf aufmerksam und Einblendungen führen den Spieler dann zu der Möglichkeit, die Rolle des Masseurs einzunehmen und daraufhin die Zielperson an einem abgelegenen Ort zu treffen.
Dieses Herausstellen der Möglichkeiten macht auf jeden Fall das Spiel zugänglicher. Was etwas positives ist, gerade bei einem Spiel, das mit seinem Schleich- und Kostümsystem nicht immer offensichtlich ist und etwas Einarbeitungszeit braucht. Als Spieler hat man meist auch immer noch das Gefühl, selbst zu kombinieren – denn die Einblendungen sind normalerweise nicht komplett. Sie führen dann zum Beispiel zum richtigen Kostüm, aber der beste Weg an den das Kostüm durchschauende Kollegen vorbei muss selbst gefunden werden. Außerdem bleibt ja immer noch dem Spieler überlassen, welche Gelegenheiten er für die Ziele kombinieren will. Und doch: Es fühlt sich glattgebügelt an.
Anstatt die Gelegenheiten durch eigenes Beobachten zu erraten, stößt dieses System den Spieler sehr explizit auf sie. Über den Spielverlauf wird das weniger und weniger reizvoll, auch im Vergleich zu den Vorgängern fehlt dadurch etwas. Hitman vermittelt daher weniger stark dieses Gefühl, durch Ausnutzen solcher Situationen ein Spiel mittels eigener Intelligenz zu meistern.
Immerhin gibt es immer noch die Möglichkeit die Skripts einfach zu ignorieren. Damit meine ich nicht, dass man sich durchschießt (wobei das geht). Sondern, dass man die Ziele ohne Verkleidung und ohne ertappt zu werden erreicht. Ob nur mit einem Scharfschützengewehr oder sogar nur durch das Herbeiführen von Unfällen, das sind nochmal vorgeschlagene Abstufungen, für die das Spiel auch jeweils einen Erfolg bereithält. Das geht schon mehr in die Richtung, sich eigene Herausforderungen setzen zu können, dass das Spiel die dann auch noch anerkennt macht diesen Effekt nicht kaputt.
Belanglose Story, gute Grafik
Die einzelnen Missionen mit ihren vielen Möglichkeiten sind klar der Fokus des Spiels. Zusammengehalten sind sie aber doch durch eine Hintergrundgeschichte, in der eine Geheimorganisation eine Rolle spielt. Agent 47 war ja auch immer Teil einer solchen, das Aufeinandertreffen entwickelt sich in Videos zwischen den Missionen und durch Infohäppchen in ihnen. Allerdings bedeuten die wenigen Missionen auch wenige Zwischensequenzen, in denen sich die Story kaum entwickelt und sie so nur minimal Interesse wecken kann. Sie soll klar in den Nachfolgespielen weitergeführt werden. Was nicht ganz offensichtlich war, der Entwickler hätte ja auch immer weiter DLCs in den ersten Teil packen können. So wie es nun aber lief braucht man für die Story dieses Spiel gar nicht erst starten.
Immerhin sieht es gut aus. Die Karten sind mit vielen NPCs gefüllt, was eine Stärke vom Vorgänger Absolution weiterführt. Und sowohl die Animationen als auch die restlichen Grafikdetails funktionieren einwandfrei, selbst auf nicht besonders starker Hardware. Dabei hat Hitman sogar eine so gute native Linuxversion, dass ich nicht zur Protonvariante greifen musste.
Der Blocker: Always-on-DRM
Bis zu diesem Punkt wäre mein Fazit positiv gewesen. Ich erinnere mich wohlwollend daran, wie ich mich gerade in die ersten Missionen verbissen und sehr viele Lösungsmöglichkeiten ausprobiert habe. Die Spielmechaniken wurden mir dadurch so vertraut, dass ich die späteren Missionen etwas schneller und weniger aufmerksam nach Alternativen suchend erledigte. Doch sie gefielen mir durch ihren Umfang und ihr Missionsdesign trotzdem, mal mehr, mal nur etwas weniger. Aber dann kam das DRM ins Spiel.
Beziehungsweise war es immer im Spiel. Hitman sagt von Anfang an, dass man zum Spielen online sein muss. Das ist bei einem Singleplayerspiel hochproblematisch. Es hielt mich aber erstmal nicht vom Spielen ab und hätte einer positiven Wahrnehmung auch nicht im Weg gestanden, weil ich das irgendwann schlicht vergessen hatte. Die ersten DLCs wurden kostenlos verteilt, der Rest war Teil eines Humblebundles, da schaute ich nicht so genau hin. Bis ich aus dem Spiel gekickt wurde.
Das war jetzt kürzlich, als ich nach einer Pause die späteren Missionen abschließen wollte. Am ersten Abend konnte ich etwa eine Stunde spielen, danach war Schluss. Offline weiterzuspielen macht wenig Spaß, wenn der Fortschritt nicht gespeichert wird. Aber das Spiel wollte sich einfach nicht verbinden, auch nach Neustarts nicht. Und selbst bei der nächsten Spielesession war die Verbindung zum DRM-Server noch instabil. Nein, solche digitalen Restriktionen müssen nicht sein, bei Einzelspielerspielen dürfen sie nicht sein. Hitman wurde zurecht von GOG entfernt.
So bleibt mein Fazit tief gespalten. Auf der einen Seite ist Hitman hübsch, so zugänglich wie noch nie, die komplexen Missionen auf den weitläufigen und verschachtelten Karten sind größtenteils ziemlich spaßig, ich mag solche Schleichspiele und die Hitman-Reihe nach anfänglicher Abneigung ganz besonders. Andererseits empfinde ich manche der Zugänglichkeitsmaßnahmen als Glattbügelung, hätte mir mehr Missionen und eine echte Story erhofft. Vor allem aber ist das DRM mit seinem Internetzwang völlig inakzeptabel. Und das ist keine reine Ablehnung aus Prinzip, sondern hängt mehr noch an den erlebten negativen Konsequenzen dieses Systems. In diesem Zustand ist Hitman nicht empfehlenswert – vielleicht irgendwann einmal, nachdem das DRM entfernt wurde.
Linksammlung 07/2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Miniflux jetzt mit Google-API-Reader-Unterstützung ist überraschend, wenn man bedenkt wie lange Google Reader nicht mehr existiert. Aber als ich vor einer Weile Android-Feedreader testete war diese API immer noch die beste Option. Scheinbar hat sich nichts geändert.
My thoughts on writing a Minecraft server from scratch (in Bash) ist großartig. Generell immer toll zu sehen, wieviel geschickte Programmierer mit limitierten Werkzeugen wie Bash umsetzen können.
Es gibt scheinbar A new wave of Linux applications, die auch für Mobilgeräte gemacht sind. Solange das vorsichtig und nur bei Bedarf eingesetzt wird finde ich das eine gute Sache, dem Pinetab kommt es zugute.
Manchmal ist es gut, an die einfachsten Methoden zu denken: user authentication without cookies or javascript.
Star Trek: Voyager
Voyager war die erste Star-Trek-Serie, die ich fast vollständig gesehen habe. Es könnte sogar generell die erste Serie sein, die ich nach gelegentlichen Fernsehfolgen am PC gesehen habe. Sie gab es damals im Studentennetzwerk, aber leider nicht 100% vollständig. Um die Lücken zu füllen sah ich sie über das letzte Jahr verteilt zusammen mit der Hausphysikerin nochmal. Taugt die Serie heute noch?
Fern im All, aber nicht allein
In der Pilotfolge wird die Voyager, frisch besetzt von einer neuen Crew um Captain Janeway, bei der Jagd auf ein Maquis-Schiff in den fernen Delta-Quadranten geworfen. Anstatt die Chance zu nutzen heimzukehren rettet sie eine Zivilisation und macht sich auf den mühevollen regulären Heimweg, der sie ohne Abkürzung Jahrzehnte kosten würde.
Wohl gar nicht zufällig landet sie so in der Essenz von Star Trek: In der Ferne, weitab von der Zivilisation, mit nur den eigenen Fähigkeiten und Werten als Rückzugspunkt, immer in Bewegung an der äußersten Grenze des Bekannten. Das dient sowohl dem in sich abgeschlossenen Episodenformat, das bei Voyager immerhin schon mehr Rückbezüge verkraftet als noch TNG, als auch dem philosophischen Kern aller Star-Trek-Serien (vor Picard). Entdeckung und die Reise einer zukünftigen Menschheitsvision wird zum Thema, aber auch ganz schlicht können so vor einem vertrauten Hintergrund immer neue Geschichten mit den gleichen Charakteren erzählt werden.
Wie bei all diesen Serien steht und fällt sie mit der Zuneigung zu diesen Hauptcharakteren. Vielleicht ist das bei Voyager etwas weniger ausgeprägt als es bei Stargate war, aber es bleibt essentiell. Die Crew der Voyager funktioniert in der Hinsicht ziemlich hervorragend; ohne Ausnahme gewinnen die Charaktere den Zuschauer, auch wenn die Reise bei Neelix etwas schwieriger sein mag. Wobei die Serie mit den Charakteren auch komische Dinge anstellt, dazu später mehr.
Star Trek hat ein Rezept, Voyager ganz besonders
Voyager ist für eine andere Zeit gemacht und vor allem für einen anderen Rhythmus. Was im wöchentlichen Fernsehtakt noch funktioniert haben mag wird schwierig, wenn die Serie im eigenen Tempo mit weniger Abständen gesehen wird. Dann schadet das formelhafte, nach dem so viele Folgen funktionieren. Voyager stößt auf ein Problem, einer der Crew kommt auf eine Lösung, was meist irgendein Wissenschaftsgebrabbel ist, später gerne mit Borgbezug. Ich bin da scheinbar schon abgestumpft, aber der Mitzuschauerin ging das nach einer Weile ziemlich auf den Keks.
Ich konnte die Verstimmung darüber nachvollziehen. Das Problem ist, dass durch diese Formel viele der Folgen belanglos wirken. Sie tragen die Haupthandlung nicht weiter, weil Voyager der Erde fast die ganze Zeit über undefiniert weit entfernt bleibt und der angreifende Makrovirus/Alientrupp/Weltraumwal daran nichts ändern wird. Und nur selten entwickeln die Schreiber während solchen Folgen dann wenigstens die Charaktere weiter, oder gibt es über mehrere Folgen gewobene Nebenstories. Sogar Nebendarsteller auf der Voyager kommen kaum wieder. Der Zweck der Folge ist dann nur noch, zur Unterhaltung mit fixen Charakteren ein Philosophieproblem durchzuspielen. Aber immerhin: Nebenstories und Charakterentwicklung gibt es manchmal, wenn auch selten im Vergleich zur Folgengesamtzahl, so doch häufig im Vergleich zu TNG. Tatsächlich macht es Voyager interessanter, wenn sich die Schreiber auf vorherige Folgen rückbesinnen.
Genauso gilt aber auch: Es stört massiv, wenn es unterbleibt. Wenn in der einen Folge Borg-Nanosonden einen vermeintlich toten Charakter wiederbeleben, diese Fähigkeit aber in allen späteren Folgen vergessen wird. Wenn Kes in einer dramatischen Zeitreisefolge Janeway vor einem Krieg mit einer Alienrasse warnt, der dann sogar später wirklich passiert, die Warnung aber nie wieder erwähnt wird. Die Serie verweigert sich nicht nur der Weiterentwicklung von sich selbst und ihrer Charaktere, sondern immer wieder auch der Entwicklung einer konsistenten ineinandergreifenden Vorgeschichte. Fällt das auf, nervt es ungemein.
Passend zur Nicht-Weiterentwicklung wird durch die selten überraschende Nutzung der Charaktere einiges vorhersehbar. Nein, weder Tuvok noch sein Sicherheitsteam werden eine Angreifergruppe ausschalten können, weil sie generell unfähig sind. Kims Vorschlag funktioniert nicht (selbst nach der thematisierten Wandlung zum erfahrenen Brückenoffizier). Seven dagegen hat die rettenden Nanosonden schlicht im Blut. Chakotay wäre in einer guten Lage etwas zu machen, aber die Schreiber ignorieren ihn andauernd, also wird er auch diesmal höchstens ein Stichwort geben. Und so weiter.
Seven und der Doktor
Doch dann passiert allem formelhaften zum Trotz eine Überraschung. Voyager ist die einzige Serie die ich kenne, in der die Hauptperson in der vierten Staffel auftaucht. Und zwar Seven of Nine, die einer der bekanntesten Star-Trek-Charaktere sein dürfte. Klar, Aussehen der Schauspielerin und das passende Kostüm sind da ein Grund für. Der andere, dass das Konzept der geretteten Borgdrone fantastisch ist, vor allem nach all den furchtbaren Begegnungen mit den Borg in TNG. Die Borg sind das ultimative Science-Fiction-Böse, die perfekte Kombination aus heute noch relevanter Matrix-Vernetzung, horrorfilmartigen Körperekel und ursprünglicher Insektenherde-Phobie. Aus diesem Gemisch einen Charakter zu beziehen – und dann ausgerechnet so einen – war genial.
Die ganze darauf folgende Geschichte um ihre Menschwerdung, auch ihr Unwillen vor dieser Idee und ihre Anti-Autorität ist toll. Es ist gute Science-Fiction, emotional umgesetzt gerade mit der Mutter-Tocher-Beziehung zwischen ihr und Janeway, und es gibt der Serie mehr zu tun als nur die nächste Weltraumanomalie zu überleben.
Gleichzeitig ist Seven eine Belastung für die Serie. Zum einen wirkt es billig, dass sie direkt nach einem unwürdigen Abgang von Kes eingesetzt wird. Es mag nicht wirklich so gelaufen sein, aber als Zuschauer entsteht der Eindruck unweigerlich, dass die Optik ein Faktor war. Hier eine normal hübsche Frau in einem begrenzt vorteilhaften Kostüm, da eine mit Baywatch-Oberweite in einem der Serie unüblichen figurbetontem. Zum anderen wird Seven als Storyvehikel überstrapaziert, ziemlich von Anfang an. Erst drehen sich viele Folgen um sie, dann ist sie in vielen regulären Folgen die Lösungsbringerin. Die Nanosonden erwähnte ich schon, aber es ist mehr noch als das. Egal ob es um Körperkraft, Wissen oder Intelligenz geht, Seven hat sehr oft die Lösung.
Ähnlich ist es beim Doktor. Das Hologramm, das als echte KI unweigerlich lernt und die Grenzen seiner Programmierung übersteigt – auch das ist tolle Science-Fiction. Für Star Trek zwar etwas unkreativ, da Data in TNG konzeptuell ein sehr ähnlicher Charakter war. Aber doch funktioniert das Konzept nochmal, auch weil der Charakter als kratzbürstiger Eben-Doch-Sympath toll ausgestaltet ist.
Aber auch er wird eine Belastung, weil das Hologramm für viele Probleme der Serienschreiber die Lösung war. Ab Staffel 4 schultern so er und Seven die gesamte Serie. Es wirkt sogar so, als sei eine bewusste Anstrengung der Drehbuchschreiber notwendig gewesen, ab circa Staffel 7 dann doch wieder die anderen Charaktere nicht nur als Statisten zu benutzen.
Diese Limitiertheit der Serienmacher wäre heute nicht mehr vorstellbar.
Verharren vor der Modernität
Aber die Schwächen bei der Serienentwicklung passen. Ich muss hier nochmal auf meinen Stargate-Artikel verweisen. Dort meinte ich, dass SG1 eine heute altmodisch wirkende Serie ist, die aber daraus viel Charme bezieht. Bei Voyager ist die Sache eigentlich sehr ähnlich. Die Serie entstammt der gleichen Zeit und wirkt durch eine zusammenhängendere Hauptstory deutlich moderner als TNG, aber ist in dem Punkt noch nichtmal auf dem Niveau von DS9 und noch deutlicher keine ganz moderne Serie, also kein in Serienfolgen aufgeteilter Film. Stattdessen gibt es im Kern Abenteuer mit tollen Fernsehfreunden. Damit ähnelt Voyager der Stargate-Serie. Ähnlich altbacken, gleichzeitig dadurch sympathisch, gerade heute.
Voyager hat neben der leichten Modernisierung des Erzählmodells aber doch auch andere moderne Ansätze. So sind die Weltraumszenen CGI, keine Modelle. Sogar gut gemachte CGI, phantastisch gar im Intro, die noch dazu in späteren Staffeln so frei verfügbar war, dass die Serie anders als Vorgängerserien Weltraumkämpfe nur selten alleine durch Gewackel auf der Brücke darstellen muss. Auch die Besetzung wirkt modern, sie ist – völlig angemessen für diese Zukunftsvision – divers. Janeway war gar der erste weibliche Kapitän in den Fernsehserien, was die Serie meist kompetent als selbstverständlich darstellt.
Und doch: In manchen Folgen und Aspekten der Handlung kippt das. Voyager ist manchmal erstaunlich daneben. So gibt es eine Folge, die klar die Todesstrafe behandelt. Aber anstatt zu den Werten der Föderation zu stehen, nimmt Janeway das als kulturelle Eigenheit hin und betreibt Beihilfe zum Mord – zum einen ein Beispiel dafür, wie in Voyager die Oberste Direktive verzerrt wird, aber auch eine sehr seltsame Charakterzeichnung dieser Frau. Könnte man sich Archer oder Jean-Luc Picard dabei vorstellen, wie die so etwas akzeptieren? Nein, sie hätten eine Lösung eingefordert. Mal ist es solche Untätigkeit, mal ist es unnötige Grausamkeit, sodass bei uns nach einer Weile Janeway den Spitznamen "la mala" (die Böse) hatte. Auf mich wirkte es so, als ob Janeway gerade deswegen so schief wirkt, weil in manchen Folgen ihrem Geschlecht entgegengeschrieben und dabei übersehen wurde, dass Unnahbarkeit und Grausamkeit einen Sternenflottenkapitän nicht besser machen, egal ob Mann, Frau oder Alien.
Dazu kommt Chakotay. Es ist nicht nur, dass die Schreiber komplett augenfällig nach dem starken Einstieg rund um die Maquis nichts mit ihm anzufangen wussten und er ganze Staffeln über praktisch nichts tut. Nein, selbst wenn er eingesetzt wird, dann wird sein indianischer Hintergrund gerne für das Klischee der edlen Wilden benutzt. Das geht so weit, dass Voyager auf Weltraumindianervorfahren seines Stammes stößt, so in etwa zumindest. Muss man heute so nicht mehr machen, glaube ich.
Chakotay und Janeway zusammen sind auch eine Bemerkung wert. Die Serie kann nicht anders, als die beiden als eine potentielle Liebesgeschichte zu platzieren. Freunde, die mehr sein könnten. Aber thematisiert das deutlich nur in einer Folge, zu mehr fehlt der Mut. Damals Standard – wie auch in SG1! – dass Beziehungen zwischen den Hauptpersonen nur angedeutet, aber nie ausgelebt werden, man könnte ja Zuschauer vergraulen. Heute wirkt das komplett überholt, eine moderne Serie würde über die Beziehung neue Geschichten erzählen, wie Voyager (und SG1 ebenfalls) es sich nur einmal traut. Stattdessen bekommt Janeway ein Sex-Hologramm – nein, aber nicht doch, es ist die von ihr benötigte emotionale Beziehung. Ob hier wieder der Komplex um Janeways Weiblichkeit reinspielte? Ähm, manche Aspekte von Voyager möchte man lieber wieder vergessen.
Insgesamt Gut? Ja, aber
Auch wegen solchen Entfremdungen zwischen der Serie und mir gibt es ein gemischtes Fazit. Schlecht kann die Serie nicht sein, sonst hätten wir sie nicht sieben Staffeln lang ertragen. Aber manchmal strapaziert sie schon die Nerven. Selten via einzelnen Folgen (wobei es ein paar Komplettausrutscher gibt), es war mehr, dass wir gemeinsam über permanente Schwächen der Serie gestolpert sind – vergessene Vorgeschichten, ignorierte Charaktere, dass Nebencharaktere nicht wieder auftauchen, dass Probleme wie Lösungen sich zu oft wiederholen, dass Seven und der Doktor zu oft die Lösung sind.
Doch dann ist Voyager auch wieder ganz toll. Weil die Schauspieler bzw ihre Charaktere einem ans Herz wachsen. Weil die in ihr enthaltene Star-Trek-Zukunftsvision nicht nur eine der positivsten, sondern auch eine der coolsten aller Zukunftsvisionen ist, Voyager sie von allen Serien am besten verkörpert. Sowieso, das ganze Szenario ist fantastisch: Das Weltraumschiff auf der Heimreise weitab von allem bekannten, was so viele Möglichkeiten für gute Geschichten schafft, sowohl für normale Storyherausforderungen als auch für Beziehungen zwischen der ursprünglich gespaltenen Crew. Mit den Borgs und Spezies 8472 sind auch noch zwei besonders tolle Antagonistenvölker in der Serie vertreten, die durch ihre Verwendung in der Serie sogar kaum beschädigt werden (die Borgs nur etwas durch den Ausbau der Borgkönigin) und daher wenig von ihrer Faszination verlieren.
Für mich hatte es natürlich etwas nostalgisches, die Serie nochmal zu schauen. Aber ich habe neben mir gesehen: Auch ohne diesen Faktor kann die Serie heute noch gefallen. Voyager ist weder eine schlechte Serie noch schlechtes Star Trek. Man kann sie nur heute nicht schauen, ohne sich über so manche Schwächen zu wundern und verpasste Chancen zu bedauern – und damit meine ich nicht die schlechte Fernsehauflösung und das oft sehr dunkle Bild (alle Bilder im Artikel sind geschärft und aufgehellt), sondern die inhaltlichen Probleme. Kalt gelassen hat sich mich aber definitiv nicht, wie man hier sicher herauslesen kann. Wieder nicht, muss ich sagen, ich erinnere mich noch sehr daran wie toll ich die Serie damals fand. Nach so vielen Jahren wieder so viel Interesse und Emotionen hervorzurufen, das wiederum spricht für die Klasse von Voyager.
Linksammlung 06/2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Linus von LTT zeigt in Valve Left Me Unsupervised: Steam Deck Hardware Review (Video) mehr von Steams PC-Spielekonsole. Das Gerät wirkt immer besser, dass sogar die Speicherkarte für Spiele taugt ist erstaunlich.
Feedreader mit Filterfunktion gibt es, der Artikel landete bei RSS Guard. Ich nutze zum RSS-Filtern tatsächlich Pipes.
Die Warnung: Nutzt keine Fingerabdruck-Authentifizierung mit Linux! scheint berechtigt. Das Bedrohungspotential geleakter Fingerabdrücke übersehe ich nicht ganz (was soll man damit machen, sie ausdrucken?), aber dass solche Daten nicht im Klartext/bild gespeichert werden sollen erscheint logisch. Ich würde sie gehasht im System haben wollen. Denn dafür Sicherheitsenklaven zu fordern, die immer das Potential haben außerhalb der Nutzerkontrolle zu stehen, finde ich dagegen daneben. Generell sind solche biometrischen Authentifizierungen nur als Zusatz zu Passwörtern zu gebrauchen, so wie das Android beispielsweise macht – nach dem Neustart wird auf die Pineingabe bestanden.
Vor Jahren sah ich mal einen TED-Talk mit dem Gedanken, dass Spieler mit ihrer Übung gut in irgendwas sind – nur in was genau war schwierig zu beschreiben. The Factorio Mindset geht in die Richtung, nur dass bei Factorio relativ klar ist was Spieler lernen. Wobei ich das Spiel bewusst nicht gekauft habe, weil mit die Parallele zum Programmieren zu offensichtlich schien.
Ein Update für pc-kombo während der Grafikkartenhölle
Ich kam dazu, einiges an Zeit in meinen Hardwareempfehler pc-kombo zu investieren. Er geht jetzt besser mit neuester Hardware um und warnt vor überteuerten Grafikkartenpreisen.
Anfang der Woche erwähnte ich noch, dass das Elend um die Grafikkartenpreisen für mich demotivierend war. Der Artikel war aber etwas im Voraus geschrieben. Das einmal ausformuliert zu haben half mir, die Situation neu zu bewerten. Denn tatsächlich ist die Lage mittlerweile etwas besser. Grafikkarten sind zwar immer noch dauernd überteuert, aber wenigstens sind fast immer wenigstens ein paar Modelle auf Lager – das war schonmal anders. Und mit der neuen Radeon RX 6500 XT und GeForce RTX 3050 gibt es zwei etwas günstigere Karten – mit Macken, die 6500 XT ist lahm, die 3050 schon wieder teurer; aber immerhin sind das Karten für deutlich weniger als 1000€ die man kaufen könnte. Einem System wie dem meinem, das auf verfügbare Grafikkarten angewiesen ist, hilft das enorm.
Das letzte Update an der Seite kümmerte sich also um eine bessere Anpassung an diese Situation:
- Die neuen Grafikkarten sind im System und passende Benchmarks eingelesen, sodass sie sauber platziert und empfohlen werden.
- Die Alderlake-Intelprozessoren sind jetzt samt ihren neuen nicht übertaktbaren Varianten im System, was insbesondere mit dem i3-12100F einen interessanten Budget-Prozessor, dem i5-12500 eine gute Standardwahl und mit dem i7-12700K einen starken High-End-Prozessor bringt.
- Passend zu den Prozessoren gibt es mehr Mainboards, auch mit den neuen H670- und B660-Chipsätzen. Das Empfehlungssystem wählt die auch für die nicht-übertaktbaren Prozessoren.
- Wenn der Empfehler vorher ein Mainboard mit DDR5-Speicher gewählt hätte, prüft er jetzt ob es eine günstigere DDR4-Variante gibt. DDR5 ist überteuert und nicht schneller, bisher.
- Bei einigen Prozessorkühlern habe ich manuell die Information hinzugefügt, dass sie (mit einem Nachrüstkit) mit dem Sockel 1700 der Alderlake-Prozessoren kompatibel sind.
- Bei der Grafikkartenauswahl werden hohe Preise rot markiert. Eine Hover-Einblendung zeigt dann über dem Preis an, wieviel teurer der aktuell beste Preis im Vergleich zur Preisempfehlung ist.
Zusätzlich habe ich mehrere kleine Bugs behoben. Darunter einen, der ein paar Benchmarkdaten blockierte. Der war vorher für mich unsichtbar und machte das Updaten der Benchmarksammlung schwierig, das gelöst zu haben war unheimlich angenehm. Das ganze System wirkte dann wieder beherrschbar.
Zuvor hatte ich bereits das System angepasst, damit es mehr Daten zu den integrierten Grafikkarten hat und die auch öfter empfiehlt (ich erwähnte es hier im Blog). Das erschien mir jetzt nochmal als superwichtige Änderung, die ich aber fast vergessen hatte. Mit ihr und jetzt dem Hinweis auf die hohen Grafikkartenpreise schon umgesetzt, gibt es noch mehr was pc-kombo machen könnte um mit den hohen Grafikkartenpreisen und ihrer schlechten Verfügbarkeit umzugehen?
Womit ich arbeite (Beginn 2022)
Der Artikel von Thomas hat mich daran erinnert, dass meine Übersicht der von mir für Arbeit genutzten Hard- und Software Anfang 2019 war und ich solche Artikel – wie die Serie von Dirk – gerne lese bzw schreibe. Zeit für ein Update.
Tatsächlich hat sich einiges getan. Vielleicht ist das weniger überraschend als ich erst meinte: 2019 war ich ziemlich frisch in Deutschland zurück, in einem seltsam definierten Job an einem Forschungsinstitut und benutzte daheim größtenteils nicht für die Ewigkeit gedachte Hardware aus meiner Unizeit. Jetzt ist es ein Job, ein Umzug, drei Jahre und eine Pandemie später, da bleibt schon durch den Verschleiß nicht alles gleich.
Hardware
Auf der Arbeit benutze ich einen mir gestellten Laptop, der an einen 1080p-Monitor angeschlossen wird – gleiche Idee wie vorher also. Aber der Laptop steht bei mir daheim, denn ich arbeite von hier, und der Monitor ist meiner. Der Laptop ist ein Thinkpad E495 mit einem Ryzen 7 3700U, der letztes Jahr auf 32GB Arbeitsspeicher aufgerüstet werden musste. Die Maschine ist kein Highlight, aber taugt.
Für mich selbst benutze ich den gleichen Desktoprechner wie vorher, nur dass ich seine Hardware fast komplett ausgewechselt habe: Ein i5-5675C (dessen starke integrierte Grafikeinheit ein Segen war) auf einem Z97M-G43 mit jetzt insgesamt 24GB Ram kam rein, das ist alles gebraucht gekauft. Dazu kommt eine Radeon RX 570, wobei ich die wieder der Physikerin zurückgeben will, wenn sie wieder Lust auf PC-Spiele hat. Denn die Karte war schonmal in ihrem PC, nämlich als ich die RX 580 nutzte, deren Instabilität zu einem Kühlerwechsel zu viel und damit dem Ableben der Grafikkarte führte. Dadurch lief mein System lange ohne dedizierte Grafikkarte, man konnte das an den fehlenden Grafikkrachern bei meinen Spielebesprechungen letztes Jahr bemerken. Die vorher installierte 120GB große SSD wurde samt vieler anderer alten Hardwarekomponenten einem Verwandten gespendet, nur noch die 500GB Crucial MX 500 ist neben einer Backupfestplatte im System. Das ist angenehm überschaubar, 500GB werden mir aber langsam zu wenig und dürften bald durch eine M.2-NVMe-SSD ergänzt werden.
Der Monitor ist ein Acer CB242Y, 1080p@75Hz mit IPS-Panel. Heute ist er überteuert, zum Preis von damals war er eine gute Wahl, ich bin weiterhin zufrieden. Der Dell U2312HM von zuvor ist auf den Schreibtisch nebenan gewandert und funktioniert ohne neue Macken.
Bei den Peripheriegeräten hat sich viel getan. Die G80-3000-Cherrytastatur rastet zurzeit, ich schreibe mit der kleineren A-Jazz AK33 und habe mich an die gut gewöhnt. Meine Maus ist die Cherry MW 4500, die ich im November repariert habe, die vorherige CSL-Maus wurde ebenfalls repariert (simpler: Katzenhaare im Mausrad) aber wanderte auf einen anderen Schreibtisch. Kopfhörer benutze ich zwei: Primär den passiv isolierenden ATH-M50x, der Logitech-Vorgänger war komplett durch; wenn ich sprechen muss oder auf eine Lieferung warte wechsel ich zum Philips SHB 7000, der mir vor einigen Jahren geschenkt worden war. Ich spreche dann meistens in das Mikrofon aus dem t.bone MB 88U Dual Bundle.
Um den Wechsel zwischen Laptop und Rechner am Arbeitsende angenehmer zu machen benutze ich den USB-Switch Aten US224. Ein wichtiger Bestandteil meiner Heimarbeitsstrategie, damit die Peripherie komfortabel zu teilen, aber die Rechner zu trennen. Er funktioniert im Betrieb zuverlässig, nur direkt nach dem Einschalten muss er manchmal einmal hin- und hergeschaltet werden. Das Mikrofon läuft per USB auch über den Switch, der gerade aktive Kopfhörer dank dem Sharkoon DAC Pro S V2 ebenfalls – wobei mit dem DAC der M50x ein minimales Rauschen hat wenn gerade nichts abgespielt wird, was mich zum Glück bisher nicht stört.
Die Peripherie komplettiert weiterhin das gleiche Ikeazeug: Ein Markus-Bürostuhl (den damals in grauem Textil zu kaufen war richtig, haltbarer als die Kunstledervariante), die Linnmon-Adils-Günstigvariante eines Schreibtischs und hinter dem Monitor eine nicht mehr geführte Plastiktischleuchte. Neben dem Schreibtisch steht neuerdings ein Karton mit Zeug, keinen Stauraum zu haben ist der Nachteil des einfachen Tischs als Schreibtisch, aber was solls, das funktioniert.
Mein Telefon war zuvor ein Wileyfox Spark+, das aber mittlerweile keine Updates mehr bekommt. Ich benutze es noch als Google-Gerät zum Testen und für Apps, die den Playstore brauchen. Die Alternative hatte ich lange recherchiert und darüber geschrieben. Über ein leider schnell defektes LG G3 landete ich bei einem LG G5. Müsste ich wieder wechseln sollte sustaphones mir eine Übersicht verschaffen, wenn dann nicht sogar ein Linuxtelefon bereitsteht.
Wieder war ich unterwegs und brauchte dafür ein Notfallgerät. Das Touchpad schien mir dafür zu alt, mein Pinetab diente als Ersatz. Das funktionierte leidlich.
Software
Ich beschränke mich hier aufs grobe.
Der Arbeitslaptop läuft mit Ubuntu LTS 20.04.3. Als ich am ersten Arbeitstag schnell entscheiden musste, um kein Apple-Gerät aufgedrückt zu bekommen, erschien mir Ubuntu als die sicherste Wahl. Firefox, Chromium und Visual Studio Code samt Androidemulator ergeben die sehr simple professionelle Arbeitsumgebung.
Auf meinem eigenen Rechner bin ich bei Void geblieben, der Wechsel war damals ganz frisch. Dieser Distro eine Chance zu geben war im Nachhinein eine tolle Entscheidung, ich hatte null Ärger mit ihr. Der Desktop ist wie zuvor selbst zusammengestellt (icewm, conky, simdock, trayer), gute Software braucht keinen Wechsel. Firefox und Geany sind daher weiterhin die Hauptwerkzeuge, allerdings habe ich Trojitá mit Thunderbird ersetzt. Trojitá hätte nur wenige UI-Verbesserungen gebraucht um toll zu sein, aber die kamen die Jahre über einfach nicht.
Auf meinem LG G5 läuft LineageOS 18.1 ohne Playstore, dafür mit F-Droid. Tatsächlich ist das als Testgerät arbeitsrelevant. Ich habe inzwischen einige Apps mehr im regelmäßigen Einsatz, aber davon wiederum dient nichts der Arbeit, die werde ich in einem späteren Artikel auflisten.
Eine Umstellung in meinem Browser wirkt sich allerdings schon auf den FOSS- wie regulären Arbeitsalltag aus: Statt duckduckgo ist die Suchmaschine von Brave überall meine Standardsuchmaschine. Sie ist so viel besser, dass ich praktisch nie zu Google wechseln muss, der Unterschied zu vorher ist enorm.
Server
Meine Internetpräsenz ist auf mehrere Hoster und Server verteilt, die ich diesmal etwas detaillierter beschreiben will.
Dieser Blog lebt seit dem Wechsel von Scaleway auf der günstigsten Cloud-Compute-SSD-Instanz von vultr. Auf IPv4 zu verzichten drückt den Preis, Backups erhöhen ihn wieder, die letzte Rechnung war $3.57. Dass der Blog trotzdem per IPv4 erreichbar ist liegt an Cloudflare als kostenlosen Vermittler.
Mein Hardwareempfehler pc-kombo wird von Scaleway gehostet. DEV1-M ist für das Projekt derzeit überteuert – die absurden Grafikkartenpreise und -nichtverfügbarkeit machen mir den Spaß an dieser meiner ältesten eigenen Webanwendung momentan zunichte und die Seite auch nicht gerade zu einer Einnahmequelle. Ich sollte die Gelegenheit nutzen und den Hoster wechseln, allein mir fehlte selbst dazu bisher die Motivation.
Pipes dagegen wird kompetent und günstig von Hetzner gehostet. Hier gibt es keinen Änderungsbedarf. Ich würde pc-kombo hierhin umziehen, wenn ich nicht die Regel hätte zur Risikovermeidung jedem Projekt einen eigenen Hoster zu geben.
Die neueste Seite sustaphones ist eine statische Seite, die umsonst von netlify ausgeliefert wird. Ich wäre bei dem kostenlosen Angebot kritisch, wenn das nicht so gut funktionieren würde dass ich tatsächlich glaube, dass sich das als Werbung für die lohnt. Außerdem ist der gesamte Quellcode samt dem HTML meiner Seite auf Gitlab, sodass ein Wechsel kein Problem wäre.
Uberspace ist Hoster meiner Emails und dient mir gelegentlich als Entwicklungsumgebung, vor allem für Serendipity. Uberspace primär für Emails zu nutzen ist wahrscheinlich ungewöhnlich, war aber immer einwandfrei und ist empfehlenswert.
Ich habe noch zwei Heimserver am Laufen: Der uralte Pogoplug ist mit einer 5TB großen externen Festplatte das Borg-Backupziel (früher war er auch Heimat meiner Webseite fürs Musikabspielen), ein relativ neuer Raspberry Pi 4 Model B mit 4GB Arbeitsspeicher aktualisiert regelmäßig die Preise in der Datenbank von pc-kombo.
Soviel zur Arbeitsausstattung vom Hobby- und professionellem Arbeitsplatz. Ich glaube, dass jede der Änderung sinnvoll und gut motiviert war. Selbst wo das nicht so eindeutig war, war der Wechsel meist richtig – der neue Prozessor zum Beispiel war ein totaler Gelegenheitskauf, aber seine Grafikeinheit wurde später zum Glücksfall.
Diese Setup-Beschreibungsartikel sind nun schon eine Blogtradition, wer mehr davon lesen will findet ein paar aktuelle bei Thomas verlinkt. Weitere Artikel anderer Blogger sind auch immer gern gesehen.
Linksammlung 05/2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Framework beeindruckte erst kürzlich mit Open Sourcing our Firmware, jetzt kommt noch Framework’s Series A and the Years Ahead dazu. 18 Millionen Dollar ist ein Batzen Geld für einen tollen Ansatz, kann man nur hoffen, dass der jetzt nicht den Investoren geopfert wird.
Es gab ein wichtiges Urteil vom LG München: 3 O 17493/20 vom 20.01.2022, direkt zu Google Fonts, indirekt generell zum Einbinden von Fremddiensten. Diese Urteile sind eine große Chance für ein datensparsames Netz. Gleichzeitig eine Riesengefahr, wenn nun Gerichte jeden Funken deutscher Internetaktivität außerhalb statischer Textseiten kaputtregulieren. Es ist die eine Sache wenn es unnötige Komfortfunktionen wie einen Fontserver einer Werbefirma trifft, aber wo ist die Grenze? Sind Youtube-Embeds okay? CDNs? Cloudflare? Links, die von der Preloadfunktion des Browsers aufgerufen werden? Welchen Aufwand müssen Webseitenbetreiber leisten, wenn eine datensparsame Lösung nicht direkt existiert?
Das Nobara Project klingt interessant, es soll eine von Fehlern befreite und um Komfortfunktionen für Spieler ergänzte Linuxdistribution werden, laut Reddit getragen von GloriousEggroll.
How I Got Pwned by My Cloud Costs ist ein Paradebeispiel dafür warum ich kein eigenes Projekt auf einer Cloud laufen lassen würde, auch wenn Troy Hunt sich dieser Folgerung im Weekly Update 280 aktiv verweigert. Für ihn überwiegen die Vorteile – für mich wäre solch ein Fehler desaströs gewesen, vor allem früher als Student.
Ein Nachtrag: Let The Wild Rumpus Begin zeichnet überzeugend das Bild einer massiven Blase (Aktien und Immobilien, besonders in den USA). Scheint mir relevant, wo doch auch hierzulande massiv für ETFs getrommelt wird.