Baldur's Gate Enhanced Edition
Monday, 7. November 2022
Etwa bei der Hälfte meines ersten Durchgangs der mir neuen Enhanced Edition von Baldur's Gate kam mir ein Gedanke: Ich spiele dieses Spiel vielleicht falsch. An allen Ecken und Enden gibt es neue Gefährten, die oft einen konkreten Anlass haben um meiner Gruppe beitreten zu wollen. Die aber ist voll, besetzt von ewigen Favoriten wie Jaheira. Wäre es nicht viel sinnvoller, im Kern eine Mini-Gruppe zu haben – nur den Haupt-Charakter und Imoen, oder gar ganz alleine unterwegs zu sein – und dann die Gefährten nur für ihre spezielle Geschichte mitzunehmen?
Dass ich darauf nicht direkt kam liegt am von mir damals zuerst gespielten zweiten Teil. Dort bieten die Gefährten längere Beziehungen, selbst die nicht-romantischen, entwickeln sie sich im Spielverlauf weiter. Das scheint in diesem nun aufgehübschten Vorgänger aber noch weniger das Konzept gewesen zu sein
Manche Aspekte der Spielregeln unterstützen diesen mir neuen Wechselansatz. Denn die gewonnene Erfahrung wird aufgeteilt unter den Gruppenmitgliedern. Je kleiner die Gruppe, je schneller der Levelaufstieg, was gerade bei diesem bei Stufe 1 beginnenden AD&D-System einen enormen Stärkesprung verschafft. Andererseit ist das Spiel selbst nicht darauf ausgelegt, kann doch keine Klasse wirklich alle Herausforderungen meistern. Es braucht einen Dieb zum Entschärfen von Fallen, einen Magier für die späteren Gegner, einen Kleriker zum Heilen und einen Kämpfer zum Tanken der Gegner. Oder?
Solche Überlegungen anstellen zu müssen passt nur zu gut zu diesem Spiel. Das erste Baldur's Gate ist ein ungelenkes Computer-Rollenspiel, altmodisch und toleranzbedürftig. Die "Enhanced Edition" mag ein paar Kanten abschleifen, vor allem aber erweitert sie das Spiel. Diese Erweiterungen sind einerseits toll, andererseits beseitigen sie die Grundprobleme nicht.
Zurück zum Beginn: Was ist Baldur's Gate?
Baldur's Gate ist in meinen Augen der Vorgänger des größten CRPGs. Bioware erreichte 2000 mit Baldur's Gate 2 den Höhepunkt der isometrischen 2D-Rollenspiele, der Vorgänger von 1998 war zwar schwächer, aber bereits ziemlich großartig. Die kleine Rollenspiel-Renaissance vor kurzem mit Pillars of Eternity bezog sich auf nichts anderes als Baldur's Gate 1 und 2, Bioware kam hiermit in die Lage erst Dragon Age, etwas später das unglaubliche Mass Effect zu entwickeln – und das Bioware, das Baldur's Gate ablieferte, hätte niemals das Ende der Trilogie vermurkst und damit die Firma beerdigt.
Baldur's Gate war genauso ein isometrisches 2D-Rollenspiel, man steuerte also seine Charaktere in einer Draufsicht von schräg oben. Mindestens der Hauptcharakter wird zu Beginn selbst ausgewürfelt und zusammengestellt, die anderen Charaktere können im Spielverlauf gefunden werden. Das Spiel ist dann aufgeteilt in viele zu bereisende Einzelkarten, es gibt Gegner und Schätze, vor allem aber Quests zu erledigen und eine Fantasy-Geschichte zu erleben.
Typisch für die Zeit war die Verwendung eines existierenden Rollenspielsystems, AD&D. Nicht alle Eigenheiten des Systems passten zu einem Computerspiel, es so gut wie möglich in eine spielbare Form zu pressen war die große Herausforderung. BG1 meisterte das mit seinem pausierbaren Echtzeitkampfsystem, bei dem die Runden und Würfelwürfe fast unmerklich im Hintergrund ausgeführt wurden.
Mehr als nur Spielregeln gab das Universum dem Spiel einen Rahmen, von Monstern zur Spielwelt zu Gegenständen bis Zaubersprüchen, wobei BG1 darin den Anfang einer unverschämt größenwahnsinnigen Geschichte erzählte. Wie üblich in Pen&Paper-Rollenspielen geht es im Spiel um eine gesamte Heldengruppe, hier nur eben kontrolliert komplett von einem Spieler, anders als in der analogen Variante ist in BG1 der eigene erstellte Charakter definitiv der Hauptcharakter. Die anderen Charaktere blieben jedoch nicht stumm, was meines Wissens revolutionär war; Mit Charakteren wie Minsc und seinem Miniatur-Riesenweltraumhamster wurden sogar ewige Klassiker erschaffen. Die völlige Ausgestaltung des Gefährtensystems mit Gesprächen, Charakterquests und Liebesaffären zu einer Bioware-Erfolgsformel folgte jedoch erst im zweiten Teil.
BG1 war dabei eine fast noch geerdete, klassische Fantasygeschichte, deren weitere Auswirkungen ebenfalls für den zweiten Teil aufgespart wurden. Der zu Beginn aufwändig erstellte Hauptcharakter lebt ein ruhiges Leben abgeschottet in einer Burg voller Mönche und Bücher. Doch sein Vater, der Magier Gorion, wittert nun Gefahr. Das Zusammensuchen der eigenen Ausrüstung und die Vorbereitung auf die Flucht ist das Tutorial. Die Flucht scheitert tragisch, der Spieler findet sich alleine im Wald wieder – Gefährten zu finden und dem Verfolger zu entkommen oder ihn zu stellen wird das Spielziel. Was nichts für jetzt ist, auf Stufe 1 ist je nach Charakterklasse sowieso noch der schwächste Gegner eine echte Herausforderung, sondern nach vielen Umwegen und Levelaufstiegen etwas für später.
Erweiterungen durch die Enhanced Edition
Die Enhanced Edition (EE) umfasst alle Aspekte des Originals, modernisiert es angelehnt an Baldur's Gate 2 und erweitert es dann noch um eigene Elemente. Sie unterstützt dabei Windows, Mac und Linux – hier wurde nicht gekleckert.
Erstmal bietet sie weiterhin das Grundspiel, dessen Ablauf nahezu unangetastet ist. Es gab für BG1 aber damals schon die Erweiterung Tales of the Sword Coast, die vier neue optionale Gebiete voller Quests für eine Gruppe nahe dem Spielende einbaute und das Erfahrungspunktemaximum fast verdoppelte. Die ist hier enthalten.
Dann ist das Spiel in vielen Punkten modernisiert worden. So werden höhere Auflösungen unterstützt, samt dadurch notwendiger Hochskalierung des ansonsten zu kleinen Interfaces. Die UI wurde gleich ausgewechselt, das neue bewahrt die Grundstruktur, zeigt aber mehr vom Bild. Es hat auch eine neue Item-Aufsammelleiste und veränderte Menüs wie beim Charakterübersichtsbogen und dem nun durchsuchbaren Tagebuch. Die Grafik sieht erst wie früher aus, ist es im Detail aber nicht, sie ist wie die Charakterportraits beim Hochskalieren geglättet und pixelige Elemente wie die Charakterstatuskreise wurden ausgewechselt.
Dazu kommen die weiteren Änderungen, die nicht alle von mir gewürdigt werden können, zu lange ist mein letzter Kontakt mit dem Original her. Aber es müssen zuerst viele Bugs gefixt, dabei auch für die Balance und Konsistenz Details von Quests geändert worden sein. Bei der Charakterauswahl gibt es mehr Auswahl an Klassen und Kits, neue Stimmen und Charakterportraits.
Und schließlich sind da die neuen Inhalte: Drei neue mögliche Begleiter, deren Vertonung weit ausführlicher ist als die Vertonung der originalen Begleiter, sind nur der Anfang. Dazu kommt mit der Erweiterung Siege of Dragonspear eine an das Ende anknüpfende neue Kampagne, ein Thron des Bhaals für BG1, das die Lücke zwischen dem ersten und zweiten Teil schließen soll. Was übrigens dem von mir 2010 nicht empfohlenen Big World Setups ähnelt, einer Modsammlung, die ebenfalls die Lücke füllen wollte und daran kolossal scheiterte. Ob der Entwickler Beamdog es besser macht soll aber nicht Teil dieses Artikels sein, die originale Kampagne ist Thema genug. Denn es gibt viel zu diskutieren.
Wieviele Macken das Spiel doch hat
Aller Nostalgie und allen positiv gewerteten Erweiterungen zum Trotz muss hier auch stehen, dass BG1 kein perfektes Spiel ist. Teils liegt das an der AD&D-Grundlage, teils an Limitierungen der Entwickler bzw der Technik, ansonsten an Macken in der Handlung und schließlich Problemen mit der versuchten Modernisierung. Doch der Reihe nach.
Das Problem mit AD&D
Ich lehne mich mal direkt aus dem Fenster: AD&D ist schlicht keine gute Grundlage für ein gutes Computerrollenspiel. Was überraschend ist, warum war es (bzw D&D davor) dann so oft die Grundlage für sie? Doch die modernen Rollenspiele der gleichen Machart, die aber eben auf diese Grundlage verzichteten – allen voran Pillars of Eternity und Tyranny, auch Spiele mit alternativen Systemen wie Torment: Tides of Numenera und Shadowrun Returns könnte man zählen – zeigen das nur zu deutlich.
Das Problem beginnt direkt bei den Klassen: Kämpfer sind hier schlicht langweilig, weil sie nichts können. Mit ihnen klickt man auf den Gegner, dann schlägt der Kämpfer zu bis der Gegner tot ist, die Steuerungsmöglichkeiten erschöpfen sich beim Einwurf eines Tranks und der richtigen Waffenauswahl. Den Kämpfer auszurüsten und zu spezialisieren macht trotzdem noch Spaß, das gilt aber für alle anderen Klassen mindestens genauso. Der Vorteil dieser Klassenwahl ist, wie viel einfacher sie den Spielbeginn macht.
Ihr Gegensatz sind Magier: Sie sind ziemlich interessant, weil hier AD&D so viele und mächtige Zaubersprüche bereitstellt. Doch dafür brauchen sie in jedem Kampf Babysitting, muss entschieden werden welche Zauber eingesetzt werden sollen. Die sich dann auch noch bis zur nächsten Rast verbrauchen, was eine Gruppe mit Magiern (und genauso Priestern) ständig zu spielflussstörenden Pausen zwingt. Noch dazu sind Magier gerade zu Beginn furchtbar schwach und können von jeder Ratte umgehauen werden. Ihr Vorteil ist wie stark sie auf höheren Stufen werden, wenn normale Kämpfer ohne Spezialausrüstung gegen Magier gar nichts mehr ausrichten können.
Wie viel Sinn macht solch ein Gegensatz bei einem Spiel, das auf Stufe 1 beginnt? Das gleichzeitig ein so geringes Levellimit hat, das Magier nie wirklich stark werden können? Das aber in einen zweiten Teil mit wesentlich höheren Levellimit führt, in das der Hauptcharakter exportiert werden kann, sodass dies bei Klassenwahl mitbedacht werden muss? Und bei dem die Spielergruppe zu Beginn nur aus dem Hauptcharakter besteht, diese Limitierungen also voll durchschlagen?
Es macht gar keinen Sinn. Selbst wenn man doch meistens eine komplette Gruppe steuert, die man entlang dieser Limitierungen ausbalancieren kann: Ein gutes Computerrollenspielsystem würde alle Klassen interessant und immer relevant halten, ihnen nur ihren eigenen Ausprägungen und Spezialisierungen geben. Und was ich hier anhand von Kämpfern und Magiern beschreibe gilt genauso für alle anderen Klassen, mit Klerikern nahe den Magiern, Dieben irgendwo zwischendrin; Der Rest besteht sowieso nur aus Spezialvarianten dieser Grundklassen.
AD&D war eben beim Balancing nicht für Computerspiele gemacht. Sondern für Pen&Paper-Rollenspielrunden, bei denen der Spielmeister um ihre übelsten Auswirkungen herumarbeiten kann und sie sich ansonsten immerhin fürs aktive Rollenspiel eignen. Wobei, auch da ist es kein Zufall, dass moderne Varianten von D&D die Unterschiede beim Kampf zwischen Magiern und Kämpfern mittels aktiver Fähigkeiten minimieren, und das obwohl kein Computerspiel mehr auf dem System aufbaut.
Dazu kommt das Magiesystem. Die Zaubersprüche mit ihren absurden Namen zu lernen ist unabdingbar, aber selbst von den Namen abgesehen sind nicht gerade selbsterklärend. Warum skalieren manche Zauber mit dem Charakterlevel, andere nicht? Was braucht es, um welche negativen Statuseffekte zu heilen? Welche Schutzzauber sind effektiv, wie sind sie zu knacken, wie erkennt man welche Schutzzauber beim Gegner aktiv sind? Welche Gegner sind gegen welche Schadensarten empfindlich? Man muss das alles wissen bzw mühsam lernen. Was ich vor 20 Jahren halbwegs getan habe und jetzt immer noch zurechtkomme, aber das ist doch keine dem Spiel zuzurechnende Qualität.
Genauso ist es eigentlich mit den Monstern: Dass gewisse Monster bestimmte Gegenmittel brauchen, versteinernde Basilisken z.B. einen bestimmten Zauber oder magischen Trank, kann vor der Begegnung mit ihnen erfahren werden. Kann aber auch leicht verpasst werden und ist für neue Spieler sicher nicht offensichtlich.
Zum Problem wird das Ganze wegen der Balance des Spiels selbst. Zuerst ist der Anfang schwierig, je nach Charakterwahl sogar sehr schwierig. Dann wird das Spiel mit gefundenen Begleitern und ersten Aufstiegen wesentlich leichter. Das Ende wird dann aber durch die starken Buffs der Endgegner (das gilt sowohl für den regulären Endgegner sowie für die optionalen) wieder sehr schwierig, wo dann eine gut ausbalancierte Gruppe mit optimaler Ausrüstung sowie völliges Durchschauen des AD&D-Magie- und Kampfsystems vorausgesetzt wird. Teils ist selbst dann noch etwas kreative Nutzung von Macken im Gegnerverhalten notwendig, wenn sie die eigene Gruppe beispielsweise nicht verfolgen oder Schutzzauber mit der Zeit verfliegen, die Gruppe rasten und sich regenerieren kann, der Gegner seine Zauber dabei nicht erneuert und dann schutzlos ist. Es gibt noch einige andere solcher "cheesigen" Strategien, ein Zeichen eines fordernden und fairen Kampfsystems ist ihre Existenz nicht.
Die technischen Limitierungen
Ein Spiel, das im Grunde von 1998 ist, ist natürlich technisch limitiert. Heute treten diese Limitierungen aber voll zutage.
Ausrüstung ist am Charakter zu sehen, aber nur teilweise. Wenn ein Charakter einen Umhang anlegt passiert beispielsweise gar nichts. Sowieso, die Charaktere sind so futzelig klein, dass selbst beim Heranzoomen die Ausrüstung kaum zu erkennen ist. Ähnlichkeiten zum Charakterportrait sind pure Einbildung. Animationen sind minimal, Effekte ebenso und der Feuerball schon der Höhepunkt, außer gelegentlich herumlaufenden NPCs und Monstern bewegt sich wenig auf den (trotzdem ja hübsch gezeichneten!) Spielgebieten. Aber gut: 1998.
Für mich trotz dem Alter kritikwürdig sind die Reaktionen auf ungewöhnliche Abläufe. Wenn mich eine Frau ausschickt, ihren Mann in einer Mine zu finden, ich aber schon in der Mine war und seinen Dolch im Inventar habe, warum muss dann erst dieser Quest angenommen werden und sie zum Erledigen desselben dann nochmal angesprochen werden? Fast immer fehlt die Antwortoption "Oh, das habe ich bereits getan, hier nimm".
Wenn Charaktere nach einem Gespräch verschwinden sollen, laufen sie zu irgendeiner Tür oder in den Kriegsnebel. Völlig unabhängig davon, ob die eingeschlagene Richtung eine sinnvolle ist. Wäre es unmöglich gewesen, dafür glaubwürdige Pfade in den Gebieten vorzugeben?
Wie man mit den Gebieten richtig umgeht ist auch so eine Sache. Man muss als Spieler lernen, dass es Teil des Spiels ist, die verschiedenen Abschnitte immer ausführlich zu erkunden. Nur so stolpert man über alle Quests und alle versteckte Ausrüstung. Das wird im Laufe der Zeit fast schon nervig, weil gerade außerhalb der Stadt die Gebiete oft belanglos erscheinen. Die Gebiete sind aber alle gleich groß, nicht skaliert gemäß ihrer Relevanz. Das bedeutet viel Herumlaufen mit einigen Kämpfen und nur gelegentlichen interessanteren Begegnungen. Genauso ist die Stadt in Abschnitte unterteilt, die angesichts ihrer harten Kanten überraschenderweise scheinbar aber so nicht vorgesehen waren.
Was mich aber wirklich überrascht hat: Questgeber beschrieben ihre Aufträge oft nicht ordentlich. In der Stadt gibt es beispielsweise einen Zauberer, der von Konflikt zweiter Nekromanten berichtet den er beenden will, wofür der Spieler zwei Gegenstände stehlen soll. Er erwähnt mit keinem Wort wo diese Nekromanten sich aufhalten, nichtmal das Stadtviertel. Ihre Häuser sind nicht auf der Karte markiert, was bei einigen anderen Quests die Rettung ist. Das Internet hilft heute, Internet hatte man 1998 im Zweifel nicht.
Als nicht ordentlich umgesetzt empfinde ich auch die Gefährten. Es gibt viele davon, die Erstbegegnung und ihre späteren Kommentare sind oft toll. Doch es fehlen – abseits der Spezialcharaktere der EE - die Gefährtenquests und die Gespräche mit ihnen, sodass sie recht blass bleiben, obwohl manche mit ihren initialen Zielen Ansätze davon haben und dann auch entsprechend handeln. Der großartige Ansatz ist also da, aber leider nicht durchgezogen. Auch gibt es eben zu viele Gefährten um sie alle zu erleben, was aber aufgrund der notwendigen Gruppenbalance und dem Gesinnungssystem sowieso nicht ginge. Mehrfach durchspielen also, die Spielzeit ist ja nur ~70 Stunden…? Werden Gruppenbeitrittsgesuche abgelehnt verschwinden die Personen auch noch für immer, stattdessen muss man sie aufnehmen und direkt wieder aus der Gruppe entfernen, was kompletter Irrsinn ist. Dabei hätte es mehrere gute Sammelorte gegeben.
Die Orte der Erweiterung Tales of the Sword Coast gehören da nicht dazu, denn sie sind leicht verpassbar folgt man der Haupthandlung, nach der sie nicht nachholbar sind. Erkundet man andererseits gründlich die Weltkarte kann man mit dem Turm über einen Hauptdungeon der Erweiterung stolpern und ihn lösen, ohne vorher im ganz woanders liegenden zugehörigen Dorf die Quest und Hilfsmittel dafür zu finden. Davor warnt einen nichts und niemand, obwohl da eine passende Person herumsteht, mir ist das prompt passiert. Erreicht man danach das Dorf doch ist dies nicht vorgesehen, fehlen wieder die passenden Antwortoptionen um vom schon befreiten Turm direkt zu berichten.
Man sieht: So kompetent BG1 auf manchen Ebenen auch ist, auf anderen fehlte den Entwicklern eindeutig Erfahrung, Können oder zumindest Zeit.
Die Macken der Handlung
Bei den Macken der Handlung würde ich es nicht auf die Zeit schieben wollen. BG1 erzählt einfach eine komplett seltsam konstruierte Geschichte. Leichte Spoilerwarnung!
Es erschafft mit Sarevok einen Antagonisten, der direkt zu Spielbeginn tätig wird. Danach wird er bis zum Spielende nicht mehr gesehen. Sein Kontakt zum Spieler und Hauptcharakter beschränkt sich auf findbare Briefe, in denen dann ein Marek einen Morak anweist doch bitte den Spieler zu töten, damit Murok einen ausgetüftelten Plan zur Monopolisierung eines Marktes umsetzen kann. Komplett charakterlose Personen, denen man allen nur einmal begegnen wird. BG2 umschiffte das teilweise dadurch, dass in Ingame-Zwischensequenzen das Wirken des Antagonisten und mancher NPCs gezeigt wurde, BG1 kam darauf noch nicht. Die Briefe sind kein brauchbarer Ersatz (der Punkt könnte auch oben als technische Limitierung passen).
Es gibt eine größere Hintergrundgeschichte um einen Gott, was als Motivation und große Enthüllung dient. Was das für den betroffenen Hauptcharakter bedeutet bleibt komplett vage, weil es in das nächste Spiel verlagert wurde. Ja, das Ausblenden dieser Geschichte verschafft dem ersten Teil Bodenhaftung, aber es macht die Geschichte auch inkomplett. Die Schilderung der Auswirkungen des Endes fehlt gar komplett. Baldur's Gate wäre so ohne den zweiten Teil eine große Enttäuschung gewesen, das merkt man beim Spielen auch jetzt noch etwas.
Dazu fehlen Handlungsalternativen. Es gibt ein paar kleinere Weggabelungen in der Haupthandlung und viele Nebenquests können auf unterschiedlichen Wegen gelöst werden. Doch die Handlung komplett umzudrehen geht nicht, selbst für böse Spielercharaktere gibt es kein alternatives Ende. Und es gibt einige vertane Chancen im Kleinen: Wenn mich ein Monsteranführer anspricht, warum ich grundlos seine Schützlinge angreife, wäre das wesentlich wirkungsvoller wenn das denn stimmen würde (und nicht stattdessen sie als Minimal-KI bei Sichtkontakt schreiend auf meine Gruppe zurennen) und es dann wirklich die Möglichkeit gäbe, mit den Monstern Frieden zu schließen. Die gibt es nicht.
Monster sind auch in der Haupthandlung relevant. Immer wieder spielen da Gestaltwandler eine Rolle, die Organisationen unterwandern. Man sollte meinen, eine Gesellschaft mit solchen Wesen würde damit rechnen, sich davor schützen und vor allem die Möglichkeit immer in Betracht ziehen. Warum diese Wesen überhaupt dem Oberbösen helfen wird nicht erklärt, wenn doch nicht deutlich genug und ich habe es verpasst.
Generell passt nicht zusammen, welche Beweise man wie früh findet und wie wenig man damit unternehmen kann. Warum glaubt die Stadtführung der Gruppe nicht direkt, warum braucht es mehr Beweise als die vielen gefundenen Briefe?
Die Probleme der Enhanced Edition
Schließlich gibt es auch noch Probleme mit der Enhanced Edition. Keine, die sie mich negativ sehen lassen, aber ausgespart werden sollen sie nicht.
Baldur's Gate hatte für die Zeit typische Rendersequenzen als (zu seltene) Zwischensequenzen. Die EE wechselt die mit gezeichneten Videosequenzen aus. Die sehen besser aus, klar. Aber sie haben andere Details, verändern teilweise wie sie auf den Spieler wirken. Warum sind sie nicht optional zurückwechselbar?
Ich redete oben vom moderneren Interface, doch ist es eben nicht das originale BG1- oder BG2-Interface. Warum ist das keine Option? Warum kann das Originalinterface nicht ausgewählt werden, so hässlich das erste auch war? Gleiches gilt für die Änderungen bei den Charakterbögen, die so chaotisch früher sicher nicht aussahen.
Mir gefiel die vollständigere Vertonung der neuen Begleiter (ich hatte nur eine davon in der Gruppe, aber auch die anderen tauchten auf und redeten etwas), aber ihr Gegensatz macht diesen eben auch sichtbar. Neue Inhalte sind so fühlbar anders, was die alten stummer wirken lässt als ohne die Präsenz der neuen. Unvermeidbar, wenn man nicht alles komplett vertont, aber das wäre ja sowieso ein (dann zwingend optionales) Ideal gewesen.
Zu diesem Ideal hätten auch noch mehr Bugfixes gehört. Im Gegenteil war ich überrascht, wieviele Bugs noch im Spiel sind. Zwei besonders nervige: Mein mit einem Dolch bewaffneter Hauptcharakter bleibt gerne direkt vor Gegnern hängen, er zittert dann vor und zurück, greift aber nicht an. Schade auch, weil Dolche rechnerisch im Spiel wohl gute Waffen wären, durch diesen Bug aber unbrauchbar sind. Und meine Diebin schaltet KI-gesteuert immer in den Fallensuchmodus, was gut ist, bricht dabei aber manchmal ihre Bewegungsaktion ab, bleibt also einfach stehen. Wenn beim Anschalten des Suchmodus ein Container offen ist geht dieser zu, was extrem nervig ist und reproduzierbar nach ein paar Sekunden jedes mal passiert.
Abgesehen von Bugfixes ist es ein schmaler Grat, wieviele Änderungen von Fans der Vorlage akzeptiert worden wären (wie bei der oben erwähnten vollständigeren Sprachausgabe), aber ich zumindest hätte mir noch mehr Grafikverbesserungen gewünscht. Alle Ausrüstungsgegenstände am Charakter sichtbar, den dazu weniger pixelig zu haben und die Effekte der Zaubersprüche sowie die Animationen zu verbessern wäre doch nur positiv gewesen. Ich denke da an die Modernisierung von Diablo 2, die viel besser aussieht, aber jederzeit nahtlos zur Originalgrafik schalten kann. Sowas wäre toll gewesen.
Wie toll das Spiel doch ist
Thema toll: Diese überlange Liste an Kritikpunkten verdeckt völlig, wie toll und spannend Baldur's Gate 1 auch heute noch ist und wieviel es durch die Enhanced Edition gewinnt.
AD&D bringt viele Stärken
Das AD&D-System ist überkomplex und nicht balancierbar. Gleichzeitig macht es das interessant. Wenn Kämpfer nur anfangs stark sind und Magier später dominieren, warum dann nicht als Kämpfer anfangen und ihn zum Magier umskillen? Das System kann das als Dualklasse, es hat Nachteile und macht das Spiel nicht weniger komplex, aber gibt eben doch eine Lösungsmöglichkeit zur Hand. Wobei das nur mit Menschen geht, andere Rassen können dafür direkt als dann langsamer sich auflevelnde Multiklassen anfangen.
Generell ist es eine Herausforderung, das System verstehen zu lernen und für sich selbst zu nutzen. Und auch zu schauen, welche Lösung vielleicht nicht optimal ist, aber zum Durchspielen mit der passenden Gruppe völlig ausreicht.
Das System ist auch ein Hauch Heimat. Was ich als Anfänger mühsam lernen müsste und objektiv kritisieren sollte ist in Wirklichkeit längst im Kopf verankert. Wie was die Zaubersprüche machen und ihr Zusammenspiel, welche Monster es gibt und was die typischen magischen Items sind. Für Spieler damals könnte das ebenfalls gegolten haben, wenn sie von anderen CRPGs schon mit (A)D&D konfrontiert worden waren und hier auf ihr altes Wissen zurückgreifen konnten.
In AD&D bei Stufe 1 anzufangen ist eine große Hürde am Anfang, hat aber auch etwas positives: Man wird in Baldur's Gate 1 sehr schnell sehr viel stärker und kann gleichzeitig seinen Charakter sowie die Gefährten von Grund auf anpassen. So gelangt man schnell an eine gut zusammenspielende Gruppe und erfreut sich daran, nun problemlos durch vorher schwierige Gegnergruppen sich durchschnetzeln zu können.
Baldur's Gates Geschichte, Welt und Gefährten sind klasse
Für solche Kämpfe gibt die Spielwelt und auch die Geschichte viel Anlass. Die Story mag absurd sein, aber sie ist gleichzeitig passend für ein Rollenspiel. Man kann sich vorstellen eine so ähnliche Geschichte mit Freunden als Pen&Paper-Rollenspiel als Kampagne zu spielen (ohne den Gottbezug), vielleicht auch als Fantasybuch zu lesen (mit mehr zwischenmenschlichen Details). Sie führt auch gut durch diese Spielwelt und gibt reichlich Möglichkeiten, die stärker werdende Heldengruppe sich direkt stark fühlen zu lassen, geschickt Plan um Plan der Bösen zu durchkreuzen.
Und dabei sind nicht alle Aktionen zwingend! Zwar sagt das Spiel die nächsten Stationen deutlich an, durch Gespräche und Journaleinträge. Doch können die auch ignoriert und stattdessen die Landschaften erkundet werden. BG1 ist keine komplett lineare Geschichte, die Spielerfreiheit führt dazu den eigenen Fortschritt als Leistung zu empfinden, als Handeln in einer komplexen Welt. Eine Illusion, klar, aber eine gut gemachte.
Doch was sind schon System und Story, sind die eigentlichen Höhepunkte nicht die Gefährten? Liebenswürdig der stotternde Kahlid und seine rauhe Frau Jaheira, Minsc mit seinem Hamster und seiner Hexe, absurd der tatsächlich chaotisch böse Gnom Tiax mit seinem Welteroberungsanspruch. Wenn die dann auch noch ein initiales Ziel haben bekommen sie Charakter, so wie wenn Minsc seine Hexe befreien will und ansonsten die Gruppe verlässt. Dass dann leider nicht mehr viel kommt ist schade, doch sind selbst die gelegentlichen Kommentare angenehm. Ich muss hier aufpassen, nicht zuviel mit BG2 zu vermischen, wo die Gefährten noch weiter ausgebaut sind. Immerhin bringt die EE deren Formel für die drei neuen Gefährten auch nach BG1 und damit mehr Gespräche und Reaktionen, was ich wirklich als bereichernd empfand.
Baldur's Gate 1 hat auch abseits der Gefährten einiges an Humor, mehr als ich mich erinnern konnte. Teils als versteckte Eastereggs, wie die leicht verpassbarenden singenden Priester im Tutorial, die völlig überraschend tatsächlich die folgende Geschichte prophezeien. Oft in Form von seltsamen Begegnungen, wie die autogrammgebenden drei Gnome mit den Namen der Bioware-Gründern. Ähnlich mit der Spielebene brechend war das junge Mädchen, das auf die typische Rollenspielsprechgesprächsoption mit "Du spricht ja komisches Zeug" antwortet. Und als im (ansonsten nur als leichter Regen sichtbare, aber klar hörbare) Gewitter tatsächlich ein Blitz in Khalid einschlug und tötete war ich so amüsiert wie baff – und froh, dass ich alle paar Sekunden speichere.
Die Enhanced Edition verbessert vieles
Und dann ist da die Freunde an der Enhanced Edition. Dass es sie gibt, dass hier offensichtlich mit viel Liebe an diesem Klassiker gearbeitet wurden. Die vielen kleinen und größeren Verbesserungen sind superangenehm zu sehen. Und es war für mich eine Chance, vorher verpasste Inhalte (insbesondere der Originalerweiterung) nachzuholen, wofür ich dankbar bin.
Man darf dabei auch gerade die Grafikverbesserungen nicht zu geringschätzen. Die Grundgrafik mit ihren Zeichnungen mag die gleiche sein, aber sie ist doch geglättet worden. Das Interface weniger altbacken zu haben irritiert mich nur wegen der Alternativlosigkeit – ich möchte wirklich das alte als Option sehen – trotzdem ist auch das eine starke Verbesserung.
Schließlich sind da die reparierten Bugs. Ich erinnere mich, damals mit einigen gekämpft zu haben. Das mag teilweise an der Version gelegen haben, ich spielte Baldur's Gate 1 nach dem zweiten Teil mittels eines inzwischen aufgegebenen Projekts im BG2-Interface. Aber auch ohne diesen Faktor wurde wohl viel ausgebessert, denn viele Wikieinträge erklären nachträglich die Unterschiede und zeichnen ein Bild vieler grundlegender Fixes.
Neben den Bugfixes ist besonders angenehm, dass sich durch die Inhaltsfülle das Balancing verbessert. Es war im Original zu leicht, chancenlos unterlevelt mit ungenügender Ausrüstung vor dem finalen Bossgegner zu stehen. Auch jetzt kann das noch passieren, nimmt man nicht genügend der neuen Gebiete mit oder stellt man die Gruppe etwas unglücklich zusammen. Aber die Chance dafür ist minimiert, so viele Möglichkeiten zum Aufleveln und so gute magische Ausrüstungsgegenstände im Spiel nun zu finden sind.
Fazit
Was bleibt? Ein fesselndes Spiel, vollgestopft bis zum Gehtnichtmehr, das Levellimit wird mit etwas Sorgfalt garantiert lange vor dem Ende erreicht. Ein Wiedersehen mit alten Bekannten, wenn auch bei mir leicht veränderten Bekannten, kenne ich doch den zweiten Teil besser und sind die Gefährten dort durchaus etwas anders – was nicht an den Änderungen der Enhanced Edition liegt, sondern schon immer so war. Von den Modernisierungen der EE ist vieles gelungen, überraschend viel eigentlich, besonders auffällig und einnehmend waren für mich die erweiterten Charaktervertonungen der neuen Begleiterin. Gleichzeitig wiegt gegen all das positive der immer wiederkehrende Gedanke, dass diese und jene Situation ein modernes Spiel doch wesentlich besser gelöst hätte. Ähnliches gilt für die Änderungen der Enhanced Edition, bei der mir auf der einen Seite die Neuerungen nicht weit genug gehen (bei den grafischen Verbesserungen z.B.), andererseits manche der Änderungen mir nur deswegen nicht gefallen, weil sie nicht per Optionsmenü rückgängig machbar sind.
Nach der originalen Geschichte ist das Spiel noch nicht vorbei, sondern beginnt mit Siege of Dragonspear eine neue Erweiterung. Wie gut die ist folgt in einem eigenen Artikel. Denn ich möchte jetzt sowieso mit dem gleichen Charakter die gesamte Serie durchspielen. Derzeit ein Kämpfer mit Armbrust und Langstab, soll er bei Stufe 9 auf die Magierkarriere umsteigen, was geht weil ich für ihn bei Spielbeginn unheimlich gute Werte gewürfelt habe. In Baldur's Gate 1 begleitete ihn übrigens dann doch weiterhin eine feste Gruppe, Imoen (als Diebin im Fernkamp), Jaheira (Druide/Kämpfer und bei mir Fernkämpferin sowie Heilerin), Khalid (als zweiter Nahkämpfer), Kivan (Ranger, Bogen-Fernkampf) und Neera (die neue Magierin aus der EE).
Ein großes Danke an Thomas für das Spiel. Sein Review, das interessanterweise ein anderes Interface zeigt, findet sich in seinem Blog.
Linksammlung 44/2022
Friday, 4. November 2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
What happened to signal-desktop? Ganz einfach: Signal hat mit einem wohl illegalen DMCA-Takedown das Snap gekillt, der Snapstore hat das umgesetzt ohne den Paketverwalter zu informieren. Damit sind alle letzte Woche via dem CEO-Interview gesammelten Punkte verloren, mehr als das: Signal ist vollends nicht vertrauenswürdig. Und Snap steht auch nicht gut da.
In der Wochenschau 44/2022 beschreibt der Autor treffend, warum die Aufregung über die Blockade der letzten Generation heuchlerisch ist.
The fastest way to build Flutter apps in Python sei flet (via). Die grafischen Anwendungen des Crossplattform-Framework Flutter muss man ansonsten mit Dart schreiben, was eine extra für Flutter geschaffene Sprache ist und daher nur wenige bereits kennen. Überraschenderweise ist Dart aber eine extrem gute Programmiersprache geworden und noch dazu schnell zu lernen, der Umweg über Python ist völlig unnötig.
Mir gefiel I made outlines for KDE Breeze window decoration. Zum einen ist das Ergebnis hübsch und nützlich, zudem zeigt es schön, welche Überlegungen beim Bau solcher Anpassungen nötig sind.
Zur Verteidigung von LibreWolf
Wednesday, 2. November 2022
Sören kritisiert in seinem Blog LibreWolf, eine dieser alternativen Firefoxkonfigurationen. Er hat nicht völlig unrecht mit seiner Kritik, ich möchte aber zweien seiner Argumente dagegenhalten.
Das fehlende Projektimpressum
Sören schreibt:
Nun wirbt also ein Projekt um Vertrauen, welches nicht einmal ein Impressum auf der eigenen Website hat. Die Argumentation, dass im Land des Betreibers ggfs. keine gesetzliche Impressumspflicht besteht, könnte zu kurz greifen, da hier ein Produkt auch innerhalb der Europäischen Union angeboten wird. Letztlich schafft es aber auch vollkommen unabhängig von der rechtlichen Perspektive nicht unbedingt Vertrauen, wenn darauf verzichtet wird. Denn auch wenn es sich hier um ein Community-Projekt handelt, so muss es am Ende des Tages eine Person geben, welche gesamtverantwortlich für den Browser sowie Inhalte der Website ist.
Er verkennt hier in welcher Softwarewelt wir uns bewegen. Jeder von uns benutzt täglich Software, dessen Autor wir nicht kennen. Ist das tatsächlich mal anders, benutzen trotzdem die Entwickler der Software Abhängigkeiten deren Autor sie nicht kennen. Die FOSS-Welt ist auf eine andere Basis aufgestellt als die einer Internet-Impressumspflicht, einer rein deutschen Erfindung deutscher Weltregulierungsbürokraten. Schon bei Webseiten ist diese lächerlich, bei FOSS-Softwareprojekten völlig unbekannt. Klar, viele große Softwareprojekte lassen sich einzelnen Firmen oder speziell für sie gegründeten Vereinigungen zuordnen, die Regel ist das aber nicht.
Dementsprechend ist es keinesfalls so, dass für Browser oder Webseite des Projekts eine einzelne Person gesamtverantwortlich sein muss. Selbst wenn gewisse Juristen und Politiker das gerne so hätten.
Nebenbei, eine gesetzliche Impressumspflicht für solch eine private Hobbyseite besteht auch in Deutschland nicht. Edit: Diese meine Auffassung wird in den Kommentaren von fachkundiger Seite allerdings bestritten. Ich bleibe dabei, dass ein Projekt an solchen juristisch-bürokratischen Maßstäben zu messen keine gewinnende Strategie ist.
Das harmlose DRM
Sören schreibt:
Interessant ist auch die Begründung, mit der LibreWolf standardmäßig Digital Rights Management (DRM) abgeschaltet hat: Dies sei eine Limitierung der Nutzer-Freiheit. Das ist natürlich völliger Quatsch, denn im Gegenteil erlaubt DRM dem Nutzer den Konsum von Filmen, Serien und Sportveranstaltungen, sowohl kostenlos als auch kostenpflichtig, die anders überhaupt nicht angeboten werden könnten und was für den Nutzer auch überhaupt keinen Nachteil besitzt, während es das LibreWolf-Projekt ist, welches sich hier eine standardmäßige Einschränkung seiner Nutzer anmaßt – wohlgemerkt während gleichzeitig groß mit Freiheit geworben wird.
Die Aktivierung von DRM (Digital Restriction Management) in Browsern wie Firefox ist keinesfalls ohne Nachteile für die Nutzer, denn es propagiert die Nutzung dieser Technologie. Mit DRM aber kontrollieren Firmen, was die Menschen mit ihren Rechnern machen können. Dann werden Bücher aus der Ferne gelöscht, das Abspielen auf dem gewünschten Anzeigegerät verboten, das Anfertigen von Screenshots für Kritiken verhindert, das völlig legale Verleihen unterbunden; Kurz: Jedwede nicht komplett vorgesehene Nutzung der Inhalte wird verhindert. Als Firefox damals DRM aktivierte war es eine Niederlage für die Freiheitsrechte von uns allen, es in einem relevanten Browser nicht aktivieren zu können wirkte vorher gegen die weitere Verbreitung.
Natürlich kann jeder für sich abwägen, ob in einem bestimmten Kontext wie z.B. für Netflix das DRM nicht doch akzeptabel ist. Aber das sollte definitiv ein Opt-In und nicht standardmäßig an sein und ist wie ausgeführt nicht grundsätzlich eine nachteilslose Geschichte.
Das waren nur die zwei Argumente, die bei mir den größten Widerspruch provozierten. Mit den anderen Argumenten haben ich weniger Probleme, aber die Gesamtkritik findet mein Gefallen nicht.
Denn ich denke zwar insgesamt auch, dass ein Projekt wie LibreWolf natürlich Nachteile hat. Gerade Updates etwas später zu erhalten ist nicht ideal. Dazu laufen solche Projekte tatsächlich in die Gefahr, Sachen zu deaktivieren, die im Großen und Ganzen positiv sind. In diese Richtung geht der Großteil Sörens Kritik. Aber sie ist mir zu negativ, zu einseitig, das Projekt wegen seiner vermeintlichen Gefährlichkeit sogar nicht zu Verlinken empfinde ich als überzogen und wirkt auf mich kindisch. Denn erstmal ist es doch eine gute Sache, wenn alternative Konfigurationen von Firefox ausprobiert werden, wenn es ein Korrektiv für Mozillas teils eben durchaus fragwürdige Entscheidungen gibt.
Das ist immerhin die Firma, die bei der Überarbeitung der Androidversion Erweiterungen unter großem Protest deaktivierte und forkverhindernd ihre rasche Wiedereinführung versprach, was mittlerweile jahrelanges Verschleppen als Lüge entlarvt hat und nichtmal den eigenen Entwicklern erklärt wird. Besonders bei einem solchen Akteur ist Diversität eine Stärke, so ist auch LibreWolfs Existenz zu begrüßen. Ich vermute daher auch, dass die heftige Kritik weniger gegen das Projekt geht als gegen das durch das Projekt durchscheinende negative Bild von Mozilla – ob dem Autor das jetzt bewusst ist oder nicht.
Sorcery! Teil 3
Monday, 31. October 2022
Der dritte Teil von Sorcery! verliert mich zu Beginn, ganz ähnlich wie der zweite. Gewinnt mich dann wieder zurück, nur um mich am Ende zu verärgern.
Eine direkte Fortsetzung
Natürlich gibt es Änderungen zu den ersten beiden Teilen, aber das Grundprinzip ist in Teil drei gleichgeblieben: Eine mit vielen grafischen Elementen aufgelockerte, immer noch textlastige Umsetzung eines unheimlich aufwendigen Spielebuchs, bei dem der Spieler auf der Suche nach einer magischen Krone durch eine Fantasiewelt wandern muss und viele Herausforderungen zu meistern hat. Im Artikel zu den beiden Vorgängern steht mehr zum Ansatz und zur Spielmechanik.
Die Geschichte knüpft direkt an den zweiten Teil an. Die Stadt wurde verlassen, ein Niemandsland muss durchwandert werden. Schnell wird klar: Es ist gar nicht ausschließlich Niemandsland. Das offenbart eine neue Spielmechanik: Diesmal stehen einige Türme in der Landschaft, bei denen ein Teleskop und damit ein magischer Kegel bewegt werden kann. In seiner Reichweite wird die Landschaft verändert, grün und bevölkert. Das Spiel erklärt die Hintergrundgeschichte dazu früh.
Ein weiteres neues Spielelement: Diesmal geht es nicht um das Finden eines Zauberspruches, sondern um das Besiegen von sieben Schlangenwesen. Die seien unterwegs zum Oberbösen, um ihn vor der eigenen Ankunft zu warnen. Man solle sie töten oder schneller als sie sein, sagt ein Hinweisgeber direkt zu Beginn.
Wieder anfängliches Chaos
Dementsprechend versucht man hier, schnell durch die Landschaft zu kommen – und das ist ein Fehler. Ich weiß nicht, ob es nicht doch ein Zeitlimit gibt. Aber zumindest sind die Schlangen an festen Orten in der Gegend verteilt, scheinbar egal wie lange man braucht. Man soll wieder nachts rasten und Nahrung wird zur Heilung benötigt, aber davon gibt es genug zu finden. Anstatt zu hetzen und dann die Ereignisse als Blockade wahrzunehmen sollte man das Spiel also ganz entspannt angehen, kann das aber anfangs nicht wissen. Nur für ein solches systematisches Vorgehen eignet sich aber die Spielkarte mit ihren vielen verschiedenen Wegen, wobei diesmal die auch als Teleporter fungierenden Türme beim Gebietswechsel und mehrmaligem Durchsuchen helfen.
Versteht man das erstmal wird die Mission auf einmal wieder spannend. Denn wie beim Vorgänger hilft der gewonnene Fokus dem Spiel dann sehr. Besonders der Kniff, dass die zu besiegenden Schlangen besondere Schwächen haben. So gibt es eine Feuerschlange, deren Schwäche man sich vorstellen kann. Die Informationen dazu zu finden, die verschiedenen Begegnungen möglichst gut aufzulösen, die Karte langsam zu erkunden und zu beherrschen – all das macht Spaß. Vor allem, wenn die ersten Schlangen fallen und der Weg vorwärts klar scheint.
Doch genau bei der weiteren Entwicklung dieser Dynamik ging mir das Spiel später arg auf die Nerven. Denn der Weg ist ab einem gewissen Zeitpunkt keinesfalls klar, die meisten der Schlangen haben doch keine offensichtlichen Auffindeorte. Am Ende musste ich für zwei davon sogar im Internet nachrecherchieren. Das schlimmste: Die letzte Schlange fand ich gar nicht. Um sie zu besiegen muss man in einem bestimmten Moment das richtige antworten und hat dazu nur eine Chance, die meine war verpasst. Das ist einfach kein gutes Spieldesign, der Fokus von zuvor zerfasert, verwandelte sich bei mir in Frustration.
Auch ärgerten mich manche der kaum vermeidbaren Rückschläge. Beispielsweise eine Begegnung, in der unweigerlich ein magischer Gegenstand geklaut wird, ohne den dann später ein bestimmter Zauberspruch nicht benutzt werden kann. Man kann später einen zweiten solchen Gegenstand finden, aber auch das wäre leicht zu verpassen. Solche unnötigen Einschränkungen der eigenen Fähigkeiten halfen dem Spielspaß nicht.
Am Ende prophezeite mir das Spiel ein durch mein Scheitern erschwertes Finale im vierten Teil, wobei das Internet diese Konsequenz verneint. Ich werde es sehen, befriedigend war das Ende des Spiels bezüglich dieser Mission so aber auf jeden Fall nicht. Immerhin waren einige andere Geheimnisse erfahrbar, z.B. welche Zaubersprüche andere kontern, was im Zauberbuch dauerhaft vermerkt wird. Und die im Spiel erzählte Geschichte wurde etwas weiter ausgebaut, eine Handlungsalternative angedeutet. Es war also kein totales Scheitern. Und auch vom Spielspaß nicht, denn die vielen kleinen Rätsel zu lösen, Kämpfe zu gewinnen und die Karte so vollständig zu erkunden machte zwischendurch richtig viel Spaß.
Die Serie geht also nicht völlig unter, das ganze bewahrt sich auch einen Teil der Anfangsfaszination. Aber ich hatte mit dem dritten Teil die gleichen Probleme wie mit dem zweiten: Die schwierige Anfangsmotivation durch anfängliche Unklarheit, die Schwierigkeit ein akzeptables Ende zu erreichen. Wie ich die Spieleserie als ganzes bewerte wird daher stark vom finalen Teil abhängen.
Linksammlung 43/2022
Friday, 28. October 2022
Diese Woche fand ich etwas mehr Artikel als sonst besonders erwähnenswert:
Collections: Strategic Airpower 101 ist ein weiterer interessanter Militärgeschichte-Erklärartikel mit Bezug zu Russlands Ukrainekrieg.
Bei My thoughts on the Framework laptop wird erzählt, dass die neuen Modelle mit 12th-Gen-Intelprozessor nicht problemlos unter Linux funktionieren und Framework das nicht ordentlich darstellt. Der Autor findet Frameworks Konzept und Laptop trotzdem toll, das zeigt die Stärke von beidem.
Der einzige mir bekannte Linuxdistrotester widmet sich Unity: The Unity desktop in 2022 - A trick of nostalgia or the real deal?
In Why Signal won’t compromise on encryption, with president Meredith Whittaker, vertritt sie die einzige akzeptable Haltung zu Verschlüsselung, die eben für niemanden knackbar sein darf. Ich selbst schrieb über die notwendige Kompromisslosigkeit. Das Gespräch gefiel mir also, würde Signal bei F-Droid auftauchen würde ich es installieren.
Ich sah Travelynx-Erinnerung mit iOS als nette Lösung für eine ansonsten fehlende Softwarefunktion. Das geschickte Zusammenspiel unterschiedlicher Software ist immer nett.
I use a Raspberry Pi as my daily computer for over a year now zeigt, dass es geht. Ich frage mich wie groß die Einschränkung in der Praxis wirklich wäre, bei solchen Experimenten war mir bisher meistens der Browser zu lahm.
Steve Jackson's Sorcery! Teil 1 und 2
Monday, 24. October 2022
Sorcery! 1 und 2 sind Umsetzungen einer Spielebuchreihe, die auf Steam als ein Spiel zusammengefügt wurden. Es überrascht dabei, weil es wesentlich komplexer ist als man von einer Spielebuchumsetzung erwarten würde. Zu einem großen Teil liegt das wohl an der (von mir nicht gespielten) ebenfalls nicht simplen Vorlage.
Prinzip Spielebuch?
Was sich einem Spielebuch gleicht ist die Erzählform: Was passiert wird per Text erzählt, hier ergänzt um viele Visualisierungen wie der Inventaransicht und der Karte. Auf dieser wird dafür die Spielfigur von einem Punkt zum nächsten bewegt – was man als Blättern zu einer Seite übersetzen könnte. An jedem Punkt erscheint eine Textbox, manchmal ergänzt um eine kleine Zeichnung, beschreibt was passiert und verlangt Entscheidungen. Welche der Antwortmöglichkeiten soll gewählt, welche Aktion durchgeführt werden? Entscheidungen haben Konsequenzen, dann geht es zum nächsten Punkt auf der Karte. Oftmals gibt es dafür mehr als eine Möglichkeit. Gefällt eine Konsequenz nicht kann frei zurückgeblättert werden.
Aber damit erschöpfen sich die Übereinstimmungen mit dem einfachen Spielebuch meiner Kindheit auch schon. So gibt es eben ein Inventar, dessen Inhalt in manchen Ereignissen neue Möglichkeiten eröffnet, ansonsten als Material für Zaubersprüche dient. Die werden aus Buchstaben zusammengeklickt, was Sternenkonstellationen symbolisieren soll, im Grunde aber nur die Zauberspruchauswahl während der Ereignisse auf ein vernünftiges Maß einschränkt. Kämpfe werden Runde pro Runde durch die Auswahl der sich langsam regenerierenden Angriffsstärke bzw einer Verteidigungshaltung bestritten, im zweiten Teil kommt ein Minispiel dazu. Vor allem aber wird Fortschritt von Spiel zu Spiel weitergetragen.
Wie es sich spielt
Doch wie genau erreicht man in solch einem Spiel Fortschritt? Die Spielmechanik lässt sich hier schwieriger als sonst beschreiben, da was im Spiel passiert aufgrund der Textform so frei ist. Doch aufs spielmechanische reduziert macht der Spieler grob etwas hiervon:
- Er zieht seine Spielfigur zu einem Punkt auf der Karte.
- Es erscheint eine Textbox, die beschreibt was passiert.
- In ihr können nicht immer, aber oft, Entscheidungen getroffen werden. Der Spiele wählt also aus einer Option eine aus, was oft weitere Entscheidungen ermöglicht.
- Manchmal führt man nach dem gleichen Prinzip Gespräche.
- Manche Begegnungen enden im Kampf, was sein eigene Minispiel ist, in dem man entweder mit einer gewählten Stärke angreift oder sich verteidigt, dabei mehr Schaden macht wenn der Gegner ebenfalls, aber schwächer angreift.
- Immer vor Kämpfen, aber auch in vielen anderen Situationen gibt es eine Option einen Zauberspruch zusammenzuklicken, dessen Effekt dann abgehandelt wird und sehr vorteilhaft sein kann.
- Zum Ende des Ereignisses wurden Statuswerte und Inventar verändert, die Textbox schließt sich, neue Punkte auf der Karte erscheinen.
Nach dieser Grundlage funktionieren beide Spiele.
Der Start mit Sorcery! 1
Im ersten dieser Spiele bricht der Analander, unser Protagonist, zu einem Abenteuer auf. Ein vorher Entsandter ist nicht zurückgekehrt vom Versuch, eine gestohlene magische Krone zurückzuergattern. Die sei so mächtig, dass sie die gesamte Realität bedrohe. Ob man selbst es besser machen wird?
Doch erstmal führt das Spiel langsam in die Spielmechaniken ein. Direkt gibt es einen ersten Trainingskampf, optional, und einige Erklärungen zur sonstigen Spielmechanik wie dem Magiesystem. Danach geht es los, durch das Tor einer steinernen Mauer, dann durch ein Niemandsland, mit der Stadt Kharé als Ziel.
Es sind die ersten Ereignisse außerhalb der Stadtmauern, die dann den Effekt der Spielmechaniken offenbaren: Es bleibt viel im unklaren, was viel mehr einem im Kopf gespielten Rollenspiel als einem Computer-Rollenspiel gleicht. Was wird passieren, wie soll man sich verhalten – wofür die Ereignisoptionen so viele Möglichkeiten geben! –, wie begrenzt sind die sich bei Kämpfen und Zaubersprüchen erschöpfenden Ressourcen? Das lädt zum Zurückdrehen der Zeit und neu ausprobieren ein. Andererseits geht es fast immer vorwärts, das Spiel sich ausspielen zu lassen ist zumindest zu Beginn eine komfortabel einnehmbare Haltung. Läuft ein Kampf mal zu schlecht oder führt eine Entscheidung zum Tod blättert man etwas zurück, sowas ist wenig frustrierend und wirkt niemals blockierend.
Die Geschichte greift dabei auf viele Motive aus Pen&Paper-Rollenspielen zurück. Ein Beispiel: Ziemlich früh lässt sich ein Höhlensystem finden, was eindeutig nicht der normale Weg vorwärts ist. Es lässt sich trotzdem erkunden und drinnen sind Gegner mit ihren eigenen Zielen. Ein Nebenquest vielleicht – aber hier entspricht das mehr dem, was ein Spielmeister sich ausdenken würden, wenn seine Spieler einfach nicht dem ausgebauten Pfad folgen wollen und Ablenkung suchend in einen Brunnen klettern. Solche eingebauten Rollenspielverweise sehe ich positiv, sie geben Struktur. Gerade im ersten Teil sind sie häufig, was das Spiel für Rollenspieler einfacher macht. Das wiederum wirkt der drohenden Unsicherheit entgegen und motiviert. Paradebeispiel dafür ist das sehr klassische Finale, was ich hier aber natürlich nicht spoilern werde.
Sorcery! 2 – Die Verkomplizierung folgt
Der zweite Teil spielt dann in der Stadt Kharé. Wie genau der Spieler hier ankam hängt von seinen Entscheidungen im ersten Spiel ab. Die werden über einen Code übertragen, der am Ende des Vorgängers angezeigt wurde und jetzt zu Spielstart eingegeben werden kann. Auch Inventar und der Charakterstatus werden so beibehalten. Natürlich ist das optional, aber direkt den zweiten Teil zu spielen wäre desorientierend und die Konsequenzen zu ignorieren viel weniger spaßig.
Im Grunde funktioniert das zweite Spiel wie das erste auf einer Stadtkarte, aber es ist weniger eine direkte Fortsetzung als es zuerst wirkt. Zuerst, noch der kleinste Unterschied, wird die Spielmechanik fast direkt zu Beginn um ein weiteres Minispiel erweitert: Diesmal wirklich ein Spiel, ein Würfelpoker, bei dem die eigenen Würfel geheimgehalten werden und trotzdem die Gesamtzahl aller gleicher Würfel einer Zahl angesagt werden muss, was durch eine höhere Prognose gekontert werden kann, wobei die Behauptung jederzeit angezweifelt werden kann und dann in dem Moment stimmen muss.
Dann ist die Spielerführung eine andere. Vorher war der Weg klar: Es ging mit wenigen Ausnahmen immer vorwärts. In der Stadt jetzt ist zuerst nichtmal klar, wo vorwärts überhaupt ist. Die Punkt auf der Karte zeigen diesmal oft in gegensätzliche Richtungen und an einigen Stellen kann man im Kreis gehen. Dazu kommen Ereignisse, bei denen man plötzlich an ganz anderer Stelle wieder auftaucht. Die Stadt ist also ein Dschungel, Orientierungslosigkeit die Folge.
Findet man sich damit erstmal ab und beißt sich durch wird irgendwann klar: Es gibt ein Ziel dieser Stadtreise, das unweigerlich erreicht wird. Auf dieser Reise gibt es ein paar Schlüsselmomente, bei denen das richtige Verhalten das Ende beeinflusst. In einem Durchlauf sind sie nicht alle erreichbar, daher kann das alles (allerdings ohne manuelles Zurückblättern nicht unbegrenzt oft) wiederholt werden und so sie alle gesammelt werden. Hier war dann irgendwann der Moment, an dem ich zur Komplettlösung griff – ohne hätte ich das perfekte Ende zu knapp verpasst, mindestens einer der Schlüsselmomente war mir zu gut versteckt um organisch gefunden zu werden. Selbst wenn man auf den kam, sie alle ohne externe Hilfe zu erwischen erscheint mir unrealistisch.
Weitere Unterschiede: Magie scheint eine etwas größere Rolle zu spielen, in mehr Momenten der richtige Zauberspruch eine größere Wirkung zu haben. Und wieder wird ein Rollenspielklischee aufgegriffen, wenn das Stadtgebiet auch dafür geeignet ist viel Geld zu verdienen und viel Ausrüstung für die kommende Spieletappe anzusammeln, was dann der dritte Teil der Spielreihe wäre. Dafür ist die erzählte Geschichte diesmal viel weniger rollenspieltypisch, wodurch die Struktur unklarer als im ersten Teil bleibt.
Dementsprechend hat mich der zweite Teil erstmal erschlagen. Es war zuerst unheimlich motivierend, mit dem Hintergrund des ersten Teils vor Kharés Stadtmauern zu stehen. Doch als dann mir zu lange völlig unklar blieb, was in der Stadt getan werden kann und mein Proviant zu schrumpfen begann, war ich ziemlich genervt – gestresst trifft es vll besser. Glücklicherweise klärt sich dann einiges auf, woraufhin sich auch meine Einstellung zum Spiel wieder verbesserte.
Wären es zwei unabhängige Spiele, würde ich den ersten Teil uneingeschränkt empfehlen und den zweiten vorsichtiger. Und dabei bedauern, dadurch den experimentelleren Ansatz zu bestrafen. Aber so fühlte es sich eben an; Orientierungslosigkeit ist nicht motivierend und wäre auch im Kharé-Setting durchaus vermeidbar gewesen. Eine für mich akzeptable Auflösung der (Teil-)Handlung zu finden war im ersten Spiel gut möglich – wobei es auch dort Ereignisse gab, in denen mir Informationsschnipsel aus vorher nicht entsprechend erlebten Ereignissen fehlten –, im zweiten brauchte es dafür das Internet als Hilfe, was einfach weniger gut ist. Andererseits werden beide Spiele zusammen verkauft und fließen Handlung und Konsequenzen vom ersten zum zweiten, wodurch sicher nahezu jeder nach dem ersten Teil auch den zweiten spielen will und spielen sollte.
Als Spielkonzept selbst finde ich sowieso beide toll. Die Idee ist großartig, simpel mit Text und Entscheidungen ein Spiel aufzubauen, es aber computerunterstützt aufzubauschen und beherrschbar zu machen. Der Kniff dabei, eben kein altes Textadventure zu erschaffen, was den Kampf mit dem Textparser vermeidet. Allerdings: Wenn ich oben von Pen&Paper-Rollenspielen schreibe und wie sehr sich Sorcery! bzw das Konzept daran anlehnt, klingt das vielleicht besser als es sich dann wirklich spielt. Weil die ständige Unsicherheit was passieren wird durchaus erschöpfend ist, genau wie das kaum unterbrochene Lesen (anders als bei selbst textlastigen CRPGs wie Baldur's Gate) englischer Texte sowie die unzähligen Entscheidungen. Das muss die Spielerfreiheit und das gebotene Erlebnis erstmal aufwiegen! Was aber andererseits bei ehrlicher Erinnerung an meine Midgard/DSA/D&D-Spielerunden mit leicht anderen Herausforderungen nicht groß anders war, gleichzeitig für die Buchvorlage ähnlich gegolten haben dürfte…
Unterm Strich sind Sorcery! 1 und 2 gute Umsetzungen eines interessanten Konzepts. Sie bieten eine ungewöhnliche Rollenspielerfahrung, versetzen in eine sehr eigene Welt und erzählen dabei eine motivierende Geschichte. Zwar bleibt die verbindende Hintergrundgeschichte vage, doch reicht sie im ersten Spiel durch das klare Ziel aus; Das zweite Spiel funktioniert dann sehr konkret als eigenes Handlungskapitel.
Gleichzeitig kämpfen beide Spiele mit den Schwächen des sie definierenden Konzepts, was gerade zu Beginn des zweiten Teils als demotivierende Unklarheit voll durchschlägt und den Gesamteindruck etwas trübt.
Linksammlung 42/2022
Friday, 21. October 2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Sound ist eine umfangreiche multi-mediale Erklärung, wie Geräusche entstehen. Sie ist vom gleichen Autor wie die umwerfende Erklärung mechanischer Uhren.
Bei dieser Petition ist das Ziel Kein Konnektortausch (via), dem unnötigen Vernichten von komplett funktionstüchtiger Hardware in Arztpraxen. Meine Unterschrift ist da.
Eine Kleinigkeit für CSS: Links unterstreichen. Aber ich hatte da lange nicht mehr dran gedacht und hier im Blog irgendwann nur mit Farben gearbeitet, was ich jetzt anlässlich dieses Artikels umgestellt habe. Es ist besser zugänglich so.
Und schließlich: How boring should your team's codebases be? Es geht ums Abwägen von Interessen, von Vorteilen und Nachteilen, wofür der Artikel ein paar gute Perspektiven erwähnt.
Helsinki
Monday, 17. October 2022
Helsinki im September war kühl, aber nicht zu kalt. Die Stadt überrascht mit ihrer bombastigkeit, den vielen großen Gebäuden, was nicht zu meinem Bild von Finnland passte (und Sankt Petersburg imitiere). Ähnlich überraschend die vielen und teils sehr tollen asiatischen Restaurants, die ich so gehäuft noch in keiner Stadt gesehen habe. Ansonsten Ozean, Inseln und außerhalb der Stadt viel Wald. Unsere Interaktionen mit Finnen waren sehr freundlich; Bus, Metro und Straßenbahn funktionierten einwandfrei.
Kann man mögen.
Linksammlung 41/2022
Saturday, 15. October 2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Sehr schön zu lesen und mit vielen interessanten Einblicken war dieser Artikel zu 30 Jahre PC Games – eine persönliche Einordnung.
Es heißt Chatkontrolle stoppen! Die Webseite zur Kampagne schafft es hoffentlich wirklich Aufmerksamkeit auf die unmöglichen Überwachungsvorhaben der EU zu lenken. Verschlüsselung allen zu verbieten geht nicht gegen Kriminelle, das geht eben gegen alle.
An unexpected revival of Firefox OS wurde beschrieben, wobei es eine sehr kleine Wiederbelebung des Projekts mit fragwürdigem Einschlag ist. Einen Ableger von Firefox OS in die Reihen der aktiven Linuxtelefonprojekte aufzunehmen wäre aber schon cool.
Zwei Kommentare zur deutschen Politik vom gleichen Autor: Bei Gaspreisbremsstreifen werden die Probleme treffend beschrieben, beim 49-Euro-Ticket fehlt mir der Zorn. Ein 9€-Ticket war revolutionär, nahezu kostenloser Nahverkehr für alle. Ein 49-Euro-Ticket ist nichts weiter als eine Preisobergrenze für die Monatstickets der Berufspendler.
Hacktoberfest 2022 und meine vier Paketupdates für Void Linux
Monday, 10. October 2022
Das Hacktoberfest belohnt Beiträge zu FOSS-Projekten, Ausrichter ist der US-Hoster Digitalocean. Void Linux macht dabei mit und ich empfand deren Beschreibung als sehr einladend: Die Ziele sinnvoll, klarer Einstiegspunkt und alle wichtigen Informationen wurden verlinkt. Wie war es dann, vier verwaiste Pakete für alle Void-Nutzer zu aktualisieren?
Das Prinzip
Das Hacktoberfest funktioniert so: Man meldet sich auf der Webseite an und gibt Leserechte auf den Github/Gitlab-Account. Projekte müssen über ihre Projektbeschreibung ihre Teilnahme signalisieren. Kommen dann im Projektzeitraum vier Pull-Requests an, bekommt der Teilnehmer ein T-Shirt oder es wird in seinem Namen ein Baum gepflanzt (beschränkt auf die 40.000 schnellsten erfolgreichen Teilnehmer). Der Fortschritt wird auf der Webseite in einer Übersicht angezeigt.
Void Linux hat auf seiner Webseite eine News veröffentlicht und da klar beschrieben, was sie brauchen:
- Updates für verwaiste Pakete, und zwar lieber als Rezepte für neue Pakete
- Upstream-Patches für Pakete, die nicht auf allen unterstützten Plattformen kompilieren
- Fixes für ihre eigene Infrastruktur
- Erweiterung der Dokumentation
Sie wollen also die Aktion nutzen um die anfallende Arbeit zu erleichtern, das fand ich super. Updates für verwaiste Pakete einzubringen sei zudem recht simpel.
Darüber kann man streiten, aber die Dokumentation dazu half auf jeden Fall. Zuerst gibt es eine Updateliste, die dort gelisteten Updates für Pakete von orphan@voidlinux.org sind die Ziele. Dann gibt es die Dokumentation, die etwas verteilt alles weitere erklärt: Das Readme des Paketrepos, die Anleitung und besonders hilfreich die Contributing-Hinweise.
Das Grundprinzip erklärt am besten die Readme: Klone das Git-Repo, führe darin ./xbps-src binary-bootstrap
aus um Voids Paketinfrastruktur zu bauen. Aber wer Änderungen einbringen will liest sich besser durch Contributing, das erklärt neben dem Git-Drumherum das Vorgehen für Paketupdates: Editiere die Rezeptdatei ./srcpkgs/Paketname/template des Pakets (was oft einfach nur eine Anhebung der Versionsnummer sein wird), aktualisiere die Prüfsumme mit xgensum -i Paketname
, baue das Paket mit ./xbps-src pkg <package_name>
, dann installiere es mit xbps-install --repository hostdir/binpkgs <package_name>
. Testen und einen PR mit einem einzelnem Commit an void senden. Das mit dem einen Commit wird oft bedeuten mit git rebase
Commits zusammenzufügen, vor allem wenn nachträgliche Änderungen gefordert werden (was bei mir passierte).
Bei ihrem Github sind automatisierte Tests eingerichtet, die einen Syntaxcheck über die Rezeptdatei laufen lassen und zudem schauen, ob das Paket wirklich gebaut werden kann. Die sollten durchlaufen, ansonsten am besten direkt reagieren und den Fehler korrigieren.
Das musste ich teils auch bei meinen folgenden Paketupdates machen.
Update 1: memcached 1.6.10 -> 1.6.17
Memchached ist nicht Memcache, trotzdem fiel mit der Name wegen seiner Webentwicklerrelevanz auf. Das Update war nicht ganz so einfach: Erst wollte das Paket nicht bauen, dann wusste ich nicht wie ich es testen könnte.
Ich setzte also die Versionsnummer auf 1.6.17 und der Paketbau warf einen Fehler:
configure.ac:65: error: possibly undefined macro: AS_IF If this token and others are legitimate, please use m4_pattern_allow. See the Autoconf documentation.
Zum Glück war dafür ein Fehlerbericht bereits im memchached-Github, pkg-config würde gebraucht. Das zum Template hinzugefügt und der Bau lief durch. Hier als Beispiel ein Sreenshot der Änderungsübersicht, damit deutlich wird um wie wenige Codezeilen es letzten Endes geht:
Aber wie testet man memcached ohne herumliegenden Programmcode? Mit echo und nc ist die Antwort, wobei ich bei mir echo -e
schreiben musste.
Daraufhin ging der PR durch.
Update 2: ruby-mime-types 3.3 -> 3.4.1
Eigentlich wollte ich ruby-httparty aktualisieren, aber das stolperte über diese Abhängigkeit. Das Gem mime-types war zu alt, um mit einer aktuellen Ruby-Version zu funktionieren. Ich musste da an mein altes Projekt music-streamer denken, das die MIME-Daten ausgelesen hat, wobei ich damals ruby-filemagic benutzte.
Hier war nur die Frage wie das Gem getestet werden kann, denn der Bau der neuen Version lief direkt durch. Die Antwort war irb
, der Testcode entstammt der Projektreadme:
require 'mime/types' MIME::Types['text/plain']
Im PR kam dann nur der Vorschlag, die Changelog-Datei zu verlinken.
Update 3: ruby-mime-types-data 3.2019.1009 -> 3.2022.0105
Ich fand es naheliegend, ruby-mime-types-data direkt mitzuaktualisieren. So ein Datenpaket sollte keine Abhängigkeiten haben und ist daher einfach, aber es vermeidet im Zweifel Bugs in anderen Paketen wenn die Datenbank aktuell ist. Der Test war genau wie bei ruby-mime-types (das dieses Paket als Datenquelle lädt), nur dass beide neue Versionen installiert waren.
Im PR lief ich nur in ein Miniproblem mit einem Leerzeichen nach der Versionsnummer, was xlint nicht mochte. Das konnte ich mit commit -v --amend
und einem folgendem git push --force
reparieren, ohne rebase, wobei ich beim ersten mal vergessen hatte meine Änderung vorher auch mit git add
sichtbar zu machen.
Update 4: minitube 3.9.1 -> 3.9.3
Ich hatte mir vor einer Weile mal einige Linux-Youtubeclients angeschaut, da fiel mir minitube direkt auf. Dem Versionsummersprung entsprechend war es ein kleines Update und lief problemlos durch, ich testete hier auch wieder die ARM-Crosskompilierung, was bei Void mit ./xbps-src -a armv6l pkg minitube
einfach anzuleiern ist.
Funktionstest bei so einem Anwenderprogramm war dann viel einfacher als bei memcached, ich startete das Programm und schaute ob Videos abgespielt werden konnten.
Das wurde dann dieser PR.
Ein paar Gedanken zum Schluss: Das Hacktoberfest gefiel mir gut. Die früheren Probleme scheinen ausgeräumt. Natürlich wäre es noch cooler jemanden neu zur FOSS-Welt zur Teilnahme zu bringen, aber auch ich empfand den vom Void-Projekt bereitgestellten klaren Einstiegspunkt hilfreich. Manchmal ist ein klares "Wir wollen wirklich Hilfe, und zwar genau diese" sehr überzeugend.
Aber ohne mich zu sehr beweihräuchern zu wollen: Mir hat das auch nochmal vor Augen geführt, wie groß die Hürde eigentlich ist. Git mit seinen Konzepten ist schon nicht simpel, wenn dann noch rebase
und Force-Push dazukommen wird es nicht einfacher. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass mir sehr lange schlicht nicht klar war wie man PRs überhaupt aktualisieren kann, als ich git schon längst für meine eigene Versionsverwaltung nutzte. Jetzt scheint es simpel, damals fehlte mir einfach das mentale Modell dafür. Davon abgesehen, das Prüfen durch andere Entwickler machte mich anfangs nervös, alternativ genervt, wenn PRs ignoriert wurden (letzteres gilt immer noch, trifft mittlerweile aber weniger hart und bei Serendipity habe ich Vermeidungsstrategien entwickelt). Und das ist eine Hürde, die fast jede Code-Beisteuerung nehmen muss. Selbst man nicht direkt Linux-Paketmaintainer spielen will. Projekte tun gut daran möglichst viel davon zu dokumentieren, selbst wenn es redundant wirkt, einen ganzen Monat für diese Aktion zu geben ist ebenfalls angemessen.
Wie schwer bei Void das Aktualisieren von Paketen dann wirklich war hing natürlich stark vom Paket und vom jeweiligen Updatefehler ab. Ich wäre zum Beispiel ohne den existierenden Fehlerbericht über die nichtssagende Fehlermeldung bei memcached nie auf pkg-config als fehlende Abhängigkeit gekommen, und das obwohl ich pkg-config schon selbst bei simdock eingesetzt habe. Wer kein Ruby-Entwickler ist könnte das Testen vom Ruby-Gems schwierig finden. Überhaupt, dass man beim Kompilieren Fehlermeldungen wirklich lesen und interpretieren kann hat mir vor vielen Jahren Unki auf UbuntuUsers.de erst erklären müssen. Es baut alles aufeinander auf…
Der Blickwinkel macht für mich dann das Hacktoberfest nochmal wertvoller – wenn es bei einigen der Teilnehmern ein paar der benötigten Grundlagen schafft, ist das einfach eine gute Sache. Man kann es auf zwei Ebenen zwar auch kritisieren: Der Gamification-Ansatz ist manipulierend, via den T-shirts extrinsische Motivation einzuführen könnte intrinsische zerstören. Aber ich glaube, der Anreiz an Projekte die Unterstützbarkeit klar zu beschreiben wiegt das auf, und ein kleiner Motivationsanschub durch eine Aktion im Jahr dürfte auch langfristig wenig schädlich sein.
Linksammlung 40/2022
Friday, 7. October 2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Nord Stream sabotage and hybrid war on Europe (Video) erklärt überzeugend, warum die Nordstreambomben eben doch von Russland gelegt wurden.
Ein interessanter Hintergrundartikel zu UML: My Part in its Downfall. Dass Gruppen sich so einfach in so absurde Vorstellungen verrennen können… Aber auch wie bezeichnend für die damalige Denke, dass die Struktur eines Programms als wichtig, der eigentlich handelnde Code als trivial bezeichnet werden konnten. Gegen die Überbleibsel davon zu schwimmen war für mich prägend, glaube ich.
Bei Notes Against Note-Taking Systems musste ich an ein paar befreundete Blogger denken.
Hilfreich: Aktiven Fork bei Github finden. Ich selbst habe dafür die Bowsererweiterung Lovely forks installiert.
Steam-Kurator: Die Statistiken nach 100 Reviews
Monday, 3. October 2022
Mitte 2020 bekam dieser Blog von mir eine Steam-Kuratorenseite. Zwei Jahre später ist sie mit 100 Reviews gefüllt – wobei die Seite beim Start 2020 dank vorheriger Blogartikel schon 63 Einträge hatte. Wie ist es gelaufen?
Aufrufe und Abonnenten
Steam stellt gar nicht viele Daten bereit. Zentral ist die Statistik der Beeinflussungen:
Insgesamt seien es derzeit 10764. Der große Anstieg ungefähr um Juli 2021 zeigt, welches Potential eine entsprechende Platzierung durch Steam hätte. Leider zeigt die Statistik nicht, was damals passiert ist, welche Reviews da wo gezeigt wurde. Generell ist im Graph einiges an Bewegung ab dem zweiten Jahr erkennbar, ein (vielleicht schon wieder abflachender?) Aufwärtstrend, wobei mehr Sichtbarkeit bei mehr anzeigbaren Kritiken zu erwarten war.
Doch wie "Beeinflussungen" zustande kommen kann nicht ganz stimmen. Denn die Beschreibung sagt:
When you write a review, the game then shows up to your followers in a number of places throughout Steam. When one of your followers clicks on one of those places, we count that as an app view influcenced by your review. This includes clicks on a game in the main capsule on the home page of Steam or clicks through your Curator home page.
Die Kuratorenseite hat dafür zu wenige Abonnenten – es sind seit nahezu dem Beginn konstant 4 (meines Wissen Freunde des Blogs). Die Rezensionsboxen müssen also anderen Steam-Nutzern angezeigt worden sein, aber ohne dass diese deswegen die Kuratorenseite abonniert hätten.
Ich habe hier im Blog keine Statistiken um nachvollziehen, ob die Spiele-Blogartikel durch die Steamseite Leser gewonnen haben. Aber sie werden nicht besonders oft kommentiert, ein großer Leserzustrom ist nicht wahrscheinlich.
Aufrufe einzelner Reviews
Steam kann noch eine Auflistung nach Review. Vorne stehen da bei mir diese:
Seht ihr da Regelmäßigkeiten?
Mir fällt auf: Die Rezensionen mit mehr Ansichten sind alle von vor 2022, größtenteils vom Beginn. Das ist logisch, je länger sie existieren so häufiger können sie gesehen werden. Sie alle sind positiv. Es handelt sich um bekannte Spiele, die aber nicht unbedingt die allergrößten waren – Shadow Tactics: Blades of the Shogun beispielsweise ist ein Nischenspiel, aber kein Indieding. Mad Max war ein großer Name und ein gutes Spiel, aber wohl kommerziell nicht sehr erfolgreich. Ich würde vermuten, dass die Sichtbarkeit hier einfach dadurch bestimmt wird, wieviele Aufrufe die Spiele generieren (positiv) und wieviele alternative Kuratorenreviews es für sie gibt (negativ).
Am wenigsten "Beeinflussungen" haben diese:
Reviews zu DLCs werden wohl generell nicht groß aufgerufen – was mich überrascht hat, ich hätte da weniger alternative Bewertungen und daher mehr Sichtbarkeit erwartet. Crusader Kings 2 und Path of Exile sind kostenlos, bei ihren Steamseiten sehe ich ausgeloggt gar keinen Verweis auf Kuratoren, das würde es erklären. Manche der anderen Spiele wie VoidExpanse sind obskur, weniger oft besprochen zu werden wiegt das wohl nicht auf. Aber die wenigen Aufrufe von Dishonored z.B. kann ich nicht erklären.
Soweit die Zahlen. Ich will gar nicht groß ein Fazit ziehen. Steam zeigt die Kuratoren nur an ein paar Stellen, bei denen wiederum es hilfreich ist mehr Abonnenten zu haben um sichtbar zu werden. Die Rezensionen selbst sehen im Normalfall nur Abonnenten prominent, soweit ich weiß. Doch die Reviews einzutragen ist einfach, die durch die Seite gewinnbare Übersicht der eigenen Einschätzungen angenehm. Da kein großer Aufwand ist die Kuratorenseite weiterbetreibbar.
Linksammlung 38 + 39/2022
Friday, 30. September 2022
Letzte und diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
America’s Open Wound ist Snowdens erschreckender Zusammenschrieb von CIA-Aktivitäten. Bekannt eigentlich, trotzdem immer wieder unfassbar wie kriminell diese Organisation ist.
Es stimmt schon, der Pfad des modernen Internets ist Der Weg zum Untergang. Man kann aber auch die Gegenbewegungen wahrnehmen und das ganze positiver sehen.
Ich verlinkte schon, dass EVGA mit Grafikkarten aufhört. EVGA steigt aus dem Grafikkarten-Geschäft aus zweifelt an ein paar der verlauteten Kerndaten, betont aber im Grunde die Unwirtschaftlichkeit.
Smarte und zentrale Heizungssteuerung: Danke, ich verzichte heißt es bei Kuketz (via) - bei per App steuerbaren Thermostaten landet er aber doch, was ich nicht vorhabe.
Das hatte ich mich auch schon gefragt: What is the deal with Decentraleyes in 2022? Is it outdated? Is it useless? Is it safe? Selbst wenn man (wie ich) das Grundprinzip weiterhin toll findet fehlen wohl Updates, die Firefox-Erweiterung LocalCDN wäre nützlicher.
Robert hat den S9y-Infocamp-Podcast „offiziell“ beendet, was ich gleichzeitig schade finde, mich aber über das Schlusswort freue.
Zen4 ist draußen und es gibt Gaming-Benchmarks: Ryzen 9 7950X und Ryzen 7 7700X vs. 5950X und 12900KS. Der 5800X3D bleibt wohl eine starke Option für Spieler.
Bei Blasts occurred near Nord Stream gas leaks, seismologist tells SVT ist das Spekulieren über den Angreifer so müßig wie verlockend. Waren es die Russen, um Angst zu verbreiten? Oder gar die Ukraine, um Russland ein Erpressungswerkzeug zu nehmen? Die USA, da ihnen die Pipeline doch schon immer ein Ärgernis war? Eine militante Umweltschützergruppe? Unwahrscheinlich, dass wir es je erfahren.
Eine andere Bombe zum Schluss: Google is shutting down Stadia. Es war zu erwarten. Wenigstens kriegen die Kunden ihr Geld zurück.
Ganz groß: Metro Exodus
Monday, 26. September 2022
Metro Exodus ist das jüngste Spiel der Metro-Reihe. Es ist trotz einiger Anleihen sehr anders als der von mir damals geschätzte, aber nicht geliebte erste Teil. Auch ist es großartig.
Russland im Fallout-Szenario
Immer noch sind wir in Russland. Die Welt ist in einem Atomkrieg untergegangen, Überlebende gibt es nur in der Moskauer Metro. Aber stimmt das? Es ist direkt der Spielbeginn und wohl in einem der Vorgängerspiele angedeutet worden: Nein. Auch außerhalb Moskaus finden sich Überlebende, nur wissen die Menschen in der Metro nichts davon. Aber auch Monster gibt es auf der Oberfläche außerhalb des Stadtgebietes, denn wie in Fallout und Stalker hat die Strahlung die Schöpfung weitläufig verändert. Mutanten und Menschen teilen sich die Feindesrolle jeweils zur Hälfte.
Artom ist der Hauptcharakter, Mitglied des Ordens und sogar verheiratet mit der Tochter des Generals. Der Spieler begleitet ihn und seine Gefährten auf einer Entdeckungsreise per Zug, die schnell zum Überlebenskampf wird.
Open-World-Abschnitte, keine Open-World
Diese Reise ist dabei streng linear. Die Gruppe kommt in bestimmten Gebieten an. In manchen davon kann sich der Spieler frei bewegen, es sind kleine offene Spielwelten, samt Nebenmissionen, versteckten Upgrades und Craftingmaterial. Die findbaren Hauptmissionen sind dann wieder Schlauchlevel, gleiches gilt für manche der per Zug erreichten Abschnitte als Ganzes. Das ist nichts schlechtes: Metro 2033 bestand nur aus Schlauchleveln und war ziemlich gut, auch in Exodus sind diese Missionen wieder gut, besser sogar.
Nun könnte man sich durch diese Levels schießen, das Spiel ist schließlich ein Egoshooter. Meistens aber muss man es nicht, denn Schleichen ist oft die empfohlene, fast immer die komfortablere Alternative. Gegner können dann von hinten niedergeschlagen werden, Artom hat auch immer schallgedämpfte Waffen zur Auswahl. Mehr noch: Nicht alle Gegner sind böse, es sind Menschen. Sie zu töten wäre falsch, würde sich im Spiel falsch anfühlen und auch am Ende über ein Karmasystem negative Konsequenzen haben. Das Spiel ist da nicht supertransparent, macht das aber schon klar (und ansonsten verrät es Before I Play spoilerfrei). Banditen zu töten ist kein Problem, aber selbst das fand ich angesichts der nicht ganz klaren Auswirkungen schwierig – was man durchaus als Kritikpunkt sehen kann, das Spiel aber auch interessanter machte.
Die Grafik!
Exodus sieht toll aus. Die einzelnen Abschnitte sind hübsch unterschiedlich, so folgt auf ein Sumpfgebiet eine arg unwirtliche Wüste. Auch die Schlauchlevel selbst sehen gut aus, glänzen mit Licht und Schatten, das Spiel insgesamt immer wieder mit besonderer Architektur. Monster wie Menschen sehen gut aus, gerade letzteres finde ich wichtiger als sonst, weil so viel Fokus des Spiels auf das Kennenlernen der Gefährten liegt. Mit ihnen soll man mitleiden, Gitarre spielen, ihren vielen vielen Geschichten lauschen (im Spiel selbst bleibt Artom stumm), wobei die gute Grafik hilft.
Und dieser Eindruck entstand mit der regulären Version. Es gibt auch eine mit Raytracingeffekten erweiterte Enhanced Edition, die beim Kauf dabei ist und optional ausgewählt werden kann. Sie funktioniere unter Linux nicht und meine Hardware wäre überfordert, aber auf Videos sah sie gut aus. Etwas für die Zukunft.
Warum genau ist das so toll?
Ganz ohne Grafikupgrade ist Exodus aber auch jetzt schon richtig gut. Dem Spiel gelingt etwas seltenes: Es ist besser als die Summe seiner Teile. Denn natürlich sind die offenen Spielweltabschnitte wie oben beschrieben nichts großartiges, ist das freie Herumlaufen samt ein paar Craftigelementen nicht innovativ. Die dystopische Geschichte hat man so ähnlich auch schon mal gehört und kann einiges vorhersehen. Ein Schleichshooter wie Exodus kann als solcher nicht besser als ein Deus Ex sein. Die Survivalelemente (ohne Nahrung, ohne Wasser) sind an sich witzlos, meist finden sich in den Verstecken nichts brauchbares, selten deutlich mehr Munition als verbraucht, herrscht trotzdem nie ein großer Mangel am benötigten (im normalen Schwierigkeitsgrad).
Und doch: Das alles setzt sich zu einer tollen atmosphärischen Erfahrung zusammen. Weil eben doch in den offenen Spielwelten immer wieder etwas zu finden ist, hier Tonaufnahmen mit kleinen Geschichten aus der näheren Vergangenheit, da ein gesprächiger Einsiedler, dort eben doch ein verstecktes Rüstungsupgrade. Die Geschichte ist im Grunde in Roadtrip – ein Genre, das ich mag –, die Gefährten mit ihren Klischees wie auch die Familienmitglieder mit ihrem eigenen Charakter wachsen mir schnell ans Herz. Und das Spielgefühl selbst funktioniert gut, die nicht ganz einfachen Schießereien, fast immer mit dem Schleichen als Rückzugspunkt, wobei die meist hellere Beleuchtung sowie der Kompass mir helfen besser mit ihnen zurechtzukommen, weniger herumzuirren, die mit ihrem Luftftiltertimer stressige Gasmaske auch insgesamt weniger oft gebraucht wird. Nur wenige Stellen drohten ähnlich frustrierend zu werden wie die berüchtigte Monsterabwehrschlacht vor dem Tor in Metro 2033, bei der man nur zu leicht ohne Munition und dann chancenlos sein konnte. Exodus hat ein paar ähnliche Stellen, mit etwas Konzentration waren sie für mich immer angemessen leicht bewältigbar, ein gutes Zeichen für ein Spiel ohne echtes freies Speichern.
Und schließlich ist da die dystopische Story: Auch wenn das alles nach Fallout nicht mehr innovativ ist, nach Stalker nichtmal der Osteinschlag dieser Welt, funktioniert sie einfach. Es ist beklemmend in dieser Welt zu agieren, mitnehmend ihren Verfall zu erleben, erhebend Hoffnungsschimmer einer besseren Zukunft zu ergattern.
Insgesamt einfach total super. Ich verstehe den viel negativeren GG-Test vom Kopf her, die Schwachpunkte sind sauber identifiziert. Aber ich fühle sie nicht, für mich fallen sie kaum ins Gewicht. Selbst wenn die offene Spielwelt mal für einen Moment wie ein Gimmick wirkte, änderte ganz schnell ein neues Erlebnis in ihr diesen Eindruck; Selbst wenn am Ende ein Abschnitt eines Schlauchlevels mal frustrierend wirkte, war die Motivation durch die Geschichte schon viel hoch, um das nicht bewältigen zu können und den bald folgenden besseren Abschnitt zu erreichen. Für mich ein Spiel, das ich nicht unbedingt direkt wieder spielen muss, aber das sich nach etwas Verarbeitungszeit in meiner Wertschätzung einen ähnlich hohen Platz wie das erste Stalker ergattern dürfte – als ein tolles erinnerungswürdiges Erlebnis, diesmal ohne Manko. Was nur den wenigstens Spielen gelingt, Metro Exodus zu einem der besten je von mir gespielten machen würde.
Mehr FPS für lau unter Linux: Proton, FSR und vkBasalt
Monday, 19. September 2022
Wer die technische Entwicklung bei Spielen nicht genau verfolgt könnte es verpasst haben, doch tatsächlich sind die Upscale-Techniken von AMD, Nvidia und jetzt Intel revolutionär. Mit ihnen laufen Spiele intern auf einer kleineren Auflösung – also z.B. 1477x831 – und die Grafikkarte skaliert das Bild dann eigenständig auf die Zielauflösung hoch – hier 1920x1080. Und die Ergebnisse sehen toll aus. Ursprünglich wurde dieser Ansatz als Lösung präsentiert um 4K-Auflösungen erreichbarer zu machen, doch mir ist das obere Szenario viel sympathischer. Denn so werden alte Grafikkarten entlastet, die dann auf einmal moderne AAA-Spiele besser bewältigen können. Das Hochskalieren mittels der GPU ist praktisch kostenlos, das Herunterregeln der internen Auflösung spart Unmengen an Aufwand.
Damit das perfekt läuft muss das Spiel diese Techniken unterstützen. Doch unter Linux haben sich Entwickler auf das freie FSR gestürzt, das Upscaling von AMD. Dessen erste Version lässt sich an jedes Spiel anheften! Die Ergebnisse sind teilweise erstaunlich gut, zumindest wenn man etwas nachhilft. Und da kommt vkBasalt ins Spiel.
In Kurz
Installiere Proton-GE und vkBasalt sowie optional Mangohud. Benutze für vkBasalt diese Konfiguration. Starte ein Windowsspiel so:
mangohud ENABLE_VKBASALT=1 WINE_FULLSCREEN_FSR=1 WINE_FULLSCREEN_FSR_MODE=ultra %command%
Setze die Auflösung im Spiel auf die FSR-Startauflösung für die native Zielauflösung deines Monitors (Tabelle hier). Fertig, das Spiel läuft schneller als zuvor.
Die ausführliche Anleitung folgt.
FSR aktivieren
Doch erstmal muss man FSR überhaupt ankriegen. Auf dem Steamdeck hat Valve das mitgeliefert, im regulären Proton nicht. Dafür braucht es bisher noch eine alternative Protonvariante, nämlich GloriousEggrolls Proton. Die Installation ginge so:
- Download a release from the Releases page.
- Create a ~/.steam/root/compatibilitytools.d directory if it does not exist.
- Extract the release tarball into ~/.steam/root/compatibilitytools.d/.
- tar -xf GE-ProtonVERSION.tar.gz -C ~/.steam/root/compatibilitytools.d/
- Restart Steam.
- Enable proton-ge-custom.
Doch ist das unnötig kompliziert, wenn ProtonUp-Qt das mit ein paar Klicks machen kann. Also: Zieh dir das AppImage davon, mach es ausführbar, lass es Proton-GE installieren.
Danach kann das in den Einstellungen von Steam unter Steam Play für alle Spiele aktiviert werden, oder du setzt die Protonversion für das jeweilige Spiel unter "Kompatiblität".
Um jetzt ein Spiel mit FSR zu starten müssen die Startparameter gesetzt werden. Rechtsklick in Steam aufs Spiel, Eigenschaften, dann sind die Startoptionen direkt rechts. Schreibe dort:
WINE_FULLSCREEN_FSR=1 WINE_FULLSCREEN_FSR_MODE=ultra %command%
Wenn jetzt das Spiel gestartet wird läuft alles normal, FSR tut noch nichts. Dafür muss erst die Auflösung gewechselt werden. Durch den Start samt FSR-Befehl sollte in den Einstellungen jetzt eine passende auftauchen. Bei meiner 1080p-Auflösung als Ziel ist das 1477x831, bei 1440p oder 4K als Ziel entsprechend mehr. Die beste Liste dafür findet sich hier. Wird jetzt diese Auflösung gewählt greift FSR. Das Bild sieht etwas ausgewaschener aus, aber viel besser als wenn die Auflösung nicht automagisch hochskaliert werden würde.
vkBasalt aktivieren
Diesem ausgewaschenem Bild kann vkBasalt auf die Sprünge helfen. Das Programm zeichnet Filter über die Ausgabe von Programmen. Besonders interessant für uns, dass es das Bild mittels zweier Methoden nachschärfen kann, und dass es nochmal zwei Kantenglättungsfilter kennt.
vkBasalt kann manuell installiert werden, das ginge so:
git clone https://github.com/DadSchoorse/vkBasalt.git cd vkBasalt meson --buildtype=release --prefix=/usr builddir ninja -C builddir install
Wieder sollte das nicht nötig sein, es ist in einigen Repos bereits vertreten und kann daher direkt über den Paketmanager installiert werden. Bei mir mit Void Linux:
sudo xbps-install vkBasalt
Die Konfiguration fehlt aber noch. Geht auch per Spiel, was in der Readme erklärt wird, ich würde stattdessen die Datei $HOME/.config/vkBasalt/vkBasalt.conf anlegen und hiermit füllen:
#effects is a colon seperated list of effect to use #e.g.: effects = fxaa:cas #effects will be run in order from left to right #one effect can be run multiple times e.g. smaa:smaa:cas #cas - Contrast Adaptive Sharpening #dls - Denoised Luma Sharpening #fxaa - Fast Approximate Anti-Aliasing #smaa - Enhanced Subpixel Morphological Antialiasing #lut - Color LookUp Table effects = smaa:dls reshadeTexturePath = "/path/to/reshade-shaders/Textures" reshadeIncludePath = "/path/to/reshade-shaders/Shaders" depthCapture = off #toggleKey toggles the effects on/off toggleKey = Home #enableOnLaunch sets if the effects are emabled when started enableOnLaunch = True #casSharpness specifies the amount of sharpning in the CAS shader. #0.0 less sharp, less artefacts, but not off #1.0 maximum sharp more artefacts #Everything in between is possible #negative values sharpen even less, up to -1.0 make a visible difference casSharpness = 0.3 #dlsSharpness specifies the amount of sharpening in the Denoised Luma Sharpening shader. #Increase to sharpen details within the image. #0.0 less sharp, less artefacts, but not off #1.0 maximum sharp more artefacts dlsSharpness = 0.5 #dlsDenoise specifies the amount of denoising in the Denoised Luma Sharpening shader. #Increase to limit how intensely film grain within the image gets sharpened. #0.0 min #1.0 max dlsDenoise = 0.8 #fxaaQualitySubpix can effect sharpness. #1.00 - upper limit (softer) #0.75 - default amount of filtering #0.50 - lower limit (sharper, less sub-pixel aliasing removal) #0.25 - almost off #0.00 - completely off fxaaQualitySubpix = 0.75 #fxaaQualityEdgeThreshold is the minimum amount of local contrast required to apply algorithm. #0.333 - too little (faster) #0.250 - low quality #0.166 - default #0.125 - high quality #0.063 - overkill (slower) fxaaQualityEdgeThreshold = 0.1 #fxaaQualityEdgeThresholdMin trims the algorithm from processing darks. #0.0833 - upper limit (default, the start of visible unfiltered edges) #0.0625 - high quality (faster) #0.0312 - visible limit (slower) #Special notes: due to the current implementation you #Likely want to set this to zero. #As colors that are mostly not-green #will appear very dark in the green channel! #Tune by looking at mostly non-green content, #then start at zero and increase until aliasing is a problem. fxaaQualityEdgeThresholdMin = 0.0312 #smaaEdgeDetection changes the edge detection shader #luma - default #color - might catch more edges, but is more expensive smaaEdgeDetection = luma #smaaThreshold specifies the threshold or sensitivity to edges #Lowering this value you will be able to detect more edges at the expense of performance. #Range: [0, 0.5] #0.1 is a reasonable value, and allows to catch most visible edges. #0.05 is a rather overkill value, that allows to catch 'em all. smaaThreshold = 0.05 #smaaMaxSearchSteps specifies the maximum steps performed in the horizontal/vertical pattern searches #Range: [0, 112] #4 - low #8 - medium #16 - high #32 - ultra smaaMaxSearchSteps = 32 #smaaMaxSearchStepsDiag specifies the maximum steps performed in the diagonal pattern searches #Range: [0, 20] #0 - low, medium #8 - high #16 - ultra smaaMaxSearchStepsDiag = 16 #smaaCornerRounding specifies how much sharp corners will be rounded #Range: [0, 100] #25 is a reasonable value smaaCornerRounding = 25 #lutFile is the path to the LUT file that will be used #supported are .CUBE files and .png with width == height * height lutFile = "/path/to/lut"
Die Steam-Startparameter des Testspiels ergänzen wir nun ebenfalls um ENABLE_VKBASALT=1
, sodass sie so aussehen:
ENABLE_VKBASALT=1 WINE_FULLSCREEN_FSR=1 WINE_FULLSCREEN_FSR_MODE=ultra %command%
Die Home-Taste auf der Tastatur deaktiviert nun vkBasalt, der Effekt sollte deutlich sichtbar sein, nochmal Home aktiviert es wieder. Verschwunden ist das ausgewaschene der Standard-FSR-Hochskalierung.
MangoHud, optional
Wer den Bildunterschieden noch nicht ganz traut kann das ganze mit MangoHud überprüfen. Auch das war bei mir in den Quellen:
sudo xbps-install MangoHud
Die manuelle Installationsanleitung spare ich mir hier, sie ist ausführlich auf der Githubseite erklärt, samt vorkompilierten Releasedateien.
Auch Mangohud will konfiguriert werden. Setze in die $HOME/.config/MangoHud/MangoHud.conf diesen Inhalt:
### MangoHud configuration file ### Display the current GPU information gpu_stats ### Display the current CPU information cpu_stats ### Display FPS and frametime fps frametime ### Display the frametime line graph frame_timing ### Display GameMode / vkBasalt running status vkbasalt ### Display the current resolution resolution ### Disable / hide the hud by default no_display ################ WORKAROUNDS ################# ### Options starting with "gl_*" are for OpenGL ### Specify what to use for getting display size. Options are "viewport", "scissorbox" or disabled. Defaults to using glXQueryDrawable # gl_size_query=viewport ### (Re)bind given framebuffer before MangoHud gets drawn. Helps with Crusader Kings III # gl_bind_framebuffer=0 ### Don't swap origin if using GL_UPPER_LEFT. Helps with Ryujinx # gl_dont_flip=1 ################ INTERACTION ################# ### Change toggle keybinds for the hud & logging # toggle_hud=Shift_R+F12 # toggle_fps_limit=Shift_L+F1 # toggle_logging=Shift_L+F2 # reload_cfg=Shift_L+F4 # upload_log=Shift_L+F3
Das ist fast Standard, aktiviert aber die Optionen zur Erkennung von vkBasalt und der Auflösung. Noch die Startparameter anpassen:
mangohud ENABLE_VKBASALT=1 WINE_FULLSCREEN_FSR=1 WINE_FULLSCREEN_FSR_MODE=ultra %command%
Jetzt erscheint nach Druck auf rechtem Shift + F12 links oben eine Box, die neben den Frametimes und FPS auch die Auflösung anzeigt (was bei aktiviertem FSR also 1920x1080 bzw die Zielauflösung ist, selbst wenn das Spiel intern eine geringere gesetzt hat) und ob vkBasalt an ist. Shift_R + F12 versteckt die Box wieder.
Diskussion der Bildqualität
Wie gut ist jetzt noch das Bild? Ich habe hier mit Metro Exodus ein paar Vergleichsbilder gemacht. Zuerst einmal ist das Ziel die tolle 1080p-Qualität, wobei das nichtmal die hohen Einstellungen sind:
In meiner (recht einfachen) Testszene schwankte mein System hiermit zwischen 70 und 94 FPS.
Mit FSR im Ultra-Modus, also intern 1477x831, sieht das ganze leider viel weniger scharf aus:
Dafür sind die FPS besser, 80 bis 106 FPS sah mein Test. Und das ist die geringste FSR-Stufe, die anderen würden die interne Auflösung weiter verringern und die Performance verbessern.
Und schließlich das Bild mit Ultra-FSR samt vkBasalt:
Das erreicht nicht ganz die Qualität der nativen 1080p-Auflösung. Nicht, dass es nicht ähnlich scharf wäre. Aber FSR produziert eine Abrundung von Linien (gerade im hier nicht sichtbaren HUD) und einen grauen Körnereffekt über dem Bild. Das Schärfen mittels vkBasalt wirkt da leider nicht gegen. Trotzdem wertet vkBasalt das Bild wesentlich auf, die wahrnehmbare Unschärfe ist weg.
Die Performance mit vkBasalt war nur ein bisschen schlechter, die FPS lagen bei 80 bis 100.
Ich wollte hier zum einen FSR mit vkBasalt vorstellen. Gerade die Kombination von FSR mit vkBasalt als Schärfefilter sah ich noch nicht so oft diskutiert, dass Linux hier Spielern eine tolle Tuningoption gibt soll nicht untergehen. Der Umweg über Proton schafft unerwartete Möglichkeiten um Spielen einen gar nicht mal so kleinen Schubs zu geben. Immer noch auf Kosten der Grafikqualität, zugegeben, aber je nach Spielertyp ist es das wert.
Aber mich interessieren besonders auch Fehler in meiner Konfiguration. Gibt es zu vkBasalt sogar gute Alternativen? Wäre bei dessen Einsatz die Kombination der beiden Schärfefilter cas und dls sinnvoll? Sollte FXAA statt SMAA benutzt werden? Ich habe natürlich schon einiges auspobiert, aber bin keineswegs sicher, dass die Konfiguration oben die optimale ist. Nur dass sie ein guter Startpunkt ist, davon bin ich überzeugt.
Als Fazit reizt mich auch der Gedanke, dass dieses jetzt schon interessante Ergebnis die erste Version von FSR nutzt. DLSS 2.0, FSR 2.0 und XeSS sind nochmal deutlich besser. Wenn es irgendwie gelingen würde, sowas wie XeSS auch ohne Entwickleraufwand nutzbar zu machen und dann mit jedem Spiel kombinieren zu können...