Linksammlung 41/2023
Friday, 13. October 2023
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
I’m so sorry for psychology’s loss, whatever it is meint die ganzen zusammenbrechenden Psychologenstudien, was für die Psychologie als akademische Disziplin seltsam folgenlos bleibt.
Your Organization Probably Doesn't Want To Improve Things ist eine wichtige Perspektive. Manchmal stimmt es nicht, manchmal merkt man es deutlich.
Dem Titel zu trotz ist das keine direkte Antwort, Can't Be F*cked: Underrated Cause of Tech Debt geht aber in eine ähnliche Richtung. Manchmal ist der Wille einfach nicht da. Und manchmal ist das sogar okay.
Auch hier schien erst der Wille zu fehlen, aber ECC RAM on AMD Ryzen 7000 desktop CPUs geht wohl doch. Der Artikel geht ziemlich tief in die Validierung des fehlerkorrigierenden Arbeitsspeichers.
Unity-CEO John Riccitiello tritt zurück, nachdem Unity zuvor auch für bestehende Projekte ab 2024 eine Installationsgebühr erheben wollte. Die Pläne bestehen sogar immer noch, nur leicht entschärft. Wie sich die Firma jetzt verhält wird spannend.
Computerbase hatte FSR 3 mit FMF im Test: AMDs Frame Generation verwirrt, zickt und zeigt Potenzial.
Kanzleramt vernichtete Merkels persönlichen Kalender und bewahrte dadurch Merkels Kalendar vor dem Zugriff durch den Untersuchungsausschuss des Afghanistan-Abzugs. Natürlich völlig unkorrupt, dieses Land, so wie Kohl nie schwarze Kassen geführt hat.
"Hab Erbarmen mit uns" zeigt eine differenzierte Perspektive zu Israels Reaktion auf den Terrorangriff der Hamas.
Wladimir Putin sei Besessen von Amerika. Das Erklärungsmodell ist zumindest stimmig.
Das geht dann nicht mehr aus der Portokasse: Microsoft reveals IRS notice asking for $28.9 billion in back taxes.
She's the star witness against Sam Bankman-Fried. Her testimony was explosive, der Artikel meint Ellison, seine Freundin und zumindest auf dem Papier die Chefin von Alameda Research, wo ein Großteil der Kundengelder hingeflossen sein sollen.
Control
Tuesday, 10. October 2023
Obwohl Control mit Remedy Entertainment von den Machern von Max Payne ist, diese Abstammung teilweise sichtbar wird und Control auch ganz eigene tolle Szenen produziert, konnte der Third-Person-Shooter mich nicht richtig begeistern. Schlecht aber ist er nicht.
Befreiung einer Behörde
Zu Spielbeginn betritt Jesse Faden das Gebäude des Federal Bureau of Control. Doch niemand ist da, nur ein Hausmeister lässt sie freundlicherweise hinein. Als sie das Büro des Direktors betritt, hat dieser sich scheinbar gerade erschossen – und die Waffe wählt Jesse, der neue Direktor zu sein.
Diese Story ist erst der Anfang. Nach dem einsamen Beginn treten einige andere Personen und Entitäten in die Handlung. Sehr sichtbar sind dabei die besessenen ehemaligen Angestellten, einmal Quelle für die Gegner, aber auch für vor sich hinmurmelnde und ansonsten passiv schwebende Gestalten. Diese ersten Szenen mit dem Bürogebäude prägten den in Videos sichtbaren ersten Eindruck des Spiels, wobei später auch andere Umgebungen auftauchen.
Schrittweise Erweiterung
Jesse wird im Spielverlauf immer stärker und bekommt neue Fähigkeiten. So kann sie die Waffe in verschiedene Formen verwandeln und wechselt dann zwischen Revolver, Schrottflinte und anderen Varianten. Sie sammelt Artefaktfetzen, aus denen sie Upgrades für diese Waffen generiert, die auch direkt als Hinterlassenschaft von Gegnern gefunden werden. Und sie kann durch erfüllte Aufgaben Punkte sammeln, mit denen sie ihre eigenen Fähigkeiten sowie ihr Mana und ihre Lebensenergie erhöhen kann.
Vor allem aber erwirbt sie neue Fähigkeiten, wie die Fähigkeit zu schweben. Damit werden im verwunschenen Bürogebäude neue Gebiete zugänglich. Teilweise ist das Metroidvania-artig, werden also vorher erkundete Gebiete durch neue Fähigkeiten unerwartet zum Übergang in ganz neue Level.
Für die Kämpfe besonders wichtig ist ihre Telekinesefähigkeit. Damit kann sie Objekte auf Gegner werfen. Ist kein passendes zur Hand reißt Jesse damit Brocken aus den Wänden, aber noch besser eignen sich von Feinden geworfene Granaten oder einige große Objekte. Gut eingesetzt ist diese Methode gegen die meisten Gegner viel effektiver als die reguläre Waffe, wobei ein Typ Fliegegegner Wurfobjekten geschickt ausweicht.
Technik und Grafik
Control spielte eine Doppelrolle als Technikdemo für Nvidia. Upscaling mittels DLSS und Raytracing wurde hier so ziemlich zum ersten Mal in ein großes Spiel gepackt. Entsprechend oft wurde Control für die Präsentation dieser Techniken in Videos benutzt. Als jemand mit einer AMD-Grafikkarte und unter Linux sah ich davon beim Selbstspielen nichts. Zu diesem Fokus passte aber, dass dieses nicht mehr ganz taufrische Spiel auf meinem System nicht besonders gut lief und einiges Drehen an den Einstellungsreglern brauchte.
Die Grafik hat mich dann auch nicht umgehauen. Control sieht nie schlecht aus und es zeichnet immer wieder Areale, die man so noch nicht gesehen hat. Besonders die brutalistischen und nochmal verformten großen Büroräume sind schon etwas eigenes. Aber es ist auch alles arg grau und die Büroabschnitte irgendwann eintönig, zudem sind die Gesichter mit ihrer Mimik sehr eigenartig gelungen.
Wie Control sich Schritt für Schritt erweitert und irgendwann ziemlich abgefahren wird, das hat schon was. Und auch der Ton des Spiels ist positiv eigentümlich, mit den übernatürlichen und Horror-Elementen finnischen Einschlags. Aber irgendwas stieß mich immer wieder von diesem Spiel ab (und es war Control, dem ich immer mal wieder eine Runde Loop Hero vorzog). Vielleicht auch, dass ich es stellenweise als ziemlich schwer empfand und an den Kämpfen nur selten viel Spaß hatte. Und auch die Story motivierte mich nicht alleine zum Durchspielen, dafür ist sie nicht fesselnd genug. Aber da war eben der merkwürdige Einschlag, der Ton, die vielen Fehltöne auch gerade. Diese Elemente lassen innehalten, ließen mich das Spiel weiterspielen und überzeugten mich, dass Control mehr ist als eine Technikdemo. Aber es blieb das Gefühl, dass Control kein rundes Spiel geworden ist.
An einer Stelle war es das Spiel selbst, das mir vielleicht zeigte was mich störte: Als ich an einem späten Punkt des Spiels durch ein abgefahrenes Labyrinth spurtete, mit toller Musik untermalt Gegner weghauen durfte und Jesse auch ein entsprechend breites und mächtiges Sortiment hatte, dann war Control richtig toll. Aber das war eben die Ausnahme, sie ergab einen Flow, dem das Spiel sonst nur an wenigen Stellen nahe kam.
Linksammlung 40/2023
Friday, 6. October 2023
Diese Woche fand ich mehr als sonst besonders erwähnenswert:
In der Flugblattaffäre schreibt die SZ In eigener Sache und beschreibt ihre Recherchearbeit und Entscheidungsprozesse.
Einen Einblick in die deutsche Gesellschaft liefert Wohnbaracke auf freiem Feld brachte das ganze Dorf in Rage - Fast zehn Jahre schwelte der Konflikt um Schwarzbau. Ich fand das eindrucksvoll, als Perspektive darauf wie dieses Land lokal funktionierte.
Ganz anderes Thema, aber Stichwort "Lokal": You want to reduce the carbon footprint of your food? Focus on what you eat, not whether your food is local (via) zeigt Statistiken, denen zufolge es gar nicht so wichtig ist wo das Essen herkommt. Es gibt natürlich noch andere Gründe lokale Produkte zu kaufen, aber der geringe Einfluss des Transports war mir nicht klar.
Einen riesigen Einfluss auf die Cryptowährungen hatte jetzt schon der Beginn dieses Prozesses: The $8 billion Sam Bankman-Fried criminal trial starts today — here’s what’s at stake and how we got here. Ich finde es beachtenswert, wie detailliert und meiner Wahrnehmung nach korrekt der Zusammenschrieb von CNBC ist.
Eine allgemeinere Art von Einfluss habe The Insidious Lie That We Can’t Understand Each Other. Betrifft primär US-Politik, aber man hört so Stimmen auch hierzulande. Wieder Kritik, bei der man als Leser etwas Vorsicht walten sollte welche Richtung das einschlägt, aber sie scheint treffend.
Die Anti-Monopolbewegung in den USA hat „Never Seen Anything Like It“: The Biggest Month in Antitrust in 50 Years. Das alles betrifft auch uns in Deutschland, denn die Prozesse entscheiden den zukünftigen Charakter von Google, Amazon und anderen hier aktiven Riesenfirmen.
Auch ein Monopolthema, The biggest blocker to LibreOffice adoption? LibreOffice. Die Erfahrung habe ich leider auch machen müssen, dass LibreOffice immer noch inkompatibel und dadurch nicht nutzbar ist. Also, für andere, ich konnte mit kaputten Dokumenten meist gut leben, aber meine Rollen in Firmen waren bisher meist atypisch.
Genauso wichtig, dass bei Sprachmodellen kein Monopol entsteht, ein Mittel dafür ist vielleicht Mistral 7B: Fortschrittliches Open-Source-LLM aus Europa. Je mehr Technik den Giganten als Alternative im Weg steht umso besser für die Gesellschaft.
Bei Druckern kann man sehen, wie sich ein Oligopol auswirkt: HP fails to derail claims that it bricks scanners on multifunction printers when ink runs low. Die Druckerhersteller haben mit solchen Aktionen aber inzwischen eine Grenze überschritten und die Reaktion sieht schmerzhaft aus. Dass hier im Büro kein Drucker steht ist auch kein Zufall.
Und schließlich Reviews of Framework Laptop 13 (AMD Ryzen 7040 Series) are live. Der Framework-Laptop ist auch so ein Thema, das man ins Monopolfeld einordnen könnte, wo jahrelang die etablierten Hersteller der Welt mit Wegwerfprodukten geschadet haben. Hätte Framework nicht in den Markt gelangen können, hätten wir heute noch keine Alternative. Und deren neuen Ryzenmodelle bekommen sehr positive Reviews.
Disco Elysium, oder: Ich preise ein Meisterwerk
Monday, 2. October 2023
Disco Elysium hat bei Release sehr hohe Wertungen bekommen, mit der manchmal zu lesenden Einschränkung, dass das ungewöhnliche Rollenspiel nicht jeden ansprechen werde. Für mich, siehe Titel, war es großartig.
Aufwachen als namenloser Polizist
Das Szenario klingt nur im ersten Moment gewöhnlich. Zwar ist ein Gedächtnisverlust der Hauptprotagonisten bei Rollenspielen nichts neues, aber hier sei der nach Tagen des Dauersuffs und Durchfeierns eingetreten. Während im Garten des Hotels – zu dem das Zimmer gehört in dem man aufwacht – immer noch die Leiche am Baum hängt, wegen der man hier ist. Zumindest ist das die Version, die man zu Beginn hören wird.
Wahnsinnig ungewöhnlich ist auch die Art, wie man aufwacht. Innere Stimmen sprechen zu einem und wollen überzeugen, nicht aufzuwachen, der Schlaf sei doch so viel angenehmer als das Aufwachen und Erinnern. Es sind verschiedene Stimmen, verschiedene Teile des Gehirns und Körpers. Darauf kann man eingehen, oder widersprechen. Schafft man es, nach dem Aufwachen die Krawatte vom Deckenventilator zu holen (was absolut nicht garantiert ist) fängt plötzlich die an zu reden. Wahnsinnig eben.
Vom seltsamen Handeln in einer obskuren Welt
Auf diese Gespräche hat man Einfluss, also sowohl auf die inneren als auch auf die mit anderen Personen. Je nach anfänglicher Punkteverteilung sind die Charaktereigenschaften unterschiedlich ausgeprägt. Eine hohe Autorität führt zu anderen eingeworfenen Bemerkungen als eine hohe Empathie und das wiederum zu anderen eigenen Gesprächsoptionen.
Aber auch welche Optionen man wählt hat einen Einfluss. In der Hinsicht ist Disco Elysium wirklich ein Rollenspiel. So lehnte ich ins Absurde und ließ meinen Polizisten sich immer wieder als Disco-Polizist vorstellen, der mit Disco (und also: Tanzen, Feiern und früher Trinken) Fälle löst. Was zu herrlichen Reaktionen führt, aber vor allem zu Erstaunen beim in der Hotellobby angetroffenen sympathischen Begleiter Kim. Nochmal mehr, wenn dieser Ansatz dann wirklich immer mal wieder funktioniert. Aber ich hätte mich auch als gewöhnlicher Polizist vorstellen können, mir einen Namen ausdenken oder die Namensnennung vermeiden und mich wirklich dem Fall und der Polizeiarbeit widmen.
In und außerhalb der Gespräche gibt es oft Skillchecks, die hier je nach Fähigkeitenwert und anderen Faktoren (wie manchmal möglicher Vorbereitung, z.B. dem passenden Werkzeug in der Hand) eine prozentuale Erfolgswahrscheinlichkeit haben. Scheitern sie, können viele nochmal probiert werden, nachdem die Fähigkeit einmal erhöht wurde. Aber oft ist es auch okay wenn sie scheitern, sind sie nicht spielentscheidend und gibt es alternative Wege, passt das Scheitern gar zum Charakter – was den Unterschied ausmacht zu Wasteland 2, wo ich ein solches System massiv kritisierte. Gegen Ende und bei ein paar Szenen hat das System mich doch zum Schnellladen verleitet, aber oft genug konnte ich die Ergebnisse auch beim Scheitern akzeptieren. Fehlschläge und bestimmte Ereignisse können jedoch auch Lebens- oder Moralpunkte kosten, fallen sie auf Null ist das Spiel vorbei. Das setzt dem eigenen Verhalten Grenzen. Der verfrühte Tod kann aber meist noch durch Heilitems verhindert werden.
Man macht mehr, als nur mit den vielen Bewohnern des Stadtteils zu reden. Aber nicht unbedingt viel mehr. Man kann sich in dem kleinen Gebiet frei bewegen, mit ein paar temporären Blockaden. Es gibt Gegenstände, die ins Inventar wandern. Teilweise Ausrüstungsgegenstände, welche die eigenen Werte beeinflussen (und als Kleidung Kommentare auslösen können). Gegenstände zum interagieren, was dann als Gespräch mit dem Gegenstand aufgebaut ist. Und viele, die für die vielen Quests eine Rolle spielen. Runden- oder Echtzeitkämpfe, eigentlich ein elementarer Bestandteil vom Computer-Rollenspielen, gibt es nicht.
Ton, Dichte, Reaktivität
Disco Elysium ist mehr als seine ordentlich funktionierenden Spielmechaniken. Sein Ton, seine Dichte und seine Reaktivität machen es toll. Der Ton kommt primär durch die Art der Gespräche, gerade auch der Selbstgespräche, die manchmal an Sunless Sea und Teile von Planescape Torment erinnern, verstärkt durch die unglaublich gute Sprachausgabe (die im Final Cut vervollständigt wurde). Aber auch die Geschichte spielt hier rein, die (vielleicht) Schritt für Schritt aufgedeckt wird, die ich aber nicht spoilern will. Die Dichte kommt durch die unzähligen Querverbindungen, die vielen möglichen Aufgaben und die schiere Anzahl an interessanten, voll ausgestalteten Gesprächspartnern. Und Reaktivität ist klar, es stehen viele Handlungsoptionen offen, auf die oft überraschend reagiert wird; Eben nicht nur einmalig im Mikrokosmos des einen Gesprächsfensters, sondern immer wieder auch durch spätere Folgereaktionen auf das bestimmte Ereignis oder die eingenommene Haltung. Da ist es fast schade, dass viele reguläre Gespräche eben doch wiederholbar sind.
Aber natürlich kann das Spiel kein komplett freies Rollenspiel sein. Durch die angebotenen Optionen und durch den Charakter der Spielwelt wird es auch immer eine bestimmte Richtung haben – in meinem zweiten Anspielen als No-Nonsense-Polizist sprach wieder die Stadt selbst mit mir und erzählte von ihrer Geschichte, will meine Wirbelsäule nicht das ich aufstehe. Es gibt zudem unweigerlich immer diesen nostalgischen und traurigen Unterton, durch die wohl gesetzte schmerzliche Vergangenheit und verstärkt durch die Zerstörtheit der Stadt
Doch es gibt genug Gesprächs- und Handlungsoptionen, um in diesem Rahmen mehr als nur eine Rolle konsequent zu spielen, und es gibt die entsprechenden Reaktionen und Auswirkungen. Gerade hier brilliert Disco Elysium, wenn auch noch der absurdeste Nebenquest und das seltsamste Gespräch durch passende Ergebnisse weitergesponnen wird – und das oft überschwappt in die Haupthandlung.
Das Ergebnis spielt sich großartig und ist unheimlich fesselnd. Es wirkt nur auf eine andere Art fesselnd als wie CRPGs normalerweise funktionieren. Das erklärt die Einschränkung bei den Empfehlungen. Die Bindung funktioniert weniger durch die teils auch vorhandenen mechanischen Rollenspielelemente wie dem Hochleveln und Ausrüsten, sondern mehr durch das intellektuelle Rollenspiel in einer unbekannten und andersartigen Welt, durch (wenn auch limitiertes) Handeln in der Welt und primär den Gesprächsoptionen.
Bugs
Umso schmerzlicher ist es dann, wenn mein Wirken in der Welt durch technische Probleme blockiert wird. Das ist mir nur einmal aufgefallen, aber es war extrem unglücklich: Um ein wichtiges verlorenes Ausrüstungsstück wiederzuerlangen sollte nachts an einem bestimmten Ort ein Treffen stattfinden. Ich war da, die Kontaktperson nicht. Mit dem Problem bin ich nicht alleine, es finden sich ein paar Berichte im Internet. Leider war dieses Treffen auf den letztmöglichen Tag gerutscht, ich musste den Rest des Spiels mit dem Verlust leben, was wichtige Auswirkungen auf die Handlung hatte. Neuladen auf einen vorherigen Tag hätte zu viel Spielfortschritt zerstört, eine Lösung fand ich nicht.
Bei Disco Elysium ist immer der unfassbare Aufwand spürbar, der in diese Millionen Zeichen zählende Texte, die unglaublich vielen Interaktionen, die extrem ausgearbeitete Spielwelt, die perfekten Sprecher (besonders Hauptsprecher Lenval Brown, der mit verstellter Stimme die Hälfte des Spiels allein vertont hat) und den passenden Grafikstil mit seinen Zeichnungen geflossen ist. Das zu sehen ist dann schier unglaublich und mir unerklärlich, wie ein solches Spiel produziert werden konnte. Noch unglaublicher, dass ein solches – und das ist positiv gemeint – verkopftes Werk dann sogar erfolgreich war. Dass das möglich war ist ein Zeichen dafür, wie weit Computerspiele als Medium bereits gekommen sind, wie weit auch die Spielerschaft ist. Okay, klar, hier im Blog sind so einige beliebte Spiele aufgetaucht deren Reiz nicht aus einer simplen Massentauglichkeit stammt – Deus Ex, Metro Exodus, Baldur's Gate; Computerspiele sind schon lange ein komplexes Medium. Aber Disco Elysium setzt mit seiner künstlerischen Unzugänglichkeit nochmal einen drauf und war trotzdem sehr erfolgreich, das erstaunt mich einfach.
Disco Elysium hat alle Merkmale eines Unikats mit einer enthaltenen künstlerischen Vision, die nur in einer bestimmten und nicht replizierbaren Umgebung zu einem fertigen Spiel werden konnte. Selbst wenn die gleichen Leute es nochmal probieren würden, ich würde niemals darauf wetten, dass das Ergebnis wieder so gelingen könnte. Der Versuch, es in eine wiederholbare Formel zu pressen – wie sie bei Filmen existiert – würde es zerstören.
Dass andererseits mittlerweile der hinter dem Spiel stehende Autor Kurvitz aus dem Studio gekickt wurde, samt einer laut Vorwurf korrupten feindlichen Übernahme und dem Diebstahl der Marke durch einen Unternehmer, passt dann wieder eher zu unserer normalen Realität. Mit einem würdigen Nachfolger ist wegen all dem in absehbarer Zukunft nicht zu rechnen, vielleicht nie.
Linksammlung 39/2023
Friday, 29. September 2023
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Warren Spector reimt 40 years and I'm still here, schaut aber vor allem auf seine außergewöhnliche Karriere zurück, die ja mit Deus Ex das beste Computerspiel aller Zeiten einschließt. Und das ist nur eine von vielen Stationen.
Er blieb eben fest an seinem Thema und hatte dann noch Talent und viel Glück, als ungewöhnlich sieht das The Age of the Grift Shift. Andere schalten von Crypto zu Metaverse zu KI. Ich empfand das als nicht verkehrte Analyse, aber mir fehlte ein bisschen, dass diese Hypethemen eben nicht gleichwertig waren. Das aus Crypto stammende Web 3.0 war ein völlig offensichtlicher Scam – Cryptowährungen und das Prinzip Blockchain waren aber nicht ganz gehaltlos –, das Metaverse war auch ziemlich klar eine Totgeburt, aber KI mittels großen Sprachmodellen hat neben überzogenen Versprechungen auch echte Anwendungsfelder. Und es war nicht Youtube, wo das Denken von Werken im Internet als "Content" definiert wurde, das passierte auch schon vorher und parallel, bei anderen Medienfirmen und vor allem bei SEO.
Es kommt vielleicht zu einer Anwendung von Datenschutzrichtlinien bei der Datenweitergabe an Schufa: Mobilfunkanbietern droht Klagewelle, weil sie unnötig Daten übermittelt haben sollen. Gleichzeitig ist das gesamte System der Schufa unter Beschuss, wie in Woche 11 verlinkt.
Während dort Datensammlung bekämpft wird, macht sich die EU in der Hand von Ursula von der Leyen an den Aufbau einer Komplettüberwachungsinfrastruktur samt Verbot von Verschlüsselung. Der Zeit-Artikel dazu ist hinter der Paywall, lest stattdessen Lobbygeflecht bei Chatkontrolle: "Schlimmste Befürchtungen bestätigt", das fasst es gut zusammen. Gegen Zensurpläne der Zensursula zu demonstrieren war einer meiner ersten politischen Schritte, dass sie es jetzt schon wieder versucht ist unfassbar.
Auch unfassbar, in einer solchen Zeit zu leben, denn Es ist Völkermord und deshalb kann die Ukraine gar nicht kapitulieren, meint der Schriftsteller Serhij Zhadan.
Serendipity 2.5-beta1
Thursday, 28. September 2023
Von der hier genutzten Blogsoftware gibt es nun eine neue Version, Serendipity 2.5-beta1. Die Ankündigung ist auch im Serendipity-Blog.
2.5-beta1 soll hauptsächlich PHP 8.2 ordentlich unterstützen. PHP 8.0 – worauf Serendipity 2.4 ausgelegt war – wird noch bis Ende November 2023 vom PHP-Projekt gepflegt, danach dürften einige Hoster die Option entfernen. Die neuen Versionen haben wieder einige inkompatible Änderungen und brauchen deswegen ein neues Release. Als ein Beispiel hatte 8.1 strftime
deprecated. Spuckt zwar erstmal nur eine Warnung, aber je nachdem wo die aufpoppt ist schon das problematisch, daher musste da Code ersetzt werden. Bzw in diesem Fall hat surrim die Funktion mit einem Polyfill ersetzt.
Intern sind noch einige Änderungen mehr, ein paar von mir. So hatten wir vor einiger Zeit angefangen, Abhängigkeiten in bundled_libs/ mit composer zu verwalten. So kann man sie einfacher auf eine neue Version aktualisieren und sieht auch direkt, auf welcher Version sie stehen. Das ging aber nicht mit allen, schlicht weil sich dann ihr Pfad ändern würde. Dafür fanden wir einen Workaround, sodass jetzt ein paar dort platzierte Abhängigkeiten mehr von composer verwaltet werden können, darunter das historisch problematische HTTP/Request2.
Extern ein bisschen sichtbarer sollten die von 2k11 nun lokal gehosteten Webfonts sein. Dadurch kann man sie jetzt problemlos wieder anmachen. Die Abmahngefahr hat sich wohl mittlerweile durch ein Vorgehen der Gerichte gegen die Abmahnanwälte erledigt, aber der IP-Leak zu Google musste ja trotzdem nicht bestehen bleiben. Und Garvin hat einen potentiell sehr ekligen Bug gefixt, durch den die Berechtigungen bei den Nutzergruppen falsch angezeigt wurden und entsprechend verstellt gespeichert worden wären. Die Beta hat noch ein paar mehr Verbesserungen dieser Art zur 2.4.0.
Zur Einordnung der Stabilität: Es ist eine erste Beta. Und nicht alle Plugins sind mit ihr bzw mit PHP 8.2 getestet worden. Andererseits war der Sprung nicht so groß wie damals zu PHP 8.0, als das Release mit wesentlich mehr Aufwand betrieben werden musste. Ich rechne diesmal nur mit kleineren Problemen und ein paar nötigen Pluginupdates. Aber es wird sich zeigen, was dem Projekt berichtet wird, das bestimmt dann die nächsten Schritte. Je nach Rückmeldung sollten wir bald eine zweite Beta oder einen RC raushauen und damit eine neue stabile Hauptversion einleiten können.
Linksammlung 38/2023
Friday, 22. September 2023
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
In the Google antitrust trial, defaults are everything and nobody likes Bing. Die Berichterstattung aus dem in der letzten Linksammlung erwähnten Prozess gegen Google beginnt direkt interessant.
Kernfusion bestätigt mein Verständnis von dem eben überhaupt nicht nahen Energieversprechen.
Anderes Thema, auch von Köhntopp: Kein Homeoffice, keine Kekse. Nicht nur wegen des tollen Titels. Sondern auch, weil selten deutlicher die strategische Bedeutung des Homeoffice für Firmen beschrieben wurde.
We Are Retroactively Dropping the iPhone’s Repairability Score, sagt ifixit, wegen den durch DRM blockierten Ersatzteilen. Richtig und wichtig.
Wirecutters Why We’re Pulling Our Recommendation of Wyze Security Cameras fällt mehr in die Kategorie überfällig. Überwachungskameras mit Cloudanbindung sind eine selten dämliche Idee und hätten nie empfohlen werden sollen.
Und schließlich ein Sittenwidriges, „wucherähnliches Rechtsgeschäft“: Ex-RBB-Direktorin muss nach Gerichtsurteil auf 1,8 Millionen Euro Ruhegeld verzichten (via), das ist ziemlich unfassbar. Eine solche juristische Gegenwehr gegen die Selbstbedienungsmentalität mancher Führungsetagen ist völlig ungewohnt.
Dark-Mode für diesen Blog
Wednesday, 20. September 2023
Dieser Blog hat nun einen Dunkelmodus bekommen, der so aussieht:
Um den Vergleich später und im Feedreader einfach zu machen, das normale Design sieht derzeit so aus:
Wie das funktioniert hatte ich für PC-Kombo näher beschrieben. Es war hier sehr ähnlich, es musste relativ wenig CSS in die CSS-Datei hinzugefügt werden, das dann per Media-Query den Dark-Mode aktiviert und vorher gesetzte Farben mit dunkleren Alternativen überschreibt. Auffällig diesmal war, dass ich öfter unset
und ein paarmal inherit
benutzt habe um Farbdefinitionen aufzuheben. Für die Markup-Buttons beim Kommentarformular kam wieder filter: invert(100%)
zum Einsatz, das RSS-Icon dunkelt ein filter: brightness(90%)
ab.
Stilistisch ist der dunkle Modus ziemlich retro geworden. Das passt eigentlich nicht besonders zum Originaldesign, aber ich fand es hatte was, daher durfte es erstmal so bleiben.
Beim regulären hellen Design sind auch ein paar Farbdefinitionen neu. Beim Prüfen des Kontrasts für den Dunkelmodus – übrigens inzwischen komfortabel bei der Farbwahl in Firefox Entwicklerkonsole eingebaut – war mir aufgefallen, dass auch im bisherigen Design der Kontrast teilweise nicht ausreichend war. Beispielsweise war die Linkfarbe zu hell und der weiße Text der Navigationsbuttons oben rechts auf einem zu hellen Hintergrund (was bei gleicher Kombination beim Blogtitel durch dessen Größe funktioniert). Wo es mir auffiel habe ich nachgebessert. Außer einer besseren Lesbarkeit der Seite sollten diese Änderungen aber nicht auffallen.