Mein Eindruck von Baldur's Gate: Siege of Dragonspear
Monday, 5. December 2022
Siege of Dragonspear ist eine Erweiterung, die in der Enhanced Edition des ersten Baldur's Gate die Storylücke zwischen Teil eins und zwei füllen soll. Sie hinterließ bei mir einen schließlich doch negativen Eindruck.
Gelungener Anfang
Auf der einen Seite ist die Ausgangslage nicht schlecht. Nach den Geschehnissen im Hauptspiel erklärt die Stadt Baldur's Gate den Spielercharakter zu ihrem geschätzten Helden. Ein nicht uninteressanter erster Dungeon führt in diese Rolle ein, beschreibt dabei direkt Imoens Weg zur Magierin (sie war ja in BG1 ein Dieb, in BG2 dann eine Doppelklasse Dieb/Magierin) und ein Zerfallen der alten Heldengruppe durch Wegfall ihrer alten Existenzberechtigung. Kaum zurück bedroht ein Kreuzzeug die Stadt, dem eine eigene Armee entgegengeschickt werden soll – begleitet von der eiligst wieder zusammengerufenen Heldentruppe des Spielers.
Schon bei diesen Anfangsszenen wird klar, dass sich die Erweiterung ein paar Freiheiten vom Grundspiel nehmen und es übertrumpfen will. Teils schlicht, indem Techniklimitierungen aufgelöst wurden. Die Karten sind nun nicht immer gleich (über-)groß, sondern oft kleiner, sodass sie zu durchsuchen weniger nervig wird. Doch auch wenn klein, sind sie manchmal beeindruckend übervoll mit NPCs. In den Städten sind das zumeist Statisten, mit denen man nicht interagieren kann. Später sind es Verbündete und Gegner, was zu echten Massenschlachten führt, eine wirkliche Neuerung selbst zu Teil 2.
Einige andere Modernisierungen helfen dem alten Spielkonzept zusätzlich: Dass abgelehnte Begleiter im Lager auf eine neue Rekrutierung warten, dass es für überschüssige Gegenstände eine sichere Schatztruhe gibt. Die ganzen Interaktionen mit den Story-NPCs in der Stadt und während dem Kreuzzug wirken freier, wirkmächtiger als die im ersten Teil noch sehr begrenzten und immer auf die Abenteurerrolle beschränkten Interaktionen. Schnell wirkt Siege of Dragonspear so insgesamt deutlich moderner als Teil eins, gar stärker noch als Teil zwei.
Die Gefahren des Übertrumpfens
Doch andererseits sind manchmal solche Steigerungen kombiniert mit echten Macken.
So ist die Hauptgeschichte übertrieben bombastisch. Sie passt nicht zur kompakten Story des ersten Teils, passt nicht zum langsamen Beginn des zweiten, führt die Gruppe in Gebiete in denen sie nicht verloren hat. Der Kampf geht dabei gegen Gegner, gegen die keine Chance bestünde, wären sie universumsgetreu skaliert.
Treue zum Quellmaterial ist sowieso ein Problem: Wohl im Versuch, die Erweiterung dichter zu machen und mit dem zweiten Teil zu verknüpfen, werden in Begegnungen mit Irenicus (die schon alleine zwecks Konsistenz mit BG2 nie hätten stattfinden dürfen!) Geschehnisse um den Bhaal-Hintergrund eingeführt, die der Geschichte des Nachfolgers widersprechen. Mindestens aber Spoiler sind.
Die Massenschlachten sind cool, aber sie sind auch frustrierend, weil zielgerichtetes Handeln – und als Konsequenz, zu gewinnen – in ihnen nicht einfach ist. Bei der ersten Massenschlacht kann sogar ein nicht vom Spieler gesteuerter potentieller Begleiter einfach sterben, je nach vorheriger Entscheidung weitab vom Bildausschnitt des Spielers, was ich erst durch seine herumliegende Ausrüstung bemerkte.
Genauso führt wohl dieser Drang, die alten Spiele zu übertrumpfen, das Spiel dazu einen mächtigen Drachen als optionalen Gegner zu präsentieren – aber der ist unbesiegbar für jede Gruppe, selbst bei erreichter momentaner Maximalstärke. Daher gibt es einen Trick, mit dem der Drache doch getötet werden kann, der wird aber im Spiel nie auch nur angedeutet und muss online nachgelesen werden. Wenn der Trick nötig ist, warum wird er dann nicht verraten? Wenn er nicht nötig ist, warum ist er dann im Spiel? Wenn man solche Fragen stellen muss, warum ist dann der ganze Drache da?
Handwerkliche Fehler
Kombiniert ist das mit handwerklichen Fehlern, die weder das Hauptspiel noch der Nachfolger so je gemacht hätten. Die haben dann nichts mehr mit übertrumpfen zu tun, sondern wären in jedem Kontext verkehrt.
Besonders auffällig: Die Hauptstory ist eine Idiotengeschichte – würden sie sich einmal hinsetzen und über das Problem reden wäre das Problem gelöst, aber das darf nicht geschehen, daher hört künstlich niemand zu. Wichtige Storytreiber verhalten sich wie Idioten, daher der Name. BG1 hatte in der Richtung auch ein paar Tendenzen mit der Handhabung der Doppelgänger, aber die Grundstory war solide. Bei BG2 ist sie über jeden solche Zweifel erhaben, die Handlungen und die Motivation von Irenicus sind klar und konsistent, genauso der allgemeine Verlauf der Geschichte.
Es gibt bei der Geschichte wieder einen Endgegner. In allen anderen Baldur's Gate ist davor ein ruhiger Moment, in der gespeichert und die Gruppe mit Tränken und Zaubern gestärkt werden kann. Nicht so hier, vor dem Endkampf gibt es andere Kämpfe und eine fremdgesteuerte Fahrt auf einem Aufzug, also ein Zeitlimit. So könnten Spieler in Sackgassen rennen.
Auch in anderen Aspekten läuft das Spiel wie auf Schienen. Die Story gaukelt einige Entscheidungen vor – ich durfte aber dem Gamestar-Test entnehmen, dass sie nicht echt sind. So wird über die Auslieferung des Spielercharakters entschieden, wobei man der Idee zustimmen oder ihr widersprechen kann, den Ausgang der Entscheidung beeinflusse das nicht. Dass die Haupthandlung linear ist: Geschenkt, das war bei Baldur's Gate immer so, auch wenn dort das Zurückreisen möglich war, aber gut. Aber solche Einflussmöglichkeiten anbieten, aber nicht umsetzen? Das geht nicht.
Manche der Gespräche und Begegnungen sind besser gelungen. Ich fand zum Beispiel die Goblinschamanin und ihre Interaktionen nicht verkehrt. Andere sind unverzeihlich fehl am Platz, wie eine Trans-Priesterin als NPC, die nach einem Quest diese ihre darauf basierende Lebensgeschichte der Spielergruppe erzählt und die dann klatschen darf. Das in einer Welt der Götter und Magie, in der ein verfluchter Geschlechtswechsel-Gürtel einer der ersten findbaren magischen Gegenstände ist, ein Geschlechtswechsel komplett normal ist. Es hier zu etwas anderem zu machen ist peinlich und störend.
Und klar, auch die Originale haben diese Lücke gelassen, aber Thema peinlich: Wenn man schon ein Spiel um eine Handlungslücke strickt, wäre es dann nicht gut sie auszufüllen? SoD macht das nicht, stattdessen ist die Gefangennahme wieder ein unerklärt gelungener Überfall im Wald. Welch krasser Gegensatz zur Stärke der Gruppe im ersten Teil das schon war, wie noch unpassender es zu den Geschehnissen in dieser Erweiterung wirkt!
Ein zu negatives Bild?
Auch wenn das jetzt viel negatives war, so ganz verkehrt ist Siege of Dragonspear doch nicht.
Es ist zum einen schlicht neues Material in der alten Engine und dem alten Universum, was sich oft toll anfühlt, weil es Spaß macht zwischen all den vertrauten Elementen neues zu entdecken. Dabei sind die Quests und Kämpfe qualitativ deutlich über dem, was früher von Moddern für Baldur's Gate abgeliefert wurde. Und man merkt ja auch die Experimentierfreude, auch, dass hier eine Verneigung vor dem Grundspiel geschaffen werden sollte. Nur doof, dass ein in Teilen das Grundspiel übertrumpfendes (bei den Massenschlachten z.B.), storytechnisch komplett verwirrtes und mit handwerklichen Fehlern gespicktes Spiel so gar nicht in die anvisierte Lücke passt, ausgerechnet in der Rolle als Mittler zwischen BG1 und BG2 arg fehlplatziert ist. Das Gegenteil hätte es gebraucht: Eine dezente, konservative, mit einem Maximum auf Konsistenz in Ton und Handlung bedachte und handwerklich perfekte Erweiterung, die mit einem geschickten Dreh das Original mit seinem Nachfolger verbindet.
Siege of Dragonspear ist von diesem Ideal leider zu weit entfernt.
Baldur's Gate Enhanced Edition
Monday, 7. November 2022
Etwa bei der Hälfte meines ersten Durchgangs der mir neuen Enhanced Edition von Baldur's Gate kam mir ein Gedanke: Ich spiele dieses Spiel vielleicht falsch. An allen Ecken und Enden gibt es neue Gefährten, die oft einen konkreten Anlass haben um meiner Gruppe beitreten zu wollen. Die aber ist voll, besetzt von ewigen Favoriten wie Jaheira. Wäre es nicht viel sinnvoller, im Kern eine Mini-Gruppe zu haben – nur den Haupt-Charakter und Imoen, oder gar ganz alleine unterwegs zu sein – und dann die Gefährten nur für ihre spezielle Geschichte mitzunehmen?
Dass ich darauf nicht direkt kam liegt am von mir damals zuerst gespielten zweiten Teil. Dort bieten die Gefährten längere Beziehungen, selbst die nicht-romantischen, entwickeln sie sich im Spielverlauf weiter. Das scheint in diesem nun aufgehübschten Vorgänger aber noch weniger das Konzept gewesen zu sein
Manche Aspekte der Spielregeln unterstützen diesen mir neuen Wechselansatz. Denn die gewonnene Erfahrung wird aufgeteilt unter den Gruppenmitgliedern. Je kleiner die Gruppe, je schneller der Levelaufstieg, was gerade bei diesem bei Stufe 1 beginnenden AD&D-System einen enormen Stärkesprung verschafft. Andererseit ist das Spiel selbst nicht darauf ausgelegt, kann doch keine Klasse wirklich alle Herausforderungen meistern. Es braucht einen Dieb zum Entschärfen von Fallen, einen Magier für die späteren Gegner, einen Kleriker zum Heilen und einen Kämpfer zum Tanken der Gegner. Oder?
Solche Überlegungen anstellen zu müssen passt nur zu gut zu diesem Spiel. Das erste Baldur's Gate ist ein ungelenkes Computer-Rollenspiel, altmodisch und toleranzbedürftig. Die "Enhanced Edition" mag ein paar Kanten abschleifen, vor allem aber erweitert sie das Spiel. Diese Erweiterungen sind einerseits toll, andererseits beseitigen sie die Grundprobleme nicht.
Zurück zum Beginn: Was ist Baldur's Gate?
Baldur's Gate ist in meinen Augen der Vorgänger des größten CRPGs. Bioware erreichte 2000 mit Baldur's Gate 2 den Höhepunkt der isometrischen 2D-Rollenspiele, der Vorgänger von 1998 war zwar schwächer, aber bereits ziemlich großartig. Die kleine Rollenspiel-Renaissance vor kurzem mit Pillars of Eternity bezog sich auf nichts anderes als Baldur's Gate 1 und 2, Bioware kam hiermit in die Lage erst Dragon Age, etwas später das unglaubliche Mass Effect zu entwickeln – und das Bioware, das Baldur's Gate ablieferte, hätte niemals das Ende der Trilogie vermurkst und damit die Firma beerdigt.
Baldur's Gate war genauso ein isometrisches 2D-Rollenspiel, man steuerte also seine Charaktere in einer Draufsicht von schräg oben. Mindestens der Hauptcharakter wird zu Beginn selbst ausgewürfelt und zusammengestellt, die anderen Charaktere können im Spielverlauf gefunden werden. Das Spiel ist dann aufgeteilt in viele zu bereisende Einzelkarten, es gibt Gegner und Schätze, vor allem aber Quests zu erledigen und eine Fantasy-Geschichte zu erleben.
Typisch für die Zeit war die Verwendung eines existierenden Rollenspielsystems, AD&D. Nicht alle Eigenheiten des Systems passten zu einem Computerspiel, es so gut wie möglich in eine spielbare Form zu pressen war die große Herausforderung. BG1 meisterte das mit seinem pausierbaren Echtzeitkampfsystem, bei dem die Runden und Würfelwürfe fast unmerklich im Hintergrund ausgeführt wurden.
Mehr als nur Spielregeln gab das Universum dem Spiel einen Rahmen, von Monstern zur Spielwelt zu Gegenständen bis Zaubersprüchen, wobei BG1 darin den Anfang einer unverschämt größenwahnsinnigen Geschichte erzählte. Wie üblich in Pen&Paper-Rollenspielen geht es im Spiel um eine gesamte Heldengruppe, hier nur eben kontrolliert komplett von einem Spieler, anders als in der analogen Variante ist in BG1 der eigene erstellte Charakter definitiv der Hauptcharakter. Die anderen Charaktere blieben jedoch nicht stumm, was meines Wissens revolutionär war; Mit Charakteren wie Minsc und seinem Miniatur-Riesenweltraumhamster wurden sogar ewige Klassiker erschaffen. Die völlige Ausgestaltung des Gefährtensystems mit Gesprächen, Charakterquests und Liebesaffären zu einer Bioware-Erfolgsformel folgte jedoch erst im zweiten Teil.
BG1 war dabei eine fast noch geerdete, klassische Fantasygeschichte, deren weitere Auswirkungen ebenfalls für den zweiten Teil aufgespart wurden. Der zu Beginn aufwändig erstellte Hauptcharakter lebt ein ruhiges Leben abgeschottet in einer Burg voller Mönche und Bücher. Doch sein Vater, der Magier Gorion, wittert nun Gefahr. Das Zusammensuchen der eigenen Ausrüstung und die Vorbereitung auf die Flucht ist das Tutorial. Die Flucht scheitert tragisch, der Spieler findet sich alleine im Wald wieder – Gefährten zu finden und dem Verfolger zu entkommen oder ihn zu stellen wird das Spielziel. Was nichts für jetzt ist, auf Stufe 1 ist je nach Charakterklasse sowieso noch der schwächste Gegner eine echte Herausforderung, sondern nach vielen Umwegen und Levelaufstiegen etwas für später.
Erweiterungen durch die Enhanced Edition
Die Enhanced Edition (EE) umfasst alle Aspekte des Originals, modernisiert es angelehnt an Baldur's Gate 2 und erweitert es dann noch um eigene Elemente. Sie unterstützt dabei Windows, Mac und Linux – hier wurde nicht gekleckert.
Erstmal bietet sie weiterhin das Grundspiel, dessen Ablauf nahezu unangetastet ist. Es gab für BG1 aber damals schon die Erweiterung Tales of the Sword Coast, die vier neue optionale Gebiete voller Quests für eine Gruppe nahe dem Spielende einbaute und das Erfahrungspunktemaximum fast verdoppelte. Die ist hier enthalten.
Dann ist das Spiel in vielen Punkten modernisiert worden. So werden höhere Auflösungen unterstützt, samt dadurch notwendiger Hochskalierung des ansonsten zu kleinen Interfaces. Die UI wurde gleich ausgewechselt, das neue bewahrt die Grundstruktur, zeigt aber mehr vom Bild. Es hat auch eine neue Item-Aufsammelleiste und veränderte Menüs wie beim Charakterübersichtsbogen und dem nun durchsuchbaren Tagebuch. Die Grafik sieht erst wie früher aus, ist es im Detail aber nicht, sie ist wie die Charakterportraits beim Hochskalieren geglättet und pixelige Elemente wie die Charakterstatuskreise wurden ausgewechselt.
Dazu kommen die weiteren Änderungen, die nicht alle von mir gewürdigt werden können, zu lange ist mein letzter Kontakt mit dem Original her. Aber es müssen zuerst viele Bugs gefixt, dabei auch für die Balance und Konsistenz Details von Quests geändert worden sein. Bei der Charakterauswahl gibt es mehr Auswahl an Klassen und Kits, neue Stimmen und Charakterportraits.
Und schließlich sind da die neuen Inhalte: Drei neue mögliche Begleiter, deren Vertonung weit ausführlicher ist als die Vertonung der originalen Begleiter, sind nur der Anfang. Dazu kommt mit der Erweiterung Siege of Dragonspear eine an das Ende anknüpfende neue Kampagne, ein Thron des Bhaals für BG1, das die Lücke zwischen dem ersten und zweiten Teil schließen soll. Was übrigens dem von mir 2010 nicht empfohlenen Big World Setups ähnelt, einer Modsammlung, die ebenfalls die Lücke füllen wollte und daran kolossal scheiterte. Ob der Entwickler Beamdog es besser macht soll aber nicht Teil dieses Artikels sein, die originale Kampagne ist Thema genug. Denn es gibt viel zu diskutieren.
Wieviele Macken das Spiel doch hat
Aller Nostalgie und allen positiv gewerteten Erweiterungen zum Trotz muss hier auch stehen, dass BG1 kein perfektes Spiel ist. Teils liegt das an der AD&D-Grundlage, teils an Limitierungen der Entwickler bzw der Technik, ansonsten an Macken in der Handlung und schließlich Problemen mit der versuchten Modernisierung. Doch der Reihe nach.
Das Problem mit AD&D
Ich lehne mich mal direkt aus dem Fenster: AD&D ist schlicht keine gute Grundlage für ein gutes Computerrollenspiel. Was überraschend ist, warum war es (bzw D&D davor) dann so oft die Grundlage für sie? Doch die modernen Rollenspiele der gleichen Machart, die aber eben auf diese Grundlage verzichteten – allen voran Pillars of Eternity und Tyranny, auch Spiele mit alternativen Systemen wie Torment: Tides of Numenera und Shadowrun Returns könnte man zählen – zeigen das nur zu deutlich.
Das Problem beginnt direkt bei den Klassen: Kämpfer sind hier schlicht langweilig, weil sie nichts können. Mit ihnen klickt man auf den Gegner, dann schlägt der Kämpfer zu bis der Gegner tot ist, die Steuerungsmöglichkeiten erschöpfen sich beim Einwurf eines Tranks und der richtigen Waffenauswahl. Den Kämpfer auszurüsten und zu spezialisieren macht trotzdem noch Spaß, das gilt aber für alle anderen Klassen mindestens genauso. Der Vorteil dieser Klassenwahl ist, wie viel einfacher sie den Spielbeginn macht.
Ihr Gegensatz sind Magier: Sie sind ziemlich interessant, weil hier AD&D so viele und mächtige Zaubersprüche bereitstellt. Doch dafür brauchen sie in jedem Kampf Babysitting, muss entschieden werden welche Zauber eingesetzt werden sollen. Die sich dann auch noch bis zur nächsten Rast verbrauchen, was eine Gruppe mit Magiern (und genauso Priestern) ständig zu spielflussstörenden Pausen zwingt. Noch dazu sind Magier gerade zu Beginn furchtbar schwach und können von jeder Ratte umgehauen werden. Ihr Vorteil ist wie stark sie auf höheren Stufen werden, wenn normale Kämpfer ohne Spezialausrüstung gegen Magier gar nichts mehr ausrichten können.
Wie viel Sinn macht solch ein Gegensatz bei einem Spiel, das auf Stufe 1 beginnt? Das gleichzeitig ein so geringes Levellimit hat, das Magier nie wirklich stark werden können? Das aber in einen zweiten Teil mit wesentlich höheren Levellimit führt, in das der Hauptcharakter exportiert werden kann, sodass dies bei Klassenwahl mitbedacht werden muss? Und bei dem die Spielergruppe zu Beginn nur aus dem Hauptcharakter besteht, diese Limitierungen also voll durchschlagen?
Es macht gar keinen Sinn. Selbst wenn man doch meistens eine komplette Gruppe steuert, die man entlang dieser Limitierungen ausbalancieren kann: Ein gutes Computerrollenspielsystem würde alle Klassen interessant und immer relevant halten, ihnen nur ihren eigenen Ausprägungen und Spezialisierungen geben. Und was ich hier anhand von Kämpfern und Magiern beschreibe gilt genauso für alle anderen Klassen, mit Klerikern nahe den Magiern, Dieben irgendwo zwischendrin; Der Rest besteht sowieso nur aus Spezialvarianten dieser Grundklassen.
AD&D war eben beim Balancing nicht für Computerspiele gemacht. Sondern für Pen&Paper-Rollenspielrunden, bei denen der Spielmeister um ihre übelsten Auswirkungen herumarbeiten kann und sie sich ansonsten immerhin fürs aktive Rollenspiel eignen. Wobei, auch da ist es kein Zufall, dass moderne Varianten von D&D die Unterschiede beim Kampf zwischen Magiern und Kämpfern mittels aktiver Fähigkeiten minimieren, und das obwohl kein Computerspiel mehr auf dem System aufbaut.
Dazu kommt das Magiesystem. Die Zaubersprüche mit ihren absurden Namen zu lernen ist unabdingbar, aber selbst von den Namen abgesehen sind nicht gerade selbsterklärend. Warum skalieren manche Zauber mit dem Charakterlevel, andere nicht? Was braucht es, um welche negativen Statuseffekte zu heilen? Welche Schutzzauber sind effektiv, wie sind sie zu knacken, wie erkennt man welche Schutzzauber beim Gegner aktiv sind? Welche Gegner sind gegen welche Schadensarten empfindlich? Man muss das alles wissen bzw mühsam lernen. Was ich vor 20 Jahren halbwegs getan habe und jetzt immer noch zurechtkomme, aber das ist doch keine dem Spiel zuzurechnende Qualität.
Genauso ist es eigentlich mit den Monstern: Dass gewisse Monster bestimmte Gegenmittel brauchen, versteinernde Basilisken z.B. einen bestimmten Zauber oder magischen Trank, kann vor der Begegnung mit ihnen erfahren werden. Kann aber auch leicht verpasst werden und ist für neue Spieler sicher nicht offensichtlich.
Zum Problem wird das Ganze wegen der Balance des Spiels selbst. Zuerst ist der Anfang schwierig, je nach Charakterwahl sogar sehr schwierig. Dann wird das Spiel mit gefundenen Begleitern und ersten Aufstiegen wesentlich leichter. Das Ende wird dann aber durch die starken Buffs der Endgegner (das gilt sowohl für den regulären Endgegner sowie für die optionalen) wieder sehr schwierig, wo dann eine gut ausbalancierte Gruppe mit optimaler Ausrüstung sowie völliges Durchschauen des AD&D-Magie- und Kampfsystems vorausgesetzt wird. Teils ist selbst dann noch etwas kreative Nutzung von Macken im Gegnerverhalten notwendig, wenn sie die eigene Gruppe beispielsweise nicht verfolgen oder Schutzzauber mit der Zeit verfliegen, die Gruppe rasten und sich regenerieren kann, der Gegner seine Zauber dabei nicht erneuert und dann schutzlos ist. Es gibt noch einige andere solcher "cheesigen" Strategien, ein Zeichen eines fordernden und fairen Kampfsystems ist ihre Existenz nicht.
Die technischen Limitierungen
Ein Spiel, das im Grunde von 1998 ist, ist natürlich technisch limitiert. Heute treten diese Limitierungen aber voll zutage.
Ausrüstung ist am Charakter zu sehen, aber nur teilweise. Wenn ein Charakter einen Umhang anlegt passiert beispielsweise gar nichts. Sowieso, die Charaktere sind so futzelig klein, dass selbst beim Heranzoomen die Ausrüstung kaum zu erkennen ist. Ähnlichkeiten zum Charakterportrait sind pure Einbildung. Animationen sind minimal, Effekte ebenso und der Feuerball schon der Höhepunkt, außer gelegentlich herumlaufenden NPCs und Monstern bewegt sich wenig auf den (trotzdem ja hübsch gezeichneten!) Spielgebieten. Aber gut: 1998.
Für mich trotz dem Alter kritikwürdig sind die Reaktionen auf ungewöhnliche Abläufe. Wenn mich eine Frau ausschickt, ihren Mann in einer Mine zu finden, ich aber schon in der Mine war und seinen Dolch im Inventar habe, warum muss dann erst dieser Quest angenommen werden und sie zum Erledigen desselben dann nochmal angesprochen werden? Fast immer fehlt die Antwortoption "Oh, das habe ich bereits getan, hier nimm".
Wenn Charaktere nach einem Gespräch verschwinden sollen, laufen sie zu irgendeiner Tür oder in den Kriegsnebel. Völlig unabhängig davon, ob die eingeschlagene Richtung eine sinnvolle ist. Wäre es unmöglich gewesen, dafür glaubwürdige Pfade in den Gebieten vorzugeben?
Wie man mit den Gebieten richtig umgeht ist auch so eine Sache. Man muss als Spieler lernen, dass es Teil des Spiels ist, die verschiedenen Abschnitte immer ausführlich zu erkunden. Nur so stolpert man über alle Quests und alle versteckte Ausrüstung. Das wird im Laufe der Zeit fast schon nervig, weil gerade außerhalb der Stadt die Gebiete oft belanglos erscheinen. Die Gebiete sind aber alle gleich groß, nicht skaliert gemäß ihrer Relevanz. Das bedeutet viel Herumlaufen mit einigen Kämpfen und nur gelegentlichen interessanteren Begegnungen. Genauso ist die Stadt in Abschnitte unterteilt, die angesichts ihrer harten Kanten überraschenderweise scheinbar aber so nicht vorgesehen waren.
Was mich aber wirklich überrascht hat: Questgeber beschrieben ihre Aufträge oft nicht ordentlich. In der Stadt gibt es beispielsweise einen Zauberer, der von Konflikt zweiter Nekromanten berichtet den er beenden will, wofür der Spieler zwei Gegenstände stehlen soll. Er erwähnt mit keinem Wort wo diese Nekromanten sich aufhalten, nichtmal das Stadtviertel. Ihre Häuser sind nicht auf der Karte markiert, was bei einigen anderen Quests die Rettung ist. Das Internet hilft heute, Internet hatte man 1998 im Zweifel nicht.
Als nicht ordentlich umgesetzt empfinde ich auch die Gefährten. Es gibt viele davon, die Erstbegegnung und ihre späteren Kommentare sind oft toll. Doch es fehlen – abseits der Spezialcharaktere der EE - die Gefährtenquests und die Gespräche mit ihnen, sodass sie recht blass bleiben, obwohl manche mit ihren initialen Zielen Ansätze davon haben und dann auch entsprechend handeln. Der großartige Ansatz ist also da, aber leider nicht durchgezogen. Auch gibt es eben zu viele Gefährten um sie alle zu erleben, was aber aufgrund der notwendigen Gruppenbalance und dem Gesinnungssystem sowieso nicht ginge. Mehrfach durchspielen also, die Spielzeit ist ja nur ~70 Stunden…? Werden Gruppenbeitrittsgesuche abgelehnt verschwinden die Personen auch noch für immer, stattdessen muss man sie aufnehmen und direkt wieder aus der Gruppe entfernen, was kompletter Irrsinn ist. Dabei hätte es mehrere gute Sammelorte gegeben.
Die Orte der Erweiterung Tales of the Sword Coast gehören da nicht dazu, denn sie sind leicht verpassbar folgt man der Haupthandlung, nach der sie nicht nachholbar sind. Erkundet man andererseits gründlich die Weltkarte kann man mit dem Turm über einen Hauptdungeon der Erweiterung stolpern und ihn lösen, ohne vorher im ganz woanders liegenden zugehörigen Dorf die Quest und Hilfsmittel dafür zu finden. Davor warnt einen nichts und niemand, obwohl da eine passende Person herumsteht, mir ist das prompt passiert. Erreicht man danach das Dorf doch ist dies nicht vorgesehen, fehlen wieder die passenden Antwortoptionen um vom schon befreiten Turm direkt zu berichten.
Man sieht: So kompetent BG1 auf manchen Ebenen auch ist, auf anderen fehlte den Entwicklern eindeutig Erfahrung, Können oder zumindest Zeit.
Die Macken der Handlung
Bei den Macken der Handlung würde ich es nicht auf die Zeit schieben wollen. BG1 erzählt einfach eine komplett seltsam konstruierte Geschichte. Leichte Spoilerwarnung!
Es erschafft mit Sarevok einen Antagonisten, der direkt zu Spielbeginn tätig wird. Danach wird er bis zum Spielende nicht mehr gesehen. Sein Kontakt zum Spieler und Hauptcharakter beschränkt sich auf findbare Briefe, in denen dann ein Marek einen Morak anweist doch bitte den Spieler zu töten, damit Murok einen ausgetüftelten Plan zur Monopolisierung eines Marktes umsetzen kann. Komplett charakterlose Personen, denen man allen nur einmal begegnen wird. BG2 umschiffte das teilweise dadurch, dass in Ingame-Zwischensequenzen das Wirken des Antagonisten und mancher NPCs gezeigt wurde, BG1 kam darauf noch nicht. Die Briefe sind kein brauchbarer Ersatz (der Punkt könnte auch oben als technische Limitierung passen).
Es gibt eine größere Hintergrundgeschichte um einen Gott, was als Motivation und große Enthüllung dient. Was das für den betroffenen Hauptcharakter bedeutet bleibt komplett vage, weil es in das nächste Spiel verlagert wurde. Ja, das Ausblenden dieser Geschichte verschafft dem ersten Teil Bodenhaftung, aber es macht die Geschichte auch inkomplett. Die Schilderung der Auswirkungen des Endes fehlt gar komplett. Baldur's Gate wäre so ohne den zweiten Teil eine große Enttäuschung gewesen, das merkt man beim Spielen auch jetzt noch etwas.
Dazu fehlen Handlungsalternativen. Es gibt ein paar kleinere Weggabelungen in der Haupthandlung und viele Nebenquests können auf unterschiedlichen Wegen gelöst werden. Doch die Handlung komplett umzudrehen geht nicht, selbst für böse Spielercharaktere gibt es kein alternatives Ende. Und es gibt einige vertane Chancen im Kleinen: Wenn mich ein Monsteranführer anspricht, warum ich grundlos seine Schützlinge angreife, wäre das wesentlich wirkungsvoller wenn das denn stimmen würde (und nicht stattdessen sie als Minimal-KI bei Sichtkontakt schreiend auf meine Gruppe zurennen) und es dann wirklich die Möglichkeit gäbe, mit den Monstern Frieden zu schließen. Die gibt es nicht.
Monster sind auch in der Haupthandlung relevant. Immer wieder spielen da Gestaltwandler eine Rolle, die Organisationen unterwandern. Man sollte meinen, eine Gesellschaft mit solchen Wesen würde damit rechnen, sich davor schützen und vor allem die Möglichkeit immer in Betracht ziehen. Warum diese Wesen überhaupt dem Oberbösen helfen wird nicht erklärt, wenn doch nicht deutlich genug und ich habe es verpasst.
Generell passt nicht zusammen, welche Beweise man wie früh findet und wie wenig man damit unternehmen kann. Warum glaubt die Stadtführung der Gruppe nicht direkt, warum braucht es mehr Beweise als die vielen gefundenen Briefe?
Die Probleme der Enhanced Edition
Schließlich gibt es auch noch Probleme mit der Enhanced Edition. Keine, die sie mich negativ sehen lassen, aber ausgespart werden sollen sie nicht.
Baldur's Gate hatte für die Zeit typische Rendersequenzen als (zu seltene) Zwischensequenzen. Die EE wechselt die mit gezeichneten Videosequenzen aus. Die sehen besser aus, klar. Aber sie haben andere Details, verändern teilweise wie sie auf den Spieler wirken. Warum sind sie nicht optional zurückwechselbar?
Ich redete oben vom moderneren Interface, doch ist es eben nicht das originale BG1- oder BG2-Interface. Warum ist das keine Option? Warum kann das Originalinterface nicht ausgewählt werden, so hässlich das erste auch war? Gleiches gilt für die Änderungen bei den Charakterbögen, die so chaotisch früher sicher nicht aussahen.
Mir gefiel die vollständigere Vertonung der neuen Begleiter (ich hatte nur eine davon in der Gruppe, aber auch die anderen tauchten auf und redeten etwas), aber ihr Gegensatz macht diesen eben auch sichtbar. Neue Inhalte sind so fühlbar anders, was die alten stummer wirken lässt als ohne die Präsenz der neuen. Unvermeidbar, wenn man nicht alles komplett vertont, aber das wäre ja sowieso ein (dann zwingend optionales) Ideal gewesen.
Zu diesem Ideal hätten auch noch mehr Bugfixes gehört. Im Gegenteil war ich überrascht, wieviele Bugs noch im Spiel sind. Zwei besonders nervige: Mein mit einem Dolch bewaffneter Hauptcharakter bleibt gerne direkt vor Gegnern hängen, er zittert dann vor und zurück, greift aber nicht an. Schade auch, weil Dolche rechnerisch im Spiel wohl gute Waffen wären, durch diesen Bug aber unbrauchbar sind. Und meine Diebin schaltet KI-gesteuert immer in den Fallensuchmodus, was gut ist, bricht dabei aber manchmal ihre Bewegungsaktion ab, bleibt also einfach stehen. Wenn beim Anschalten des Suchmodus ein Container offen ist geht dieser zu, was extrem nervig ist und reproduzierbar nach ein paar Sekunden jedes mal passiert.
Abgesehen von Bugfixes ist es ein schmaler Grat, wieviele Änderungen von Fans der Vorlage akzeptiert worden wären (wie bei der oben erwähnten vollständigeren Sprachausgabe), aber ich zumindest hätte mir noch mehr Grafikverbesserungen gewünscht. Alle Ausrüstungsgegenstände am Charakter sichtbar, den dazu weniger pixelig zu haben und die Effekte der Zaubersprüche sowie die Animationen zu verbessern wäre doch nur positiv gewesen. Ich denke da an die Modernisierung von Diablo 2, die viel besser aussieht, aber jederzeit nahtlos zur Originalgrafik schalten kann. Sowas wäre toll gewesen.
Wie toll das Spiel doch ist
Thema toll: Diese überlange Liste an Kritikpunkten verdeckt völlig, wie toll und spannend Baldur's Gate 1 auch heute noch ist und wieviel es durch die Enhanced Edition gewinnt.
AD&D bringt viele Stärken
Das AD&D-System ist überkomplex und nicht balancierbar. Gleichzeitig macht es das interessant. Wenn Kämpfer nur anfangs stark sind und Magier später dominieren, warum dann nicht als Kämpfer anfangen und ihn zum Magier umskillen? Das System kann das als Dualklasse, es hat Nachteile und macht das Spiel nicht weniger komplex, aber gibt eben doch eine Lösungsmöglichkeit zur Hand. Wobei das nur mit Menschen geht, andere Rassen können dafür direkt als dann langsamer sich auflevelnde Multiklassen anfangen.
Generell ist es eine Herausforderung, das System verstehen zu lernen und für sich selbst zu nutzen. Und auch zu schauen, welche Lösung vielleicht nicht optimal ist, aber zum Durchspielen mit der passenden Gruppe völlig ausreicht.
Das System ist auch ein Hauch Heimat. Was ich als Anfänger mühsam lernen müsste und objektiv kritisieren sollte ist in Wirklichkeit längst im Kopf verankert. Wie was die Zaubersprüche machen und ihr Zusammenspiel, welche Monster es gibt und was die typischen magischen Items sind. Für Spieler damals könnte das ebenfalls gegolten haben, wenn sie von anderen CRPGs schon mit (A)D&D konfrontiert worden waren und hier auf ihr altes Wissen zurückgreifen konnten.
In AD&D bei Stufe 1 anzufangen ist eine große Hürde am Anfang, hat aber auch etwas positives: Man wird in Baldur's Gate 1 sehr schnell sehr viel stärker und kann gleichzeitig seinen Charakter sowie die Gefährten von Grund auf anpassen. So gelangt man schnell an eine gut zusammenspielende Gruppe und erfreut sich daran, nun problemlos durch vorher schwierige Gegnergruppen sich durchschnetzeln zu können.
Baldur's Gates Geschichte, Welt und Gefährten sind klasse
Für solche Kämpfe gibt die Spielwelt und auch die Geschichte viel Anlass. Die Story mag absurd sein, aber sie ist gleichzeitig passend für ein Rollenspiel. Man kann sich vorstellen eine so ähnliche Geschichte mit Freunden als Pen&Paper-Rollenspiel als Kampagne zu spielen (ohne den Gottbezug), vielleicht auch als Fantasybuch zu lesen (mit mehr zwischenmenschlichen Details). Sie führt auch gut durch diese Spielwelt und gibt reichlich Möglichkeiten, die stärker werdende Heldengruppe sich direkt stark fühlen zu lassen, geschickt Plan um Plan der Bösen zu durchkreuzen.
Und dabei sind nicht alle Aktionen zwingend! Zwar sagt das Spiel die nächsten Stationen deutlich an, durch Gespräche und Journaleinträge. Doch können die auch ignoriert und stattdessen die Landschaften erkundet werden. BG1 ist keine komplett lineare Geschichte, die Spielerfreiheit führt dazu den eigenen Fortschritt als Leistung zu empfinden, als Handeln in einer komplexen Welt. Eine Illusion, klar, aber eine gut gemachte.
Doch was sind schon System und Story, sind die eigentlichen Höhepunkte nicht die Gefährten? Liebenswürdig der stotternde Kahlid und seine rauhe Frau Jaheira, Minsc mit seinem Hamster und seiner Hexe, absurd der tatsächlich chaotisch böse Gnom Tiax mit seinem Welteroberungsanspruch. Wenn die dann auch noch ein initiales Ziel haben bekommen sie Charakter, so wie wenn Minsc seine Hexe befreien will und ansonsten die Gruppe verlässt. Dass dann leider nicht mehr viel kommt ist schade, doch sind selbst die gelegentlichen Kommentare angenehm. Ich muss hier aufpassen, nicht zuviel mit BG2 zu vermischen, wo die Gefährten noch weiter ausgebaut sind. Immerhin bringt die EE deren Formel für die drei neuen Gefährten auch nach BG1 und damit mehr Gespräche und Reaktionen, was ich wirklich als bereichernd empfand.
Baldur's Gate 1 hat auch abseits der Gefährten einiges an Humor, mehr als ich mich erinnern konnte. Teils als versteckte Eastereggs, wie die leicht verpassbarenden singenden Priester im Tutorial, die völlig überraschend tatsächlich die folgende Geschichte prophezeien. Oft in Form von seltsamen Begegnungen, wie die autogrammgebenden drei Gnome mit den Namen der Bioware-Gründern. Ähnlich mit der Spielebene brechend war das junge Mädchen, das auf die typische Rollenspielsprechgesprächsoption mit "Du spricht ja komisches Zeug" antwortet. Und als im (ansonsten nur als leichter Regen sichtbare, aber klar hörbare) Gewitter tatsächlich ein Blitz in Khalid einschlug und tötete war ich so amüsiert wie baff – und froh, dass ich alle paar Sekunden speichere.
Die Enhanced Edition verbessert vieles
Und dann ist da die Freunde an der Enhanced Edition. Dass es sie gibt, dass hier offensichtlich mit viel Liebe an diesem Klassiker gearbeitet wurden. Die vielen kleinen und größeren Verbesserungen sind superangenehm zu sehen. Und es war für mich eine Chance, vorher verpasste Inhalte (insbesondere der Originalerweiterung) nachzuholen, wofür ich dankbar bin.
Man darf dabei auch gerade die Grafikverbesserungen nicht zu geringschätzen. Die Grundgrafik mit ihren Zeichnungen mag die gleiche sein, aber sie ist doch geglättet worden. Das Interface weniger altbacken zu haben irritiert mich nur wegen der Alternativlosigkeit – ich möchte wirklich das alte als Option sehen – trotzdem ist auch das eine starke Verbesserung.
Schließlich sind da die reparierten Bugs. Ich erinnere mich, damals mit einigen gekämpft zu haben. Das mag teilweise an der Version gelegen haben, ich spielte Baldur's Gate 1 nach dem zweiten Teil mittels eines inzwischen aufgegebenen Projekts im BG2-Interface. Aber auch ohne diesen Faktor wurde wohl viel ausgebessert, denn viele Wikieinträge erklären nachträglich die Unterschiede und zeichnen ein Bild vieler grundlegender Fixes.
Neben den Bugfixes ist besonders angenehm, dass sich durch die Inhaltsfülle das Balancing verbessert. Es war im Original zu leicht, chancenlos unterlevelt mit ungenügender Ausrüstung vor dem finalen Bossgegner zu stehen. Auch jetzt kann das noch passieren, nimmt man nicht genügend der neuen Gebiete mit oder stellt man die Gruppe etwas unglücklich zusammen. Aber die Chance dafür ist minimiert, so viele Möglichkeiten zum Aufleveln und so gute magische Ausrüstungsgegenstände im Spiel nun zu finden sind.
Fazit
Was bleibt? Ein fesselndes Spiel, vollgestopft bis zum Gehtnichtmehr, das Levellimit wird mit etwas Sorgfalt garantiert lange vor dem Ende erreicht. Ein Wiedersehen mit alten Bekannten, wenn auch bei mir leicht veränderten Bekannten, kenne ich doch den zweiten Teil besser und sind die Gefährten dort durchaus etwas anders – was nicht an den Änderungen der Enhanced Edition liegt, sondern schon immer so war. Von den Modernisierungen der EE ist vieles gelungen, überraschend viel eigentlich, besonders auffällig und einnehmend waren für mich die erweiterten Charaktervertonungen der neuen Begleiterin. Gleichzeitig wiegt gegen all das positive der immer wiederkehrende Gedanke, dass diese und jene Situation ein modernes Spiel doch wesentlich besser gelöst hätte. Ähnliches gilt für die Änderungen der Enhanced Edition, bei der mir auf der einen Seite die Neuerungen nicht weit genug gehen (bei den grafischen Verbesserungen z.B.), andererseits manche der Änderungen mir nur deswegen nicht gefallen, weil sie nicht per Optionsmenü rückgängig machbar sind.
Nach der originalen Geschichte ist das Spiel noch nicht vorbei, sondern beginnt mit Siege of Dragonspear eine neue Erweiterung. Wie gut die ist folgt in einem eigenen Artikel. Denn ich möchte jetzt sowieso mit dem gleichen Charakter die gesamte Serie durchspielen. Derzeit ein Kämpfer mit Armbrust und Langstab, soll er bei Stufe 9 auf die Magierkarriere umsteigen, was geht weil ich für ihn bei Spielbeginn unheimlich gute Werte gewürfelt habe. In Baldur's Gate 1 begleitete ihn übrigens dann doch weiterhin eine feste Gruppe, Imoen (als Diebin im Fernkamp), Jaheira (Druide/Kämpfer und bei mir Fernkämpferin sowie Heilerin), Khalid (als zweiter Nahkämpfer), Kivan (Ranger, Bogen-Fernkampf) und Neera (die neue Magierin aus der EE).
Ein großes Danke an Thomas für das Spiel. Sein Review, das interessanterweise ein anderes Interface zeigt, findet sich in seinem Blog.
Sorcery! Teil 3
Monday, 31. October 2022
Der dritte Teil von Sorcery! verliert mich zu Beginn, ganz ähnlich wie der zweite. Gewinnt mich dann wieder zurück, nur um mich am Ende zu verärgern.
Eine direkte Fortsetzung
Natürlich gibt es Änderungen zu den ersten beiden Teilen, aber das Grundprinzip ist in Teil drei gleichgeblieben: Eine mit vielen grafischen Elementen aufgelockerte, immer noch textlastige Umsetzung eines unheimlich aufwendigen Spielebuchs, bei dem der Spieler auf der Suche nach einer magischen Krone durch eine Fantasiewelt wandern muss und viele Herausforderungen zu meistern hat. Im Artikel zu den beiden Vorgängern steht mehr zum Ansatz und zur Spielmechanik.
Die Geschichte knüpft direkt an den zweiten Teil an. Die Stadt wurde verlassen, ein Niemandsland muss durchwandert werden. Schnell wird klar: Es ist gar nicht ausschließlich Niemandsland. Das offenbart eine neue Spielmechanik: Diesmal stehen einige Türme in der Landschaft, bei denen ein Teleskop und damit ein magischer Kegel bewegt werden kann. In seiner Reichweite wird die Landschaft verändert, grün und bevölkert. Das Spiel erklärt die Hintergrundgeschichte dazu früh.
Ein weiteres neues Spielelement: Diesmal geht es nicht um das Finden eines Zauberspruches, sondern um das Besiegen von sieben Schlangenwesen. Die seien unterwegs zum Oberbösen, um ihn vor der eigenen Ankunft zu warnen. Man solle sie töten oder schneller als sie sein, sagt ein Hinweisgeber direkt zu Beginn.
Wieder anfängliches Chaos
Dementsprechend versucht man hier, schnell durch die Landschaft zu kommen – und das ist ein Fehler. Ich weiß nicht, ob es nicht doch ein Zeitlimit gibt. Aber zumindest sind die Schlangen an festen Orten in der Gegend verteilt, scheinbar egal wie lange man braucht. Man soll wieder nachts rasten und Nahrung wird zur Heilung benötigt, aber davon gibt es genug zu finden. Anstatt zu hetzen und dann die Ereignisse als Blockade wahrzunehmen sollte man das Spiel also ganz entspannt angehen, kann das aber anfangs nicht wissen. Nur für ein solches systematisches Vorgehen eignet sich aber die Spielkarte mit ihren vielen verschiedenen Wegen, wobei diesmal die auch als Teleporter fungierenden Türme beim Gebietswechsel und mehrmaligem Durchsuchen helfen.
Versteht man das erstmal wird die Mission auf einmal wieder spannend. Denn wie beim Vorgänger hilft der gewonnene Fokus dem Spiel dann sehr. Besonders der Kniff, dass die zu besiegenden Schlangen besondere Schwächen haben. So gibt es eine Feuerschlange, deren Schwäche man sich vorstellen kann. Die Informationen dazu zu finden, die verschiedenen Begegnungen möglichst gut aufzulösen, die Karte langsam zu erkunden und zu beherrschen – all das macht Spaß. Vor allem, wenn die ersten Schlangen fallen und der Weg vorwärts klar scheint.
Doch genau bei der weiteren Entwicklung dieser Dynamik ging mir das Spiel später arg auf die Nerven. Denn der Weg ist ab einem gewissen Zeitpunkt keinesfalls klar, die meisten der Schlangen haben doch keine offensichtlichen Auffindeorte. Am Ende musste ich für zwei davon sogar im Internet nachrecherchieren. Das schlimmste: Die letzte Schlange fand ich gar nicht. Um sie zu besiegen muss man in einem bestimmten Moment das richtige antworten und hat dazu nur eine Chance, die meine war verpasst. Das ist einfach kein gutes Spieldesign, der Fokus von zuvor zerfasert, verwandelte sich bei mir in Frustration.
Auch ärgerten mich manche der kaum vermeidbaren Rückschläge. Beispielsweise eine Begegnung, in der unweigerlich ein magischer Gegenstand geklaut wird, ohne den dann später ein bestimmter Zauberspruch nicht benutzt werden kann. Man kann später einen zweiten solchen Gegenstand finden, aber auch das wäre leicht zu verpassen. Solche unnötigen Einschränkungen der eigenen Fähigkeiten halfen dem Spielspaß nicht.
Am Ende prophezeite mir das Spiel ein durch mein Scheitern erschwertes Finale im vierten Teil, wobei das Internet diese Konsequenz verneint. Ich werde es sehen, befriedigend war das Ende des Spiels bezüglich dieser Mission so aber auf jeden Fall nicht. Immerhin waren einige andere Geheimnisse erfahrbar, z.B. welche Zaubersprüche andere kontern, was im Zauberbuch dauerhaft vermerkt wird. Und die im Spiel erzählte Geschichte wurde etwas weiter ausgebaut, eine Handlungsalternative angedeutet. Es war also kein totales Scheitern. Und auch vom Spielspaß nicht, denn die vielen kleinen Rätsel zu lösen, Kämpfe zu gewinnen und die Karte so vollständig zu erkunden machte zwischendurch richtig viel Spaß.
Die Serie geht also nicht völlig unter, das ganze bewahrt sich auch einen Teil der Anfangsfaszination. Aber ich hatte mit dem dritten Teil die gleichen Probleme wie mit dem zweiten: Die schwierige Anfangsmotivation durch anfängliche Unklarheit, die Schwierigkeit ein akzeptables Ende zu erreichen. Wie ich die Spieleserie als ganzes bewerte wird daher stark vom finalen Teil abhängen.