Schlimm an den kaufbaren Items in Eve ist nicht der Preis. Es ist höchstens dumm, so viel zu verlangen, dass man in 40h bei hunderttausenden Spielern nur 52 verkauft. Auslöser der Aufregung ist der Inhalt dieses internen Newsletters, der die Mikrotransaktionen in einen anderen Kontext setzt:
In den gut geschrieben Artikeln wird ausführlich argumentiert, nicht wirklich ob man spielrelevante Items verkaufen soll, sondern wie man sie am besten verkauft und in welchem Ausmaß.
I’ve been using virtualgoods sales for a long time now and actually prefer them over subscriptions. Why? Because they let me manage my spending, and I’ll sometimes prefer to buy a better experience when engaging in my hobby
Es sind diese Aussagen über ein kaufbares Spielerlebnis, in denen der Kern der ganzen Kontroverse über die aktuellen f2p-Modelle steckt. Es geht um fühlbare Gerechtigkeit. Und das ist bei Computerspielen noch nicht so lange ein Thema.
Spiele sollen durch Erlebnisse Spaß machen. In Multiplayerspielen, um die es hier geht, gibt es mindestens zwei Erlebnisebenen:
- Das gemeinsame Erfahren der fremden Welt und Geschichte.
- Der Wettstreit untereinander.
Früher war das fair: Einmal gekauft, gehörte das ganze Spiel dem Käufer und nichts konnte den fairen Wettstreit behindern. Außer Cheater, die entsprechend verhasst sind.
Dann kamen MMOs mit Abomodellen, und wer deren Einführung verfolgt hat wird sich sicher noch an die große, im Raum stehende Frage erinnern, ob Leute wirklich bereit sind, Spiele nicht nur zu kaufen, sondern jeden Monat neu zu bezahlen um sie spielen zu dürfen. Wir wissen nun, viele sind es.
Es folgten die Free2Play-Modelle mit Ingame-Shop (und gar die Abospiele plus Item-Shop, die doppelt Geld verlangen, worauf Eve zusteuert).
Hier beginnt der Drahtseilakt zwischen Gerechtigkeit und somit dem Spielspaß aller und dem Profit. Möglichst attraktive Items im Shop, und spielrelevante Items sind natürlich attraktiv, erhöhen den Kaufanreiz, senken aber den Gesamtspielspaß all derer, die nicht bereit sind dafür Geld auszugeben. Was wiederum mögliche Kunden vergraulen kann. Das Mikrotransaktionsmodell (bei DLCs ist es das gleiche) gefährdet beide Ebenen: Nicht mehr ist die ganze Geschichte erlebbar und nicht mehr gewinnt im Wettstreit der mit mehr Skill.
Wem macht es Spaß, im Kampf nicht durch das Können des Gegners besiegt zu werden, sondern weil dieser vorher die "Munition der Vernichtung +1000" für 20€ gekauft hat?
Doch scheint es hier eine Lücke zu geben. Wir leben in einer reichen Gesellschaft, in der Konsum selbstverständlich ist. So pervers es auch sein mag, dass manche 60€ für ein virtuelles Monokel ausgeben können und damit 16% des Hartz IV-Regelsatzes, so viele gibt es, die dafür das Geld haben oder sich nehmen. Dadurch können auch Spiele eine Chance haben, die ohne dauernde Geldinvestition keinen Spaß machen, eben wenn sich genug Leute finden die das nicht stört und die alle Geld hineinstecken. Und so für Geld die Spielgerechtigkeit wieder herstellen.
Da Eve vor allem von Geschäftsleuten und Nerds mit Schuhen auf dem Kopf gespielt wird könnte das hier vielleicht sogar funktionieren. Für die Sammelkartenspielen fanden sich auf dem Schulhof ja auch genug. Doch es gehört schon viel dazu, erst durch das Abomodell den Spielern ein Anrecht auf das gesamte Spiel zu geben (sie zahlen ja dafür, ständig) und dann trotzdem, auch noch als Modell im Nachhinein eingeführt, für Gegenstände nochmal Geld zu verlangen. Schon bei kaufbarer Deko das fühlt sich ungerecht an - Pläne, diese Ungerechtigkeit durch den Verkauf spielrelevanter Items auszuweiten, sorgen natürlich für Ärger.
Es gibt Gegenmodelle dazu. League of Legends beispielsweise ist auch kostenlos spielbar, aber gegen Geld kann man sich sofort Helden freischalten (was alternativ durch erspielbare Punkte dauerhaft geht) sowie Skins kaufen. Das habe ich hier schonmal genauer beschrieben. Und es gibt sicher viele weitere Beispiele von Spielen, die kostenlosen Zugang gewähren, sich durch den Verkauf virtueller Waren finanzieren aber dabei versuchen, die Spielgerechtigkeit nicht anzutasten.
Ein Scheitern dieses Spagats, das ist das Schlimme. Ein Scheitern am Anspruch von zahlenden Abonnenten, Zugang zum ganzen Spiel und, als Grundvoraussetzung für Spielspaß, die gleichen Chancen zu haben - und damit am Scheitern des Gerechtigkeitssinns der Spieler. Der eben doch noch so ausgeprägt ist, dass es auch in unserer kapitalistischen Gesellschaft manchmal noch falsch wirkt, wenn jemand nur durch Geld einen Vorteil hat.
Das muss nicht auch noch ingame so sein.
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