Wenn Google Reader am 1.7 schließt, wird das sicher niemanden mehr überraschen. Über diese seltsame Entscheidung von Google wurde ausführlich geschrieben. Am Anfang stolperte ich auch fast täglich über Artikel, die alternative Feedreader vorstellten. Doch jetzt, kurz vor Ende, sehe ich kaum noch solche Artikel, dabei gibt es inzwischen neue Alternativen. Also stelle ich diese neuen von mir angetesteten Feedreader mal kurz vor.
CommaFeed
CommaFeed läuft nun schon eine Weile, und ich bin hängen geblieben. Es ist einfach ein Klon von Reader und macht seinen Job im Grunde gut. Alle notwendigen Funktionen sind drin, die Oberfläche ist passabel, mit der user.css in den Einstellungen kann der große Patzer, die Schriftgröße, behoben werden. Es wird versucht, mit Spenden den Dienst zu finanzieren, sonst ist er kostenlos und Open Source.
Probleme: Die Seite war jetzt öfter mal offline und die Feedaktualisierung war sehr langsam. Manche Feeds wurden scheinbar noch nie gelesen seit dem Import, dann kommt plötzlich ein Block mit x alten ungelesenen Artikeln, das passierte sogar noch vor ein paar Tagen. Angeblich soll das nun besser werden, und tatsächlich ist die Seite ja auch schon einen weiten Weg gegangen, von dem Zusammenbruch beim Launch und dem damals nicht funktionierenden Import zu einem halbwegs soliden System.
go read
go read (Edit: Link entfernt, da mittlerweile eine Follower-Kaufseite) benutzt sogar das gleiche Styling wie CommaFeed, wohl ein Bootstrap-Standard. Genauso ein Reader-Klon wie Commafeed, vll noch näher am Original, mit dem gleichen Finanzierungsmodell und ebenfalls frei. Als go read auf HackerNews vorgestellt wurde fand ich es beeindruckend, wie die Seite unbeeindruckt weiterlief statt zusammenzubrechen. Der Import meiner Feeds klappte problemlos und ihre Aktualisierung war in wenigen Minuten erledigt.
Ich denke, dass ich hierdrauf wechseln könnte, wenn in ein paar Tagen die eine für mich notwendige Funktion drin ist: Das Ausblenden von Feeds ohne ungelesene Artikel.
BazQux
bq habe ich mir eigentlich nur angeguckt, weil ich schauen wollte, wie sich ein unfreier Reader schlägt (30-Tage umsonst, danach ab 9€ im Jahr). Und ich muss sagen: nicht schlecht. Es fehlt die user.css von commafeed, aber sonst sind alle notwendigen Funktionen da und etwas mehr, z.B. das direkte Anzeigen von Kommentaren und das Holen gekürzter Feeds, was sehr gut zu funktionieren scheint. Gar nicht so wenige Einstellungen und netterweise eine Benachrichtigung per Mail, dass die Feeds fertig importiert sind. Könnte sein Geld wert sein, vor allem wenn die Feedaktualisierung angemessen schnell für einen kostenpflichtigen Dienst funktioniert.
Dafür gefällt mir das Aussehen nicht, das ist mir alles zu fitzelig klein und eng. Und F5 wird blockiert, es öffnet eine Tageingabe, anstatt damit die Seite neu laden zu können - was mich vermuten lässt, dass da noch weitere Macken schlummern.
Macken und die Zukunft
Insgesamt ist der Wegfall von Google Reader natürlich schade, selbst wenn das Aufkommen von so vielen Alternativen was gutes ist. Aber was Verlässlichkeit und schnelle Feedaktualisierung angeht, sind die neuen Feedreader noch nicht so weit und es bleibt fraglich, ob sie je mit der Infrastruktur Googles hätten konkurrieren können. go read unterstützt nichtmal pubsubhubbub! Und bei CommaFeed merkt man nichts davon. Ob bq wirklich besser ist, muss sich erst noch zeigen. Selbst wenn, dafür hat der andere Macken.
Generell, Macken: Woher kommen alle diese Webdesign-Fehler? So setzen alle drei die Schrift kleiner, go read und CommaFeed auf 14 px und bq schlicht auf 90%, und nur CommaFeed gibt eine Möglichkeit, das zu korrigieren (und die ist nicht für Anfänger geeignet). Gut, den Unsinn hat schon Google Reader gemacht, aber muss man das 2013 wirklich wieder händisch korrigieren? Ausgerechnet bei Seiten, die zum langen Lesen gedacht sind.
Statt wieder auf möglicherweise wegfallende Webanwendungen zu setzen wäre eine selbst hostbare Alternative eigentlich interessant. Ich scheue das noch, aus zwei Gründen:
- Ich merke an music-streamer, dass es gar nicht so einfach ist, einen Dienst auf dem Pogo dauerhaft verlässlich am Laufen zu haben (u.a. macht mein Router Probleme, was zu reparieren sich jetzt nicht mehr lohnt)
- Die beiden Alternativen sind nicht besonders verlockend. Tiny Tiny RSS und selfoss sind beide PHP-Software, nur selfoss sieht gut aus, die Feeds werden entweder per separatem Daemon oder Crontab aktualisiert - nein, das klingt nicht gut.
Vor allem, weil wenn ich mir schon die Mühe machen würde das selbst zu hosten, dann wollte einen Reader haben, der rsspusher nutzt. Mit Ruby/Sinatra und rsspusher sollte ein 1-Personen Feedreader eigentlich in kürzester Zeit geschrieben sein - und wenn ich ihn selbst schreibe, hat der wenigstens keine Designfehler, die mir auffallen…