Diplomatin Kate Wyler (Keri Russell) sollte eigentlich nach Afghanistan, als das weiße Haus ihr stattdessen eine neue Rolle aufzwingt: Die des Botschafters in England. Eine viel repräsentativere Position als die problemlösende und kantige Kate bevorzugt und eine, die mit dem Sendungsbewusstsein ihres Ehemanns und früheren Botschafter Hal (Rufus Sewell) kollidiert.
Diesen Beginn in London begleitend ist die Netflixserie The Diplomat auf der einen Seite ein Beziehungsdrama, das viel Kraft aus dem Streiten zwischen den toll ausgearbeiteten Haupt- und Nebenfiguren zieht. Sie alle sind faszinierend und auf ihre Art einnehmend, aber komplett eigenständig, keine Kopien voneinander, das ist gutes Handwerk. Auf der anderen Seite ist es ein Thriller in der undurchsichtigen Diplomatenwelt, bei der den Wylers (und damit den Zuschauern) im britischen Umfeld kaum eine Atempause gegönnt und schnell die ganz große Bühne der Weltpolitik bespielt wird.
Die erste Staffel hält ihr hohes Niveau nicht durchgängig, in den acht Folgen gibt es einzelne Längen und Nervfaktoren. Aber das ist nichts, was die Serie als solche beschädigen würde, insgesamt ist die Staffel erfreulich gelungen. Man ergötzt sich am Beziehungsdrama und bekommt zusätzlich genug Politikthriller geliefert, sodass ersteres letzteres nur bereichert und nicht zu melodramatisch wird. Wieder mal bin ich trotz einiger Vorfreude allerdings skeptisch, ob das gute Ergebnis der bereits angekündigten zweiten Staffel ebenfalls gelingen wird, denn der Grat ist schmal und das vorbereitete Szenario erscheint schwierig.