Bundeswehreinsatz im Inneren
Friday, 10. October 2008
Langsam wird es ernst. CDU und SPD wollen die Bundeswehr im Inneren einsetzen, und zwar angeblich folgendermaßen:
(4) Reichen zur Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalls polizeiliche Mittel nicht aus, kann die Bundesregierung den Einsatz von Streitkräften mit militärischen Mitteln anordnen. Soweit es dabei zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, kann die Bundesregierung den Landesregierungen Weisungen erteilen. Maßnahmen der Bundesregierung nach den Sätzen 1 und 2 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates im Übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben.
(5) Bei Gefahr im Verzug entscheidet der zuständige Bundesminister. Die Entscheidung der Bundesregierung ist unverzüglich nachzuholen
Das Problem dabei? In Deutschland darf die Armee bisher aus guten Grund nicht im Inneren eingesetzt werden. Als nach dem ersten Weltkrieg Friedrich Ebert als SPD-Vorsitzender den Ebert-Gröner-Pakt mit den alten Mächten schloss, sicherte er so seine Macht und ließ die Aufstände, die z.B. für eine Räterepublik eintraten, blutig niederschlagen. Im Rahmen dessen wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet - ein geschichtliches Ereignis, das bis heute die Beziehung zwischen linken Gruppierungen und der SPD prägt.
Nebenwirkung des Ganzen war, dass die Reichswehr in den folgenden Jahren einen "Staat im Staate" bildete. Zusammen mit der Ideologie der Dolchstoßlüge wurde so die Grundlage für eine militaristische Diktatur geschaffen, wie sie 1933 durch Adolf Hitler errichtet wurde.
Diese historischen Begebenheiten muss man kennen, wenn man über das Thema spricht. Die Existenz der Bundeswehr als Nachfolgeorganisation der Reichswehr ist wegen diesen schon an sich kritisch, besonders wenn man bedenkt, welche Verbrechen von dieser Organisation insbesondere in den folgenden Jahren noch begangen wurden. Eine noch weitergehende Stärkung der Bundeswehr als "kritisch" zu bezeichnen wäre demnach ein Euphemismus.
Wenn Schäuble nun den Einsatz der Bundeswehr im Inneren fordert, ist hier erstmal zu differenzieren. Geht es um das allgemein anerkannte Ziel, bei Katastrophen wie Überschwemmungen zu helfen, bzw diese Hilfe auf die Folgen von (Terror-)Angriffen auszuweiten? Nein, denn das ist der Bundeswehr schon heute erlaubt.
Es geht darum, gegen Terroristen vorzugehen. Dies klingt harmlos, denn Terroristen sind böse und wir sind keine? Leider ist das nicht so einfach. Denn Terrorist wird man heute schnell und ohne jegliche Kontrolle. Gegen eine Vielzahl der verschleppten und entrechteten "Terroristen" in Guantanamo liegt nichts vor, keine Beweise, kein Haftbefehl. Und diese Beliebigkeit beschränkt sich nicht auf die USA, sondern ist längst auch hier angekommen. Um Terrorist zu werden reicht es hierzulande, wenn zwei verdächtigte Bekannte miteinander telefonieren und die Freundin einen tragisch klingen Abschiedsgruß bei einer kurzfristigen Trennung verfasst.
Die Einsatzmöglichkeiten beschränken sich nicht auf vermeintliche islamistische Terroristen. Auch gegen (linke) Demonstranten würde nach dem Erlass dieses Ermächtigungsgesetzes des "zuständigen Bundesministers" dann die Bundeswehr eingesetzt werden. Dies wurde schon beim G8-Gipfel in Heiligendamm ohne Grundlage getestet - besteht nun dafür solch eine Grundlage, so schwammig sie auch ist, dürfte diese Ausnahme zur Regel werden. Warum die Bundeswehr für solche Einsätze aber überhaupt nicht geeignet ist bzw sie auch nicht dafür geeignet ist, Terroranschläge zu verhindern, steht beim Spiegelfechter.
Wichtiger noch als die praxisbezogenen Bedenken ist: Im §1 des Grundgesetzes steht:
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Terroristen aber sind Menschen - kein Minister und kein Gericht hat das Recht, andere Menschen zum Tode zu verurteilen. Ein Bundeswehreinsatz im Inneren in dieser Form würde aber genau das ermöglichen.
Auf der Verneinung dieser Möglichkeit baut unser Staat auf. Es ist die Grundlage der Grundlage. Jemand, der Soldaten gegen Demonstranten einsetzen will, jemand, der ohne Rücksicht auf Deutschlands Geschichte die Bundeswehr im Inland einsetzen will, der achtet die Würde des Menschen nicht, geschweige denn dass er sie schützt. Nein, so jemand versucht, die Staatsgewalt dem Volk zu entziehen, indem er Mittel schafft, das Volk durch die Armee bekämpfen zu lassen, sollte er es für seine Zwecke benötigen. Gegen solche Bestrebungen hat jeder Bürger dieses Landes ein Widerstandsrecht.
Hoffen wir, dass es soweit nicht kommt.
onli blogging am : Bundeswehr-Machtergreifung gescheitert
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