Mein Feedreader hat mir heute drei Artikel gezeigt, die sich in meinem Kopf vage miteinander verbinden.
- Die abwesende Gegenkultur von ben_
- Zeit-Interview mit Abmahnanwalt Urmann (via)
- Yes Dave, I remember when JFK died von Dave Winer
Der erste Artikel beklagt das Fehlen einer Gegenkultur, deren Ansätze im Angesicht der Postmoderne mit ihren individualisierten Lebenläufen nicht bestehen konnten. Ich wollte da erst die These herauslesen, dass es keine Gegenkultur geben könne, weil es keine eine Normkultur gibt. Ich weiß nicht, ob das so stimmt. Ich glaube, die Postmoderne ist ein Kunstbegriff, der uns den Blick darauf verstellt, dass es trotz aller individuellen Ausgestaltungsmöglichkeiten von Lebensentwürfen doch eine bestimmende Kultur gibt - eine Kultur der popkulturellen medienbetriebenen Angepasstheit, des genormten neoliberalen Leistungsbegriffes des Individuums, der sich eben in diesen verschiedenen und nur vermeintlich inividuellen Entwürfen wiederspiegelt und doch eben nur eine Facette der gleichen Normkultur ist, eben in Zeiten wirtschaftlicher Unischerheit. Und diese Kultur ist obrigkeitshörig, asozial und wählt natürlich Merkels CDU.
Im Interview mit Urmann zeigt sich nicht nur, was für ein selbstgerechtes Arschloch dieser Anwalt ist, der sich als Verteidiger von Recht und Ordnung aufspielt und gleichzeitig unschuldige Menschen ihres Geldes beraubt, sondern auch, wie der Staat in das Internet hineingreift. Es ist nicht das Internet, das sich kaputt macht: Es sind die Instrumente des Staates, der Außenwelt, der mit Abmahnungen, Gesetzen und geheimdienstlichen verfassungsfeindlichen Abhörmaßnahmen in das Internet hereingreift, es dabei nach seinem Bildnis formt und es verwandelt in einen Ort, der feindlich ist. Und es ist die davor beschriebene Kultur, die mit ihrem Hang zur Zentralisierung und Angleichung Giganten wie Facebook formt, welche die zusätzlichen feindlichen Formen des Internets ergeben. Und die wunderbar mit den Elementen des Staates zusammenarbeiten.
Feindlich wofür? Feindlich zu der Internetkultur, die vielleicht doch die oben vermisste Gegenkultur war. Selbst wenn das Internet nur aus Menschen besteht, die Teil der Normkultur sein müssten, ist das immer noch nicht das Bild, das ich vom Internet habe. Vll sind dort einfach meine Nischen größer.
Und der dritte Artikel von Dave Winer passt dazu, wenn er erwähnt wie damals die vom Krieg geprägten Männer gegen Washington zogen. Wie eine autoritäre Staatskultur mit ihren Abhör- und Kontrollmaßnahmen verworfen wurde - und doch bestehen blieb.
Die Verbindung: Er beschreibt sich als Teil einer Generation, die kein Vertrauen in den Staat haben. Wenn man sich die westlichen Staaten und die Geheimdienste heute anguckt, sollte auch ich Teil einer Generation sein, die später solche Sätze sagt. Doch ob das nun Postmoderne, Resignation oder Dummheit ist: Meiner Generation, der davor und der danach, traue ich das nicht zu.