Athen vor der Epidemie
Monday, 16. March 2020
Selten, dass man in den Urlaub fährt und das eigentlich gar nicht mehr will. Aber trotz der Coronaepidemie wollte weder das Hotel (mit Verweis auf für sie dann anfallende Booking-Gebühren) noch Lufthansa (da keine Risikozone) uns aus den Buchungen entlassen. Also ging es doch nach Griechenland, als es in Deutschland gerade anfing mit ernsthaft steigenden Infektionszahlen.
Das war ganz gut so, das Timing passte. Während in Deutschland und insbesondere in NRW die Zahlen stiegen und stiegen, waren in Griechenland am Ende unseres Aufenthalts nur 130 betroffen. Am Rückflugtag wurden die Restaurants geschlossen, Grenzsperrungen sind angekündigt, wir kamen also gerade noch rechtzeitig raus und können uns jetzt zuhause einbunkern. Hatten bis dahin aber eine angenehmere und wahrscheinlich sogar sicherere Zeit.
Gleichzeitig war das natürlich auch ein bisschen gespenstisch, mit dem Hintergrund Urlaub zu machen. In Athen selbst war von allem Chaos erst wenig zu spüren. Aber in den Nachrichten bekamen wir ja schon mit, wie sich erst Erdogans Flüchtlingskrise, dann die Verbreitung des Coronavirus entwickelte. Erst Bilder von Ausschreitungen an der Grenze, dann Berichte über Maßnahmen anderer Länder, der Schock, fast währen der Quarantäne im Alternativziel Italien gewesen zu sein. Dann schlich es sich ins Straßenbild: Die Mundschütze, die Latexhandschuhe, die abendlichen vollen Einkaufstüten. Trumps Ausruf des Notstands sah ich live im Fernsehen, was in Verbindung mit den Reisebeschränkungen für Europäer und Artikel über das entstehende Reisechaos nochmal mehr trifft, wenn man selbst nicht zuhause sitzt. Und schließlich vor Abfahrt die geschlossenen Restaurants und stark bedrückten Besitzer und Angestellte in den noch offenen Läden, die Essen zum Mitnehmen anbieten durften.
Bis dahin hatten wir gutes Essen, gutes Wetter. Dann natürlich die überall durchschimmernde Geschichte, per in der Stadt verteilten Ruinen wie der Akropolis und in den Museen gesammelten Schätzen. Athen muss bis in die Nullerjahre fürchterlich verschmutzt gewesen sein, davon merkte man jetzt nur noch wenig. Etwas viel Verkehr nahe des Hotels (und völlige Rücksichtslosigkeit gegenüber Fußgängern seitens der Autofahrer), im Zentrum dann aber wenig befahrene Straßen und Fußgängerzonen und sogar Parks wie der, in dem das Titelbild oben entstand. Da Nebensaison und aufgrund der Umstände gab es auch nur wenige andere Touristen – es war nicht gespenstisch leer, wie es wohl bald sein wird, aber wirklich nicht überfüllt. Das war sehr angenehm. Athen hatte so all das Interessante einer historisch wichtigen Großstadt, aber nur wenige der Nachteile. Griechenland insgesamt wirkte wie ein ruhigeres, sicheres Mexiko in Europa.
Rick Steves Audioguides waren nett und so auch alle dort erwähnten Orte: Die Akropolis, das archäologische Museum, die Innenstadt, besonders die Agora (während bei vielen der kleineren Ruinenzonen auch ein Blick durch den Zaun gereicht hätte). Ohne Guide funktionierte das Akropolis-Museum, das insbesondere betont, wieviele Relikte aus Griechenland gestohlen wurden und weiterhin nicht zurückgegeben werden, was ich vorher beim Brexit mitbekommen hatte, denn Englands skandalöses Festhalten an der Beutekunst ist ein Streitpunkt beim möglichen Handelsabkommen. Aegina war die einzige, auf Wunsch der Miturlauberin besuchte Insel. Hübsch und wir hatten Glück mit Restaurant und Cafe; Agistri wäre die Alternativinsel gewesen.
Erwähnenswerte Restaurants waren:
- Asiaki, sehr gute asiatische Küche eines französischen (auch englisch sprechenden) jungen Paars.
- Peas, superfreundlich, veganes und sehr gutes Essen (Pita!)
- Klēmatariá auf Aegina, besonders weil die Köchin so nett war und es angenehm überraschend ist, so nahe des Hafens nicht in einer Touristenfalle zu enden.
Für sich genommen war es ein toller Urlaub.
onli blogging am : Coronawasserstandsmeldung
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