Eine etwas andere Sicht der Dinge bekundet die Zeitung Freitag in ihrer Onlineausgabe. In "Nie wieder Volkskapitalismus" wird die Reaktion auf den vergeigten Börsengang der Telekom betrachtet. Dass das Scheitern im Rahmen des anstehenden Gerichtsverfahrens wahlweise als Managementfehler oder Betrug abgetan werde verschleiere, dass das System an sich kaputt sei. Die kritische Selbstreflexion der Anleger werde durch Selbsttäuschung ersetzt, wenn nicht hinterfragt würde, warum man sich hat täuschen lassen, sondern einen Schuldigen suche.
Das mag meinetwegen in der Analyse des Systems und in dem Aufruf zur Reflektion korrekt sein, doch in der Bewertung der Anleger halte ich das für eine Verdrehung. Die Aktie wurde nunmal als sichere Anleihe beworben. Natürlich konnten darauf nur die reinfallen, die im Grunde an das kapitalistische System glaubten - doch immerhin gibt es auch jetzt noch Aktien, deren fiktiver Wert nicht gegen Null geht. Die, die damals investierten, sind doch dann auch jetzt nur konsequent, wenn sie innerhalb des Systems ihr verlorenes Geld zurückfordern.
Daraus muss man ihnen nicht gleich einen Strick basteln. Ganz im Gegenteil zeigt sich doch in Aktionen wie dem Gerichtsverfahren die Überzeugung, dass man eben nicht alles mit sich machen lassen muss, auch gegen noch so große ehemalige Staatsunternehmen aufstehen kann.
Aber natürlich kann man es auch einfach "kleinbürgerliche Ressentiment eines Katzenjammers" nennen. Doch damit macht man es sich vielleicht etwas leicht.