Deutschland hilft in Mexiko beim Morden
Wednesday, 1. April 2015
Da steht er da, Michael Roth aus der SPD, liest von seinem Zettel ab, während er im Bundestag Fragen beantwortet. Ob er damals schon ahnte, dass er Aufhänger eines kleinen Skandals werden würde? Von diesem hat aber wahrscheinlich kaum ein Deutscher etwas gehört, denn diese Plenarsitzung wurde nicht in Deutschland diskutiert, sondern auf spanisch in der kleinen Szene politisch aktiver Mexikaner. Denn Michael Roth beantwortete Fragen zum geplanten Sicherheitsabkommen mit Mexiko.
Er zitiert den EU-Botschafter in Mexiko, der keine Notwendigkeit sieht, das Abkommen auszusetzen, weil die Bundesebene Mexikos nicht mit den Vorfällen in Iguala verstrickt sei. Er erwähnt weiter, dass lokale Stellen verwickelt seien, das aber vom Botschafter nicht gesagt wurde - aber auch nicht bestritten. Und dass die Erklärung des mexikanischen Parlaments gut gewesen sei. Später, und das ist wichtig, wird er argumentieren, dass doch gerade aufgrund der Verbrechen in Guerrero Deutschland das Sicherheitsabkommen fortführen müsse, um den Staat im Krieg gegen die Mafia zu unterstützen.
Es ist eine Darbietung von unerträglicher Arroganz und vollständiger Ahnungslosigkeit.
Deutschland hat 2006 H&K Waffen an Mexiko liefern lassen. Weil auch damals schon Mexiko kein stabiler Staat war, gab es dafür Auflagen: Die Waffen durften nicht an bestimmte besonders kritische Bundesstaaten geliefert werden. Diese Auflagen wurden ignoriert, derzeit läuft ein Strafverfahren. Aber man kann sich vorstellen, wie absurd diese Waffenlieferungen selbst bei Einhaltung der Auflagen gewesen wären: Das ist, als würde man Raketenwerfer an Baden-Württemberg liefern und gleichzeitig behaupten, dass sie niemals Schaden in Hessen und Bayern anrichten würden.
Diese Waffen landeten also natürlich auch im gebannten Bundesstaat Guerrero. Und als in Iguala Studenten von Polizisten und Mafia erst direkt auf der Straße erschossen, dann die Überlebenden verschleppt und später ermordet wurden - 43 Studenten sind bis heute verschwunden - da waren diese Polizisten mit 36 G36 bewaffnet. Unklar ist nur noch, ob mit diesen Waffen die Studenten direkt oder nur indirekt ermordet wurden.
Konsequenz daraus ist, dass Deutschland bei der Ermordung der mexikanischen Studenten durch Waffenlieferungen geholfen hat und eine Mitschuld trägt. Aber Konsequenz daraus ist nicht, dass Deutschland lernt. Im Gegenteil, die Bundesregierung will weiter beim Morden helfen.
Ihr Hilfsmittel dabei ist die von Michael Roth vorgetragene Position, der Staat in Mexiko sei vertrauenswürdig und brauche Hilfe. Deutschlands Hilfe. Denn diese Position ist falsch. Der Staat in Mexiko, die Regierung, ist korrupt - dem Präsident wird gerade jetzt erst wieder vorgeworfen, sich bereichert zu haben, die dies berichtende Journalistin Carmen Aristegui wurde umgehend gefeuert. Außerdem sind die staatlichen Organe nicht nur auf Länderebene, sondern auch auf Bundesebene von Mafia und Korruption unterwandert.
So hat sich der ach so vertrauenswürdige mexikanische Staat schlicht geweigert, die Morde in Iguala aufzuklären. Zuerst wurde ein junger Mann unter Folter dazu gebracht, die Morde zu gestehen. Das war selbst für Mexiko zu unglaubwürdig. In der neuen Version sind es jetzt drei junge Männer, die 43 Studenten von der Polizei übergeben bekamen, sie in Schach gehalten haben, sie alle ermordeten und in strömenden Regen auf einer Müllhalde innerhalb weniger Stunden mit ein paar Gummireifen restlos verbrannten. Damit wurde die Untersuchung geschlossen. Der federführende Staatsanwalt sagte, es reiche ja jetzt auch, er sei erschöpft (und lieferte mit seiner Aussage das Motto für eine Gegenkampagne).
Man muss sich klarmachen: Am Anfang der Suche nach den Studenten wurden immer wieder Massengräber gefunden, nur um etwas später festzustellen, dass die gefundenen Leichen gar nicht die gesuchten Studenten seien. Damit verschwanden diese Leichen dann auch aus dem Blickfeld. Kein einziges mal wurde bekannt, dass ihre Morde auch nur untersucht würden - der Gedanke kam gar nicht auf. In Mexiko sind in den letzten Jahren so viele Menschen getötet worden, in den entsprechenden Gegenden gibt es eben Massengräber. Reagiert wird daraufhin von Polizei und Justiz nicht - und Deutschland liefert ja trotzdem Waffen.
Sie ist generell schnell erschöpft, die mexikanische Justiz. Mexiko hat eine Aufklärungsrate von maximal 3%. Wenn ich in Mexiko meinen Nachbarn erschieße und mich nicht ganz bescheuert anstelle, wird mir nichts passieren. Denn Verbrechen werden grundsätzlich nicht aufgeklärt. Nun kann man sich auf die Position der Bundesregierung stellen und behaupten, das sei ein Problem mancher Bundesländer. Man verkennt dabei aber, dass die Bundepolizei und das Militär nicht besser sind. 2010 wurden wegen Korruption 4600 Beamte aus der Bundespolizei entlassen. Das Militär in seinem Krieg gegen die Drogen tötet regelmäßig Unschuldige - in Mexiko wird erzählt, wie das Militär ganze Dörfer einfach ausradiert. Ich weiß nicht, ob das stimmt, auch wenn ich es mir vorstellen kann - aber Fakt ist, dass in einer Studie zum Verschwindenlassen in Mexiko dieser organisierter Massenmord explizit auch dem Militär zur Last gelegt wird.
Und die letzte bekannte GPS-Position der 43 verschwundenen Studenten? Eine Militärbasis mit Müllverbrennungsanlage.
Es gibt zwei verschiedene, sich jedoch ergänzende Erklärungen, warum Deutschland trotzdem mit solch einem Staat zusammenarbeiten will.
- Das Sicherheitsabkommen ist verbunden mit einem Freihandelsabkommen. Wie bei den Waffenlieferungen geht es hier schlicht um Geld. Mexiko ist ein unregulierter Markt, hat natürliche Ressource, und ist der Armut des Großteils der Bevölkerung zum Trotz eine gewichtige Wirtschaftskraft.
- Menschen wie Michael Roth könnten ihre Version Mexikos schlicht glauben. Als deutsche Politiker - autoritätsgläubig, naiv und ohne einen Hauch von Wissen - glauben sie vielleicht wirklich, dass es nur nötig sei, die per Definition gute mexikanische Regierung zu stärken, sodass sie die Narkos töten und für Recht und Ordnung sorgen kann.
Gier oder Verblendung, positivere Erklärungen finde ich nicht.
Die Konsequenz beider ist: Indem Deutschland Mexiko mit Waffenlieferungen und durch Ausbildung der korrupten und mordenden Polizei hilft, macht sich Deutschland für ein paar Pesos zum Mitschuldigen am dort stattfindenden Massenmord. Einem Massenmord, der seit 9 Jahren praktiziert wird und die unvorstellbare Dimension von 100.000 Toten erreicht hat.
onli blogging am : Verschwörungen und Epstein
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