Andromeda
Friday, 6. September 2019
Andromeda ist eine SciFi-Serie der Nullerjahre. Sie lief damals nach Stargate auf RTL 2 und damit zu spät für mich um sie oft zu sehen, aber früh genug um Teile davon mitzubekommen. Insbesondere den Anfang, der ziemlich toll in das Szenario einführt: Captain Dillan Hunt ist mit seinem Schiff, der Andromeda – gleichzeitig eine KI und später ein Android – im Einflussgebiet eines schwarzen Lochs gefangen. 300 Jahre später wird er geweckt. Doch das Universum ist nicht mehr wie er es kannte: Statt einem an die Föderation aus Star Trek angelehnten Commonwealth herrscht Anarchie, technologisch ist die Andromeda allen jetzigen Schiffen haushoch überlegen. Also macht er sich daran, mit seiner neuen Crew das Commonwealth wieder aufzubauen.
Was ein Szenario! Ein schöner Gegensatz zu Star Trek. Und im direkten Gegensatz zu Stargate war Andromeda hübscher, hatte mehr Scifi-Elemente, wirkte trotz seiner Seltsamkeit etwas erwachsener. Insbesondere die Protagonisten sind anfangs interessanter, sie haben Konflikte und Geheimnisse.
Aber dann schaut man heutzutage die Serie und sie ist einfach nicht gut.
Andromeda hat einen starken Anfang (evtl blendet da auch etwas die Nostalgie) aber hält das Niveau nicht. Die Serie zerfasert. Wo anfangs mit der Commonwealth-Wiederbelebung und dem Konflikt mit den Nietzscheans ein klares Szenario die Drehbücher vorgibt herrscht später Chaos. Auf einmal gibt es mystische schwarze Kräfte, die Böses wollen. Übernatürliches wird eingebaut und damit zersplittert auch die Konsistenz der Handlung. Ganze Folgen werden surreal, nicht in einem positiveren Sinne, sondern weil sie unverständlich und schlecht geschnitten sind. Teils sind sie klar als Theaterstück geschrieben, aber als Theaterstück ohne Budget für Kostüme oder Kulissen. Besonders krass wird das in der letzten Staffel, die in einer Art Paralleluniversum spielt, in der die Schreiber sich vollständig von der Idee entfernt haben eine verständliche Geschichte zu erzählen.
Aber schon vorher treten die Probleme zutage. Auf der einen Seite wird von Anfang an versucht, Konsistenz in der Erzählung herzustellen – Geschehnisse in vorherigen Folgen werden referenziert, die Hintergrundgeschichten der Charaktere werden nach und nach enthüllt. Auf der anderen Seite wird an der Hintergrundgeschichte willkürlich herumgedoktort. Dann hat Beka Valentine, erst allein im Universum mit ihrer Crew und dann so etwas wie die Partnerin von Dillan, auf einmal hier noch einen Bruder, dort einen Onkel, da eine Drogenabhängigkeit, schließlich statt dem toten Schugglervater einen lebenden mit völlig anderem Hintergrund (aber praktischer Verbindung zur Hauptstory, oder was davon zu dem Zeitpunkt noch übrig ist). Es gibt unzählige Personen, die storygemäß wichtige Figuren in der Handlung sein müssten – als langjähriger Bösewicht oder Verbündeter – die in einer Folge eingeführt und direkt wieder entsorgt werden. Als Zuschauer verliert man so schon vor dem Drift ins Absurde den Zugang zur Serie. Das Grundszenario interessant, die Charaktere nett und das Schiff (beide Aspekte von ihr) hübsch zu finden reicht dann nicht mehr.
In S03E06, Slipfighter the Dogs of War scheint plötzlich das Budget erhöht worden zu sein. Die Folge wäre ohne die vielen Weltraumszenen gar nicht möglich gewesen, trotzdem ist sie dann da. Andromeda war schon vorher im Vergleich zu anderen Scifi-Serien auf eine gewisse Weise effektlastiger, aber bis hierhin war das nur Getrickse. Beispielweise wurde im Grunde immer die gleiche Kulisse benutzt. Auch die Außenansichten der Andromeda und Splitstream-Szenen waren einfach Wiederholungen, ähnlich wie das andere alte SciFi-Serien ja damals auch handhabten. Doch in dieser Folge war praktisch jede Weltraumszene neu. Die CGI wird nicht plötzlich gut und die Drehbuchprobleme werden ab hier nur prominenter, aber doch tat dieser Schub der Serie für einen Moment gut. Denn außer solchen Szenen hatte die Serie zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr viel.
Doch absurderweise für eine Serie ohne tragfähige Story (ab Staffel 3) leidet Andromeda gleichzeitig sehr unter einer schlechten Inszenierung, und das lag nicht am Budget. Beispielweise wenn die Helden, besonders Tyr, in den Feuergefechten ohne Deckung im offenen Gelände stehen können, weil die Feinde immer(!) unter Zielstörungen leiden, reißt das einen halbwegs aufmerksamen Zuschauer einfach raus.
Spätestens ab der vierten Staffel ist die Serie so richtig tot. Man hört es auch direkt: Auf einmal gibt es eine sehr schlechte, total unpassende Hintergrundmusik. Die Story wird noch unzusammenhängender, wenn esoterische Unsinnsstories vorher einzelne Ausrutscher waren häufen sie sich nun. Passend zu dem Quatsch: Es gibt einen neuen Bösewicht, der angeblich seit vielen Jahren die Crew der Andromeda sabotiert und den alle gut kennen, wovon der Zuschauer genau gar nichts weiß. Weil die Figur amateurhaft aus dem Nichts gestampft wurde, anstatt sie ein paar Folgen vorher einzuführen oder ihr Wirken anzudeuten.
Dabei war genau da Potential. Nachdem 3 Staffeln lang das neue Commonwealth sich nicht ein einziges Mal von einer guten Seite gezeigt hat, sondern immer nur Werkzeug, um Dylan korrupte Politiker gegenüberzustellen oder um durch Sabotage zu zerbrechen, fällt ihm in der vierten Staffel auf, dass da vielleicht etwas nicht stimmt. Was ja eigentlich interessant ist: Die naive Vorstellung einer grundguten Sternenflotten-Föderation aus der ersten Staffel wird zum realpolitischen Monster. Aber dass keiner der Protagonisten das vorher auch nur ansatzweise bemerkte ist wieder einmal die schlechte Schreibe der Serie. Geplant hätte der Kniff gut sein können, aus dem Ärmel geschüttelt schadet er nur. Ach so, natürlich ist es auch nicht diese Art von Geschichte, es gibt keine Politik – sondern da wirken esoterische böse Kräfte.
Und so geht es dann langsam zu Ende. Leider ohne Stil, ohne Besserung, wird die Serie schlechter und schlechter um dann viel zu spät auszuplätschern. Erwähnenswert ist da nur noch, wie in der kaputten fünften Staffel völlig ohne Begründung Charaktere an zwei Schauplätzen gleichzeitig auftreten (=wie schlecht geschnitten die Staffel ist) und wie, tatsächlich wohl durch Zauberhand, die Crew auf einmal keine Crew mehr sein will und aus irgendeinem Grund sauer aufeinander ist, ohne dass dies auf in der Serie stattfindender Handlung oder ihrer vorher angelegten Persönlichkeit basiert.
Als ich die Serie auskramte hatte ich wirklich erwartet, dass ich damals den Großteil einer interessanten Serie verpasst hatte und sie nun nachholen könnte. Aber dem war nicht so: Ich hatte damals die Anfänge einer Serie gesehen, die gut hätte werden können, die dafür aber nach dem Anfang viel zu schlecht geschrieben und gemacht war. Schade.