Ghostrunner ist kein einfaches Spiel, es ist kein erholsames Spiel. Es ist fordernd, schweißtreibend und mit unzähligen Bildschirmtoden gespickt. Aber wer eine Herausforderung sucht sollte sich diesen Titel näher ansehen.
Das Spiel als Ghostrunner
In der Introszene wird der Ghostrunner von einem Cyborgwesen mit Roboter-Oktopusarmen getötet, kurz darauf wacht er wieder auf. Der Ghostrunner, das ist ein mit einem Schwert und Spezialfähigkeiten bewaffneter Kämpfer, der an Wänden entlanglaufen, Abhänge herunterschlittern, gut springen und (in der Luft sogar kombiniert mit einem Zeitlupenmodus) ausweichen kann. Man steuert ihn in der Egoperspektive und versucht die Gegner auszuschalten, bevor sie einen selbst erwischen – und das ist leichter gesagt als getan. Denn schon die Anfangsfeinde zielen schnell und gut, mit einem Treffer ist der Ghostrunner tot. Aber genauso tötet auch er die Gegner mit einem Treffer.
Um Erfolg zu haben muss man geschickt durch die Level laufen. Meist geht es darum schnell zu sein, präzise zu springen, Schüssen mit Shift auszuweichen oder mit dem Schwert zu parieren und die Gegner zu erreichen. Die Kämpfe werden so mehr zu einer Art Puzzle. Andere Abschnitte sind reine Sprungpassagen, die kombinieren dann gerne Wandläufe mit Sprüngen. Bossgegner gibt es auch, sie sind alle tatsächlich besondere Herausforderungen.
Machbar ist das alles nur, weil ein Tod nicht schlimm ist. Stattdessen geht es zurück zum letzten Checkpunkt, der fast immer nur ein paar Sekunden vorher aktiviert wurde. So probiert man Abschnitte einfach immer wieder, bis entweder eine alternative Route oder das perfekte Timing die Stelle löst.
Manchmal ist die Lösung auch eine der Spezialfähigkeiten des Ghostrunners, die nach und nach im Spielverlauf dazukommen. So ist die erste ein Hastangriff, der mehrere Gegner auf einmal erledigen kann, sind sie hintereinander positioniert. An anderen Stellen gibt es Powerups, das erste davon beschleunigt den Ghostrunner so massiv, dass die Gegner in Zeitlupe weggefegt werden können. Sowas wird dann auch für manche der in den Leveln verteilten Rätseln benutzt. Dazu kommen Upgrades, die über ein Blocksystem kombiniert und problemlos umkonfiguriert werden können, sodass dann beispielweise zwei Ausweichbewegungen per Shift hintereinander möglich sind und Powerups länger halten.
Flow vs Schwierigkeit
Ich muss nochmal betonen wie schwer das Spiel ist. Ob Sprungpassagen, reguläre Gegner oder bei den Bossen, alle möglichen Situationen ließen mich zigfach ins Gras beißen. Pro Level dann gerne auch hundertfach, was eine Statistik am Ende auch noch anzeigt. Und gerade bei den Bossgegnern und einer Sprungpassage am Ende zweifelte ich mehrfach, ob ich das Spiel überhaupt würde beenden können. Das verlangte Timing ist härter als bei den schwierigeren Bossgegnern in Dark Souls, deutlich schwerer als bei dem bekannten Parkour-Spiel (und klarer Inspiration) Mirror's Edge. Mich aber packte dann der Ehrgeiz, das Spiel besiegen zu wollen, und schwierige Stellen irgendwann hinzukriegen ist ja auch belohnend. Und mit der tollen, treibenden Musik des Spiels im Ohr und den schnellen Sprüngen zum letzten Rücksetzpunkt entsteht schnell ein fesselnder Flow.
Mir half auch, dass die Story nicht daneben war. Sie erzählt von einem Machtkampf in einer dystopischen Welt und wird während dem Spiel durch drei mit dem Ghostrunner redenden Akteuren erzählt, jeweils gut vertont. Die Grafik ist noch dazu ansehnlich, auch wenn mein Magen mit den Cybervoid-Passagen mit ihren wabernden Texturen etwas zu kämpfen hatte.
Ghostrunner ist vom 11. bis zum 18. April kostenlos im Epic-Store zu haben. Es lief einwandfrei unter Wine 9.5, wie installiert und konfiguriert von Heroic.
Ich würde gerne behaupten, dass ich Spaß mit dem Spiel hatte, aber das trifft es nicht wirklich. Es hatte mich gepackt und ich konnte es respektieren, es ist insgesamt gut gemacht. Aber an einzelnen Stellen schlittert es nur haarscharf daran vorbei, durch einen zu hohen Schwierigkeitsgrad unspielbar zu werden – perfekt ausbalanciert ist es nicht, die Schwierigkeitsspitzen sind bei einem sowieso hohen Anspruch dann teils zu viel. Entsprechend muss ich dann auch die Empfehlung einschränken: Ich gebe eine, aber nur wenn man frustresistent an dieser Art von Spielen Spaß finden kann, an stark fordernden Reaktionstests, für mit Maus und Tastatur wirklich geübte Spieler.