Warum ich von meinem PineTab ausgerechnet auf ein Microsoft Surface Pro umstieg
Gut, ein großer Faktor war, dass das das PineTab nicht mehr anging. Aber der Wechsel gibt eine interessante Geschichte ab und war so oder so eine gute Idee – wobei das PineTab auch ein paar Vorteile hatte.
Der Wechsel
An einem Donnerstag hatte ich das PineTab wieder aus dem Schrank genommen, es angemacht und aktualisiert. Tatsächlich fehlten ein paar wichtige Daten wie meine Passwortdatenbank. Ich hatte das PineTab schon zuvor als Reisebegleiter benutzt – dafür ist es vom Formaktor her super geeignet, klein und leicht und doch mit Tastatur – aber seitdem neu installiert und es auf der letzten Reise durch einen Arbeitslaptop ersetzt gehabt. Ein paar Datentransfers und ein Update später war alles bereit. Die Reise sollte am Samstag starten.
Freitag mach ich das PineTab nochmal zur Kontrolle an – und nichts passiert. Nicht ganz, tatsächlich klackerte das Ding vor sich hin. Das hatte es früher schon manchmal gemacht, irgendwas stimmt da mit der Hardware meines Modells nicht. Aber diesmal blieb der Bildschirm über viele Versuche aus, ob neu geladen oder nicht. Das war neu, und nun war ich in Panik. Wegen dem Charakter der Reise brauchte ich unbedingt ein fähiges Begleitergerät, um auf die Server zu kommen etc. Aber es blieben nur noch ein paar Stunden um ein neues Gerät einzurichten und es musste Linux drauf laufen.
Also ging ich auf Kleinanzeigen und suchte nach Laptops in der Umgebung. Es gab die Auswahl zwischen überteuertem Schrott und für die Reise ungeeigneten Gaming-Monstern. Auf Verdacht suchte ich nach Surface – und fand einen Treffer für ein Surface Pro 3. Das war verlockend: Gleiches Prinzip wie das PineTab, also ein Tablet mit andockbarer Tastatur, die Erfahrungen in der Familie mit der Gerätefamilie sind positiv und einer schnellen Recherche zufolge gibt es ein Projekt, um die Geräte mit Linux kompatibel zu machen, wobei das ältere dritte Surface-Tablet noch mehr Standardhardware einsetzt und daher sowieso kompatibel sei. Angeschrieben, prompte Antwort, rübergelaufen und das Gerät war in meiner Hand.
Linuxinstallation auf dem Surface Pro (3)
Durch Zeit und die Größe des einzigen USB-Sticks im Haus beschränkt entschied ich mich notgedrungen für Lubuntu. Die Installation war überraschenderweise problemlos. Per Tastenkombination (wie bei einem Android-Telefon "Lautstärke hoch + Power") das BIOS starten, Booten von USB bei der Bootreihenfolge aktivieren. Lubuntu startet dann direkt, Wlan funktionierte, der Installer konnte durchlaufen. Ich musste dann nur nochmal die Windows-Bitlocker-Verschlüsselung deaktivieren, weil ich zur Sicherheit die Windowsinstallation tatsächlich behalten wollte und der Installer wegen der Verschlüsselung keinen Speicherplatz abzwacken konnte.
Alltag mit Vor- und Nachteilen
Nach der Installation zeigte das Surface-Tablet, das ich bis jetzt fast ausschließlich mit der Tastatur als Laptop benutzte, seine Stärken. Alle in meiner Besprechung erwähnten Schwächen des PineTabs sind gelöst:
- Das Gerät geht zuverlässig an.
- Es wirkt mit seinem Magnesium-Gehäuse viel wertiger
- Der (hochauflösende und gute) Bildschirm wird deutlich heller.
- Die Lautsprecher sind lauter und besser.
- Die Tastatur wabbelt weniger; Das Touchpad ist zwar nicht toll, aber etwas größer und wirkt genauer.
- Es gibt keine Probleme mit einer SD-Karte, dessen Mechanismus und Abdeckung, weil eine echte SSD eingebaut ist.
- Die Performance des Prozessors ist viel besser, das Gerät bei Alltagsnutzung dadurch angenehm schnell.
Außerdem vermeidet die Standardhardware – x86-Prozessor statt ARM – und das damit mögliche reguläre Lubuntu die Softwareprobleme, die postmarketOS damals hatte und die bei meinem Test an dem Donnerstag teilweise auch heute noch bestanden.
Perfekt ist das Surface Pro 3 aber auch nicht. Zuerst ist es größer, 12" statt 10", 800g statt 575g. Das macht es für einen Reisebegleiter weniger geeignet. Der in meinem Modell verbaute i7-4650U-Prozessor hat nur zwei Kerne und ist abseits des Vergleichs mit dem PineTab nicht sehr leistungsfähig. Anfangs ruckelte sogar Youtube auf 1080p – was ich durch eine Kontrolle der Hardwarebeschleunigung und folgendem Erzwingen von h264 löste und was wenn ich mir seitdem die Performance anschaue auch ein Bug gewesen sein kann. Bei Videos wird auch auffällig, dass der Akku nicht besonders lange hält, ob das nun am Alter des Akkus, an fehlenden Optimierungen im Kernel für die Hardware oder an sonstwas liegt sei dahingestellt. Das Ladegerät ist ein interessantes magnetisches Ansteckkabel, aber damit eben auch ein proprietär, eventuell schwer zu ersetzen. Und schließlich ist der Bildschirm zwar schön und hell, aber auch spiegelnd, was mich immer stört.
Trotz der Nachteile kommt das Surface-Tablet klar besser weg. Es ist eben auch ein Vergleich zweier sehr unterschiedlichen Qualitätsklassen. Das Surface Pro 3 in dieser Ausführung kostete bei Release 2000 USD und war trotzdem Massenhardware mit einem Megakonzern im Rücken. Dafür ist es von 2014, also völlig veraltet. Das PineTab ist deutlich moderner, ich kaufte es als Neugerät 2020, aber der theoretische technische Fortschritt wiegt die Nischigkeit und den Preisunterschied (es kostete ~160 USD) eben doch nicht auf.
Trotz des Alters des Surface Pro 3 und der Größe ist es ein besserer Reisebegleiter, als es das PineTab damals war. Die Installation und Nutzung von Linux war problemlos, wobei meine Wahl von Lubuntu die Nutzung als Tablet etwas einschränkt. Ich würde wegen dem Alter des Akkus und dessen fast unmöglicher Auswechselbarkeit das Gerät auch nicht generell empfehlen, sondern eher raten nochmal nachzurecherchieren, ob eines der neueren Surface-Tablets oder ein Alternativgerät gut unterstützt wird. Oder direkt zu einem Framework-Laptop greifen. Die Option hatte ich aus Zeitmangel nur nicht – wobei ein teures neues Gerät auch nicht zu meinem Reiseland gepasst hätte und es durchaus ein Plus war, so die Nutzungszeit eines Altgeräts noch etwas zu verlängern.
Dem PineTab werde ich mit etwas mehr Zeit nochmal eine Chance geben. Möglich ist es ja, dass es nach einer Bedenkpause wieder angeht oder es tatsächlich ein Softwareproblem ist, das den Bildschirm schwarz bleiben lässt. Ich mochte den Ansatz des Geräts als Prototyphardware für den mobilen Linuxdesktop und hätte mit ihm gerne noch ein paar Softwareiterationen miterlebt. Es wäre schade, wenn es das jetzt schon war. Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass die Hardware wohl auch schlicht zu schwach war, um als Arbeitsgerät zu taugen und Macken wie die schlechten Lautsprecher auch die Nutzung als SD-Multimediatablet blockieren, dadurch blieb es daheim ungenutzt. Es wäre also abseits eines Reisebegleiters, was sich jetzt wohl erledigt hat, immer nur ein Experimentiergerät gewesen um zu schauen, was bessere Hardware könnte. Hardware, wie sie das alte Surface-Tablet eben schon mitbringt…
Linksammlung 43/2023
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
They can and will ruin everything you love nimmt die Bandcamp-Übernahme und baut daraus eine größere Kapitalismuskritik.
Die andere große Übernahme in dem Bereich und noch viel schlimmeres zeigt Twitter unter Elon Musk: Die Timeline des Grauens.
Wegen Bei Apple unerwünschte Themen: Jon Stewart trennt sich angeblich von TV+. Sympathische Firma das.
Wir konnten etwas seltenes beobachten: Encrypted traffic interception on Hetzner and Linode targeting the largest Russian XMPP (Jabber) messaging service. Es riecht wohl nach einer vom deutschen Staat angeordneten Abhöraktion, die Hetzner und Linode da durchgeführt haben. Deswegen braucht es immer zusätzliche Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, um solche Übergriffe nicht zuzulassen.
Geany 2.0 ist da, der Editor mit ein paar IDE-Funktionen – und auf dem Heimsystem mein Hauptprogrammierwerkzeug – hat sich mit dem Versionssprung wohl nicht groß gewandelt, aber sinnvoll verbessert.
Top Gun: Maverick
Top Gun: Maverick war für mich absolut großartig. Der beste von mir gesehene Actionfilm seit Mad Max: Fury Road mit einer ganz ähnlichen Sogwirkung durch unfassbare Actionszenen ohne Pause. Stimmt nicht ganz, Top Gun ist nicht ganz so durchgängig Actionszene an Actionszene, nimmt sich mehr Zeit für ruhigere Szenen. Aber nur zu Beginn, das lange Finale ist ebenso atemberaubend.
Es ist auch, wie diese Actionszenen gemacht sind. Die echten Flugzeuge, dass wohl die Schauspieler tatsächlich in ihnen gesessen haben. Natürlich muss da irgendwo CGI drin gewesen sein, aber wenn ist es perfekte, die zumindest auf meinem Bildschirm nie als solche wahrnehmbar war.
Mir gingen auch die Szenen mit Val Kilmer nahe, der ja wirklich krank ist und entsprechend im Film gezeigt wurde. Und das von Tom Cruise selbstironisch verwendete "Ich hab nur dieses Gesicht" passte auch – auch ohne großes Schauspielern trägt er seine Rolle in der einen Variante die er kann, als stoischer Actionheld mit einem gelegentlichen Lächeln.
Linksammlung 42/2023
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Es gab beim Projekt Home Assistant ein Removal of Mazda Connected Services integration, weil Mazda mit offensichtlich illegitimen DMCA-Takedowns gegen das Projekt vorgeht. Mazda schadet damit nur seinen Kunden und dadurch sich selbst. Ein typisches Beispiel was passiert, wenn eine (hier auch noch unfähige) Rechtsabteilung in einem Unternehmen zu viel Macht hat.
Diablo 4 startet auf Steam mit schlechten Reviews und guten Verkäufen, der Diskurs über ein Spiel bestimmt schon längst nicht mehr seinen Markterfolg, dafür ist die Masse der Spieler zu groß und uninformiert.
Gleichzeitig gibt es dann Spieleveröffentlichungen wie Cities - Skylines 2: Die Entwickler sprechen nicht ohne Grund von Problemen. Auch doof.
Solreader: E-Ink Smart Glasses for Reading möchte ich aus ähnlich negativen Gründen erwähnt haben, die Idee ist komplett Unsinn. Und trotzdem finden solche US-Startups Kapitalgeber, es ist eine verrückte Welt.
Tutonaut stellt OSBN vor als OSBN: 1 Feed, 158 Open-Source-Blogs, auf Deutsch. Gute Idee, hatte ich hier auch schon länger nicht erwähnt.
Cyberpunk 2077: Phantom Liberty bringt viel Gutes und gravierende Macken
Cyberpunk 2077 war schon vor der kürzlich erschienen Erweiterung ein fantastisches Spiel – grafisch, spielerisch, von der Atmosphäre. Phantom Liberty erweitert das Stadtgebiet von Night City um einen gelungen andersartigen Bereich und erzählt darin eine spannende zusätzliche Geschichte, plus einige Nebenquests. Gleichzeitig kam Patch 2.0 heraus, der viele Details des Grundspiels änderte. Doch nicht alles gefällt mir.
Dieser Artikel beschreibt meinen Eindruck nach etwa 50 Stunden. Ich bin mit der Erweiterung – für die ich einen neuen Spielstand angefangen hatte – und dem Spiel noch nicht fertig, werde aber eine Weile nicht mehr dazu kommen weiterzumachen. Um die Releasenähe und meine bisherigen Gedanken nicht zu verlieren daher dieses vorgezogene Review. Ändert sich in Zukunft etwas an meinem Eindruck folgt ein Update.
Update 01.12.2023: Mittlerweile habe ich die Erweiterung durchgespielt. Mein Fazit hat sich tatsächlich etwas zum Positiven verändert, der Artikel unten ist entsprechend angepasst.
Sinnvolle Verbesserungen des Grundspiels
Beim Start meines neuen Charakters habe ich mich über die vielen Änderungen am Grundspiel sehr gefreut. Alle zu Beginn sichtbaren sind sinnvolle Änderungen, teils tatsächlich Dinge, an denen ich mich vorher wirklich gestört hatte.
Teils sind das Kleinigkeiten wie das Telefon. Bei dem war es vorher eine kleine Tortur, per kurzen oder langen Tastendruck in den richtigen Modus zu wechseln, also Anrufe oder SMS. Jetzt ist es ein umschaltbares Interface, von dem aus beides gemacht werden kann und das Spiel bugsiert einen immer in den richtigen Modus. Gleiches Niveau: Die Liste der Shards mit ihren Notizen ist jetzt immer eingeklappt, sodass der gesuchte über die Kategorie viel leichter gefunden werden kann.
Ab jetzt wird es tiefgreifender. Vor 2.0 bestimmten Kleidungsstücke den Rüstungswert, wie in den meisten Rollenspielen. Ein früheres Update hatte schon die Möglichkeit gebracht, statt dem (für die Werte) ausgewählten ein parallel zusammengestelltes Outfit am Körper von V zu sehen. Das ist jetzt seltener nötig, denn generell haben Kleidungsstücke keinen Rüstungswert mehr. Schutz vor Schaden kommt stattdessen durch die Implantate. Dass es die Outfits trotzdem noch gibt macht trotzdem Sinn: Erstens ist so das schnelle Umschalten zwischen verschiedenen Looks möglich, zweitens gibt es doch noch Kleidung, die (geringe) Boni bringt. Aber größtenteils entfällt Kleidung als spielentscheidendes Spieelelement, muss weniger aufmerksam gesammelt oder gar aufgerüstet werden.
Bei den Waffen und Kleidungsstücken entfällt übrigens das sichtbare Levellimit. Stattdessen setzt Cyberpunk rein auf Auto-Balancing, die Qualität der gefundenen Ausrüstung basiert immer auf dem eigenen Level. Dazu unten mehr.
Bei den Implantaten sind also für die Rüstung neue dazugekommen, auch daneben gibt es viele neue. Aber es gibt hier auch neue Limits: Einen Toleranzwert, der abseits einer Fähigkeit im Technikbaum nicht überschritten werden kann. Verschiedene Implantate fressen unterschiedlich viel dieses Wertes, gleichzeitig geben die Implantate mindestens so große Boni wie zuvor. Die Zusammenstellung muss man sich also gut überlegen. Wobei es jetzt auch Implantate der Qualitätsstufe ikonisch gibt, die besonders viel bringen – und besonders viel kosten. Das passt gut in diese Welt der Cyberpsychosis, auch zu dem, wie Cyberpunk in der Netflixserie dargestellt wurde.
Heilgegenstände und Granaten verbrauchen sich nun nicht mehr. Sind sie einmal in einer Qualität gefunden, sind sie für immer verfügbar. Stattdessen wird ihr Einsatz von einem Timer gestoppt. Anfangs zwei geworfene Granaten und es gibt keine dritte mehr, bis die Granaten sich nach ein paar Sekunden wieder aufgeladen haben. Das ist großartig: Es gibt keinen Grund mehr ihren Einsatz generell zu sparen, nur wohldosiert will er sein. Und es vermeidet die Situation, 900 ungenutzte Heilitems im Inventar zu haben und sich fortan durch absehbar jeden Kampf des Spiels durchheilen zu können.
Auch die Fähigkeiten wurden komplett überarbeitet. Es gibt noch die gleichen Kategorien, aber keine Unterkategorien mehr. Und die Fähigkeiten selbst wurden stark abgeändert. Ähnlichkeiten sind da, wie dass Cool für die Wurfwaffen verantwortlich ist und Schleichen erleichtert. Aber die Effekte der einzelnen Fähigkeiten sind komplett umgebaut worden, und sie sind jetzt teils hierarchisch, brauchen also vorher gelernte Fähigkeiten um gewählt werden zu können (und nicht mehr nur genug versenkte Attributpunkte, wobei das immer noch dazukommt). Damit wurde auch viel an der Balance verändert – hatte ich vorher durch die entsprechenden Fähigkeiten einen 1000 Schadenspunkte austeilenden Revolver, bekam ich ihn diesmal nur auf knapp 500. Generell ist die neue V von den Werten etwas weniger stark spezialisiert, war mein Eindruck, wobei die Skills teils sehr coole Zusatzfähigkeiten freischalten, wie das Blocken von Kugeln mit einem Katana oder eine Art kurzen Flug durch die Luft, zusätzlich zum (per Implantat Doppel-)Sprung.
Neue Herausforderungen in Dogtown
Mit all diesen Änderungen kann nun auf Wunsch Cyberpunk wieder von vorne angefangen, alternativ die Inhalte von Phantom Liberty direkt ausgewählt werden. Ich entschied mich für ersteres und erlebte wieder die normale Geschichte bis zu einen gewissen Punkt, an dem dann V ein neuer Anruf erreicht. Das Szenario: Ein Flugzeug steuert auf Night City zu, genauer: Auf Dogtown. Das ist ein neuer Stadteil, der durch ein Tor vom Rest der Stadt abgeschirmt ist, kontrolliert von einem Militär. V soll dorthin reisen und die Insassen des Flugzeugs retten. Wie das eingeführt und inszeniert wird ist großartig, so wie es schlicht eine Freude ist, eine neue Geschichte in Cyberpunk zu erleben. Von der will ich daher ansonsten nichts weiter spoilern.
Dogtown ist auch nicht einfach ein neuer, ansonsten gewöhnlicher Stadtteil. Nein, er ist wirklich vor die Hunde gegangen. In der Geschichte wurde das Gebiet nach einem Krieg übernommen und nie richtig wieder aufgebaut, es könnte so auch einem (grafisch beeindruckendem) Fallout-Spiel entspringen. Dieser Aspekt wird durch die Nebenmissionen vielfach unterstrichen, auch durch die neuen, nur dort aufzufindenden Kleidungsstücke, von denen viele endzeitlich angehaucht sind.
Gleichzeitig belohnt das Erweiterungsgebiet die investierte Spielzeit durch neue Arten von Skillshards mit permanenten Upgrades, einfliegenden Versorgungskisten mit ikonischen (im Sinne der Qualitätsstufe) Ausrüstungsgegenständen, darunter vielen Implantaten. Das Gebiet bietet auch spezielle Relict-Attributpunkte, mit denen ein neuer kleiner Fähigkeitenbaum mit Zusatzfähigkeiten gefüllt werden kann, was V dann doch nochmal spezialisiert. Das alles ist sehr angenehm.
Auffallende Verschlechterungen
So toll das alles bis jetzt auch klingen sollte, so hat Phantom Liberty doch auch Probleme, und selbst das Grundspiel hat durch manche Änderungen neue Probleme.
In den Nebenmissionen von Phantom Liberty zeigen die Entwickler eine Unehrlichkeit, die das Hauptspiel vorher vermied. Ein Beispiel: In einer Mission soll ein Transporter von A nach B gebracht werden. Direkt beim Aufbruch gerät ein Kollege in Gefahr, V kann ihn retten, riskiert dann aber mehr Straßenblockaden. Doch das ist mitnichten wahr: Nach der Rettung wird das transportierte Gut automatisch beschädigt ankommen. Rettet man den Kollegen nicht und fährt bewusst in jeden Gegner hinein, das Gut bleibt trotzdem heil. Das Ergebnis ist schlicht geskriptet, anstatt die Konsequenz als Spielinhalt zu verpacken und so eben auch eventuell bewältigbar zu machen.
Im Ergebnis sind die neuen Nebenmissionen oft unbefriedigend. Nicht immer, aber erstaunlich oft gibt es egal ob des Verhaltens, den Entscheidungen und V's Attributen keine gute Lösung. Das reicht bis in die neuen Hauptmissionen hinein: An einer Stelle ist ein Netrunner in Gefahr. V kann mit einem hohen Skillcheck auf Intelligenz schnell seine Verbindung kappen – der Netrunner stirbt trotzdem, der Skillcheck ist nur Zierde. Das Hauptspiel hat fast die gleiche Situation in einem Nebenquest, dort rettet der Skillcheck noch das Leben. Warum ist da das Spiel so? Reichte die Zeit nicht, um verschiedene Konsequenzen später angemessen in der Story zu berücksichtigen?
Mir verleidet das ein bisschen das Spiel. Auch das Hauptspiel hatte solche Missionen, auch die Hauptstory ist düster und stellenweise wirkt sie, als ob es keine guten Möglichkeiten gibt. Aber das stimmt fast immer nur so halb und die Nebenmissionen mit nur schlechtem Ende wurden durch doch positiv beeinflussbare aufgewogen. Diese Balance ist den Entwicklern in Phantom Liberty bisher nicht gelungen und ich befürchte als Spieler ständig, dass die Story der Erweiterung genauso unehrlich ins Desaster führt. Für ein Rollenspiel mit Entscheidungen und Konsequenzen ist das unangemessen. Natürlich darf es feste Katastrophen geben, natürlich darf der positive Ausgang schwer zu erreichen sein, aber immer wieder nur zwischen Pest und Cholera wählen zu können ist frustrierend und unspaßig.
Noch schlimmer ist das neue Autobalancing. Wie oben erwähnt ist das Levellimit bei Waffen weggefallen. Erstmal ist das gut. Cyberpunk setzt das aber durch ein Angleichen der Waffen aller Gegner an das eigene Level um. Ich möchte nicht ausschließen, dass das stellenweise nicht stimmt – vielleicht gibt es immer noch Gegner im Anfangsgebiet, die schwach bleiben. Und ich erlebte definitiv Gegner und Nebenmissionen in später zugänglichen Gebieten, die anfangs zu schwer waren. Doch größtenteils skalieren die Gegner und ihre Ausrüstung mit dem Spielerlevel mit. Missionen haben dementsprechend auch keine Anzeige mehr, ob sie noch zu schwer oder mittlerweile leicht wären. Aber schlimmer noch: Das gleiche gilt für Skillchecks! Nicht alle im gleichen Maße, aber generell fast alle Skillchecks sind sichtlich nicht mehr auf einen Wert festgelegt. Sondern sie werden schwerer, wenn V ein höheres Level erreicht.
Aufgefallen ist mir das erst nach eine Weile, im Delamain-Quest, wo die alternative Lösung für eine wichtige Entscheidung nicht mehr 11 Intelligenz braucht, sondern bei mir 16. Laut Wiki geht das Limit bis 20 hoch. Das sah ich später sowieso oft, dass Türen zu öffnen auf einmal 20 in Technik investierte Attributpunkte brauchte, wo das Hauptspiel vor 2.0 niemals so hochgegangen wäre. Unheimlich frustrierend, weil der Spieler so in Quests später oft (immerhin nicht immer) nur noch von den auf 20 Punkten maximierten Attributen profitieren kann und das Spiel so die Möglichkeit verbaut, sich auf Missionen vorzubereiten. Das minimiert das Fortschrittsgefühl und macht Cyberpunk 2077 zumindest in diesem Aspekt zu einem klar schlechteren Spiel, als es vor 2.0 war.
Dem Fortschrittsgefühl ist auch nicht damit gedient, dass das Levellimit nicht ausreichend erhöht wurde. V kann jetzt Stufe 60 erreichen, also 10 Stufen mehr, aber das bedeutet trotzdem, dass bei Bestreiten auch nur einiger Nebenmissionen das Maximallevel lange vor Spielende erreicht werden wird.
Bugs als sei es 2020
Was mich noch fassungsloser macht sind die Bugs, die ich in Cyberpunk nun wieder erleben darf. Vorab, ich spiele unter Linux mit Proton und kann nicht ausschließen, dass dieses Setup sie teilweise auslöst. Aber es sind von der Art die gleichen Bugs, über die beim Release 2020 berichtet wurde, daher bezweifel ich das.
Ruft V sein Fahrzeug, erscheint es und fährt in die Nähe. Immer wieder kollidiert es dabei mit anderen Fahrzeugen, bleibt in der Ferne stehen, oder fährt zu V, versucht zu bremsen aber schlittert noch 30 Meter weiter, kollidiert gar mit voller Wucht in eine Wand. Das erinnert zwar an Teslas Autopilot, aber ich vermute, dass das Verhalten nicht als cleverer Kommentar gemeint und damit gewollt war.
Ich sah fliegende Autos, die von Kollisionen hunderte Meter in die Luft geworfen waren. Leichen, die in der Luft schwebten. Autos, die harmlos einer Straße entlangfahrend grundlos explodierten. In Dogtown gab es eine Mission in einer Kirche, ständig hört ich draußen das Geräusch von schweren Kollisionen – wahrscheinlich war da eine der Stellen, wo die Autos irgendwie mit der Straße kollidieren, was auf den Schotterstraßen im Nomadengebiet ständig passierte. Das alles sind neue Bugs, die vor 2.0 nicht oder nur seltenst auftraten – mit Ausnahme des Herbeirufens des Fahrzeuges, das funktionierte nie ganz richtig, kollidierte nur seltener mit anderen Autos.
Ich hatte (seltene) Komplettabstürze des Spiels nach Laden eines Spielstands. Und einen Spielstart, bei dem die Musik des Intros nicht aufhörte, selbst beim Laden des Spielstandes nicht. Zu Beginn wurde die Tastatursteuerung zwar akzeptiert, aber trotzdem in der UI die Icons eines Controllers gezeigt. Dieser letzte Bug wurde aber mit dem Patch 2.01 bereits gefixt.
Vor 2.0 auch schon und immer noch im Spiel ist ein Bug, bei dem das Schließen der Karte zu einem Überblendungseffekt führt. Alles wird hell, als ob V von einem Tunnel heraustreten und direkt in die Sonne schauen würde. Diesen Bug immer noch zu erleben ist ziemlich nervig, wobei weder er noch die Masse an Bugs das Spiel unspielbar macht. Denn Blocker waren bei mir nicht dabei.
Fazit: Man könnte abwarten, aber…
Mein Fazit der Erweiterung Phantom Liberty und von Cyberpunk 2077 mit den Änderungen von Patch 2.0 ist zwiegespalten. Auf der einen Seite sind da viele sinnvolle Verbesserungen drin. Die neuen Fähigkeitenbäume sind ok, die neue Rolle der Implantate ist klar besser, die Wichtigkeit der Kleidung zu minimieren ist super, dass Crafting keine Fähigkeiten mehr braucht um gut zu sein ist sinnvoll, das Interface wurde an ein paar Stellen mit Bedacht verbessert, Granaten und Hyposprays nicht mehr horten zu müssen bzw zu können ist klasse. Das ist ordentlich Holz. Und sowohl ist Dogtown ein interessantes neues Spielgebiet als auch die dort erzählte Story eine fesselnde, atmosphärisch ist das wieder toll.
Andererseits nervt mich die Skriptlastigkeit mancher der neuen Nebenmissionen, ärgerte ich mich einmal zu oft über den allzu schlechten Ausgang einer Teilstory. Auf mich wirkt es stümperhaft, dass die Autoren so wohl die Gefährlichkeit der dystopischen Cyberpunk-Welt zeigen wollten, anstatt dem Spieler eine faire Chance zu geben. Es muss ja nicht immer der Weltfrieden herbeibeschwörbar sein, aber V sollte wirkmächtig genug sein, zumindest das schlimmste zu verhindern. Was soll das alles sonst? Aber es ist klar, dass sich an der Hinterfotzigkeit der Schreibe bei den neuen Nebenmissionen nichts mehr ändern wird – und ähnliches gilt tatsächlich auch für die Hauptstory der Erweiterung, das ist nur gerade noch erträglich. Ich konnte mich schließlich damit arrangieren, das Spiel mehr noch als eine Story begreifen, die übelsten Ausreißer wie die oben beschriebene Nebenmission mit der Fracht mal ausgenommen.
Völlig inakzeptabel aber sind die vielen neuen Bugs und das übertriebene Autobalancing, gerade die nun von Vs Level abhängenden Skillchecks. Das ist so gravierend, dass ich da fast auf ein Einlenken der Entwickler hoffen würde, ebenso wie sie wohl die Bugs noch reparieren würden, sollten sie nicht doch an Proton hängen. Handeln sie nicht, könnten mit der Zeit bei beiden Problemen Mods aus dem Nexus aushelfen.
Aber sicher kann ich da natürlich nicht sein. Und um Abwarten zu empfehlen ist die Geschichte dann doch zu gut. Phantom Liberty bringt viele tolle Missionen, kleine wie große, und auch einige gute neue Mechaniken. Trotz aller teils unerklärlichen Schwächen ist das Spielen insgesamt doch ein großartiges Erlebnis. Also muss ich die Erweiterung empfehlen, so sehr ich mir auch erhoffe, dass die Macken noch ausgemerzt werden und es eine wirklich perfekte Version von Cyberpunk 2077 geben könnte.
Linksammlung 41/2023
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
I’m so sorry for psychology’s loss, whatever it is meint die ganzen zusammenbrechenden Psychologenstudien, was für die Psychologie als akademische Disziplin seltsam folgenlos bleibt.
Your Organization Probably Doesn't Want To Improve Things ist eine wichtige Perspektive. Manchmal stimmt es nicht, manchmal merkt man es deutlich.
Dem Titel zu trotz ist das keine direkte Antwort, Can't Be F*cked: Underrated Cause of Tech Debt geht aber in eine ähnliche Richtung. Manchmal ist der Wille einfach nicht da. Und manchmal ist das sogar okay.
Auch hier schien erst der Wille zu fehlen, aber ECC RAM on AMD Ryzen 7000 desktop CPUs geht wohl doch. Der Artikel geht ziemlich tief in die Validierung des fehlerkorrigierenden Arbeitsspeichers.
Unity-CEO John Riccitiello tritt zurück, nachdem Unity zuvor auch für bestehende Projekte ab 2024 eine Installationsgebühr erheben wollte. Die Pläne bestehen sogar immer noch, nur leicht entschärft. Wie sich die Firma jetzt verhält wird spannend.
Computerbase hatte FSR 3 mit FMF im Test: AMDs Frame Generation verwirrt, zickt und zeigt Potenzial.
Kanzleramt vernichtete Merkels persönlichen Kalender und bewahrte dadurch Merkels Kalendar vor dem Zugriff durch den Untersuchungsausschuss des Afghanistan-Abzugs. Natürlich völlig unkorrupt, dieses Land, so wie Kohl nie schwarze Kassen geführt hat.
"Hab Erbarmen mit uns" zeigt eine differenzierte Perspektive zu Israels Reaktion auf den Terrorangriff der Hamas.
Wladimir Putin sei Besessen von Amerika. Das Erklärungsmodell ist zumindest stimmig.
Das geht dann nicht mehr aus der Portokasse: Microsoft reveals IRS notice asking for $28.9 billion in back taxes.
She's the star witness against Sam Bankman-Fried. Her testimony was explosive, der Artikel meint Ellison, seine Freundin und zumindest auf dem Papier die Chefin von Alameda Research, wo ein Großteil der Kundengelder hingeflossen sein sollen.
Control
Obwohl Control mit Remedy Entertainment von den Machern von Max Payne ist, diese Abstammung teilweise sichtbar wird und Control auch ganz eigene tolle Szenen produziert, konnte der Third-Person-Shooter mich nicht richtig begeistern. Schlecht aber ist er nicht.
Befreiung einer Behörde
Zu Spielbeginn betritt Jesse Faden das Gebäude des Federal Bureau of Control. Doch niemand ist da, nur ein Hausmeister lässt sie freundlicherweise hinein. Als sie das Büro des Direktors betritt, hat dieser sich scheinbar gerade erschossen – und die Waffe wählt Jesse, der neue Direktor zu sein.
Diese Story ist erst der Anfang. Nach dem einsamen Beginn treten einige andere Personen und Entitäten in die Handlung. Sehr sichtbar sind dabei die besessenen ehemaligen Angestellten, einmal Quelle für die Gegner, aber auch für vor sich hinmurmelnde und ansonsten passiv schwebende Gestalten. Diese ersten Szenen mit dem Bürogebäude prägten den in Videos sichtbaren ersten Eindruck des Spiels, wobei später auch andere Umgebungen auftauchen.
Schrittweise Erweiterung
Jesse wird im Spielverlauf immer stärker und bekommt neue Fähigkeiten. So kann sie die Waffe in verschiedene Formen verwandeln und wechselt dann zwischen Revolver, Schrottflinte und anderen Varianten. Sie sammelt Artefaktfetzen, aus denen sie Upgrades für diese Waffen generiert, die auch direkt als Hinterlassenschaft von Gegnern gefunden werden. Und sie kann durch erfüllte Aufgaben Punkte sammeln, mit denen sie ihre eigenen Fähigkeiten sowie ihr Mana und ihre Lebensenergie erhöhen kann.
Vor allem aber erwirbt sie neue Fähigkeiten, wie die Fähigkeit zu schweben. Damit werden im verwunschenen Bürogebäude neue Gebiete zugänglich. Teilweise ist das Metroidvania-artig, werden also vorher erkundete Gebiete durch neue Fähigkeiten unerwartet zum Übergang in ganz neue Level.
Für die Kämpfe besonders wichtig ist ihre Telekinesefähigkeit. Damit kann sie Objekte auf Gegner werfen. Ist kein passendes zur Hand reißt Jesse damit Brocken aus den Wänden, aber noch besser eignen sich von Feinden geworfene Granaten oder einige große Objekte. Gut eingesetzt ist diese Methode gegen die meisten Gegner viel effektiver als die reguläre Waffe, wobei ein Typ Fliegegegner Wurfobjekten geschickt ausweicht.
Technik und Grafik
Control spielte eine Doppelrolle als Technikdemo für Nvidia. Upscaling mittels DLSS und Raytracing wurde hier so ziemlich zum ersten Mal in ein großes Spiel gepackt. Entsprechend oft wurde Control für die Präsentation dieser Techniken in Videos benutzt. Als jemand mit einer AMD-Grafikkarte und unter Linux sah ich davon beim Selbstspielen nichts. Zu diesem Fokus passte aber, dass dieses nicht mehr ganz taufrische Spiel auf meinem System nicht besonders gut lief und einiges Drehen an den Einstellungsreglern brauchte.
Die Grafik hat mich dann auch nicht umgehauen. Control sieht nie schlecht aus und es zeichnet immer wieder Areale, die man so noch nicht gesehen hat. Besonders die brutalistischen und nochmal verformten großen Büroräume sind schon etwas eigenes. Aber es ist auch alles arg grau und die Büroabschnitte irgendwann eintönig, zudem sind die Gesichter mit ihrer Mimik sehr eigenartig gelungen.
Wie Control sich Schritt für Schritt erweitert und irgendwann ziemlich abgefahren wird, das hat schon was. Und auch der Ton des Spiels ist positiv eigentümlich, mit den übernatürlichen und Horror-Elementen finnischen Einschlags. Aber irgendwas stieß mich immer wieder von diesem Spiel ab (und es war Control, dem ich immer mal wieder eine Runde Loop Hero vorzog). Vielleicht auch, dass ich es stellenweise als ziemlich schwer empfand und an den Kämpfen nur selten viel Spaß hatte. Und auch die Story motivierte mich nicht alleine zum Durchspielen, dafür ist sie nicht fesselnd genug. Aber da war eben der merkwürdige Einschlag, der Ton, die vielen Fehltöne auch gerade. Diese Elemente lassen innehalten, ließen mich das Spiel weiterspielen und überzeugten mich, dass Control mehr ist als eine Technikdemo. Aber es blieb das Gefühl, dass Control kein rundes Spiel geworden ist.
An einer Stelle war es das Spiel selbst, das mir vielleicht zeigte was mich störte: Als ich an einem späten Punkt des Spiels durch ein abgefahrenes Labyrinth spurtete, mit toller Musik untermalt Gegner weghauen durfte und Jesse auch ein entsprechend breites und mächtiges Sortiment hatte, dann war Control richtig toll. Aber das war eben die Ausnahme, sie ergab einen Flow, dem das Spiel sonst nur an wenigen Stellen nahe kam.
Linksammlung 40/2023
Diese Woche fand ich mehr als sonst besonders erwähnenswert:
In der Flugblattaffäre schreibt die SZ In eigener Sache und beschreibt ihre Recherchearbeit und Entscheidungsprozesse.
Einen Einblick in die deutsche Gesellschaft liefert Wohnbaracke auf freiem Feld brachte das ganze Dorf in Rage - Fast zehn Jahre schwelte der Konflikt um Schwarzbau. Ich fand das eindrucksvoll, als Perspektive darauf wie dieses Land lokal funktionierte.
Ganz anderes Thema, aber Stichwort "Lokal": You want to reduce the carbon footprint of your food? Focus on what you eat, not whether your food is local (via) zeigt Statistiken, denen zufolge es gar nicht so wichtig ist wo das Essen herkommt. Es gibt natürlich noch andere Gründe lokale Produkte zu kaufen, aber der geringe Einfluss des Transports war mir nicht klar.
Einen riesigen Einfluss auf die Cryptowährungen hatte jetzt schon der Beginn dieses Prozesses: The $8 billion Sam Bankman-Fried criminal trial starts today — here’s what’s at stake and how we got here. Ich finde es beachtenswert, wie detailliert und meiner Wahrnehmung nach korrekt der Zusammenschrieb von CNBC ist.
Eine allgemeinere Art von Einfluss habe The Insidious Lie That We Can’t Understand Each Other. Betrifft primär US-Politik, aber man hört so Stimmen auch hierzulande. Wieder Kritik, bei der man als Leser etwas Vorsicht walten sollte welche Richtung das einschlägt, aber sie scheint treffend.
Die Anti-Monopolbewegung in den USA hat „Never Seen Anything Like It“: The Biggest Month in Antitrust in 50 Years. Das alles betrifft auch uns in Deutschland, denn die Prozesse entscheiden den zukünftigen Charakter von Google, Amazon und anderen hier aktiven Riesenfirmen.
Auch ein Monopolthema, The biggest blocker to LibreOffice adoption? LibreOffice. Die Erfahrung habe ich leider auch machen müssen, dass LibreOffice immer noch inkompatibel und dadurch nicht nutzbar ist. Also, für andere, ich konnte mit kaputten Dokumenten meist gut leben, aber meine Rollen in Firmen waren bisher meist atypisch.
Genauso wichtig, dass bei Sprachmodellen kein Monopol entsteht, ein Mittel dafür ist vielleicht Mistral 7B: Fortschrittliches Open-Source-LLM aus Europa. Je mehr Technik den Giganten als Alternative im Weg steht umso besser für die Gesellschaft.
Bei Druckern kann man sehen, wie sich ein Oligopol auswirkt: HP fails to derail claims that it bricks scanners on multifunction printers when ink runs low. Die Druckerhersteller haben mit solchen Aktionen aber inzwischen eine Grenze überschritten und die Reaktion sieht schmerzhaft aus. Dass hier im Büro kein Drucker steht ist auch kein Zufall.
Und schließlich Reviews of Framework Laptop 13 (AMD Ryzen 7040 Series) are live. Der Framework-Laptop ist auch so ein Thema, das man ins Monopolfeld einordnen könnte, wo jahrelang die etablierten Hersteller der Welt mit Wegwerfprodukten geschadet haben. Hätte Framework nicht in den Markt gelangen können, hätten wir heute noch keine Alternative. Und deren neuen Ryzenmodelle bekommen sehr positive Reviews.
Disco Elysium, oder: Ich preise ein Meisterwerk
Disco Elysium hat bei Release sehr hohe Wertungen bekommen, mit der manchmal zu lesenden Einschränkung, dass das ungewöhnliche Rollenspiel nicht jeden ansprechen werde. Für mich, siehe Titel, war es großartig.
Aufwachen als namenloser Polizist
Das Szenario klingt nur im ersten Moment gewöhnlich. Zwar ist ein Gedächtnisverlust der Hauptprotagonisten bei Rollenspielen nichts neues, aber hier sei der nach Tagen des Dauersuffs und Durchfeierns eingetreten. Während im Garten des Hotels – zu dem das Zimmer gehört in dem man aufwacht – immer noch die Leiche am Baum hängt, wegen der man hier ist. Zumindest ist das die Version, die man zu Beginn hören wird.
Wahnsinnig ungewöhnlich ist auch die Art, wie man aufwacht. Innere Stimmen sprechen zu einem und wollen überzeugen, nicht aufzuwachen, der Schlaf sei doch so viel angenehmer als das Aufwachen und Erinnern. Es sind verschiedene Stimmen, verschiedene Teile des Gehirns und Körpers. Darauf kann man eingehen, oder widersprechen. Schafft man es, nach dem Aufwachen die Krawatte vom Deckenventilator zu holen (was absolut nicht garantiert ist) fängt plötzlich die an zu reden. Wahnsinnig eben.
Vom seltsamen Handeln in einer obskuren Welt
Auf diese Gespräche hat man Einfluss, also sowohl auf die inneren als auch auf die mit anderen Personen. Je nach anfänglicher Punkteverteilung sind die Charaktereigenschaften unterschiedlich ausgeprägt. Eine hohe Autorität führt zu anderen eingeworfenen Bemerkungen als eine hohe Empathie und das wiederum zu anderen eigenen Gesprächsoptionen.
Aber auch welche Optionen man wählt hat einen Einfluss. In der Hinsicht ist Disco Elysium wirklich ein Rollenspiel. So lehnte ich ins Absurde und ließ meinen Polizisten sich immer wieder als Disco-Polizist vorstellen, der mit Disco (und also: Tanzen, Feiern und früher Trinken) Fälle löst. Was zu herrlichen Reaktionen führt, aber vor allem zu Erstaunen beim in der Hotellobby angetroffenen sympathischen Begleiter Kim. Nochmal mehr, wenn dieser Ansatz dann wirklich immer mal wieder funktioniert. Aber ich hätte mich auch als gewöhnlicher Polizist vorstellen können, mir einen Namen ausdenken oder die Namensnennung vermeiden und mich wirklich dem Fall und der Polizeiarbeit widmen.
In und außerhalb der Gespräche gibt es oft Skillchecks, die hier je nach Fähigkeitenwert und anderen Faktoren (wie manchmal möglicher Vorbereitung, z.B. dem passenden Werkzeug in der Hand) eine prozentuale Erfolgswahrscheinlichkeit haben. Scheitern sie, können viele nochmal probiert werden, nachdem die Fähigkeit einmal erhöht wurde. Aber oft ist es auch okay wenn sie scheitern, sind sie nicht spielentscheidend und gibt es alternative Wege, passt das Scheitern gar zum Charakter – was den Unterschied ausmacht zu Wasteland 2, wo ich ein solches System massiv kritisierte. Gegen Ende und bei ein paar Szenen hat das System mich doch zum Schnellladen verleitet, aber oft genug konnte ich die Ergebnisse auch beim Scheitern akzeptieren. Fehlschläge und bestimmte Ereignisse können jedoch auch Lebens- oder Moralpunkte kosten, fallen sie auf Null ist das Spiel vorbei. Das setzt dem eigenen Verhalten Grenzen. Der verfrühte Tod kann aber meist noch durch Heilitems verhindert werden.
Man macht mehr, als nur mit den vielen Bewohnern des Stadtteils zu reden. Aber nicht unbedingt viel mehr. Man kann sich in dem kleinen Gebiet frei bewegen, mit ein paar temporären Blockaden. Es gibt Gegenstände, die ins Inventar wandern. Teilweise Ausrüstungsgegenstände, welche die eigenen Werte beeinflussen (und als Kleidung Kommentare auslösen können). Gegenstände zum interagieren, was dann als Gespräch mit dem Gegenstand aufgebaut ist. Und viele, die für die vielen Quests eine Rolle spielen. Runden- oder Echtzeitkämpfe, eigentlich ein elementarer Bestandteil vom Computer-Rollenspielen, gibt es nicht.
Ton, Dichte, Reaktivität
Disco Elysium ist mehr als seine ordentlich funktionierenden Spielmechaniken. Sein Ton, seine Dichte und seine Reaktivität machen es toll. Der Ton kommt primär durch die Art der Gespräche, gerade auch der Selbstgespräche, die manchmal an Sunless Sea und Teile von Planescape Torment erinnern, verstärkt durch die unglaublich gute Sprachausgabe (die im Final Cut vervollständigt wurde). Aber auch die Geschichte spielt hier rein, die (vielleicht) Schritt für Schritt aufgedeckt wird, die ich aber nicht spoilern will. Die Dichte kommt durch die unzähligen Querverbindungen, die vielen möglichen Aufgaben und die schiere Anzahl an interessanten, voll ausgestalteten Gesprächspartnern. Und Reaktivität ist klar, es stehen viele Handlungsoptionen offen, auf die oft überraschend reagiert wird; Eben nicht nur einmalig im Mikrokosmos des einen Gesprächsfensters, sondern immer wieder auch durch spätere Folgereaktionen auf das bestimmte Ereignis oder die eingenommene Haltung. Da ist es fast schade, dass viele reguläre Gespräche eben doch wiederholbar sind.
Aber natürlich kann das Spiel kein komplett freies Rollenspiel sein. Durch die angebotenen Optionen und durch den Charakter der Spielwelt wird es auch immer eine bestimmte Richtung haben – in meinem zweiten Anspielen als No-Nonsense-Polizist sprach wieder die Stadt selbst mit mir und erzählte von ihrer Geschichte, will meine Wirbelsäule nicht das ich aufstehe. Es gibt zudem unweigerlich immer diesen nostalgischen und traurigen Unterton, durch die wohl gesetzte schmerzliche Vergangenheit und verstärkt durch die Zerstörtheit der Stadt
Doch es gibt genug Gesprächs- und Handlungsoptionen, um in diesem Rahmen mehr als nur eine Rolle konsequent zu spielen, und es gibt die entsprechenden Reaktionen und Auswirkungen. Gerade hier brilliert Disco Elysium, wenn auch noch der absurdeste Nebenquest und das seltsamste Gespräch durch passende Ergebnisse weitergesponnen wird – und das oft überschwappt in die Haupthandlung.
Das Ergebnis spielt sich großartig und ist unheimlich fesselnd. Es wirkt nur auf eine andere Art fesselnd als wie CRPGs normalerweise funktionieren. Das erklärt die Einschränkung bei den Empfehlungen. Die Bindung funktioniert weniger durch die teils auch vorhandenen mechanischen Rollenspielelemente wie dem Hochleveln und Ausrüsten, sondern mehr durch das intellektuelle Rollenspiel in einer unbekannten und andersartigen Welt, durch (wenn auch limitiertes) Handeln in der Welt und primär den Gesprächsoptionen.
Bugs
Umso schmerzlicher ist es dann, wenn mein Wirken in der Welt durch technische Probleme blockiert wird. Das ist mir nur einmal aufgefallen, aber es war extrem unglücklich: Um ein wichtiges verlorenes Ausrüstungsstück wiederzuerlangen sollte nachts an einem bestimmten Ort ein Treffen stattfinden. Ich war da, die Kontaktperson nicht. Mit dem Problem bin ich nicht alleine, es finden sich ein paar Berichte im Internet. Leider war dieses Treffen auf den letztmöglichen Tag gerutscht, ich musste den Rest des Spiels mit dem Verlust leben, was wichtige Auswirkungen auf die Handlung hatte. Neuladen auf einen vorherigen Tag hätte zu viel Spielfortschritt zerstört, eine Lösung fand ich nicht.
Bei Disco Elysium ist immer der unfassbare Aufwand spürbar, der in diese Millionen Zeichen zählende Texte, die unglaublich vielen Interaktionen, die extrem ausgearbeitete Spielwelt, die perfekten Sprecher (besonders Hauptsprecher Lenval Brown, der mit verstellter Stimme die Hälfte des Spiels allein vertont hat) und den passenden Grafikstil mit seinen Zeichnungen geflossen ist. Das zu sehen ist dann schier unglaublich und mir unerklärlich, wie ein solches Spiel produziert werden konnte. Noch unglaublicher, dass ein solches – und das ist positiv gemeint – verkopftes Werk dann sogar erfolgreich war. Dass das möglich war ist ein Zeichen dafür, wie weit Computerspiele als Medium bereits gekommen sind, wie weit auch die Spielerschaft ist. Okay, klar, hier im Blog sind so einige beliebte Spiele aufgetaucht deren Reiz nicht aus einer simplen Massentauglichkeit stammt – Deus Ex, Metro Exodus, Baldur's Gate; Computerspiele sind schon lange ein komplexes Medium. Aber Disco Elysium setzt mit seiner künstlerischen Unzugänglichkeit nochmal einen drauf und war trotzdem sehr erfolgreich, das erstaunt mich einfach.
Disco Elysium hat alle Merkmale eines Unikats mit einer enthaltenen künstlerischen Vision, die nur in einer bestimmten und nicht replizierbaren Umgebung zu einem fertigen Spiel werden konnte. Selbst wenn die gleichen Leute es nochmal probieren würden, ich würde niemals darauf wetten, dass das Ergebnis wieder so gelingen könnte. Der Versuch, es in eine wiederholbare Formel zu pressen – wie sie bei Filmen existiert – würde es zerstören.
Dass andererseits mittlerweile der hinter dem Spiel stehende Autor Kurvitz aus dem Studio gekickt wurde, samt einer laut Vorwurf korrupten feindlichen Übernahme und dem Diebstahl der Marke durch einen Unternehmer, passt dann wieder eher zu unserer normalen Realität. Mit einem würdigen Nachfolger ist wegen all dem in absehbarer Zukunft nicht zu rechnen, vielleicht nie.