Ein kurzer Blogrückblick auf 2022
Was ein Jahr. Während die Pandemiemaßnahmen eingestellt wurden, zog ich der Physikerin hinterher in eine neue Stadt. Da ich meinen Job einfach weitermachte änderte sich für mich an sich nicht viel, doch obwohl noch dazu der Umzug ein relativ einfacher war ächzte ich zwischendurch trotzdem. Wie lief unter diesen Umständen und in der neuen Umgebung der Blog? Ein paar Zahlen und Eindrücke.
Dieses Jahr habe ich 108 Blogartikel geschrieben. Das klingt mehr als es ist, denn ich zählte da die wöchentlichen Linksammlungen mit, die dieses Jahr mit wenigen Ausnahmen konstant durchliefen. Als Rhythmus wollte ich jeden Montag einen regulären Blogeintrag, freitags die Linksammlung veröffentlichen, was für mich dieses Jahr ganz ordentlich funktionierte. War eine Woche mal mehr zu schreiben, sollte das mittwochs erscheinen, das war selten.
Die drei längsten Artikel waren:
- Baldur's Gate Enhanced Edition (36737 Zeichen)
- Phantom Doctrine, ein XCOM ohne Aliens (19590 Zeichen)
- Star Trek: Voyager (15878 Zeichen)
Das macht den Artikel zu Baldur's Gate übrigens mit einigem Abstand zum längsten im Blog über alle Jahre hinweg, nach den Besprechungen von Fallout 4 (22128) und Fallout New Vegas (21839).
Klar, diese Artikel wurden lang weil die Spiele bzw die Serie mich beschäftigten, aber ich erfreue mich gerade mehr an diesen meinen Favoriten: Dem Artikel zum Routing mit Flutter (endlich mal wieder ein Programmierthema im Blog) und der Skizze zum perfekten Blogsystem (was nach so vielen Jahren Beschäftigung mit dem Thema mal aufgeschrieben gehörte).
Rückblickend bin ich generell zufrieden über meine Themenwahl dieses Jahr. Ich habe weiterhin Spaß an den Spielen-, Film- und Serienbesprechungen, habe aber auch wie von mir gewünscht über andere Themen schreiben können. Wenn ich mich bei der SQL-Abfrage nicht verheddert hatte, wurden die Blogkategorien wie folgt bedient:
- Spiele: 26 Artikel
- Linux: 10 Artikel
- Technikzeugs: 9 Artikel
- Medien: 7 Artikel
- about: 5 Artikel
- Zeitgeschehen: 2 Artikel
- Textformen: 1 Artikel
- Code: 1 Artikel
HCI und Informatik bekamen also null neue Artikel, aber gerade für die HCI-Kategorie hatte ich 2021 ein bisschen geschrieben, ich sehe beide Kategorien als gesünder als sie es vor zwei Jahren noch waren.
Insgesamt durfte ich im Blog 142 Kommentare begrüßen. Davon waren allerdings 49 von mir. Pingbacks und Trackbacks (auch interne) gab es obendrauf, zusammengenommen kommt die Kommentar-Datenbanktabelle auf 256(!) neue Zeilen. Die meisten Kommentare bekamen diese drei neuen Artikel:
Bei dem ersten hat es mich sehr gefreut, wie konstruktiv die Kommentare waren, eine Kontra-Position zu so einem Thema würde anderswo ein Gemetzel. Und der Artikel zum Blogsystem wäre ohne Kommentare nur halb so interessant geworden. Danke dafür.
Bei Google sah die Platzierung in der Suchmaschine so aus:
Trotz regelmäßigem Veröffentlichungsrhythmus ist da also ein leichter Abwärtstrend und die am öftesten angeklickten Artikel sind nicht aus diesem Jahr. Ich denke das ist folgerichtig, solange ich weiter primär zu relativ generischen Themen wie PC-Spielen schreibe wird Google diesen Blog mit relativer Missachtung strafen. Die Topartikel mit je einer Problembeschreibung zum Xiaomi-Roller, mit AoE2 zu einem populären Spiel unter Linux und wie man ein Custom-Rom auf einem LG-Tablet installiert zeigen recht deutlich, dass Artikel mit praktischem Nutzen für meine Techniknische für die Suchmaschine (und damit potentiell kommerziell) besser funktionieren würden.
Der Blog selbst wurde von Serendipity 2.4-beta1 auf 2.4.0 aktualisiert. Der Hoster blieb mit vultr der gleiche. Am Design hat sich nicht viel getan, wobei die Texte hier inzwischen per text-align: justify
geglättet werden, was früher Browser nicht sauber konnten und ein Unding gewesen wäre. Und für die bessere Benutzbarkeit werden Links nun wieder unterstrichen, allerdings geriffelt, was mir weiterhin gut gefällt.
Soweit zu diesem Blog im jetzt schon fast vergangenem Jahr 2022. Ich freue mich schon auf die Rückblickartikel der anderen Blogger in meiner Nachbarschaft, die bei ihnen eher Tradition sind. Bei mir ist den Blog zum Jahreswechsel zu ignorieren die Tradition, aber dieses Jahr reizte mich dieser Rückblick; Auch weil ich dieses Jahr irgendwie besonders froh darüber war mir diesen Blog als ein konstantes Ding bewahrt zu haben.
Ein Switchupdate: Dorfromantik, Mario + Rabbids Kingdom Battle, 80's Overdrive, Blackguards 2
Als mir dieses Jahr der Platz vor dem PC zu eintönig wurde, habe ich die Switch entstaubt und in den Alltag eingebaut. Ein kurzer Rückblick auf die dabei gespielten Spiele:
Dorfromantik
In Dorfromantik werden kleine Hexfeld-Plättchen aneinandergelegt. Passen sie zusammen gibt es Punkte, wenn z.B. ein Waldgebiet an das nächste angrenzt. Im Standardspielmodus ist die Plättchenzahl begrenzt, aber man kann mehr bekommen: Perfekte Kombinationen geben jeweils ein neues Plättchen, also wenn alle angrenzenden zusammenpassen, zudem gibt es per Fahnen markierte Missionen, wenn beispielsweise das Stadtgebiet dann mindestens X Häuser umfassen soll.
Es ist also ein Puzzlespiel. Mir machte es gerade anfangs durchaus Spaß und auch jetzt wähle ich es immer mal wieder als Zeitvertreib. Aber die Limitierungen stören mich dann doch. Ich hätte erwartet, dass mit konzentriertem Spiel die gebaute Fläche sehr groß werden kann, aber das Balancing lässt das kaum zu, früher als mir lieb ist gehen unweigerlich die Plättchen aus. Und die kleinen Missionen zu erledigen und manchmal sogar neue Plättchenarten zu erhalten ist nett, aber da hätte das Spiel viel mehr draus machen können. Technische Limitierungen kommen dazu, warum ein grafisch so einfaches Spiel immer mal wieder ruckeln muss verstehe ich nicht, auch das Kantenflimmern auf der Switch im mobilen Modus ist störend. Die Musik wie auch die Soundeffekte werden nach einer Weile zudem extrem nervig, da ist das Spiel viel zu beschränkt und amateurhaft.
Das Spiel hat einige Preise gewonnen und als deutsches Spiel etwas Bekanntheit erlangt. Auch ich würde es empfehlen, aber nur wenn man solch ein gemächliches Puzzlespiel sucht. Und den Ton ausmacht.
Mario + Rabbids Kingdom Battle
Ich habe keine Ahnung was die Rabbids sind, aber die Mischung mit Mario zu einem Rundentaktikspiel hier ist gelungen.
Die Mischung ist auch die Story: Die Rabbids brechen in ein Labor ein, in ihrer chaotischen Unfähigkeit aktivieren sie eine weltenvermischende Brille und werden in das Mariouniversum gesogen, das daraufhin von Babybowser samt Brillenrabbid bedroht wird. Also machen sich Mario und Gefährten, ergänzt um Rabbidkopien der Gefährten, zu einer Rettungsmission auf. Die führt durch verschiedene Welten und durch viele verschiedene Arenen, in denen eben nicht (primär) gehüpft wird, sondern die Waffen sprechen.
Das Kampfsystem ähnelt dabei XCOM: Die Umgebung verleiht Deckung in halb und voll, manche Deckungsarten sind zerstörbar, wobei anders als im Vorbild Trefferwahrscheinlichkeit nur durch halbe Deckung von 100% auf 50% sinken kann und volle Deckung immer kompletten Schutz bietet. Das gilt allerdings nur für gewöhnliche Waffen, deckungsdurchdringende Explosionen gibt es auch – alle Gefährten haben alternative Waffen und Luigi-Rabbid darüber beispielsweise eine Bazooka – und ist ein Gegner in Bewegungsreichweite, kann er für praktisch kostenlosen Schaden auch angerempelt werden. Manche Kämpfer sind darauf ausgelegt, Mario dagegen würde mit Hilfe eines Kollegen eher einen Sprungangriff durchführen. Das alles wird recht dicht, auch weil dabei ja immer die Folgeaktionen der Feinde und damit die eigene Positionierung bedacht werden müssen, das Anrempeln z.B. nutzt auch die Gegner-KI recht effizient. Was die eigenen Figuren können erweitert sich im Laufe des Spiels, denn sie alle haben einen Fertigkeitsbaum, auch neue Waffen müssen gekauft werden um gegen die immer stärker und ausgefallener werdenden Gegner zu bestehen.
So läuft die Gruppe von Kampf zu Kampf, wird stärker und sammelt zwischen den Kämpfen Goldmünzen mit kleinen Schalterrätseln. Welt wie Arenendesign setzt dabei stark auf die Röhren aus den Mariospielen.
Das Ergebnis ist einfach gut. Die Rabbids lockern mit ihrem Chaos das ganze herrlich auf, ständig ist durch sie in Welt wie Zwischensequenzen irgendwo ein Witz platziert. Das funktioniert meist durch ihre Animationen, aber das ganze Spiel ist hervorragend animiert (nicht nur die Rabbids). Die Kämpfe sind dabei durchaus nicht übermäßig einfach, aber doch alle lösbar, was besser ja kaum geht. Dass manchmal durch die Röhren die Übersicht der möglichen Gegneraktionen leidet ist dann schon ein Hauptkritikpunkt und etwas sattspielen kann man sich an den vielen Kämpfen doch auch. Aber dann braucht es eben mal eine Pause.
Ich hätte keine Bedenken dieses Spiel einem etwas älteren Kind in die Hand zu drücken, aber definitiv ist Mario + Rabbids Kingdom Battle mehr noch für Erwachsene geeignet. Der Nachfolger soll laut GG-Test übrigens noch besser sein und wäre damit für mich ein Pflichtspiel.
80's Overdrive
Auch 80's Overdrive adressiert mehr Erwachsene, aber via Nostalgie für diese 2D-Rennspiele mit simulierter 3D-Grafik. Wie man in ihnen fährt ist etwas ganz eigenes und ich hatte genau auf sowas mal wieder Lust, nachdem ich vor einer Weile im Emulator das spielerisch ähnliche Cruis'n USA gespielt hatte.
80's Overdrive jetzt ist schon merklich ein moderneres Spiel im Retro-Gewand, mit den verschiedenen wählbaren Autos, dem Upgradesystem, den Polizeistreifen und den optionalen kleinen Missionen (z.B. einen Gegner zu rammen). Spielerisch aber bietet es sonst genau was die alten Spiele auch boten, kleine Reaktionsspiele im Rennspielgewand.
Ich empfand es als gutes Spiel gerade für die Switch, bei der auch einmal keine technischen Limitierungen auffielen. Beschäftigt nicht übermäßig lange und natürlich ist sowas wie Fast RMX ein besseres Rennspiel, aber als (zudem günstige) Hommage funktioniert es gut. Ausnahme ist das misslungene Finale, dafür ist die Musik erstaunlich gut.
Blackguards 2
Blackguards 2 ist das einzige Spiel in dieser Liste, das ich noch nicht durchgespielt habe.
Im Spiel geht es um eine verstoßene Frau, die im Intro ein Verlies unerwartet überlebt, dabei aber von Spinnengift verunstaltet wird. Das Spinnengift sei zudem entweder tödlich oder mache wahnsinnig. Dem Verlies entflohen sammelt sie Gefährten (aus dem von mir nicht gespielten Vorgänger) und Söldner um sich, um das Reich zu erobern. Und viel weiter bin noch nicht. Die Spielbeschreibung kündigt an, dass es wichtige Entscheidungen geben wird, zumindest Ansätze davon habe ich bereits gesehen.
Ich hadere etwas mit meiner Wahl der Switchversion. Eine Steamversion existiert auch, aber wie bei Mario + Rabbids sind die Hauptspielinhalte wieder Rundentaktikkämpfe, wobei die darübergelegten Story und die Rollenspielelemente ausgebauter sind. Das wollte ich gerne auf der Couch spielen, zudem war die Switchversion stark reduziert. Aber an sich sehe nicht nicht viel auf dem kleinen Bildschirm, die Ladezeiten sind zu lang, an manchen Stellen sind die Einblendungen der Controllerbelegung nicht an die Switch angepasst (also X und Y sowie A und B vertauscht) und das Kantenflimmern ist furchtbar. Einen Komplettabsturz hatte ich auch schon. Es ist kein guter Port.
Ich werde es sicher weiterspielen, weil es insgesamt doch den Eindruck eines guten Spiels hinterlassen hat. Aber ich würde derzeit die Switchversion nicht empfehlen.
Wer zu Weihnachten auch die Switch mit auf die Reise nimmt hat von diesen Schilderungen vielleicht etwas. Gerade Mario + Rabbids Kingdom Battle sei hier nochmal empfohlen. Selbst wenn ich bei der Überlegung PC-Spiele mit einbeziehe, war das eines der besten der von mir dieses Jahr gespielten Spiele.
Wednesday
Dass die Netflixserie die Addams-Familie wieder aufgreift hat wohl einen Nerv getroffen, ich hörte sie oft erwähnt. An die Filme erinnerte ich mich nur vage, aber positiv, vor allem an Szenen aus einem Sommercamp (das ist wohl aus dem 1993er-Film).
Doch die Serie jetzt ist anders – und seltsam. Sie spricht vom Ansatz Jugendliche an, als Harry-Potter-Verschnitt mit Wednesday als Emo-Protagonistin. Während aber die alten Addams-Filme mit den Monster- und Todesmotiven nur gespielt haben und der Ton eher lustig war, schafft das die Serie nicht. Sie nimmt sich ernst. Und ist dabei verdammt brutal – während anfangs ihre Sprüche noch amüsant wirken, rennt gegen Ende gerade Wednesday in moralische Abgründe.
Das sagt etwas über unsere Zeit aus, glaube ich. Wenn Verhalten wie Mord und Folter positiv gewertet wird, wenn die dedizierten Sympathieträger sich absolut widerlich verhalten können und trotzdem vermeintliche Helden bleiben. Vom sarkastischen Wednesday-Mädchen von damals ist nur noch die Fassade über. Was wieder eine ansprechende Fassade ist – das völlige Ausbrechen aus den sozialen Normen spricht ja wohl jeden mal an – aber es ist eben keine augenzwinkernde Kulturkritik mehr, sondern ein viel schwergewichtigeres Konstrukt
Die Serie selbst ist dann eine größtenteils nicht langweilige Mördergeschichte, bei der neben etwas Beziehungsdrama, Actionszenen und Querverweisen (z.B. auf Carrie) vor allem das vorzeitige Erraten der Handlungsauflösung reizen soll. Qualitativ wahrscheinlich besser als die Filme es je waren, aber gerade im Rückblick fehlt mir der Charme.
Linksammlung 49/2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnenswert:
Chrome, 10 years later ist eine Retrospective auf die damalige Arbeit des Autors im Projekt. Das war für Browser eine spannende Zeit, so liest sich das auch hier.
Der gezeigte Trick in I’m Embarrassed I Didn’t Think of This.. - Asynchronous Reprojection ist ziemlich beeindruckend. Das Bild sieht durch die Kamerabewegung selbst bei niedrigen FPS komplett flüssig aus. Wäre eine schöne Ergänzung in Spielen.
Das finde ich mehr wegen der Arbeit spannend: The road to Dart 3: A fully sound, null safe language. Erzwungene Sicherheit gegen Null alleine macht das Update mir nicht spannend, aber das Destructuring (praktisch eingebaute und direkt wieder aufgeteilte Tupel) klingt schon praktischer.
Schließlich ist Google’s Sycamore chip: no wormholes, no superfast classical simulation either ein tolles Beispiel dafür, welchen Schaden Physiker mit ihren ständigen metaphysischen Ausflügen anrichten. Wie sollen Leute fernab vom Thema auch wissen, dass all das Gerede über Multiversen und Leben in einer Simulation esoterischer Schwachsinn ist und dass z.B. beim Reden über Teleportation echte Teleportation überhaupt nicht gemeint ist? Dann werden einfache Modellberechnung plötzlich zu geöffneten Wurmlöchern, woran insbesondere die falsche und hirnlose Berichterstattung im Quanta-Magazin schuld ist. Es ist einfach nur peinlich.
Vergrößerte Lakritzsammlung
Hier kam ein Paket an und nicht nur die Katzen waren neugierig.
Darin waren drei Packungen Lakritze, "Van Slooten", also aus einer ganz anderen Ecke als die finnische Sammlung bei mir.
Ein Dankeschön von Mari, für das jetzt ich mich bedanke.
Die erste Packung wurde von mir bereits geöffnet, die oben gezeigte gezuckerte Variante. Keine Wertung da ein Geschenk, aber als Ersteindruck: Da gesüßt ist es mehr ein Bonbon als die doch speziellen Salmiakki, aber es hat durchaus noch Lakritzgeschmack dahinter, ich mag die Mischung.
Mein Eindruck von Baldur's Gate: Siege of Dragonspear
Siege of Dragonspear ist eine Erweiterung, die in der Enhanced Edition des ersten Baldur's Gate die Storylücke zwischen Teil eins und zwei füllen soll. Sie hinterließ bei mir einen schließlich doch negativen Eindruck.
Gelungener Anfang
Auf der einen Seite ist die Ausgangslage nicht schlecht. Nach den Geschehnissen im Hauptspiel erklärt die Stadt Baldur's Gate den Spielercharakter zu ihrem geschätzten Helden. Ein nicht uninteressanter erster Dungeon führt in diese Rolle ein, beschreibt dabei direkt Imoens Weg zur Magierin (sie war ja in BG1 ein Dieb, in BG2 dann eine Doppelklasse Dieb/Magierin) und ein Zerfallen der alten Heldengruppe durch Wegfall ihrer alten Existenzberechtigung. Kaum zurück bedroht ein Kreuzzeug die Stadt, dem eine eigene Armee entgegengeschickt werden soll – begleitet von der eiligst wieder zusammengerufenen Heldentruppe des Spielers.
Schon bei diesen Anfangsszenen wird klar, dass sich die Erweiterung ein paar Freiheiten vom Grundspiel nehmen und es übertrumpfen will. Teils schlicht, indem Techniklimitierungen aufgelöst wurden. Die Karten sind nun nicht immer gleich (über-)groß, sondern oft kleiner, sodass sie zu durchsuchen weniger nervig wird. Doch auch wenn klein, sind sie manchmal beeindruckend übervoll mit NPCs. In den Städten sind das zumeist Statisten, mit denen man nicht interagieren kann. Später sind es Verbündete und Gegner, was zu echten Massenschlachten führt, eine wirkliche Neuerung selbst zu Teil 2.
Einige andere Modernisierungen helfen dem alten Spielkonzept zusätzlich: Dass abgelehnte Begleiter im Lager auf eine neue Rekrutierung warten, dass es für überschüssige Gegenstände eine sichere Schatztruhe gibt. Die ganzen Interaktionen mit den Story-NPCs in der Stadt und während dem Kreuzzug wirken freier, wirkmächtiger als die im ersten Teil noch sehr begrenzten und immer auf die Abenteurerrolle beschränkten Interaktionen. Schnell wirkt Siege of Dragonspear so insgesamt deutlich moderner als Teil eins, gar stärker noch als Teil zwei.
Die Gefahren des Übertrumpfens
Doch andererseits sind manchmal solche Steigerungen kombiniert mit echten Macken.
So ist die Hauptgeschichte übertrieben bombastisch. Sie passt nicht zur kompakten Story des ersten Teils, passt nicht zum langsamen Beginn des zweiten, führt die Gruppe in Gebiete in denen sie nicht verloren hat. Der Kampf geht dabei gegen Gegner, gegen die keine Chance bestünde, wären sie universumsgetreu skaliert.
Treue zum Quellmaterial ist sowieso ein Problem: Wohl im Versuch, die Erweiterung dichter zu machen und mit dem zweiten Teil zu verknüpfen, werden in Begegnungen mit Irenicus (die schon alleine zwecks Konsistenz mit BG2 nie hätten stattfinden dürfen!) Geschehnisse um den Bhaal-Hintergrund eingeführt, die der Geschichte des Nachfolgers widersprechen. Mindestens aber Spoiler sind.
Die Massenschlachten sind cool, aber sie sind auch frustrierend, weil zielgerichtetes Handeln – und als Konsequenz, zu gewinnen – in ihnen nicht einfach ist. Bei der ersten Massenschlacht kann sogar ein nicht vom Spieler gesteuerter potentieller Begleiter einfach sterben, je nach vorheriger Entscheidung weitab vom Bildausschnitt des Spielers, was ich erst durch seine herumliegende Ausrüstung bemerkte.
Genauso führt wohl dieser Drang, die alten Spiele zu übertrumpfen, das Spiel dazu einen mächtigen Drachen als optionalen Gegner zu präsentieren – aber der ist unbesiegbar für jede Gruppe, selbst bei erreichter momentaner Maximalstärke. Daher gibt es einen Trick, mit dem der Drache doch getötet werden kann, der wird aber im Spiel nie auch nur angedeutet und muss online nachgelesen werden. Wenn der Trick nötig ist, warum wird er dann nicht verraten? Wenn er nicht nötig ist, warum ist er dann im Spiel? Wenn man solche Fragen stellen muss, warum ist dann der ganze Drache da?
Handwerkliche Fehler
Kombiniert ist das mit handwerklichen Fehlern, die weder das Hauptspiel noch der Nachfolger so je gemacht hätten. Die haben dann nichts mehr mit übertrumpfen zu tun, sondern wären in jedem Kontext verkehrt.
Besonders auffällig: Die Hauptstory ist eine Idiotengeschichte – würden sie sich einmal hinsetzen und über das Problem reden wäre das Problem gelöst, aber das darf nicht geschehen, daher hört künstlich niemand zu. Wichtige Storytreiber verhalten sich wie Idioten, daher der Name. BG1 hatte in der Richtung auch ein paar Tendenzen mit der Handhabung der Doppelgänger, aber die Grundstory war solide. Bei BG2 ist sie über jeden solche Zweifel erhaben, die Handlungen und die Motivation von Irenicus sind klar und konsistent, genauso der allgemeine Verlauf der Geschichte.
Es gibt bei der Geschichte wieder einen Endgegner. In allen anderen Baldur's Gate ist davor ein ruhiger Moment, in der gespeichert und die Gruppe mit Tränken und Zaubern gestärkt werden kann. Nicht so hier, vor dem Endkampf gibt es andere Kämpfe und eine fremdgesteuerte Fahrt auf einem Aufzug, also ein Zeitlimit. So könnten Spieler in Sackgassen rennen.
Auch in anderen Aspekten läuft das Spiel wie auf Schienen. Die Story gaukelt einige Entscheidungen vor – ich durfte aber dem Gamestar-Test entnehmen, dass sie nicht echt sind. So wird über die Auslieferung des Spielercharakters entschieden, wobei man der Idee zustimmen oder ihr widersprechen kann, den Ausgang der Entscheidung beeinflusse das nicht. Dass die Haupthandlung linear ist: Geschenkt, das war bei Baldur's Gate immer so, auch wenn dort das Zurückreisen möglich war, aber gut. Aber solche Einflussmöglichkeiten anbieten, aber nicht umsetzen? Das geht nicht.
Manche der Gespräche und Begegnungen sind besser gelungen. Ich fand zum Beispiel die Goblinschamanin und ihre Interaktionen nicht verkehrt. Andere sind unverzeihlich fehl am Platz, wie eine Trans-Priesterin als NPC, die nach einem Quest diese ihre darauf basierende Lebensgeschichte der Spielergruppe erzählt und die dann klatschen darf. Das in einer Welt der Götter und Magie, in der ein verfluchter Geschlechtswechsel-Gürtel einer der ersten findbaren magischen Gegenstände ist, ein Geschlechtswechsel komplett normal ist. Es hier zu etwas anderem zu machen ist peinlich und störend.
Und klar, auch die Originale haben diese Lücke gelassen, aber Thema peinlich: Wenn man schon ein Spiel um eine Handlungslücke strickt, wäre es dann nicht gut sie auszufüllen? SoD macht das nicht, stattdessen ist die Gefangennahme wieder ein unerklärt gelungener Überfall im Wald. Welch krasser Gegensatz zur Stärke der Gruppe im ersten Teil das schon war, wie noch unpassender es zu den Geschehnissen in dieser Erweiterung wirkt!
Ein zu negatives Bild?
Auch wenn das jetzt viel negatives war, so ganz verkehrt ist Siege of Dragonspear doch nicht.
Es ist zum einen schlicht neues Material in der alten Engine und dem alten Universum, was sich oft toll anfühlt, weil es Spaß macht zwischen all den vertrauten Elementen neues zu entdecken. Dabei sind die Quests und Kämpfe qualitativ deutlich über dem, was früher von Moddern für Baldur's Gate abgeliefert wurde. Und man merkt ja auch die Experimentierfreude, auch, dass hier eine Verneigung vor dem Grundspiel geschaffen werden sollte. Nur doof, dass ein in Teilen das Grundspiel übertrumpfendes (bei den Massenschlachten z.B.), storytechnisch komplett verwirrtes und mit handwerklichen Fehlern gespicktes Spiel so gar nicht in die anvisierte Lücke passt, ausgerechnet in der Rolle als Mittler zwischen BG1 und BG2 arg fehlplatziert ist. Das Gegenteil hätte es gebraucht: Eine dezente, konservative, mit einem Maximum auf Konsistenz in Ton und Handlung bedachte und handwerklich perfekte Erweiterung, die mit einem geschickten Dreh das Original mit seinem Nachfolger verbindet.
Siege of Dragonspear ist von diesem Ideal leider zu weit entfernt.
Linksammlung 48/2022
Diese Woche fand ich besonders erwähnensert:
In concerns about Trustcor wurde die Zukunft einer Web-Zertifikatsstelle diskutiert, die jetzt tatsächlich aufgrund dieser Bedenken aus den Browsern als Autorität entfernt wird. Es ist eine wilde Story um Verwicklungen mit Abhörsoftware, unbekannten Firmenbesitzern im Hintergrund und Verbindungen zur NSA.
Verfassungsschutz: Wer delegitimiert hier wen? Die Frage zeigt den schmalen Grat der vermeintlichen Verfassungsschützer, wenn Regierungskritik verfolgt werden soll. Wobei der Ansatz angesichts der extremen Regierungskritik aus dem AFD-Nazispektrum ja erstmal sinnvoll scheint, weil sich die Kritik dort ja tatsächlich mit Verfassungsfeindlichkeit mischt (via).
Letzte Woche verlinkte ich OKSolar, diesmal will ich das in meinen Augen noch besser gelungene selenized verlinken. Bei OKSolar wurde der Kontrast der Textfarben angeglichen, bei selenized wurde stattdessen der Kontrast generell erhöht. Das Ergebnis erscheint mir tatsächlich besser lesbar, besser als OKSolar und als solarized natürlich auch. Jetzt fehlt nur noch ein Mix aus OKSolar und selenized und wir hätten die perfekte Version von solarized.
Die Mastodon-Optimierungen der kanoa.de-Instanz erklären schön, welche Herausforderungen das Hosten solcher Software hat. Es hakt auch lehrreich ein paar Stichpunkte ab, die bei jedem nicht ganz kleinem Serversetup bedacht werden sollten: Caching und Einstellen der Datenbankverbindungen beispielsweise.