Heroic 1.0 veröffentlicht, FOSS-Client für Epic
Monday, 11. January 2021
Heroic ist ein Programm, um unter Linux Spiele des Epic-Stores zu starten. Da Epic Linux nicht unterstützt sollte man meinen, dass es für Linuxspieler uninteressant wäre. Und würde sich täuschen. Denn Epic haut ununterbrochen kostenlose Spiele raus. Und nichtmal Mist oder was schon hundertmal umsonst verteilt wurde, sondern in meinem Account liegen zum Beispiel mit Troy, Alien Isolation und Civilization VI interessante Spiele bislang ungespielt herum.
Heroic baut auf legendary auf. Das ist ebenfalls ein Client für den Epic-Store, aber es ist ein Kommandozeilenprogramm. Ohne den Code studiert zu haben ist die Aufteilung wohl so, dass legendary den Großteil der Arbeit macht und Heroic dafür eine grafische Oberfläche bereitstellt. Das ist mir hochwillkommen, auch weil GameHub diese Aufgabe nicht wirklich übernehmen zu wollen scheint.
Der Login ist leider noch etwas frickelig. Man soll sich auf der Webseite einloggen und dann die SID
eingeben. Wie man die findet erklärt Heroic aber nicht. Da ist es einfacher, ein Terminal aufzumachen und mit
legendary auth
den Login zu erledigen. Legendary macht zuerst auch nur die Webseite im Browser auf, nach dem Login aber wird die SID im Terminal angezeigt und kann auch dort direkt für das Programm gesetzt werden. Ist legendary eingeloggt ist auch Heroic eingeloggt. Grundsätzlich sollten zumindest manche Spiele später nach der Installation auch starten, ohne dass ein weiterer Login notwendig ist.
Heroic wird sicher noch nicht per Paketmanager deiner Distribution verfügbar sein, aber beim Release ist ein AppImage angehängt. Das ausführbar machen und starten reicht, wenn denn legendary installiert ist, was wiederum im Paketmanager vorhanden sein sollte. Wenn nicht kann auch das gemäß der Anleitung auf der Github-Seite manuell installiert werden.
Dabei aber nicht vergessen, dass Heroic trotz der Versionsnummer ein sehr junges Projekt ist. Dass etwas nicht funktioniert ist zu erwarten.
Battle Brothers steht sich selbst im Weg
Monday, 4. January 2021
Battle Brothers ist ein RPG mit Rundentaktikkämpfen des Hamburger Studios Overhype Studio. Es gibt keine Linuxversion, aber das Spiel läuft einwandfrei mit Proton.
Der Spieler führt eine kleine Söldnertruppe in einer Fantasy-Mittelalterwelt an. In der zufallsgenerierten Welt gibt es drei Fraktionen mit jeweils mehreren Dörfern und Städten. In diesen Siedlungen gibt es Aufträge mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad, die man annehmen kann. So kommt man an Geld, kann damit mehr Söldner anheuern, neue Ausrüstung oder auch nur Proviant kaufen.
Es gibt verschiedene Arten von Aufträgen, aber praktisch alle involvieren einen Kampf gegen eine feindliche Truppe. Dann hat z.B. eine Räuberbande etwas gestohlen, die Fußspuren sind auf der Karte sichtbar, der Spieler muss ihnen folgen, die Gegner besiegen und dann zurück zum Auftraggeber laufen. Wird die Söldnergruppe bekannter, werden irgendwann auch Aufträge der adeligen Herrscher verfügbar, die dann generell schwieriger sind und beispielsweise das Ausheben eines Goblinlagers erfordern.
Anfangs ist der Grafikstil in diesen Kämpfen noch irritierend, die großen Köpfe. Aber mit der Weile gewöhnt man sich dran. Tatsächlich wird es später toll, die ganzen Ausrüstungsgegenstände zu sehen, lässt sich die Ausrüstung der Gegner erkennen und so ihre Stärke einschätzen, sind verletzte Söldner auch grafisch ramponiert.
Aber diese Erfahrung zu sammeln, da muss man erstmal hinkommen, denn Battle Brothers ist gerade am Anfang nicht einfach. Das Geld ist schlicht zu knapp, um genug Söldner anzuheuern und sie ordentlich auszustatten. Aber ohne genug gut ausgestattete Söldner werden die Kämpfe verlustreich, sodass dann wieder Geld für neue unerfahrene Söldner draufgeht. Das Spiel empfiehlt immerhin, am Anfang auf einfach und nicht im Ironman-Modus zu spielen, in dem Neuladen nach einem gescheiterten Kampf unmöglich ist. Es scheint aber anders auch sehr schwer, überhaupt Spaß zu haben. Denn wenn Verluste nicht durch Neuladen minimiert werden können, die Kämpfe aber immer wieder sehr schwer werden und eigentlich nur mit Glück ohne Verluste bewältigbar, dann ist es schwer verlässlich via den schwierigeren Missionen Fortschritte zu erzielen. So krebst man dann nur herum und verdient gerade so genug Geld für den Proviant.
Mir hätte es besser gefallen, wenn der Fokus weniger auf den Ironman-Modus und das immer wieder Neuanfangen liegen würde. Oder wenn es wenigstens irgendeinen permanenten Bonus gäbe, der wie bei manchen Roguelikes von einer Partie auf die nächste übergeht. So hätte mehr Energie in das Mid- und Lategame fließen können.
Trotzdem funktioniert Battle Brothers, weil die Kämpfe klasse sind. Auf den kleinen Karten die Gegner zu besiegen ist normalerweise machbar, erfordert aber die richtige Taktik und die richtige Ausrüstung. So sind die ansonsten sehr harten Nachzehrer durchaus besiegbar, wenn man einmal darauf kommt sich auf die Leichen zu stellen, die sie sonst essen und dadurch sehr viel stärker werden. Und dann die vielen menschlichen Gegner, bei denen Schildwälle eingesetzt werden müssen, währen die Bogenschützen den Schaden anrichten, aber je nach Zusammenstellung der eigenen und der gegnerischen Truppe auch ganz andere Vorgehensweisen möglich sind.
Außerdem macht es Spaß, die Söldnertruppe wachsen zu sehen und die einzelnen Söldner aufzuleveln sowie zu spezialisieren. Die Gruppe beginnt mit drei Söldnern, alle Stufe 1. Es können später 20 Söldner sein, wobei maximal 12 auf dem Schlachtfeld stehen können, der Rest bleibt in Reserve. Mit jedem Kampf gewinnen die Männer Erfahrung. Bei einem Levelaufstieg können drei Eigenschaften gesteigert werden, zum Beispiel Nahkampfangriff oder die Anzahl der Lebenspunkte, und ein Perk muss ausgewählt werden. Und da sind tolle Sachen dabei die Rollen vorgeben, zum Beispiel weniger Ausdauer durch schwere Rüstung zu verlieren oder durch Angriffe weniger Leben zu verlieren, wenn die Rüstung schwer genug wird. Ein Söldner mit solchen Perks wird dann ein Tank, während Bogenschützen ganz andere Perks kriegen sollten.
Battle Brothers hat einige DLCs, ich kann mir gut vorstellen, dass sie das Spiel nochmal aufwerten. Verschiedene Startbedingungen zum Beispiel oder mehr Ausrüstung würden es deutlich auflockern.
Aber auch ohne die DLCs ist es spielenswert. Es gibt ja nicht so viele gute Spiele mit Rundentaktikkämpfen, die dann auch noch fordernd sind ohne schnell unfair zu werden. Gleichzeitig hat Battle Brothers viele Kanten. Gerade mit dem ganzen Ironman-Modus und Permadeath betont es seinen Schwierigkeitsgrad und positioniert sich als Hardcore-Strategiespiel. Das hat seinen Reiz, aber macht es auch stellenweise frustrierend und abschreckend. Für mich hätte es gerne etwas massenkompatibler sein dürfen, besonders wenn das zu weiteren Inhalten im Spiel geführt hätte.
Video: Cyberpunk 2077 und Softwareentwicklung
Tuesday, 29. December 2020
Die Argumentation im Video ist nicht unbedingt neu, wenn man etwas im Thema ist. Aber gerade deswegen ist es ein anschauliches Beispiel für Planungsfehler, die möglicherweise dem Spiel geschadet haben.
Vorab: Sie ist auch kritisierbar. Ein Spiel wie Cyberpunk kann man nicht von Anfang an in einem veröffentlichbaren Zustand halten. Auch die verlinkte Präsentation zu Sea of Thieves ist da kein echtes Gegenargument, da wurde dieses Entwicklungsmodell nur teilweise adoptiert (immerhin!), und das Spiel ist viel kleiner und war am Ende wohl auch nicht besonders gut. Das geht mit Werkzeugen, bei denen schon ein kleiner Teil des geplanten nützlich wäre. Vielleicht bei Spielen mit einer sehr simplen Grafik, Mechanik und Frust-Spaß-Schleife (dass die bei Sea of Thieves zu simpel ist war in Tests der größte Kritikpunkt). Aber es geht nicht mit storygetriebenen echten AAA-Spielen, die bei ihrer Vollständigkeit eine hohe Messlatte erreichen müssen um auch nur ein bisschen spaßig zu sein.
Außerdem hatte CD Projekt ja ursprünglich kein Releasedatum genannt, ist also anfangs der im Video vertretenen Theorie gefolgt. Das war sicher eben um flexibel sein zu können. Interessant wäre eher ein Blick auf die Dynamik, die das Entwicklerstudio trotz dieses Starts zum verfrühten und auf alten Konsolen wohl nahezu ungetesten Release verleiteten. Alternativen gab es nicht viele, die angesprochene, nur auf den alten oder neuen Konsolen zu veröffentlichen, war in dem Moment keine Option mehr als einmal etwas anderes angekündigt worden war, auch ohne die Ankündigung wäre es nach dem Release der neuen Konsolen nicht machbar gewesen. Denn: Zu wenige Leute haben die neuen Konsolen bereits, aber die neuen nicht zu beliefern wäre für jedes AAA-Spiel ein PR-Desaster. Tatsächlich war die veröffentlichte Version auch die, die auf die Last-Gen-Konsolen zugeschnitten sein sollte. Was wirklich schiefging werden erst später gute Reportagen wie der zu Andromeda erklären können, bis jetzt gibt es nur Erklärungsansätze.
Die Argumentation des Youtubers ist also völlig daneben. Faszinierenderweise ist sie gleichzeitig völlig richtig. Denn die Grundargumentation im Video passt. Zumindest im letzten Jahr der Entwicklung sind die Entwickler nach allem was bekannt ist genau in die beschriebene Planungsfalle gelaufen. Gleichzeitig einen festen (fast, einmal wurde es ja nochmal verschoben) Termin treffen zu wollen ohne das Spiel nach all den Trailern deutlich verschlanken zu können war keine gewinnbare Situation. Entwicklerteams vergrößern ist, richtig, keine Hilfe. Da ging also etwas wie vom Youtuber beschrieben komplett schief. Das zeigt der Crunch: Scheinbar wurde wider besseren Wissens gehofft, Entwickler länger als 4 bis 5 Tage lange Stunden arbeiten zu lassen verkürze die Entwicklungszeit. Eine Verzweiflungsentscheidung, die offensichtlich verkehrt ist, denn ausgebrannte Entwickler werden höchstens grantig aber keinesfalls schneller. Das weiß eigentlich jeder, es trotzdem zu versuchen ist genau das kritisierte Wunschdenken.
Wenn das anfängliche Scheitern Cyberpunks dazu führt, dass mehr Firmen die Unsinnigkeit von Crunchentwicklung erkennen, hätte das ganze nochmal was gutes.
Videoreview: Fallout New Vegas Is Genius, And Here's Why
Wednesday, 23. December 2020
Fallout New Vegas hat mich hier im Blog schon viel beschäftigt, einfach weil ich es so toll finde. Aber was genau macht es so gut, besser als viele andere Spiele, wie auch dem direkten Vorgänger? Wer als Ergänzung zu meinen eigenen Artikeln wie dem 10-Jahres-Review darauf noch Antworten sucht, für den ist dieses Videoreview toll:
Gerade die Worte zur Spielmechanik finde ich überzeugend, z.B. dass Skills zum Freischalten von Optionen in Gesprächen zu verwenden eine gute Entscheidung und bemerkenswerte Änderung gewesen ist.
Slay the Spire, ein gelungener Genremix
Monday, 14. December 2020
Slay the Spire ist ein Roguelike mit Handkarten. Es führt beide Konzepte gekonnt zusammen und ist auch insgesamt einfach überraschend gut gemacht.
Einfacher Beginn
Ganz zu Beginn ist ein einzelner Charakter verfügbar, der mit einer geringen Auswahl an Handkarten das Spiel startet. Handkarten haben viele verschiedene Effekte, so würde eine Blockkarte dem Charakter 6 Blockpunkte gegeben, die ebensoviel Schaden abwehren. Der Charakter hat zudem ein Startartefakt, zum Beispiel eines das nach jedem Kampf ein paar Lebenspunkte heilt.
Auf einer Übersichtskarte muss Schritt für Schritt die nächste Station ausgewählt werden. Das kann ein Lagerfeuer sein, an dem ebenfalls die Lebenspunkte geheilt werden können oder aber eine Karte verbessert werden kann; ein Händler, bei dem Artefakte, Tränke und neue Karten gekauft werden können; Multiple-Choice-Events mit diversen Effekten, Schatztruhen mit Artefakten – oder aber Kämpfe.
Fortgeschrittene Kämpfe
In den Kämpfen sind die Gegner mit den Handkarten zu besiegen. Es sind Rundenkämpfe. Ein Icon über den Gegnerköpfen zeigt ihre nächste Aktion an, z.B. dass der jeweilige Gegner angreifen oder sich buffen wird. Solange noch Aktionspunkte und Karten da sind können diese gespielt werden. Die simplen machen einfach Schaden oder erhöhen den Blockwert. Dann gibt es solche, die den Gegner verwundbarer machen oder schwächen. Dazu kommen viele andere Karten, von denen nach den Kämpfen immer eine zusätzliche in den Vorrat gelegt werden kann, die weitreichendere Effekte haben.
Welche Karten verfügbar sind hängt vom Charakter und Spielfortschritt ab. Jeder Charakter hat mehrere Freischaltungen. Beim Tod oder nach Bewältigen des Finales werden die gesammelten Punkte gezählt und dem Konto gutgeschrieben. Ist die Grenze für die nächste Freischaltung überschritten, werden weitere Karten (oder auch Artefakte) freigeschaltet, die dann beim nächsten Durchgang gefunden werden könnten. Genauso werden auch die anderen drei Charaktere erst nach und nach spielbar. Und während der erste, der Ironclad, ein ziemlich simpler Kämpfertyp ist, wird es zunehmend komplizierter. Dann greifen die Statuseffekte mehr zusammen, gibt es Giftschaden, Orbs mit passiven und aktiven Effekten oder Kampfzustände und mächtige Zusatzkarten mit speziellen Effekten, die alle sinnvoll eingesetzt werden müssen damit der Finalkampf erreicht und gewonnen werden kann.
Beherrschbare Komplexität
Slay the Spire macht also einige Sachen ziemlich gut. Es fängt relativ simpel an, ist dabei aber nicht zu einfach, weil es schon einen Moment dauert bis man versteht wie selbst die einfachen Anfangskarten ineinandergreifen. Dabei ist aber selbst ein Scheitern vor dem Finale immer ein Fortschritt, nicht nur per gemehrtem Spielerwissen, sondern weil ja auch im Laufe der Zeit neue Karten, Artefakte und Charaktere dazukommen. So werden immer weitere Konzepte eingeführt. Und die sind durchaus erlernbar, ist der Effekt der Karten doch jederzeit in klaren Worten beschrieben. Insgesamt gibt es später dank den neuen Charakteren, Karten und Artefakten immer mehr Möglichkeiten, sodass dieses auf dem ersten Blick simple Spiel viel länger Spaß macht als man erst erwartet.
Mafia 2: Definitive Edition ist eine toll spielbare Gangstergeschichte
Monday, 30. November 2020
Mafia 2: Definitive Edition (DE) ist eine Neuauflage des 2010 veröffentlichten Mafia 2. Der Spieler schlüpft in die Rolle von Vito Scaletta, der nach dem zweiten Weltkrieg in die USA zurückkehrt. Im Krieg war er nur, weil er bei einem Überfall erwischt wurde, da erschien der Militärdienst als bessere Alternative zum Gefängnis. Sein damaliger Kollege Joe steht mittlerweile in Kontakt mit der Mafia und Vito hat keinerlei Hemmungen, direkt wieder den kriminellen Weg einzuschlagen. Und wie das in Gangsterfilmen nunmal so ist: Das Spiel muss vorführen wie irregeleitet diese Entscheidung war, aber in der Zwischenzeit die Exzesse und das Drama feiern.
Shooter, Autos, die 40er und 50er
Wie schon das erste Mafia entlässt Mafia 2 den Spieler in eine ziemlich hübsch simulierte Stadt. Ähnlich wie in GTA gibt es Passanten und Autos, nur dass die wunderschönen Autos hier aus den 40ern und 50ern stammen. Mit ihnen kann man frei in der Stadt herumfahren. Wer zu schnell unterwegs ist, wird bald von der Polizei verfolgt. Führt das zu Karambolagen wird das eigene Auto beschädigt, die Reparaturen kosten, anfangs ist das Geld knapp. Neue Autos zu stehlen ist aber kein Problem und so die einfache Alternative.
Die meiste Zeit wird man aber nicht einfach in der Stadt herumfahren, denn Mafia 2 ist stark storygetrieben. Es gibt nur einen kurzen Abschnitt am Ende, in dem das freie Entdecken und Erledigen von Aktivitäten wie Autodiebstahl gefördert wird. Ansonsten gibt es immer einen klaren Missionszielpunkt. Die meisten der 15 Storykapitel beginnen so: Vito wird vom Telefon geweckt, weil Joe oder ein anderer Gangster ihn braucht. Der Spieler muss zu einem Treffpunkt fahren, dort passiert dann irgendwas. Beispielsweise soll ziemlich am Anfang ein Juwelier nachts ausgeräumt werden. Das geht nicht so unentdeckt wie geplant, daraufhin beginnt eine Flucht und Schießsequenz. Bei den Schießereien sollte man in Deckung bleiben – passend für ein Spiel aus 2010 – und die Gegner mit den vielen Waffen (wie natürlich der Tommygun) bevorzugt mit Kopfschüssen erledigen.
Was genau getan werden muss variiert ein bisschen. Doch im Grunde sind es immer Schießereien, Fahrten oder die eine von der Quote geforderte Schleichmission. Die Fahrten werden dabei manchmal etwas lang.
Getragen von Story und Inszenierung
Das alles funktioniert, weil es eine gute Geschichte ist die spannend erzählt wird. Da ist die Inszenierung: Wenn Vito vom Krieg zurückkommt ist er nicht einfach plötzlich in einer schneebedeckten Stadt. Sondern Joe holt ihn vom Bahnhof ab. An einer Straßenecke trifft ein einen Nachbar, der gerade seinen Laden mit Brettern zuhämmert und Hallo sagt, bleibt der Spieler stehen reden die beiden eine Weile miteinander. Kurz darauf rutscht ein Passant auf dem Glatteis aus. Solche Spielereien werden später seltener, aber helfen am Anfang sehr, das Spiel dichter wirken zu lassen.
Und die Mafiageschichte um Vito und Joe und ihren gewaltsamen Aufstieg in der Verbrecherwelt ist zumindest unterhaltsam. Es stört ein bisschen, dass sie im Vergleich zum ersten Teil etwas arg glatt ist. Dort war es ein zögerlicherer Einstieg, sodass das Handeln des Protagonisten realistischer wirkte. Vito ist zu psychopathisch und emotionslos, ohne dass dieser Eindruck beabsichtigt wirkt, es wird zu schnell zu brutal – dabei sei er der vernünftigere. Und doch funktionieren solche Mafiageschichten eben, mit ihren typischen Charakteren und Wendungen. Mafia 2 schafft es immerhin, eine interessante Geschichte zu erzählen und mit passendem Spielinhalt zu füllen.
Sammelitems
Der Spielinhalt besteht aus etwas mehr als den Missionen. Dazu kommen die im Spiel einfachst stehlbaren Autos, sie können aufgerüstet, umlackiert und in der eigenen Garage gelagert werden. Dort stehen dann auch ihre Kennzahlen, Höchstgeschwindigkeit zum Beispiel. Es ist nett, so seine Lieblingsautos zur Auswahl zu haben – wobei die Missionen oft andere Autos vorgeben und Verfolgungsfahrten nicht zu häufig sind. Und zumindest in der Definitiv Edition startet Vito direkt mit zwei guten Wagen. Trotzdem, das passt zum Spiel und bereichert es.
Die regulären Sammelitems dagegen sind etwas komisch. Fürs Bewältigen der Kapitel auf dem höheren Schwierigkeitsgrad werden gezeichnete Pin-Up-Bilder freigeschaltet, die aber nur lose an die Handlung angelehnt sind. An manchen Wänden kleben Steckbriefe (der Entwickler?), die gesammelt werden sollen. Vor allem aber gibt es echte Playboy-Bilder.
Doch warum? Die Handlung spielt Jahre vor dem Erscheinen der ersten Playboyausgabe und das Spiel hat auch sonst keinen besonderen Bezug zu Sex. Es gibt einzelne harmlose Szenen mit Prostituierten auf Feiern, das wars. Und was bitte hat der Playboy mit Mafia zu tun? Das ganze ist wohl eine offizielle Kooperation zwischen Studio und dem Magazin gewesen. Ich will ja nicht verneinen, dass es einen gewissen und offensichtlichen Motivationsfaktor hat die in den Level als Magazine verteilten Bilder zu sammeln, aber es ist auch komplett unpassend und störend. Ein Schmuddelfaktor, den dieses PC-Spiel nicht braucht und von dem es nichts gewinnt.
Technik unter Linux
Da Mafia 2 nur mit Proton unter Linux läuft will ich die dort auftretenden Technikprobleme nicht gegen das Spiel werten. Insgesamt war es gut spielbar, aber es gab kleinere Probleme und es muss unbedingt richtig konfiguriert werden. Laut ProtonDB hilft eine neuere Proton-Version, bei mir lief Proton-5.21-GE-1. Vor allem aber muss in den Einstellungen das FPS-Limit auf Unlimited gesetzt werden. Dann springt die FPS von 10 auf (bei mir mit V-Sync) 75. Allerdings waren die FPS und manchmal auch die Frametimes in einzelnen Szenen nicht optimal, beispielsweise wenn man mit dem Auto durch Tunnel fuhr. Und es gab vereinzelte Grafikfehler wie aus einem Hydranten schießendes Wasser, das als Vielzahl von weißen Blöcken gezeichnet wurde.
Etwas genereller gültig aber: Wie ein Spiel von 2020 sah es für mich nicht aus. Das Original ist sowieso älter, aber die Definitive Edition ist dieses Jahr und mit verbesserter Grafik herausgekommen. Vergleichsvideos zufolge ist es deutlich verbessert, aber auf mich wirkte es immer noch sehr wie ein älteres Spiel. Kein Problem, es ist ein hübscheres älteres Spiel, vor allem die Autos sehen durchaus gut aus, auch die Charaktermodelle passen und das Design der Räume und Umgebungen ist toll. Aber dann stimmt da eben doch manchmal die Sichtweite nicht, erscheinen Modelle zu spät und sind einzelne Texturen nicht realistisch.
Na gut, für mich als Besitzer des Original war es ein kostenloses Update. Doch neue Käufer sollten sich den Limitierungen bewusst sein.
Es gab auch einige kleinere Bugs. Desöfteren verschwand einer der Begleiter, anstatt Vito zu folgen. Immerhin passierte das nie in den Kampfmissionen, sondern nur auf kurzen Wegen zum Auto, wo er (es war meist Joe) dann wieder erschien. Von den im oben verlinkten Vergleichsvideo erwähnten Animationsfehlern konnte ich nichts beobachten, die wurden wohl gepatcht oder waren konsolenexklusiv.
Fazit
Mafia 2 DE ist nur auf dem Papier ein Open-World-Spiel. Ja, man kann frei in der Stadt herumfahren und es gibt sogar einige wenige Aktivitäten, doch eigentlich ist man immer in eine Mission eingebunden. Damit ähnelt es stark seinem Vorgänger und unterscheidet sich deutlich von Spielen wie Saints Row oder GTA. Doch das muss nicht schlecht sein: Denn so liegt der Fokus eben auf der Story und den Missionen. Und da liegt er gut, denn die Story trägt gut durch die etwa 14 Stunden Spielzeit, in der in den Missionen eine Gangsterfantasie nach der anderen serviert wird.
Dass der zweite Teil bei der Story nicht ganz so elegant wie der Vorgänger wirkt kann ich ihm verzeihen, da mag die Nostalgie auch eine Rolle spielen. Immerhin hat er auch weniger spielblockierende Missionen wie das berüchtigte Autorennen des ersten Teils. Spielerisch gibt es Third-Person-Schießereien mit einem epochentypischen Deckungssystem und Autofahrten in einer authentisch wirkenden US-Stadt der 40er/50er. Technisch wirkte das Spiel auf mich nicht ganz rund, was teilweise an meinem Linuxsetup liegen mag, ansonsten ist das Original auch einfach nicht mehr taufrisch. Das soll nicht stören; Insgesamt ist Mafia 2 DE sehr unterhaltsam und definitiv spielenswert.
Lara Croft and the Temple of Osiris ist verwirrend und verwirrt
Wednesday, 25. November 2020
Lara Croft and the Temple of Osiris ist ein kurzes Hack'n Slay mit Pistolen und Rätseln.
Da spricht erstmal nichts gegen, auch kurze Spiele im Genre können Spaß machen, wenn die Kämpfe unterhalten, es tolles Loot gibt, die Rätsel interessant sind oder die Story motiviert. The Incredible Adventures of Van Helsing beispielsweise ist so ein Hack'n Slay, das zwar kein episches Diablo 2 sein mag, aber mit eigenen Stärken trotzdem charmant und spaßig ist. Dieser Lara-Croft-Ableger fällt dagegen verblüffend stark ab.
Flotte Kämpfe, nette Rätsel
Zuerst das Gute: Die Kämpfe. Das Spiel schickt euch in mehrere kurze Dungeons, in denen einige Gegner auf euch warten. Die sind hübsch abwechslungsreich, so gibt es Skelette mit Suchprojektilen, Krokodile, die man erst umwerfen und dann mit einer Bombe erledigen muss, und übergewichtige explodierende Riesen. Die Gegner sind schnell, aber Lara Croft ist schneller, mit ihrer Ausweichrolle und den vielen Waffen sind die Kämpfe gut gelungen. Zwar sind sie meist einfach, aber ein paar der Bossgegner und die Kombinationen mit den Sprungpassagen sind dann wieder fordernder.
Auch das Leveldesign in den Dungeons ist nicht schlecht. Es gibt immer wieder kleine Schalterrätsel zu lösen, dann müssen große Bälle mit Bomben über Absperrungen geworfen werden, dabei klettert Lara von einem Vorsprung zum nächsten. Die Level sind oft erstaunlich kurz, aber dadurch sie sind selten langweilig. Und die Bossgegner kombinieren immer wieder Kämpfe mit kleinen Timing- und Rätselpassagen, sie sind allesamt gut gelungen.
Wiederspielwert?
Andererseits tut das Spiel so, als gäbe es einen Grund die Levels mehrmals zu spielen. So gibt es in ihnen Herausforderungen – ähnlich wie in Victor Vran – die dann weitere Upgrades, oder Items wie Ringe, Amulette oder sogar neue Waffen freischalten. Doch gibt das Spiel dem Spieler keinen Grund, das zu tun! Nur die Waffen wären etwas interessant, doch finden sich auch so genug und sind die Kämpfe nicht besonders schwer. Amulette und Ringe sind komplett witzlos, geben sie doch nur irrelevante Boni.
Genauso irritierend sind die vielen Schatzkisten, die überall verteilt sind. In ihnen finden sich ausschließlich (zumindest in meinem Durchlauf) Ringe und Amulette, die man ja nicht braucht. Und um die Truhen öffnen zu können, müssen gesammelte Edelsteine eingesetzt werden. Nach den meisten Dungeons kommt man in einen Schatzraum mit 20 solcher Truhen, hat aber meist nur Juwelen für eine der Truhen, und in der ist dann nichtmal etwas nützliches drin!
Lara Croft and the Temple of Osiris wirkt damit so, als hätten die Spieldesigner blind die vermeintlich motivierenden Elemente von Hack'n Slays wie eben die Truhen in ihr Spiel gepackt, dann aber nicht die Zeit gehabt, um diese Elemente drumherum ein Spiel zu basteln, das Gegenstände abwirft die in diese Truhen hereingepackt werden könnten.
Schlappe Inszenierung
Dazu kommt eine völlig hanebüchene Story. Lara und ein Konkurrent finden einen Stab, berühren ihn, daraufhin erwacht Seth und will die Menschheit versklaven. Lara, zwei ägyptische Götter und ihr Konkurrent müssen ihn aufhalten, wobei der Spieler nur einer der Figuren spielt. Okay, der Kern der Story bei Diablo mit den Seelensteinen und dem Erdenende ist auch nicht viel kreativer, aber der Unterschied ist die Inszenierung und wie die Story geschrieben ist. Was die Charaktere hier von sich geben ist einfach peinlich. Da hilft es nichts, dass einzelne der Zwischensequenzen in Spielgrafik nicht ganz schlecht aussehen.
Dass der Rest des Spiels ebenfalls nicht ganz schlecht aussieht macht es dann aber wieder ein bisschen besser. Für kurzweilige Unterhaltung kann gute Grafik nur helfen.
Spiel- oder Ignorierbar
Die ganze Sache ist dann nur etwa 5 Stunden lang. Es könnte etwas mehr sein, wenn die Zusatzlevels der DLCs enthalten wären – bei einem so kurzen Spiel nicht alles hineinzupacken ist frech. Aber das wäre kein Problem, wenn dem Spiel sein Charakter klar wäre. Es ist eine kurze und kurzweilige Unterhaltung für zwischendurch, die im Koop-Modus nochmal mehr Spaß machen soll. Hätte es sich darauf konzentriert, wäre es ein gutes Spiel geworden.
Stattdessen gibt es viel Loot, das aber komplett uninteressant ist, und nach Spielende Hinweise auf Post-Game-Inhalte, ohne dass es vorher auch nur Ansätze einer funktionieren Meta-Spielmechanik gegeben hätte. Das Komitee, das dieses Spiel zusammengestückelt hat, hat sich komplett verrannt.
Aber da die Dungeons mit ihren Kämpfen und Rätseln schon Spaß machen und das Spiel nicht zuviel Zeit kostet kann man es auch mal eben durchspielen, wenn man es umsonst oder sehr günstig bekommt. Idealerweise wohl wirklich im Koop mit mindestens einem Mitspieler, sodass das gemeinsame Bewältigen der Dungeons den Spaßfaktor erhöht. Oder man lässt es zugunsten eines besseren Spiels bleiben – viel verpassen würde man nicht.
Deadlight - hübsch vielleicht, doch gut?
Wednesday, 18. November 2020
Wenn ich Deadlight richtig einordne ist es eines dieser Indie-Spiele, für die Microsoft damals Publisher gespielt hat. So kamen die Spiele erst zur Xbox, dann auf den PC, die Entwickler wurden mehr als damals üblich unterstützt. Das war schon 2012, wobei 2016 ein Director's Cut herauskam.
Gute Sache, aber leider kein gutes Spiel. Deadlight versucht absolut mehr zu sein als ein einfacher 2D-Platformer. Da ist zum einen die Grafik, mit ihren ewigen Schatten und weitläufigen Hintergründen. Und zum anderen die Story, bei der die Zombieapokalypse mit soviel Emotionen wie möglich gefüllt wird. Die Hauptfigur Wayne hat seine Familie verloren, seine Reisegruppe wird angegriffen, die Überlebenden zu retten ist die Aufgabe. Dabei trifft er andere Überlebende, wovon einige ohne anfangs ersichtlichen Grund ihn angreifen. Soweit geht das alles in Ordnung.
Aber der Spielinhalt selbst stimmt nicht. Die Steuerung ist zu schwerfällig und fehleranfällig. Immer wieder bleibt Wayne hängen, springt nicht so schnell oder so weit wie ich will. Erklimmt er eine Kante, lässt er sich oft genug an ihr direkt wieder fallen anstatt weiterzulaufen. Und obwohl als Plattformer ein Controller die bessere Eingabemethode wäre, gibt es auch Fernkampfwaffen (eine Pistole, dann eine Schleuder – keine Waffe mehr, aber zum Betätigen entfernter Schalter) die mit der Maus tausendmal besser zu zielen sind als mit dem rechten Stick. Teilweise könnte das an Proton liegen, doch ist laut ProtonDB die Unterstützung nahezu perfekt.
Und dazu kommt (was dann garantiert nichts mehr mit Proton zu tun hat), dass der Grafikstil es an vielen Stellen nicht gerade einfach macht, schnell zu erkennen was Hintergrund und was ein erreichbarer Vorsprung ist. Die Sprungpassagen und die Level mit ihren Fallen werden durch ihr sowieso etwas abstruses Leveldesign, dem Grafikstil und dann noch den Steuerproblemen zu einem frustrierenden Ratespiel, bei dem meist nur mit viel Neuladen ein Abschnitt bewältigt wird.
Als Auflockerung sind überall in der Spielwelt kleine Sammelobjekte verteilt, zum Beispiel die Personalausweise Verstorbener. Doch warum sollte man die sammeln? Das Spiel gibt keine Belohnung. Manchmal finden sich Tagebuchauszüge von Wayne selbst, was eher aus dem Spiel rausreißt als interessant ist, denn wie sollen die dort hingelangt sein? Auch sind die Texte in dem Tagebuch erkennbar verzweifelte Versuche, dem ganzen mehr Tiefe zu geben. Sie sind zu lang und vom Spielgeschehen losgelöst, sie bringen dem Spielinhalt nichts dazu.
Bei Deadlight stimmt der Fokus einfach nicht, es hat zu wenig Substanz. Ich hatte von anderen Bewertungen beeinflusst ein nettes kleines Spiel mit guter Atmosphäre erwartet, doch so würde ich Deadlight jetzt definitiv nicht einordnen. Sondern eher als belanglos, frustrierend und unspaßig.
Age of Empires 2: Definitive Edition unter Linux
Monday, 16. November 2020
Die erneuerte Variante des Klassikers Age of Empires 2 läuft mit Proton unter Linux. Sogar der Multiplayer geht, aber nicht ohne weitere Anpassungen. Die Goldwertung auf ProtonDB ist da etwas irreführend.
Ich benutzte Proton-5.9-GE-8-ST, die modifizierte GloriousEggroll-Version. Damit lief das Offline-Match gegen die KI, ohne dass mir Probleme auffielen. Aber beim Multiplayer gab es immer fast sofort einen Disconnect.
Die Lösung fand ich auf Github:
rm ~/.steam/steam/steamapps/compatdata/813780/pfx/drive_c/windows/system32/ucrtbase.dll cd ~/.steam/steam/steamapps/compatdata/813780/pfx/drive_c/windows/system32/ wget "https://aka.ms/vs/16/release/vc_redist.x64.exe" cabextract vc_redist.x64.exe cabextract a10
Nach dem Ersetzen der Dateien lief dann auch der Multiplayer, bei mir bis jetzt stabil.
Update: Ich habe jetzt eine Weile nicht mehr gespielt, aber der Fix sollte weiterhin funktionieren. So landete erst vor drei Wochen – im Februar 2023 – in der ProtonDB ein Eintrag, laut dem Age of Empires mit einem cabextract-Workaround für den Multiplayer repariert werden konnte. Interessant ist die Abweichung, anstatt die vc_redist.x64.exe herunterzuladen kann sie dem Eintrag zufolge auch aus dem Hauptverzeichnis des Spiels kopiert werden. Und es funktionierte mit einer neueren Protonversion, Spieler sind also nicht auf die 5.9-GE8 beschränkt, sondern sollten einfach die aktuelle versuchen.
Multiplayer meinte bei mir übrigens nicht ranked, sondern ich spielte normale Multiplayermatche mit einem Kumpel. Bei der Microsoft-Accounteinbindung gab es auch Probleme, sodass ich manche dieser kleinen Aufgaben nicht erledigen konnte, die Avatar-Icons freigeschaltet hätten. Ich weiß nicht, ob diese Probleme Ranked-Spiele blockiert hätte – Erfahrungen dazu bitte gerne als Kommentar teilen.
Dafür hatte ich einen sehr positiven Eindruck von der Performance des Spiels. Auch gegen mehrere Gegner und mit vielen Einheiten auf der Karte sah ich keine FPS-Einbrüche. Gut, würde man bei einem so alten Spiel außerhalb extrem vollen Karten vielleicht auch nicht erwarten, aber Proton kann ja manchmal doch Performance kosten. Stabil war das Spiel auch, die Abstürze die ich sah hingen völlig an einer defekten Grafikkarte. Sobald die ausgewechselt war lief das Spiel bei mir komplett stabil.
Regions of Ruin – Toller Ansatz, aber es fehlt was
Monday, 9. November 2020
Regions of Ruin ist eine Genremischung in Pixelgrafik. Die Zutaten: Ein Sidescroller mit RPG- und Aufbauspielelementen. Man spielt einen Zwerg, der die aussterbende Zwergenrasse wiedervereinen will, dabei aber eine Monsterhorde voller Orks und Goblins besiegen muss.
Vom Lagerfeuer zum Dorf
Startpunkt ist die eigene Siedlung. Wo anfangs nur zwei Zwerge sich an einem Lagerfeuer wärmen entsteht nach und nach ein richtiges Dorf, wenn mit gesammelten Rohstoffen weitere Gebäude errichtet und ausgebaut werden. So kannst du zum Beispiel eine Taverne errichten. In der Taverne warten Söldner darauf, mit in die Gruppe genommen zu werden. Wird die Taverne vergrößert gibt es mehr Söldner zur Auswahl, dann kommt auch ein Brett für Kopfgeldquests hinzu. Die Rohstoffe wie Holz dafür werden nicht nur von dir selbst gesammelt, sondern auch von Arbeitern – meist befreiten Zwergen – die zu von Gegnern gesäuberten Gebieten geschickt werden können und dann von dort in einer festen Rate Rohstoffe einbringen. Solange der Vorrat reicht und das Lager noch nicht voll ist.
Diese Gebiete sind die auf der Karte verteilten und meist sehr kurzen 2D-Level. In ihnen gibt es NPCs – die oft Quests vergeben – Rohstoffe, Schätze und Monster. Um die Quests zu erfüllen muss man fast immer Monster töten, die auf dem oder einem anderen Level verteilt sind. Die werden schnell sehr stark, wohl dem Spieler der seine Söldnergruppe voll ausgebaut hat. Schätze meint Ausrüstungsgegenstände, wobei der Zwerg neben Rüstung, Waffe, Schild und Helm noch ein Amulett und einen Ring tragen kann. Wie beim Diablosystem haben manche dieser Items magische Eigenschaften und gibt es verschiedene farbig markierte Stärkeklassen, nach einer Weile müssen sie schon mindestens blau-magisch sein um eine Option sein zu können.
Hakelige Kämpfe
Die Kämpfe gegen die Monster und das Befreien der Level sind das Hauptelement des Spiels, und hier fängt es an problematisch zu werden. Anfangs alleine konnte man die Gegner sehr überlegt ausschalten, es gibt sogar eine Schleichfunktion, samt Verstecken hinter Fässern und Bonusschaden wenn Gegner überrascht werden. Treffer von Gegnern können Verletzungen verursachen, dann sinkt der Maximalgesundheitszustand, der Heiler in der Siedlung kann die Effekte entfernen. Angriffe können geblockt werden, es gibt Standard- und stärkere langsamere Angriffe, plus Ausdauerbalken, und mit bei Levelaufstiegen aktivierten Effekten kann der Spielercharakter angepasst werden.
Später jedoch ist man in der Gruppe unterwegs, und dann werden die Kämpfe sehr chaotisch. Gewinnen wird die stärkere Gruppe, aber welche das ist ist vorher kaum zu sehen. Die Level haben keine Gefährlichkeitsanzeige. So gibt es eine Hauptstory, in der Zwergenrunen aktiviert werden sollen, was dann jeweils ein entferntes Gebiet markiert. Das vierte davon war für mich und meine Gruppe viel zu stark – aber wie soll man erkennen, wann man für die Gegnergruppe bereit ist? Ich könnte jetzt nur Zeit investieren, mehr Level bewältigen, meinen Charakter und seine Gruppe aufleveln (auch mit einem Gebäude in der Siedlung, das Söldner viel stärker macht), und es dann periodisch wieder probieren. Aber das ist doch keine Lösung.
Abnutzungserscheinungen
Das wirkt auch deswegen so unattraktiv auf mich, weil sich jetzt langsam das Prinzip der 2D-Level abgenutzt hat. Wenn die Quests praktisch immer Töte ein paar Monster sind, wird das im Laufe der Zeit weniger interessant, selbst wenn das Spiel immer mal wieder neue Ideen aufbringt, wie (nicht toll umgesetzte) Festungen samt Monsterwellen, die man überleben soll. Gleichzeitig haben die regulären Gebiete das gleiche Problem: Die Monster sind teils zu stark, ohne dass das vorher ersichtlich ist. Sowieso, Grinden zu müssen ist kein gutes Spieldesign.
Die Bedienung ist dabei auch ein Problem. Ein Spiel wie Regions of Ruin spielt sich viel besser mit dem Controller. Das wird auch unterstützt, aber das Interface ist dafür nicht ausgelegt. Das Journal zum Beispiel lässt sich mit dem Controller gar nicht aufrufen, man muss die Maus in die Hand nehmen. Muss man auch, um im Söldnermenü den ausgewählten zu wechseln. Und sollte man, um auf der Karte Gebiete auszuwählen, da die Controllersteuerung dort nur manchmal und umständlich funktioniert. Problematisch wird auch das Schleichen: Jede der Schultertasten ist belegt, aber betätigt man aus Versehen die fürs Schleichen ist das ein Umschalter, der den Zwerg massiv verlangsamt – und damit im Gefechtschaos meist direkt tötet. Es ist offensichtlich, dass der Entwickler mit Maus und Tastatur spielt. Machen manche PC-Spieler auch bei solchen Spielen, macht den meisten aber keinen Spaß.
Stilfragen sind subjektiv, Bugs sind es nicht
Wenn die Grafik wenigstens konsistent hübsch wäre! Sie ist es stellenweise. Aber der Pixelmatsch bei den Charakteren und Gegenständen hat trotz der Anleihen mit der Eleganz der Spiele meiner Kindheit nichts zu tun. Immerhin wird die Freiheit einer solchen Engine genutzt, wenn jeder Ausrüstungsgegenstand am Spielercharakter zu erkennen ist (naja, soweit die Pixelfantasie trägt), die 2D-Gebiete voller Dinge und Hintergrundelemente vollstehen und in der Siedlung die Gebäude Schritt für Schritt wachsen. Aber trotzdem: Hübsch ist anders.
Voll zu den Problemen passt dann auch, wenn die Begleiter in den späteren vertikalen Leveln hängen bleiben. Nach unten fallen geht noch, aber dem Spieler springend folgen oder nach oben klettern - keine Chance. Oder wenn sie bei den Belagerungen an den Rand der Karte rennen und sich dort ohne Gegenwehr angreifen lassen. Da setzt die KI einfach komplett aus.
Fazit: Ein gutes Konzept macht noch kein gutes Spiel
Regions of Ruin hat mit seiner Mischung ein interessantes Konzept. Es fasziniert gerade zu Beginn, wenn all die Spielelemente anfangen zusammenzugreifen: Der Siedlungsaufbau, die hektischen Kämpfe, das Aufleveln des Charakters, dann die vielen Quests die Welt füllen und durch NPCs und gesammelte Buchseiten langsam die Hintergrundgeschichte zusammenkommt. Doch schnell verpufft dieser Effekt, wenn die kurzen 2D-Level zu wenig überraschen, die Kämpfe sich als repetitiv und zu chaotisch erweisen und der stark wachsende Schwierigkeitsgrad Grinden erfordert. Dazu die Schwächen bei Bedienung, Grafik und Begleiter-KI. Das erinnert an Pixel Piracy, das ähnlich faszinierend und dann unfertig war, wobei das mit etwas mehr Spielfortschritt auch noch unweigerlich kaputt ging. So kaputt ist Regions of Ruin nun nicht, doch auch es entpuppt sich nach wenigen Stunden leider als unfertiges Konzeptspiel.
Nette kurze Ablenkung: Guacamelee! Super Turbo Championship Edition
Friday, 6. November 2020
Während zum Día de Muertos im Wohnzimmer die Kerzen auf dem Ahnenaltar brannten spielte ich passenderweise Guacamelee!. Das Metroidvania bedient sich frei aus dem mexikanischen Totenkult und anderen Kulturelementen wie den Luchadores, Wrestlern, die in alten mexikanischen Fernsehserien als Superhelden gehandelt wurden.
Als solcher hinabgestürzt ins Totenreich muss der Spieler in einer etwa siebenstündigen Geschichte die Welt retten. Denn ein Oberskelett will mit einem Ritual die Welt der Toten und der Lebenden verschmelzen und dann beide beherrschen. Das klingt Ernst, ist es aber keinen Moment, denn die Geschichte und ihre Inszenierung ist komplett überdreht. Da spricht man mit einem Hahn der eventuell Satan ist, der Lehrmeister ist gleichzeitig eine Ziege, ein Zwischenboss ist eine zu einem Großskelett verschmolzene Mariachi-Band – und das alles untermalt durch den eigentümlichen, leicht abstrakten Grafikstil.
Jetzt habe ich dieses Jahr bereits Hollow Knight durchgespielt, was meinen Blick auf Guacamelee stark beeinflusste. Zum einen sind die beiden Spiele nunmal im gleichen Genre und ähneln sich entsprechend deutlich. Sprungpassagen, Kämpfe, Bosskämpfe, Sammelquests – es ist die gleiche Art Spielinhalt. Sie haben sogar viele der gleichen Upgrades, wie eine Flugfunktion.
Andererseits sind die Spiele auch sehr anders. Hollow Knight ist hübscher, viel länger, baut mit seiner Dark-Souls-artigen Unbestimmtheit eine melancholischere und deutlich dichtere Atmosphäre auf. Länger zu sein ist wirklich schon beim Spielen ein großer Unterschied, denn man merkt es stark an der Kürze von einzelnen Abschnitten Guacamelees. So fordert das Spiel auch weniger Durchhaltevermögen, wenn Kämpfe und Sprungpassagen zwar durchaus mal schwierig werden, aber nie so lange schwierig und ohne Zwischenspeicherpunkte aufgebaut sind, dass sie die Konzentrationsspanne überschreiten. Insgesamt war Hollow Knight sehr viel schwieriger, was mir nach der Umgewöhnung auf die leicht andere Tastenbelegung Guacamelee! abgesehen von einzelnen kniffligen Passagen recht einfach machte. Das gilt auch und gerade bei den Kämpfen, bei denen Guacamelee viel fehlertoleranter ist.
Anders betrachtet ist das auch ein Vorteil. Guacamelee frustriert viel seltener, eben weil die schwierigen Passagen und Kämpfe kürzer sind. Das passt gut zu der kurzweiligen Geschichte mit all den offenen und verstecken Witzen. Wo sonst ist es ein passendes Upgrade, sich in ein Huhn zu verwandeln! Und dann taucht Manny Calaveras Totenschädel auf einem Plakat auf. Wenn dann noch Zutaten für Enchiladas gesammelt werden sollen und generell jede Ecke (ein absurdes) Mexiko atmet, dann hat das was. So wie auch die mit gesammelten Münzen kaufbaren Kostüme nett sind, die Auswirkungen aufs Spiel haben. Der Satansanzug zum Beispiel verringert die maximale Lebensenergie, füllt sie dafür aber schon bei gelandeten eigenen Nahkampfangriffen wieder auf und nicht erst, wenn ein Gegner besiegt wurde.
Guacamelee! ist schon nett. Aber es nur ein Häppchen, eine nette kleine Abwechslung, die als solche nicht die Klasse anderer Metroidvanias wie Hollow Knight erreicht. Immerhin ist es ebenfalls kein teures Spiel und seinen Preis schon wert, besonders wenn es reduziert ist.
Legend of Grimrock, altmodischer Crawler in neu
Monday, 26. October 2020
2012 einen Dungen-Crawler zu veröffentlichen, der abgesehen von der Grafik nur eine vorsichtig modernisierte Variante von Klassikern des Genres wie Eye of the Beholder ist, war ein gewagtes Experiment. Es scheint gelungen zu sein: Das Spiel bekam einen Nachfolger und Legend of Grimrock selbst erntete positive Reviews.
Ich tat mir mit dem Spiel anfangs allerdings ziemlich schwer. Ein Lands of Lore war das einzige Rollenspiel dieser Machart, das ich je gespielt hatte. Und es war keine zu positive Erinnerung, denn ich fand es zwar faszinierend, aber spätestens im Dschungelabschnitt wusste ich nie was ich machen sollte, verlief mich und starb. Ähnlich war mein erster Versuch mit Legends of Grimrock, als ich nach einer kurzen Weile schlicht an den Monstern scheiterte.
Jetzt motivierte mich aber der Blog The CRPG Addict mit seinen vielen Berichten über alte Rollenspiele, Grimrock nochmal eine Chance zu geben. Mittlerweile hatte ich auch verstanden, dass in diesem Genre Kämpfe aktiver geführt werden müssen als es erst scheint: Indem man immer um die Gegner herummanövriert kann man den meisten Schaden vermeiden. So sind die Gegner dann nicht mehr unbezwingbar, die anderen Mechaniken des Spiels werden erlernbar.
In Grimrock spielt man eine Gruppe von Abenteurern, die in einen Dungeon geworfen werden. Ihre einzige Hoffnung ist, ihn zu durchwandern und einen Ausgang zu finden beziehungsweise sein Mysterium zu lösen. Dabei ist der Dungeon unterteilt in mehrere Ebenen, immer musst du die Treppe in die nächstuntere finden.
Das beginnt simpel, mit wenigen langsamen Gegnern. Doch es zieht stetig an: Teleporter und Fallen kommen hinzu, mehr und stärkere Gegnertypen gilt es zu besiegen, mit immer besserer Ausrüstung und versteckten Schätzen (oft verborgen durch schwer zu sehende Schalter an den Wänden). Du musst Nahrung sammeln und die Helden versorgen, aber das Inventar ist nicht unbegrenzt groß und das Gewicht wird auch zum Problem. Solche Survivalelemente sind passend fürs Genre, aber erst in den letzten Jahren wiederentdeckt worden. Dazu kommen schließlich kompliziert werdende Rätsel.
Rätsel in Spielen sind immer ein zweischneidiges Schwert, so auch hier. Zu simpel, und man hätte sie sich auch sparen können. Zu schwer, und sie bremsen den Spieler komplett aus und zerstören jeglichen Spielspaß. Grimrock schafft es meistens, die richtige Balance zu finden. Doch einzelne Rätsel sind kaum zu lösen. So gibt es einen zwei Quadrate breiten Gang, den man in der richtigen Abfolge links/rechts entlanglaufen muss, sonst teleportiert er die Gruppe an den Anfang. Die richtige Schriftrolle mit einer Erklärung ist zwar vorher zu finden, aber kein Hinweis, dass genau an dieser Stelle die beschriebene Kombination anzuwenden ist. Ich war blockiert. Und wurde danach direkt nochmal blockiert: Denn auf dieser Ebene geht es erst weiter, wenn aus drei verteilten in die Wand gehauenen Altaren Gegenstände entnommen werden. Den zweiten davon brauchte ich aber nicht, weil mein Magier nur Feuermagie konnte, die Rolle aber einen Luftmagiespruch anbot. Also legte ich ihn zurück - und war wieder blockiert, bis ich schließlich die Lösung suchen musste. Altmodisch oder nicht, das ist einfach schlechtes Spieledesign.
Andererseits ist das Spiel trotz seiner betonten Altbackenheit ansonsten fair. Rätsel haben normalerweise erkennbare Lösungen, hat man das Kampfsystem einmal verstanden sind die Monster fordernd, aber besiegbar. Und der frustrierende Moment war nach dieser Situation: Während ich nach einem Levelaufstieg über die Skillpunktverteilung haderte, nachdem ich gerade erst die Ausrüstung neu verteilt hatte und dabei nicht wusste, ob der bei einem Treffer mehr Schaden verursachende Ogerhammer trotz der schlechten Genauigkeit oder die schwächere Streitkeule ohne Genauigkeitsmalus die bessere Wahl war, merkte ich: Hey, das ist ja wirklich wie in einem regulären Rollenspiel. Und hey, das macht sogar Spaß!
Legend of Grimrock hat eben hinter all dem Retroexperiment auch die Tugenden eines guten Computerrollenspiels. Die Gruppe des Spielers wird immer stärker, bekommt tolle neue Ausrüstung, die stärker ist und auch besser aussieht. Vor allem der Effekt der Skillpunkte ist wie so oft toll, wenn dann durch neue automatisch ausgelöste Attacken die Gegner viel schneller besiegt werden. Das motiviert. Die Hintergrundgeschichte wird sehr dezent erzählt, mit Notizzetteln und Traumsequenzen, aber sie ist da und hilft ebenfalls. Die vielen versteckten Schätze zu entdecken macht Spaß, wobei das fortwährende Absuchen der Wände nach versteckten Schaltern irgendwann auch nervig wird. Vor allem aber wird der Spieler selbst besser: Wenn mit etwas Erfahrung das Leveldesign lesbar wird, zum Beispiel wenn der Aufbau der Monsterköpfe an den Wänden vor einer Bodendruckplatte klar macht, dass man dort jetzt besser nicht drauftritt, sondern erstmal einen Stein hinlegt und ausweicht.
Insgesamt empfand ich Legend of Grimrock zwar durchaus auch als etwas mühselig, an einigen Stellen arg sperrig und verbesserbar. Aber es überwog, dass ich es interessant fand und es mich bis zum Spielende fesseln konnte. Wenn auch erst im zweiten Anlauf.
Fallout New Vegas Jubiläumsartikel auf GamersGlobal
Sunday, 18. October 2020
Auf GamersGlobal haben wir eine kleine Aktion umgesetzt. Zum zehnjährigen Jubiläum des Spiels haben wir zeitgleich zwei Artikel veröffentlicht. Einmal von SupArai einen Fast-Erstkontakt mit dem RPG-Klassiker, bei dem es darum ging ob dieser Fallout-Teil ihn heute noch fesseln konnte. Und ich schrieb über die vier Storyerweiterungen, stellte sie vor und ordnete sie ein.
Ich hatte ja auch hier im Blog über die Erweiterungen geschrieben, der GG-Artikel ist aber eigenständig. Wer noch mehr über die Addons lesen will kann sich die Blogartikel zusätzlich anschauen.
Deus Ex: Das 2020-Review
Friday, 25. September 2020
Deus Ex ist mindestens eines der besten Computerspiele aller Zeiten, vielleicht sogar das beste. 2000 von Entwickler Ion Storm veröffentlicht, ist das Spiel von Warren Spector ein Meilenstein gewesen.
Es ist eine Genremischung (Shooter, RPG, Schleichspiel), wie sie damals absolut nicht üblich war und sich heute regelmäßig findet, hat eine dystopische Spielwelt in der alle Verschwörungstheorien wahr sind, und ein im großen lineares Leveldesign voller alternativer Lösungsmöglichkeiten im kleinen.
Die Version für 2020
Nachdem Revision ein Reinfall war probierte ich es diesmal mit GMDX und wurde positiv überrascht. GMDX ist das Grundspiel mit vielen kleinen Verbesserungen. Es beinhaltet insbesondere HDTP und New Vision um das Spiel aufzuhübschen, ähnlich wie Revision, deaktiviert ebenso die verhunzten Charaktermodelle von HDTP. Aber auch Spielelemente ändern sich, die KI ist angepasst, mit Augmentierungen können Fässer und Kisten weiter geworfen werden, es gibt neue Munitionstypen – und einiges mehr. Aber das Grundgefühl ändert sich nicht, das Leveldesign wird nicht verhunzt.
Man kann die KI-Anpassungen kritisch sehen (teil rasen die Gegner um Ecken und der Spieler ist chancenlos) und es gibt einen Konflikt mit den Augmentierungen, sodass ein neues Elektroschild den Slot fürs Synthethische Herz bzw die Energiezirkulation blockiert – Designfehler oder Bug – doch insgesamt ist GMDX empfehlenswert.
In der fernen Zukunft
Die USA liegt in Trümmern. Eine Seuche wütet durch das Land, der ungezügelte Kapitalismus hat die meisten Menschen verarmen lassen und eine wenige sehr reich gemacht. Direkt im Intro reden zwei Leute über ihre Verschwörung, der Virus ist wohl kein Gotteswerk.
Das Setting des Spiels ist hervorragend gar nicht gealtert, es ist aktueller als je zuvor, die Parallelen mit der aktuellen politischen Situation unübersehbar.
Nach dem Intro steht der Spieler als JC Denton auf Liberty Island und bekommt per Stimme in seinem Kopf seinen ersten Auftrag: Die Terroristen der NSF haben Kanister des Medikaments Ambrosia ergattert und sich in der Freiheitsstatue verschanzt. Einer der Mech-Agenten ist gefangengenommen worden. Befreie ihn wenn möglich und finde das Ambrosia sowie den Anführer der Terroristen, der sich in der Statue ganz oben aufhalten sollte.
Liberty Island ist eine der besten Missionen des Spiels und eine großartige Einführung, wenn sie auch für neue Spieler oft etwas überfordernd ist. Es ist im Grunde ein kleines Gebiet mit wenigen Gegnern. Aber es ist eben kein Schlauchlevel, sondern der Spieler kann frei herumlaufen. Und die Gegner sind immer noch deutlich stärker als der Spieleravatar (JC wird erst später mit mehr Fähigkeitspunkten in den Waffenfertigkeiten und Augmentierungen mächtig). Es gilt also, einen der möglichen Wege zu identifizieren und sich kämpfend und schleichend geschickt zum Ziel zu bewegen.
Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten:
1. Durch den Haupteingang walzen, das Schloss knacken
2. Sich vorher auf der anderen Seite der Insel mit einem Informanten treffen
3. Auf der Rückseite über Leiter und Container die Statue erreichen
Entscheidungen und Konsequenzen
Doch nur wer den Haupteingangsbereich erkundet kann Gunther, den Mech-Agenten, befreien. Und ihm dann entweder eine Waffe geben oder nicht. Es sind diese Entscheidungen, mit denen das Spiel einen Eindruck von viel größerer Spielerfreiheit simuliert: Gunther wird das ganze Spiel über verärgert sein, wenn der Spieler ihm keine Waffe gibt. Am Spielverlauf ändert es nichts, aber das weiß der Spieler ja nicht.
Andere Entscheidungen haben mehr Konsequenzen. Das Schicksal von JCs Bruder Paul insbesondere. Er wird getötet, wenn er alleine im Hotel zurückgelassen wird. Doch JC kann die anstürmenden Gegner besiegen (was durchaus nicht einfach ist) und wird dann mehrmals wieder auf Paul treffen.
Aber den Spielverlauf im Großen beeinflussen, das geht nicht. Auf welcher Seite der Spieler steht ist immer vorgegeben, genau wie die Abfolge der Missionen. Aber Deus Ex übertüncht das sehr geschickt, in vielen Fällen besser als der gute Nachfolger Human Revolution. Besonders deutlich wird das beim Ende. In HR sind da drei Buttons, es ist ähnlich peinlich wie in Mass Effect 3, nur die Klasse des Spiels bis direkt vor dem Ende machte das okay. In Deus Ex gilt es auch am Ende zwischen wenigen Enden direkt zu wählen, die vermeintlichen Entscheidungen im Spielverlauf haben keine Auswirkungen. Aber weil diese Entscheidung nicht eine einfache Wahl zwischen ein paar Knöpfen ist, sondern darauf basiert wie die finale Mission gelöst wird, wird kein Spieler über das Ende auch nur im mindesten pikiert sein.
Eine etwas andere Spielmechanik
Doch bevor das Ende erreicht wird muss der Spieler sich mit vielen Gegner auseinandersetzen. Deus Ex legt dem Spieler nahe, vorsichtig aber mit Waffengewalt vorzugehen. Wer schleichend durch die Level zieht und Gegner möglich ungehört ausschaltet hat es relativ einfach. Aber das besondere: Er kann es auch bleiben lassen. Es ist möglich, keinen einzigen Gegner auszuschalten und das Spiel komplett pazifistisch zu gewinnen (vor GMDX ist gegen Ende ein Kampf schwer zu vermeiden).
Unüblich sind dabei die Auswirkungen der Waffenfertigkeiten. Wer die Fähigkeitspunkte nicht in die investiert kämpft mit einem riesigen dynamischen Fadenkreuz, das nur sehr langsam bei völliger Bewegungslosigkeit etwas kleiner wird. Erst auf den höheren Stufen kann Denton Waffen ordentlich bedienen. Dabei sieht Deus Ex mit seiner Egoperspektive erstmal wie ein regulärer Shooter aus. Das war damals ungewohnt, es ist es heute noch, und erschwert gerade die ersten Spielstunden massiv. Zwingt den Spieler aber auch, andere Lösungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen, zum Beispiel Gegner zu umschleichen oder mit Nahkampfwaffen schleichend auszuschalten.
Neben den humanoiden Gegnern gibt es auch Roboter (schon im ersten Level), die nur mit schweren Waffen wie dem Raketenwerfer oder Granaten zerstört werden können. Oder es könnte ein Sicherheitsterminal gehackt werden und die Roboter dort deaktiviert werden. Die Terminal kontrollieren auch die häufigen Sicherheitskameras, die Alarm auslösen wenn der Spieler zu lange in ihrem Sichtfeld bleibt und die warnend piepsen. Wer nicht hacken will (ohne Investition in die Fähigkeit mühsam) findet die Logindaten normalerweise in Datenpads oder bekommt sie von Gesprächspartnern verraten.
Es ist wie oben beschrieben eben eine Genremischung. Die ist inzwischen sehr populär, aber sie war es damals nicht, sie war fast völlig unbekannt. Deus Ex ist umständlicher als moderne Spiele es sind – man sieht das sehr deutlich im Direktvergleich mit den Nachfolgern – aber es zeigt eben doch auch, warum diese Mischung so populär geworden ist. Die Rollenspielelemente ergänzen den Shooterpart toll, sie machen alles viel interessanter und bedeutungsvoller als wenn es nur darum ginge die Gegner möglichst schnell abzuschießen. Sie ermöglichen so das Erzählen einer ganz anderen Story, in einem anderen Tempo.
Fazit: Gut, auch jetzt noch
Es hat mich fast überrascht wie gut ich das Spiel auch jetzt wieder fand. GMDX half sicher dabei, das alte Spiel etwas weniger altbekannt wirken zu lassen. Aber es sind die Stärken von Deus Ex selbst, die das erneute Durchspielen tragen. Ich liebe diese Art der Geschichtenerzählung, wie durch die Gespräche und Zeitungsartikel eine Welt aufgebaut wird. Und was für eine, diese dystopische Zukunftsvision ist so viel besser als die kruden Rassismusparabeln, die die Nachfolger erzählen wollten. Nichts da mit unzähligen selbstverstümmelnden Idioten, auf die Spitze getrieben im ansonsten tollen Mankind Divided, die sich freiwillig von einer unbezahlbar teuren Droge abhängig machen – solche offensichtlichen Absurdheiten würde das original Deus Ex nicht mal in Erwägung ziehen (andererseits ist der Beginn in China unsinnig, wenn der Helikopter abgefangen wird aber dann keine Soldaten auf den Spieler warten, doch ist das ein anderes Niveau von Unstimmigkeit).
In diesem Spiel stecken dagegen viele tolle Ideen. Zum Beispiel ist der Effekt ziemlich stark, wenn der Spieler durch Infolinkgespräche weiß, dass die KI Ikarus ihn jagt und auf einmal in einem gewöhnlichen Informationsterminal diese Nachricht steht:
Auch viele der Gespräche sind toll geschrieben, z.B. wenn eine andere KI namens Morpheus mit Denton über Überwachungssysteme und ihre Alternative zum System Gott debattiert.
Klar, ein 20 Jahre altes Spiel hat auch Macken und Deus Ex hatte schon bei Release Macken. Es ist mit seiner grauen immerwährenden Nacht nicht besonders hübsch, es ist vielleicht ein bisschen zu lang (vielleicht sind auch nur die späteren Level etwas zu monoton und es fehlt ein weiteres Stadtgebiet wie China als Unterbrechung), das immer volle Inventar ist nervig und der Einstieg ist durch die extreme Ungenauigkeit der Waffen vor den Skillsteigerungen irritierend. Doch dafür stimmt alles andere: Die sich durch die Limitierungen ergebende Spielweise, der Sound (Effekte, Musik und Sprecher), die aufgebaute dystopische Welt, die vielen Lösungsmöglichkeiten und das fast unübertroffene Gefühl der Spielerfreiheit. Ich würde das erste Deus Ex auch heute noch neuen Spielern empfehlen.
GMDX unter Proton installieren
Monday, 21. September 2020
GMDX, ein patchartiger Mod für Deus Ex, ist unter Linux nicht so einfach installierbar wie unter Windows. Und leider nicht auf Steam. Mein Vorgehen war so:
Zuerst lud ich die Version 10 auf moddb herunter. Dieser Forenpost beschreibt dann, wie man den Installer per wine am richtigen Ort ausführt und danach die Dateien in den eigentlichen Spieleordner schiebt:
cp ~/Downloads/GMDXv10_Setup_100520.exe ~/.local/share/Steam/steamapps/compatdata/6910/pfx/drive_c/ WINEPREFIX=~/.local/share/Steam/steamapps/compatdata/6910/pfx winetricks shell wine GMDXv10_Setup_100520.exe cp -R ~/.local/share/Steam/steamapps/compatdata/6910/pfx/drive_c/Program\ Files\ \(x86\)/Steam/steamapps/common/Deus\ Ex/System/* ~/.local/share/Steam/steamapps/common/Deus\ Ex/System/ cp -R ~/.local/share/Steam/steamapps/compatdata/6910/pfx/drive_c/Program\ Files\ \(x86\)/Steam/steamapps/common/Deus\ Ex/Help/ ~/.local/share/Steam/steamapps/common/Deus\ Ex/Help/ cp -R ~/.local/share/Steam/steamapps/compatdata/6910/pfx/drive_c/Program\ Files\ \(x86\)/Steam/steamapps/common/Deus\ Ex/GMDXv10/ ~/.local/share/Steam/steamapps/common/Deus\ Ex/
Schließlich noch bei Steam den Startparameter anpassen:
Startparameter: INI=GMDXv10Default.ini USERINI=GMDXv10DefUser.ini
Im verlinkten Post wird statt winetricks protontricks verwendet, bei mir funktionierte das nicht.